41. Mi Solecito

1.9K 64 38
                                    

Avery P.O.V.

(Für das ultimative Feeling zu diesem Kapitel hört „I wanna be Yours von Arctic Monkeys" während ihr lest)

Adrian zieht mich ohne ein weiteres Wort in Richtung Tanzfläche.

Er legt behutsam eine Hand auf meinen unteren Rücken. Seine Berührung ist sanft, fast zärtlich, und ich spüre die Wärme seiner Finger durch den dünnen Stoff meines Kleides hindurch. Mit der anderen Hand hält er meine Hand, fest, aber nicht zu fest, gerade so, dass ich mich sicher fühle. Ein unerwartetes Kribbeln durchzieht mich, und ich merke, wie mein Herzschlag schneller wird. Diese plötzliche Nähe verunsichert mich mehr, als ich zugeben möchte.

Langsam beginnen wir, uns im Takt der Musik zu bewegen. Adrians Schritte sind fließend und sicher, während ich versuche, mich an seinen Rhythmus anzupassen. Im Vergleich zu mir wirkt er vollkommen gelassen, seine Miene bleibt ruhig, doch seine Augen suchen immer wieder meinen Blick. Ich muss meinen Kopf leicht in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können, und ich bin mir der Nähe unserer Körper plötzlich sehr bewusst.

Mit jedem Schritt und jeder Drehung kommen wir einander näher. Unsere Körper berühren sich immer wieder, fast als wäre es zufällig, doch gleichzeitig fühlt es sich an als würde er mich subtil näher an sich ziehen.

Oder bilde ich mir das ein?

In diesem Moment kann ich nicht fassen, wie sehr ich diese Nähe genieße.

Adrian bleibt die ganze Zeit über ruhig, fast unbeteiligt, doch ich sehe die Intensität in seinen Augen, wenn er mich ansieht. Sein Blick lässt mich nicht los. Ich kämpfe gegen das nervöse Flattern in meiner Brust an. Vergebens.

„Also..", beginne ich, um dieses seltsame Gefühl in mir zu unterdrücken. „Jetzt wäre doch ein Moment, um mir zu erklären, weshalb wir in Kolumbien sind."

Adrian atmet tief ein, seine Atmung überträgt sich auf meinen Oberkörper.

„Geschäftliche Gründe."

Ich lege den Kopf schief.

„Das war mir klar. Kokain und so..aber was genau musst du dafür in Bogota machen."

Adrian mustert mich einmal. Nachdenklich, wieviel er mir erzählen soll. Doch schließlich, entgegen meiner Erwartungen, beginnt er zu reden.

„Kolumbien ist das Epizentrum der Kokainproduktion und in Bogotá laufen all die Fäden zusammen."

Er hält inne. Ich hänge gebannt an seinen Lippen.

„Und..und was genau machst du hier immer wenn du bei deinen..Terminen..bist?", hake ich nach.

Adrians Blick löst sich keine Sekunde von meinen Augen, während er weiterspricht.

„Ich treffe mich hier mit den Kartellen, den Produzenten, die die Labore betreiben. Ich muss sicherstellen, dass die Qualität eingehalten wird."

Seine Worte vereinnahmen mich gänzlich, während wir weitertanzen als würden wir ein völlig normales Gespräch führen. Adrians Bewegungen bleiben kontrolliert und ruhig. Währenddessen bin ich von dem Gespräch so aufgeregt, dass ich leicht ins stolpern gerate. Deshalb zieht Adrian mich mit einem sanften Ruck näher an seinen Körper, und für einen Moment bleibt mir die Luft weg, als unsere Körper sich berühren. Doch bevor ich über dieses verwirrende Gefühl nachdenken kann, spricht er weiter.

„Dann sind da die Lieferwege, über die meine Ware nach Europa kommt. Sie sind das Rückgrat dieses Geschäfts. Routen ändern sich ständig—durch neue Sicherheitsmaßnahmen, durch Rivalen, durch die Regierung. Es braucht Absprachen, es braucht Bestechung, es braucht eine Präsenz. Meine Präsenz. Das alles gehört vor Ort geklärt."

Adrian hebt seine Hand, sodass ich mich einmal langsam um meine eigene Achse drehe. Als ich gerade mit dem Rücken zu ihm gewandt stehe, zieht er mich mit einem Ruck zurück, sodass ich mit meinem Rücken gegen seinen Oberkörper pralle. Er beugt sich zu meinem Ohr, sodass ich die Wärme seines Gesichtes an meiner Wange spüren kann.

Mein Herz droht mir fast aus der Brust zu springen, doch dieses Mal ist es nicht aus Angst.

„Und dann gibt es die Veranstaltungen.", flüstert er entspannt weiter, während meine Knie so weich sind, dass ich mich kaum noch auf meinen Beinen halten kann. Ich spüre seinen Herzschlag an meinem Rücken. Seine Hand an meiner Taille. Und sein Gesicht an meiner Wange. Er ist mir so verdammt nahe, dass ich fast die Fassung verliere.

„Ein Auftritt vor den richtigen Leuten sichert dir Verträge, schließt neue Allianzen, lässt dich Konkurrenten ausschalten, ohne dass auch nur ein Tropfen Blut vergossen wird. Das ist Politik auf meiner Ebene.", spricht er weiter, als würde ihn die aktuelle Nähe zwischen uns nicht kümmern. Und als würde er geniessen, wie nervös sie mich macht.

„Jede Abmachung, die ich hier mache, jedes Gespräch, das ich führe, hat das Potenzial, mein Geschäft um Millionen zu vergrößern oder es zu gefährden, wenn ich nicht aufpasse."

Mit einem gekonnten Ruck dreht er mich um, sodass ich wieder ihm zugewandt stehe. Ich schlucke einmal nervös.

„Also..", beginne ich schließlich. „..sind wir nur hier damit du Politik machen kannst?"

Er schüttelt den Kopf.

„Nein, die wenigsten hier sind vom Kartell. Das war eine Einladung eines Freundes von meinem Vater.", sagt Adrian, während wir uns weiter sanft zum Takt der Musik bewegen. Unsere Körper sind mittlerweile im absoluten Einklang.

Ich sehe ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an.

„Aber...ich dachte du nimmst mich mit, um irgendwelche Menschen einzuschüchtern. Um zu vermitteln dass du mit Dominic Allianzen hast?"

Adrian schüttelt den Kopf.

„Hier ist niemand der Dominic kennt."

„Was?", frage ich perplex.

Diese Info trifft mich völlig unerwartet und sofort schiessen mir die Fragen durch den Kopf. Vor allem eine. „Weshalb musste ich dann mit hier her?"

Seine Hand wandert von meinem unteren Rücken, sanft etwas nach oben. Dann beugt sich zu mir nach vorne, während er mich langsam nach hinten kippen lässt. Er greift mit der anderen Hand sanft an meine Taillie um mich zu stützen. Ich lege meine Hände um seinen Nacken um Halt zu finden. Jeder Muskel in mir spannt sich an, doch ich habe nicht die geringste Angst, dass er mich fallen lassen könnte. Mein Atem stockt, als ich der Bewegung folge, meinen Oberkörper so weit nach hinten beuge, wie es mein Gleichgewicht zulässt. Trotzdem beugt sich Adrian weiter zu mir und kommt mir immer näher, mein Herz schlägt immer heftiger gegen meine Rippe.

Unsere Lippen sind sich gefährlich nah, als er schließlich in seiner Bewegung stoppt. Meine Augen wandern immer unwillkürlich zu seinen Lippen.

„Möchtest du denn nicht hier sein?", seine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern, aber mit einem Unterton, als würde er meine Antwort bereits kennen. Sein Blick schweift für den Hauch einer Sekunde zu meinen Lippen, bevor er wieder langsam meine Augen findet.

Mein Herz klopft gegen meine Brust und ich bin mir sicher, dass er es spüren kann. Sein Gesicht ist meinem so nah, dass eine kleinste Bewegung fehlt, bis unsere Lippen sich berühren.

„I-ich..", beginne ich zu stottern, doch merke schnell, das es keinen Zweck hat. Seine Nähe hat mich komplett vereinnahmt, so sehr dass ich kein Wort rauskriege. Auf Adrians Lippen bildet sich ein Grinsen.

Langsam richtet er sich auf und nimmt mich in der Bewegung mit. Als wäre es abgesprochen, endet im selben Moment das erste Lied.

Adrian löst sich von mir und ich kann nich fassen, dass ich mir wünschte er würde es nicht tun.

Ich schüttle unbewusst meinen Kopf als könne ich dadurch dieses verwirrende Gefühl loswerden.

„Ich habe genug getanzt, mi solecito.", sagt Adrian sanft und lässt mich langsam, fast zögerlich los.

Verwirrt sehe ich ihn an.

„Komm schon ich verstehe ohnehin schon niemanden hier, beginne jetzt nicht bitte auch du mit mir spanisch zu reden."

Er lächelt mich nur an, bevor er mich auf der Tanzfläche zurücklässt und wieder zu dem Tisch geht.

AveryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt