91. Wie ein Schlag

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Adrian P.O.V.

Die Worte treffen mich.

Wie ein Schlag.

Ein Schlag, der mir die Luft raubt, als ob plötzlich alles um mich herum zusammenbricht.

Vergewaltigt.

Mehrmals.

In meiner Villa.

Die Worte hallen nach, aber mein Gehirn weigert sich, sie zu verarbeiten. Mein Blick verschwimmt, die Wände scheinen sich zu bewegen, der Boden unter mir wankt. Mir wird schwindlig, so schwindlig, dass ich mich an der Wand festhalten muss, um nicht zu fallen. Mein Atem geht flach, keuchend, als ob ich nicht genug Luft bekomme.

Wie...?

Wie habe ich das nicht gemerkt? Wie konnte ich...?

Mein Kopf pocht, als ob jemand von innen gegen meinen Schädel hämmert. Bilder blitzen vor meinen Augen auf, unscharf und chaotisch. Avery, ihr Gesicht, wie sie mich ansieht. Diese Augen... Warum habe ich nichts gesehen?

Vergewaltigt. Hier. In meinen eigenen vier Wänden.

Ich spüre nichts mehr außer diesen Worten, die sich wieder und wieder in meinen Schädel brennen. Meine Hände zittern, ich kann sie nicht stillhalten, meine Kehle schnürt sich zu. Ich will atmen, aber es fühlt sich an, als würde etwas in meiner Brust zerbrechen, als hätte ich vergessen, wie es geht.

Sie hat gelitten, und ich habe es nicht gesehen. Ich habe sie im Stich gelassen. Ich habe sie nicht beschützt.

Ein Brechreiz steigt in mir auf, aber ich unterdrücke ihn. Alles dreht sich. Mir wird kalt, aber meine Haut brennt. Ich versuche, mich zu konzentrieren, irgendetwas, irgendetwas zu fassen, aber es entgleitet mir. Alles entgleitet mir. Nur dieses eine Bild bleibt – Avery, wie sie leidet, wie sie bricht, und ich... ich war blind.

Die Bilder von damals kommen hoch. Ich... ich habe ihr die Waffe an die Schläfe gehalten. Genau wie er.

Ich habe sie auf den Boden gedrückt, sie angeschrien.

„Verdammt!" brülle ich, und meine Stimme bricht. „Verdammt, verdammt, verdammt!" , schreie ich. Es ist kein kontrollierter Schrei – es ist purer Schmerz, Wut, Verzweiflung. Alles, was ich in mir trage, explodiert in diesem einen Moment, in diesem einen Schrei, der durch die Luft schneidet.

Meine Faust ballt sich von allein, und bevor ich realisiere, was ich tue, ramme ich sie mit voller Kraft gegen die Wand. Der Aufprall ist hart, dumpf, und ich spüre, wie meine Knöchel schmerzen. Aber der Schmerz in meiner Hand ist nichts im Vergleich zu dem, was in meinem Inneren vorgeht. Es ist ein Rausch, und ich schlage noch einmal, wieder und wieder, so stark, dass der Putz bröckelt.

Meine Finger schmerzen, doch ich höre nicht auf. Der Schmerz in meiner Faust wird zu einem betäubenden, dumpfen Pochen, das mich weiter treibt. Ich spüre, wie das Blut aus meinen Knöcheln quillt, sehe, wie rote Tropfen auf den Boden fallen, aber es bedeutet nichts.

Nichts im Vergleich zu dem, was ich zugelassen habe. Was ich getan habe.

Ich schlage weiter, härter, bis meine Knochen schmerzen, bis das Blut über meine Hand fließt, die Tropfen sich zu einer Lache unter mir sammeln. Jeder Schlag fühlt sich an, als würde er mich weiter zerstören, aber es reicht nicht. Es wird niemals genug sein.

Ich sinke auf die Knie, meine blutende Faust an die Wand gepresst, den Kopf gesenkt. Meine Brust hebt und senkt sich heftig, mein Atem kommt stoßweise, unkontrolliert. Doch der Druck in meinem Inneren wird nicht weniger, egal wie oft ich schlage.

AveryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt