103. Ausmaß ihrer Ängste

1.3K 73 24
                                    

Adrian P.O.V.

Ich werfe einen kurzen Blick zu Zeus, der aufmerksam die Tür fixiert, dicht an Avery gepresst, und öffne schließlich die Tür.

Als wir nach draußen gehen empfängt uns die kühle Morgenluft. Zeus trottet aufmerksam neben uns, seine Ohren gespitzt. Vor der Eingangstreppe stehen die beiden Sicherheitsmänner, reglos und wachsam. Ihre Blicke sind geschult, wandern über die Umgebung, bevor sie sich auf mich richten. Avery klammert sich ein wenig fester an meine Hand und ich drücke sie sanft, um ihr zu versichern, dass ich da bin, dass ihr nichts passiert.

„Mr. Sanchez, brauchen Sie uns? Sollen wir Sie begleiten?" fragt einer von ihnen, seine Stimme ruhig, aber aufmerksam.

Ich schüttele den Kopf, bemüht, die Spannung in meiner Haltung zu verbergen. „Nein, alles gut. Wir kommen klar.", antworte ich und streiche sanft mit meinem Daumen über Averys Handrücken.

Sie nicken, ihre Haltung bleibt professionell und respektvoll, während sie sich wieder der Überwachung des Grundstücks widmen. Ich führe Avery zügig an ihnen vorbei, ohne innezuhalten, und spüre, wie ihr Atem für einen Moment stockt, bis wir ein Stück von den Männern entfernt sind.

Der Kies knirscht unter unseren Schritten, und das Geräusch wird leiser, als wir den Weg verlassen und uns dem Pfad nähern, der in den Wald führt. Die Morgensonne dringt durch die Zweige. Avery bleibt kurz stehen, atmet tief ein, als ob sie die Kühle des Waldes in sich aufnehmen möchte. Ich beobachte sie aus den Augenwinkeln, sehe, wie die Spannung in ihren Schultern sich ein wenig löst.

Zeus schnüffelt am Wegrand, wedelt mit dem Schwanz und hebt den Kopf, als ob er uns beide auffordern möchte, weiterzugehen.

„Alles in Ordnung?" frage ich sie leise.

„Ja", sagt sie schwach. Ich nicke. Wir setzen uns wieder in Bewegung, den Pfad entlang, lassen die Villa hinter uns.

_____

Die Luft ist kühl und frisch und schafft es die letzte Müdigkeit aus meinen Gliedern zu vertreiben. Avery geht neben mir, still, doch ihre Hand hält meine noch immer fest umschlossen. Zeus, den wir mittlerweile von der Leine gelassen haben, läuft ein Stück voraus, bleibt ab und zu stehen, um sich umzusehen und sicherzugehen, dass wir folgen.

Ich werfe Avery hin und wieder einen Blick zu. Ihre Augen wandern aufmerksam über die Bäume und die Sonnenstrahlen, die sich durch die Blätter ihren Weg bahnen. Mir fällt auf, dass Averys Blick immer wieder zu Zeus wandert. Es ist subtil, kaum merklich, aber ich sehe es doch – das kleine Aufatmen, wenn sie ihn in der Nähe sieht. Jedes Mal, wenn sie den Kopf hebt, scheint sie ihn zu suchen, als würde seine Anwesenheit ihr eine Art von Sicherheit geben, die ich allein ihr nicht bieten kann.

Der Gedanke, dass meine Anwesenheit allein ihr nicht das Gefühl von Schutz geben kann, schmerzt mehr, als ich zugeben möchte. Vermutlich empfindet sie eher das Gegenteil – eine Spur von Angst, die zwischen uns schwebt und sie daran hindert, sich wirklich wohlzufühlen. Vielleicht würde sie hier draußen, allein mit mir, immer auf der Hut sein, immer den Fluchtweg im Kopf behalten.

Aber ich schiebe diesen Gedanken beiseite, zwinge mich, es nicht persönlich zu nehmen. Sie hat ihre Gründe. Alles, was ich tun kann, ist hier zu sein, geduldig, verständnisvoll – auch wenn es bedeutet, dass ich hinter Zeus gerade nur die zweite Quelle von Sicherheit für sie bin.

Zeus hat scheinbar einen kleinen Stock gefunden und trottet damit im Maul zu uns zurück, sein Schwanz wedelt glücklich. Ich blicke auf ihn herunter, nehme den Stock und werfe ihn ein Stück weiter in den Wald. Zeus springt begeistert hinterher und Avery beobachtet ihn mit einem warmen Lächeln.

AveryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt