75. Es tut mir leid

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Avery P.O.V.

Ich gehe an Adrian vorbei, ohne ihn wirklich anzusehen und betrete seinen Wohnbereich. Es ist großzügig, fast wie eine kleine Suite. Das erste, was mir auffällt, sind die Farben – alles ist in Grau und Schwarz gehalten. Kalt. Sauber. Glatte, makellose Oberflächen. Die Wände, der Boden, die Möbel – alles scheint perfekt aufeinander abgestimmt zu sein.

Ein Sofa steht auf der linken Seite des Raumes, schwarz, lederbezogen. Ein niedriger Tisch aus dunklem Glas steht davor, darauf liegt nichts, nicht einmal ein Buch oder eine Tasse. Es gibt einen riesigen Fernseher an der Wand, aber auch der ist ausgeschaltet.

Die Kälte des Raumes passt zu dem, was ich fühle. Oder eher, was ich nicht fühle.

Ich lasse meinen Blick weiter durch den Raum schweifen, als ich plötzlich eine Präsenz hinter mir spüre. Mein Herz macht einen Sprung und fast erschrocken drehe ich mich um.

Adrian steht nur einen Schritt von mir entfernt und sieht mich an. Sein Gesicht ist angespannt, seine Augen voller Sorge, als würde er mich nicht wiedererkennen. Und vielleicht tut er das auch nicht. Ich bin nicht mehr die Gleiche.

„Avery..." Seine Stimme ist sanft, aber eindringlich. „Geht es dir wirklich gut? Soll ich einen Arzt rufen?" fragt er, als würde er befürchten, dass ich jeden Moment auseinanderbrechen könnte.

Ich schüttle nur den Kopf, unfähig zu sprechen.

Adrian sieht mich weiter an, seine Augen verraten, dass er nicht überzeugt ist. Ich kann sehen, wie es in ihm arbeitet und dass er nicht weiß, was er tun soll.

„Du zitterst am gesamten Körper.", sagt er leise. Seine Stimme bricht fast, und der Blick in seinen Augen, dieser hilflose Ausdruck, macht alles nur schlimmer. „Ich kann das nicht mitansehen."

Er will mir helfen. Er will die Kontrolle über eine Situation, die er nicht versteht und es zerreißt ihn, dass er sie nicht hat.

„Ich kann das nicht mitansehen", wiederholt Adrian, seine Stimme zittert leicht. Er fährt sich angespannt über den Kopf und ich sehe, wie seine Augen glasig werden, als er den Blick auf mich richtet. „Ich rufe einen Arzt."

Seine Hand wandert in die Hosentasche und die Panik durchzuckt mich.

„Nein!" Meine Stimme ist laut, fast zu laut. Sie hallt durch den Raum und bringt ihn dazu, innezuhalten. „Bitte... ruf keinen Arzt."

Er starrt mich an, überrascht von meiner Heftigkeit, aber noch mehr von dem Flehen in meiner Stimme. Ich merke, dass er immer noch nicht überzeugt ist, dass er mich einfach nicht versteht. Seine Augen bleiben auf meinem Gesicht.

„Mir geht's schon besser als gestern. Ich spüre schon, dass ich gesund werde.", sage ich, fast flüsternd, und hoffe, dass er es glauben kann. „Mir ist einfach nur etwas kalt...deshalb zittere ich."

Adrian sieht mich noch für einen Moment an. Analysiert meinen Blick als ob er daraus die Wahrheit ablesen will. Dann dreht er sich langsam um und geht zu seiner Kommode. Er öffnet die oberste Schublade und zieht einen dicken, schwarzen Hoodie heraus. Ohne ein Wort zu sagen, kommt er zurück, reicht ihn mir und sieht mich eindringlich an. „Hier, zieh den an." sagt er sanft.

Ich nehme den Hoodie zögerlich entgegen und ziehe ihn über. Der Stoff ist warm und riecht vertraut nach ihm. Als ich den Hoodie glattstreiche, spüre ich, wie seine Anspannung etwas nachlässt. Adrian betrachtet mich für einen Moment und lächelt schließlich, ein kleines, aufrichtiges Lächeln. „Der steht dir.", sagt er leise.

„Danke..", flüstere ich. Ich atme einmal angespannt ein bevor ich weiterspreche. „Also bitte...bitte rufe keinen Arzt. Ich bin mir sicher mir geht es morgen schon besser." Ich versuche meine Stimme so fest wie möglich klingen zu lassen, denn wenn das hier scheitert bin ich tot. Oder noch viel schlimmer...Matteo vergeht sich nochmal an mir.

AveryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt