86. Hass

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Adrian P.O.V.

Alles geschieht wie in Zeitlupe.

Der erste Schuss hallt noch in meinen Ohren wider, als Sofia und Valentina blitzschnell reagieren. Ihre Körper bewegen sich wie eins, routiniert und tödlich. Sie tauchen zur Seite ab, schießen auf die beiden Männer, während sie in Deckung gehen. Die Luft ist erfüllt von den knallenden Schüssen, der stechende Geruch von Schießpulver füllt meine Lungen. Ich sehe, wie Dominics Männer in Deckung gehen.

Ich kann mich nicht auf den Kampf konzentrieren, denn plötzlich spüre ich, wie Avery schwankt, ihr Gewicht plötzlich schwerer wird in meinem Griff, als könnte sie jeden Moment zu Boden sinken. Ein dumpfes Zittern durchfährt ihren Körper, und ich verstehe nicht, was mit ihr los ist. War sie wirklich so überzeugt, dass ich sie erschießen würde? Ihre Augen fallen immer wieder zu, während sie Mühe hat sich auf ihre Beinen zu halten.

„Avery...bleib wach, verdammt", zische ich leise, während ich beginne sie mit mir zum Tor beim Ausgang zu ziehen. Meine Schritte sind so schnell, dass sie fast über ihre Beine stolpert. Der Weg fühlt sich endlos an, während die Kugeln uns um die Ohren fliegen. Fast instinktiv ziehe ich sie fester an meinen Körper.

Nach einer gefühlten Ewigkeit stehen wir endlich beim Tor. Ich packe ihren Arm fester, schüttle sie leicht. „Du musst den Code eingeben", sage ich eindringlich, aber sie reagiert nicht. Ihr Blick ist glasig, fast leer, als würde sie mich gar nicht hören.

„Avery, hör mir zu!", knurre ich, meine Geduld schwindet, während ich versuche das Tor mit meinen Händen aufzubekommen. Vergeblich. Ich ziehe sie an meinen Körper, halte sie fest, um zu verhindern, dass sie völlig in sich zusammensackt. Ihr Gesicht drückt sich gegen meine Brust, ihre Nähe ist fast zu viel. Es erinnert mich an früher. An die Avery, die ich einmal kannte. Die ich einmal-

Verdammt, ich schiebe die Gedanken beiseite.

Jetzt ist nicht die Zeit. Ich zwinge mich, mich zu fokussieren.

Ihre Atmung ist flach, als würde sie jeden Moment bewusstlos werden. Ich sehe zu ihr herunter, während ihr Kopf an meiner Brust lehnt, und klopfe ihr vorsichtig auf die Wange. „Hey! Avery! Bleib bei mir!"

Es hat keinen Zweck. Sie scheint komplett neben sich zu stehen.

„Komm schon, verdammt!", flüstere ich, diesmal mehr zu mir selbst als zu ihr. Mein Blick schießt zurück zur Villa, wo Dominic sich hinter einer Steinsäule in Deckung gebracht hat. Kugeln schlagen in den Boden und in die Mauern ein, Funken fliegen. Die Zeit läuft gegen uns.

„Avery! Der Code!" Ich schüttle sie nochmal sanft, meine Stimme ist rauer, aber es bringt nichts. Sie ist weg. Nicht hier. Kein Funke von ihr ist mehr da, um zu reagieren.

Ich halte sie noch fester, während ich einen Moment lang unschlüssig bin. Mein Blick huscht hektisch über das Gelände. Aber dieses Grundstück ist fast vollkommen offen. Die hohen Steinmauern, die uns einsperren, bieten kaum Deckung. Kugeln schlagen in den Kies neben uns ein. Ich schnappe mir Avery fester und zwinge sie in Bewegung. Wir müssen hier weg, irgendwo hin, wo sie uns nicht sofort sehen.

Ich visiere die Heckenpflanzen am Rande der Auffahrt an , hoch genug, um uns zumindest für den Moment zu verbergen. Ich schleife Avery mit mir, spüre ihr Gewicht wie eine Last, die mit jedem Schritt schwerer wird. Ich schiebe uns hinter eine der Pflanzen, drücke sie an meinen Körper, und drehe meinen Rücken Richtung der Männer um Avery abzuschirmen.

Ich ziehe die Waffe aus meinen Hosenbund, halte sie bereit, nur für den Fall.

Doch kaum habe ich die Waffe gezogen zuckt sie heftig zusammen. Sie beginnt zu strampeln, ihre Bewegungen sind unkoordiniert, fast panisch. Dann öffnet sie den Mund, will schreien - aber ich bin schneller.

AveryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt