33. Seine Hand

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Avery P.O.V.

„Wir sind hier.", sagt er.

Adrian führt mich zu einem verlassen aussehenden Gebäude. Graffiti und abgeblätterte Farbe bedecken die Wände, und die Fenster sind mit Brettern vernagelt. Nur eine unscheinbar aussehende Holztür ganz am Rand führt in das Gebäude. Es sieht aus, als hätte hier seit Jahren niemand mehr einen Fuß hineingesetzt. Ein mulmiges Gefühl überkommt mich, doch ich folge Adrian dicht auf den Fersen.

Im Inneren ist es dunkel und stickig, die Luft abgestanden. Im ersten Moment sieht es aus wie eine verlassene Lagerhalle. Doch es ist schwer zu erkennen, da nur wenige Lichtstrahlen der Straßenlaternen ins Innere treten. Am hinteren Ende der Halle ist eine metallene Treppe zu der Adrian mich führt. Wir gehen nach oben. Meine Knie fühlen sich weich an und mit jeder Stufe die ich hochgehe werde ich nervöser.

Oben angekommen gehen wir durch einen engen finsteren Korridor, der von Schutt und Staub bedeckt sind.

Am Ende des Korridors steht eine massive schwarze Tür. Adrian greift in seine Hosentasche und holt sein Portmonee hervor. Er zieht eine schwarze unscheinbar aussehende Karte hervor und hält sie über einen kleinen Schwarzen Kasten links neben der Tür. Ein leises Piepsen ertönt und im nächsten Moment drückt Adrian die schwere Tür auf, und ich werde von warmem Licht und einem dichten Dunst aus Zigarrenrauch empfangen. Wir treten ein in eine versteckte Bar, die in starkem Kontrast zu dem verlassenen Gebäude steht. Es fühlt sich an als wären wir in eine völlig neue Welt getreten.

Der Raum ist relativ klein und gedämpft beleuchtet, mit roten samtbezogenen Sesseln, dunklem Holz und einer langen Bar, hinter der teure Flaschen in Regalen glänzen. Jazzmusik spielt leise im Hintergrund, und überall sitzen Männer in maßgeschneiderten Anzügen, Zigarren in den Händen, vor ihnen Gläser mit dunklem, schwerem Alkohol.

Als sie uns bemerken, heben sich die Köpfe, und die Männer begrüßen Adrian mit breiten Grinsen. Drei von ihnen stehen sogar auf und kommen zu uns.

„Adrian, amigo! Qué gusto verte!" Sie klopfen ihm auf die Schulter, ihre Begrüßung herzlich und respektvoll, als wäre er einer von ihnen.

Adrian erwidert ihre Begrüßungen auf spanisch, seine Stimme ist ruhig, aber weniger gelassen als die der Männer.

Ich stehe unsicher neben ihm, versuche unauffällig zu wirken, doch die Blicke der Männer gleiten sofort auf mich. Ihre Augen mustern mich auf eine Weise, die mir absolut unangenehm ist. Mein Herz klopft unangenehm stark gegen meine Rippen, auch wenn ich mich zwinge so selbstbewusst wie möglich zu wirken. Die Blicke der Männer die mindestens doppelt so alt sind wie ich, sind begierig und abwertend, als sei ich eine Trophäe, die Adrian mitgebracht hat. Am liebsten würde ich gerade einfach umdrehen und weglaufen.

Adrian bemerkt die Blicke und stellt sich langsam ein Stück vor mich, sein Körper wird zur Barriere zwischen mir und den Männern.

„Ist Fernando hier?", fragt Adrian mit einem ernsten Ton.

Einer der Männer nickt sofort. „Si. In seinem Büro."

„Gut.", sagt er ernst.

Adrian dreht sich langsam zu mir um und senkt die Stimme, als wolle er nicht, dass die anderen auch nur ein Wort davon hören. „Ich muss mit Fernando reden. Warte hier. Ich bin gleich wieder hier. Und geh ja nicht nach draußen."

Adrian zögert einen Moment, sein Blick bleibt auf mir haften. Seine spürbare Verunsicherung macht mich irgendwie nervös.

„Und bitte ignoriere die Männer." Seine Stimme klingt todernst.

„Aber-", beginne ich, doch er hebt nur leicht die Hand, ein stummer Befehl, dass ich nichts sagen soll. „Tu einfach was ich dir sage.", sagt er bestimmt, aber ich spüre, dass es ihm widerstrebt, mich alleine zu lassen.

AveryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt