Hoffnung

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Astrid konnte es nicht fassen, als sie in dieses Gesicht sah. Das, welches ihr so bekannt und vertraut vorkam und was sie dachte, schon nicht mehr wieder zu sehen. Sie fühlte sich so erleichtert, dass ihm nichts widerfahren war. Sicherlich hatte der Kampf gegen Dagur und seine Bande Spuren hinterlassen, aber so wie sie blonde Wikingerin erkennen konnte, hatte er dabei keine weiteren Gliedmaßen verloren.
„Grobian!?...Du hier?...Aber wie...wie bist du nur hierher gekommen und vor allem....." Sie wusste einfach nicht mehr, was sie sagen sollte. Sie hatte schon mit vielen Leuten auf Berk, die sie bestens kannte abgeschlossen. Sie dachte, das alle getötet wurden, nachdem Dagur die Oberhand über das Dorf erlangst hatte.
Der Wikinger aber lächelte freundlich. Er schien nicht so erstaunt zu sein, dass sie sie hier antreffen würden. „Na mei Astrid. Jetzt sei doch nicht so gleich aus dem Häuschen. Was wird denn erst werden, wenn du die anderen siehst, die Überlebt haben?" Das brachte Astrid noch mehr aus der Fassung. Es haben noch mehr überlebt? Das konnte sie sich gar nicht vorstellen. Na gut. Bei Grobian hätte sie schon gedacht, dass solch ein zäher Hund überleben könnte, aber gleich noch mehrere? Sie konnte es einfach nicht fassen vor Freude, dass es wirklich noch andere hierher geschafft hatten.
„Aber Grobian...wo sind denn die anderen?", konnte sie nur heraus bringen, da sie weder hinter dem bärtigen Wikinger, noch aus der Tür heraus weitere aus Berk sehen konnte. „Die sind noch unten alle am Strand Astrid. Wir sind erst in den frühen Morgenstunden hier angekommen, als wir euch gefolgt waren. Ich muss schon sagen. Hicks hat Tempo drauf, wenn er los fliegt. Zum Glück habt ihr aber kaum den Kurs verändert." Jetzt war Astrid aber noch mehr verwundert. Wie konnten sie ihr folgen. Und vor allem, wie hatten sie es von Berk geschafft, da doch die ganze Insel von Berserkern besetzt worden war.
„Aber Grobian, wie habt ihr es geschafft, von der Insel zu fliehen?" Der blond bärtige Wikinger trat weiter zu ihr und fing an zu erklären. „Nun ja Astrid. Als Haudrauf getötet worden war, flohen wir in die Wälder, so wie ihr. Nach einigen Stunden, nachdem der Kampf endgültig beendet worden war, sammelten wir uns langsam wieder. Viele haben nicht überlebt. Wenn es hoch kommt vierzig Leute. Aber wir mussten uns entschließen, zu fliehen, denn auf Berk hätten wir keine großen Chancen gehabt zu überleben, da Dagurs Trupps die Wälder nach Flüchtlingen durchsuchten und so haben wir und des Nachts an den Hafen geschlichen und uns eines der schnellsten Berserkerschiffe gekapert und sind auf und davon. Dabei folgten wir eurem groben Kurs."
Aber immer konnte Astrid nicht ganz begreifen, wie ihnen gefolgt waren. Ja, es war schon klar, dass sie den selben Kurs eingeschlagen hatten, wie die anderen, aber wann hatten sie sie bitte schön gesehen? Diese Frage wurmte Astrid noch sehr , da es das letzte Stückchen in jenem Faden war, um sich alles zusammen reimen zu können. „Und wer hat uns gesehen?" - „Nun ja meine kleine. Also Fischbein wollte am Krähenkliff schauen, ob wir dort unsere Wasservorräte auffrischen könnten. Die gingen nämlich zu neige und da hat er euch gesehen, wie ihr einen Trupp Berserker fertig gemacht habt und davon geflogen seit. Der Junge konnte sich den Kurs merken, den ihr geflogen seit und na ja, da dachten wir uns bei der Flucht, dass wir dem einfach folgen und früher oder später zu euch stoßen. Und nun sind wir hier...aber wo ist Hicks?"
Da auf einmal ein Grummeln aus der einen dunklen Ecke der Höhle in der sie waren. Hicks hatte war dem kleinen nachts chatten gefolgt, der doch ein wenig Angst vor dem großen Menschen, mit der Axt als eine seiner Hände, hatte. Das war ihm nämlich nicht ganz geheuer und er verkroch sich in die letzte Ecke. Hicks folgte ihm erst, ohne zu merken, wer da gerade eintrat. Doch als er sich umdrehte und Grobian erkennen konnte, hielt seine Freude keine grenzen mehr. „Hicks, da bist du ja du Nachtschatten....nein nein nein nein Hicks!" Doch es war zu spät. Hicks stürmte auf den rüstigen Wikinger zu, stieß ihn zu Boden und schleckte freudig über sein Gesicht, bevor er ihn wieder seines Gewichtes entließ und freundlich zur Begrüßung grummelte. Er konnte es nicht fassen, dass er überlebt hatte. Und wie er schon hören konnte noch einige andere.
„Igitt Hicks, das ist Drachensabber. Und so weit ich als Experte für diese fliegenden Reptilien beurteilen kann, gehen diese Flecken nicht mehr raus!", beschwerte er sich sofort. Doch schloss nach dieser Aussage ein Lachen an, was so schnell nicht endete: „Ach komm her Hicks. Es ist wirklich so schön dich wieder zu sehen." Jetzt war es Grobian, der auf den großen Nachtschatten zuging und ihn umarmte. Doch lange dauerte es nicht. Als der Dorfschmied über Hicks Schultern schaute, konnte er seinen Augen nicht trauen. Da saß doch tatsächlich ganz schüchtern ein kleiner Nachtschatten in der einen Ecke und schaut ihn nur mit großen Augen an. Jetzt war er verwundert.
„Also Astrid, wenn du jetzt sagen willst, das dir die Götter die Kraft gegeben haben, dich in einen Nachtschatten verwandeln kannst und das mit Hicks dabei rauskam...dann Hut ab...das ging aber schnell." - „Wie denkst du Grobian. Wir haben den kleinen hier auf der Insel neben dem toten Körper seiner Mutter gefunden. Er war ganz verängstigt. Und sicher hat er auch vor dir Angst." Der Dorfschmied schritt zurück und gab nur ein kleinlautes „Entschuldigung" von sich. Doch Hicks fing nur an zu lächeln. Und auch Astrid, denn sie wussten, dass sich Grobian mal so die verrücktesten Sachen zusammen spinnen konnte.
Hicks hingegen signalisierte dem kleinen Nachtschatten, dass er keine Angst vor dem großen Wikinger haben sollte. „Komm her kleiner. Der tut dir ebenfalls nichts. Das ist Grobian. Er ist ein Freund."
Nur zögerlich verließ der kleine Nachtschatten sein Versteck und offenbarte sich dem Wikinger in seiner vollen Pracht. Doch der schien eher einen besorgten Blich für den kleinen zu haben, denn er sah, trotz dass er sehr viel Fisch am Vorabend gefressen hatte, noch sehr dürr und abgemagert aus. „Mein der kleine ist sieht aber schrecklich aus. Hicks..es ist gut, dass ihr ihn gerettet habt, denn sonst hätte er wohl das nicht überlebt.", sagte der Mensch, der früher Drachen tötete. Aber bei dem Anblick dieses kleinen Nachtschattens, der doch so elend aussah, und der Fakt, dass Hicks als sein Ersatzvater ihn sicher so erziehen würde, dass er sie nie angreifen würde, beruhigen ihn und ließen sein Herz erweichen. Der kleine war ja auch mit seinen grünen Augen und dem Blick süß. Denn so oft Grobian schon Drachen gesehen hatte, sah er nie Babys und dies war sein erstes. Er hätte nie gedacht, dass sie so niedlich und knuffig aussehen würden.
Dann tat er kleine einige Schritte. Immer näher traute er sich an diesen großen Mann heran. Er vertraute auf die Worte des großen Nachtschatten Nachtschattens Hicks und näherte sich ihm Stück für Stück. „Na mein kleiner komm mal her. Ich werde dir nichts tun." Grobian senkte seinen Blick und schaure den kleinen mit einem freundlichen Lächeln an. Der aber fixierte ihn ebenfalls und fing ein wenig an zu gurren. Es schien in freundlicher Absicht zu sein, denn schon bald darauf lief es schneller zu dem großen Wikinger, bis er sein noch intaktes Bein um schmuste. „Bei Thor, der kleine gefällt mir wirklich. Hoffe bloß, dass er noch ein wenig mehr fressen wird." Grobian schien ganz begeistert von dem jungen zu sein. Auf jeden Fall störte es ihn nicht, wie der kleine Nachtschatten ihn beschnupperte.
Alle schauten sich die Szenerie an und mussten lächeln. Hicks und Astrid rechneten mit vielem, was sie heute erwarten würde, aber nicht mit so etwas. Aber die Harmonie wurde von Grobian wieder unterbrochen, als er sagte: „Aber, was stehen wir hier denn so rum. Kommt mit runter an den Strand und begrüßt die anderen!" - „Gut Grobian, aber wir brauchen mit Hicks eine Ewigkeit durchs Dickicht." - „Ach keine Sorge Astrid. Wofür habe ich mit denn Die Axt umgeschnallt?" Da wurde Astrid einiges klar. Sicherlich hatte sich der rüstige Wikinger den Weg frei geschlagen und dabei eine Schneise hinterlassen. Und die Junge Wikingerin konnte stark vermuten, dass Hicks auch dies erleichtern würde. So machten sie sich alle auf den Weg zum Strand. Der kleine nahm dabei auf Hicks Rücken Platz, während Astrid und Grobian voraus gingen.

