114. Ehrlich

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Avery P.O.V.

Mattheo schnaubt, seine Haltung bleibt entspannt. „Ja. Glaubst du ich lasse mich von zwei kleinen Mädchen einschüchtern?"

Sofia gibt ihm keine Antwort. Stattdessen legt sie den Finger an den Abzug und drückt ab.

Der Knall hallt ohrenbetäubend durch den Kellerraum, und meine Hände fliegen an meine Ohren. Der Schuss streift Mattheos Schulter und schlägt in die Wand hinter ihm ein. Staub und kleine Betonbrocken wirbeln durch die Luft.

Matteo sackt zusammen, gibt einen zerreisenden Schrei vor sich.

Sofia senkt die Waffe ein Stück, aber ihr Griff bleibt fest. Matteo hebt seinen Blick, seine Augen zucken kurz zu mir, dann zurück zu ihr, während er sich seinen blutende Schulter hält. Er sagt nichts mehr. Und zum ersten Mal sehe ich in seinem Blick etwas, das wie echte Angst aussieht.

Ich stehe wie erstarrt da, mein Körper zittert, mein Atem kommt unregelmäßig. Sofia schaut kurz zu mir, ihr Gesicht immer noch ungerührt, und steckt die Waffe langsam wieder in ihren Hosenbund.

„Siehst du?" sagt sie ruhig. „Manchmal muss man ihnen zeigen, dass sie nichts mehr zu melden haben."

Ich möchte etwas sagen, doch bevor ich antworten kann hören wir plötzlich laute schwere Schritte die Treppe hinunter kommen. Mein Kopf schießt in Richtung des Geräuschs, und meine Augen weiten sich, als ich sehe, wie Adrian auftaucht. Sein Körper ist angespannt, seine Augen scannen hektisch den Raum ab, und er sieht aus, als hätte er die Treppe in einem einzigen Sprung genommen. Er hat noch seinen Mantel und seine Schuhe an, als wäre er gerade erst zurückgekommen.

„Was zum Teufel ist hier los?" ruft er, seine Stimme ist laut, fast panisch, während er den Raum in wenigen Schritten durchquert. „Seid ihr verletzt?" Seine Hände ballen sich zu Fäusten, als würde er bereit sein, Matteo augenblicklich in Stücke zu reißen.

„Beruhig dich, Adrian," sagt Sofia kühl, als wäre nichts passiert. Sie verschränkt die Arme vor der Brust und sieht ihn mit einem leichten Hauch von Genervtheit an. „Niemandem ist etwas passiert."

„Niemandem?" Adrian sieht sie scharf an, seine Brust hebt und senkt sich schwer, als er versucht, seine Gedanken zu ordnen. Sein Blick fällt zu Mattheo der blutend und wimmernd da liegt. „Was zum Teufel, ist hier los?"

Ich mache einen Schritt zurück, spüre, wie meine Beine zittern, und presse mich unwillkürlich gegen die Wand. Adrian sieht mich an, sein Gesicht wechselt von Wut zu Besorgnis. „Avery, bist du okay? Was machst du hier unten?" fragt er, seine Stimme etwas sanfter, aber immer noch angespannt.

Ich nicke schnell, obwohl mein Körper noch immer unter Schock steht. „Ja, ich... ich bin okay," sage ich leise, meine Stimme brüchig. „Es... Sofia wollte nur..."

„Was?" Adrian wendet sich wieder an Sofia, die ihn ungerührt ansieht, als wäre er derjenige, der sich gerade irrational verhält. „Wollte nur was?"

„Ihm eine Lektion erteilen," sagt Sofia schlicht und deutet mit dem Kopf auf Matteo. „Hat auch funktioniert. Schau ihn dir an. Der Typ weiß jetzt, dass er nichts mehr zu melden hat."

„Eine Lektion?" Adrian wiederholt ihre Worte, als könnte er nicht glauben, was er gerade gehört hat.

Sofia zuckt die Schultern, ihre Haltung bleibt unerschütterlich. „Ich hab mir gedacht, dass Avery das braucht. Und, ehrlich gesagt, ich hatte recht." Sie wirft mir einen kurzen Blick zu, dann wieder zu Adrian. „Manchmal muss man diesen Bastarden zeigen, dass sie nichts mehr zu sagen haben."

Ich bleibe stehen, unsicher, ob ich mich überhaupt bewegen kann. Adrians Blick wandert zu mir, und sein Ausdruck wird weicher, fast flehend. „Avery, geh rauf, bitte. Du solltest hier nicht sein."

AveryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt