Als endlich der Morgen auf Berk Einzug hielt, war die Schlacht zwischen Drachen und Wikingern schon längst entschieden. Durch Hicks tatkräftige Unterstürzung war es ihnen gelungen, jeden Drachen aus dieser verdammten Horde zu töten. Nur einen nicht. Den Nachtschatten.
In den frühen Morgenstunden hatte er sich auf den Weg in die tiefen Wälder Berk gemacht, um die ab geschossene Bestie zu finden. Dazu hatte er sich seine besten Utensilien zusammen gesucht, denn man wusste nie, wenn er diesem Vieh begegnen würde. Hicks hatte sich besonders darauf gefreut, seine neue Erfindung zum schnellen Drachentöten aus zu probieren. Es war ein Rohr mit einer sehr starken Feder, das mit einem scharfen Bolzen aus Gronckeleisen beladen war. Ein kurzer Schmerz und der Drache wäre ohne viel Blut tot.
Astrid hatte ihm noch viel Glück gewünscht, als er auszog, um dieses Biest zu finden. Dabei hatte er schon den ganzen Tag die halbe Insel ab geklappert und nichts gefunden. Nicht mal eine Spur von dem Nachtschatten. Langsam fing er an zu zweifeln, ob er ihn überhaupt erwischt hatte, doch musste er einfach an seinen Glauben fest halten, dass er es geschafft hatte. Er würde der erste Wikinger sein, der einen Nachtschatten erlegen würde. Dann hätte er ihn in die Arena gebracht, wo er ihn seziert hätte. Es war immer so bei einem schwarzen Tod gewesen, einen neu gefangene und erlegte Art zu studieren und jedes Körperteil und jedes noch so kleine Organ dieses Drachens zu untersuchen. Man konnte so verborgene und innere Schwachstellen an dem Drachen aus machen, die man von außen nicht erkennen konnte. Hicks freute sich schon richtig darauf, das innere diese Drachens begutachten zu dürfen. Zwar hätte das eine ordentliche Verschmutzung der Arena mit Blut bedeutet, was auch ein sauber machen des Verursachers zur Folge gehabt hätte, doch machte sich Hicks nichts um diese Umstände, schließlich nahm er gerne solche Hürden auf, um den Nachtschatten zu sezieren.
Hicks schritt weiter durch den tiefen Wald Berks. Der Mittag setzte schon ein, doch durch die hohen dunklen Bäume konnte man schlecht erkennen, wo die Sonne gerade stand. Also machte sich der junge Meister sich nichts aus der zeit und suchte akribisch weiter nach dem Nachtschatten. Der Drache bedeutete ihm sehr viel. Schon als kleiner Junge hatte davon geträumt solch ein Wesen zu erlegen. Den unheiligen Emporkömmling aus Blitz und Tod höchst persönlich. Keinen anderen wurde dieser Drache gerecht.
Immer tiefer schritt er in den Wald. Viele Wikinger hätten sich schon längst verlaufen, doch Hicks kannte jeden Baum in und auswendig. Hier hatte er immer mit Mehltau trainiert und Taktiken aus getüftelt. Kurz blieb er stehen und hielt inne. Erst gestern war er gestorben und hatte ihn so traurig gemacht. Aber das Leben ging weiter und jeder musste irgendwann mal sterben, auch Hicks zeit würde in vielen Jahren kommen. Doch bis dahin war noch viel zeit, welche wie eine Ewigkeit erschien. Und das wollte er nutzen, um der zu sein, der er immer wollte. Der beste Drachentöter aller Zeiten. Hicks, der Wikinger, der einen Nachtschatten erlegte.
Er schritt weiter und nach einigen Metern fand er auf einmal frisch ab geknickte Äste von den Baumkronen. Sofort sah Hicks nach oben. Tatsächlich waren dort die Spitzen in Mitleidenschaft gezogen worden, was die Sache sehr verdächtig machte. Er folgte diesen Spuren und musste mit ansehen, wie aus den kleinen Beschädigungen der Bäume immer weiter folgend ganze demolierte Kronen wurden.
Dann auf einmal verlagerten sich die Schäden der Bäume nach weiter unten. Trockene Äste ersetzten langsam die frischen und grünen Zweige der Kronen und übersäten den Waldboden. „Hier muss es irgendwo sein. Ich fühle es.", sprach der junge Meister zu sich selbst. Er war sich absolut sicher, dass nach der nächsten Ecke der Nachtschatten auftauchen würde. Vor Aufregung konnte schon fast gar nicht mehr. Sein Puls schoss in die Höhe, doch nicht vor Angst. Nein. Es war die Erwartung, gleich einen lebendigen Nachtschatten zu sehen, der gefesselt am Boden lag. Hoffentlich zumindest, denn Hicks konnte sich nicht sicher sein, ob der Drache den schnellen und harten Absturz, wie er es an den Furchen im Boden erkannte, überlebt hatte. Aber na ja. Er war es ja gewesen, der ihn abschoss und das kam mit erlegen gleich. Also machte sich Hicks darum keine weiteren Gedanken und ging schnellen Schrittes weiter die Furchen entlang, welche bald sich schon zu einem Graben vereinten. Immer tiefer fraß sich dieser durch den Waldboden, bis er schließlich an einem Felsen endete. Jetzt war der Moment der Wahrheit gekommen. All die Jahre der Bemühung müssten sich hinter diesem Felsen verstecken. Eingepackt in dicke Seile und hoffentlich noch am Leben, damit Hicks ihn frisch umbringen konnte. Langsam und vorsichtige trat er an den großen Stein heran und schlich langsam an ihn vorbei, immer mit der Achtung, dass ein gefährlicher Drache sich auf der anderen Seite befinden würde.
Sein Herz fing an bis an die Brust zu schlagen, als er sich umdrehte und diese monströse schwarze Gestalt sah. Tatsächlich ein Nachtschatten. All die Jahre und nun hatte sich Hicks Traum endlich erfüllt. Er war am Ziel an gekommen. Er hatte einen Nachtschatten gefangen und wie es aussah atmete er noch. Hicks wollte fast vor Freude schreien, doch hielt er sich zurück. Schließlich wollte er den Drachen nicht aus seinem Schlaf erwecken.
Mit vorsichtigen Schritten ging er schlussendlich langsam auf den Drachen zu. Er wollte ihn berühren. Er wollte wissen, wie sich diese pechschwarzen Schuppen des Reptils vor ihm anfühlten. Er wollte es unbedingt wissen.
Doch als er seine Hand ausstreckte, schauten ihn auf einmal große gelbgrüne Augen an, deren Pupille der einer Katze ähnelte. Hicks schreckt zurück. Der Drache war aufgewacht und zu allem Überfluss starrte er den jungen Meister direkt an.
Der Drache wehrte sich. Er versuchte verzweifelt mit seinen Bewegungen sich aus den fesseln zu befreien. Aber Hicks stand nur daneben und lächelt über sein zufriedenes Werk. Tatsächlich hielten die dreifach gebundenen Seile mit eingearbeiteten Draht. Auf gar keinen Fall konnte sich der Nachtschatten daraus befreien. Hicks hätte sogar ein Messer aus Gronckeleisen nehmen müssen, um überhaupt die Fesseln durchschneiden zu können.
„Da kommst du nicht mehr heraus!", sagte er etwas herablassend zu dem Nachtschatten. Lächelnd drehte er sich um und holte aus seiner Tasche das selbst gebaute Bolzenschussgerät heraus. Richtig an den Kopf an gesetzte würde der Nachtschatten tot sein, bevor er überhaupt den Schmerz verspüren würde. Hicks kramte kurz in seiner Tasche. In der zeit gurrte der Nachtschatten hilflos und verzweifelt. Er wusste, was der junge Drachentöter mit ihm vor hatte und das gefiel ihm ganz und gar nicht. Er wollte lebe. Frei sein, wieder fliegen können und nicht bei diesen Barbaren als Trophäe enden.
Verzweifelt versuchte sich der Drache zu befreien, doch es klappte nicht.
Hicks hatte während dessen sein gerät parat gestellt und die Feder gespannt. Der Bolzen war scharf und konnte per Knopfdruck ab gefeuert werden. Hicks fand es für die beste Methode einen Drachen so um zu bringen, da es nicht so viel Blut vergoss und auch der Drache weniger leiden musste. Das Herz konnte man ihm immer noch nachher heraus schneiden.
Der junge Meister trat näher an den Drachen. Das Gerät in der rechten Hand näherte er sich dem Kopf des Reptils. Jetzt war es so weit. Hicks würde endlich nach so vielen Jahren den Nachtschatten töten. Er persönlicher Triumph, der kaum noch zu überbieten war. Höchstens vielleicht noch einen Skrill zu erlegen würde genau so Spaß machen.
Als Hicks dem Kopf ganz nahe war und schon ansetzen wollte, versuchte der Nachtschatten verzweifelt zurück zu ziehen. Der Drache hatte Angst. Angst vor den, wes jetzt gleich passieren würde. Aber Hicks zeigte kein Gefühl der Reue. Kurz hielt er inne und setzte dann den Bolzenschießer an den Kopf des Nachtschattens.
Der Drache entspannte sich. Aber sein Puls blieb hoch. Er spürte das kalte Metall des Laufs an seinem Kopf. Sekunden verstrichen wie Ewigkeiten und er erwartete nur noch den Moment, an dem alles ein ende haben würde. Er kniff die Augen zusammen und wartete auf das unvermeidbare.
Hicks selbst schmunzelte nur kurz und sagte: „Jetzt habe ich dich endlich Nachtschatten. All die Jahre des Trainings und der Suche für diesen einen Moment."
Und das waren auch die letzten Worte, die der Nachtschatten vernahm. Das einzige, was er noch hörte war ein kurzes klicken, als der Drachentöter den Knopf betätigte.
Sofort schoss der Bolzen nach vorne und durchtrat mit einer ungeheuren Geschwindigkeit erst die schuppige Haut und dann die Schädelknochen des Drachen. Und als er schließlich das Gehirn traf, war es um den Drachen geschehen. Schlagartig setzte der Herzschlag und die Atmung aus. Leblos erschlaffte er liegende und wehrlose Körper des Nachtschattens. Der letzte Rest des Lebens schwand aus seinem Körper und es wurde schwarz um die Augen dieses fantastischen Wesens. Es war eine Dunkelheit, aus der es kein Zurück mehr gab.
Hicks stand auf. Der Bolzen hatte sich in das Gehirn des Nachtschattens gegraben und das Werk vollendet, was er die lange zeit über geplant hatte. Jetzt war es geschehen. Der junge Drachentöter ward am Ziel seiner Träume. Der Nachtschatten war erlegt.
Er war tot...
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Der Fluch des Nachtschattens
FanfictionHicks verfolgt nur ein Ziel: Der beste Drachentöter zu werden, den die Welt je gesehen hat. Als er jedoch bei Grobians Drachenunterricht nicht zugelassen wird und niemand sich für die Interessen des Häuptlingssohns einsezt, bekommt er eine Chance, e...