Auf dem Weg sprach Hicks wieder mit Ohnezahn. Der war ebenso überrascht, dass dieser Grobian hier auftauchte und dann noch mit vierzig weiteren Wikingern im Gepäck. Aber die Insel war groß genug für sie alle und so machte er sich auch nicht allzu große Sorgen darum, dass ihnen hier der Platz ausgehen könnte. „Ohnezahn, was werden sie wohl sagen, wenn sie den kleinen sehen?", kam es von Hicks, dem diese Frage schon seit einigen Minuten durch den Kopf schwirrte. „Nun ja Hicks. Also sie werden sicherlich überrascht sein. Aber so wie der kleine aussieht, werden sie schon keine Angst vor ihm bekommen." - „Denke ich mal auch Kumpel. Und das mit dem Namen müssten wir wohl noch einmal verschieben, denn jetzt heißt es erst mal die Überlebenden du begutachten und zu begrüßen, denn schließlich bin ich jetzt das Oberhaupt von Berk, oder dem was davon noch übrig ist." - „Stimmt ja Hicks. Aber das ist schon makaber." Hicks war verwundert. Worauf wollte sein bester Freund denn nun schon wieder hinaus. „Was meinst du?" - „Naja. Ein Dorf voll mit Wikingern, die früher Drachen getötet haben, wird jetzt von einem Drachen angeführt." - „Stimmt Kumpel. Aber daran müssen sie sich wohl oder übel gewöhnen."
So schritten sie weiter, während sich der kleines auf Hicks Rücken gemütlich machte und die Aussicht genoss. So weit hatte er sich sich noch nie von der Höhle weg befunden. Der Wald für ihn war schon etwas besonderes. Man konnte seltsame Stimmen von Vögeln hören und auch andere Tiere sehen, auch wenn es nur Mäuse waren. Die Welt schien doch wirklich ganz interessant zu sein. Und das Meer würden sie auch gleich sehen mit noch mehr von diesen Menschen, so wie Hicks es ihm erzählt hat. Er war zwar ein wenig verunsichert, noch mehr von diesen Zweibeiner zu sehen, aber gleichzeitig auch froh, denn mit Hicks wusste er, dass ihm nicht so schnell etwas passieren würde.

Unten am Strand hatten sich die restlichen vierzig Wikinger zusammen gefunden und alles, was sie von Berk noch mitnehmen konnten vom Boot der Berserker geholt. Fischbein und Raffnuss halfen sich dabei gegenseitig. Auch wenn der dickere Wikinger immer wieder ein Gespräch mit ihr aufbauen wollte, scheiterte er an ihr, denn die Wikingerin konnte immer noch nicht fassen, dass sie jetzt nur noch Raffnuss war. Ihr Bruder kam bei dem Kampf gegen die Berserker um, als er seine Schwerster vor einem perversen Banditen schützen wollte. Sie konnte fliehen, aber ihr Bruder hatte es nicht mehr geschafft.
So wie sie, hatten alle hier Verluste zu beklagen. Gustav hatte auch niemanden mehr und viele weitere. Jeder der, dieses Massaker überlebt hat, musste nun mit der Trauer kämpfen, dass sie Familienmitglieder verloren hatten. Pütz und Mulch waren wohl das einzige Duo, was alles überlebt hatte. Sie nahmen noch ein halbes Dutzend Schafe mit, die sie gerade wieder von Bord führten. Doch auf einmal starrte eines dieser blökenden Tiere wie erstarrt auf den Wald. „Was ist den mit dir Schafi...", brachte Pütz nur verwundert heraus, während er sich am Kopf kratzte. Doch als er seinen Blick in Richtung Wald wandte, erstarrte er vor Schreck: „NACHTSCHATTEN IN DECKUNG!!!", schrie er lauthals heraus und alle druckten sich sofort, obwohl sie sich wunderten, griffen Nachtschatten doch nur in der Nacht und nicht am helllichten Tage an. Aber sofort kam die Stimme, ihres bisherigen Anführers Grobian: „Was ist denn hier los?! Das ist Hicks und Pütz...du erschreckt all die Leute hier mit deinem Gebrüll!" Der rüstige Mann trat aus dem Unterholz und ließ für einen kurzen Moment seine Axt in die Lüfte steigen.
Schnell beruhigten sie sich alle wieder, als sie neben dem Nachtschatten auch Astrid sahen, die ihn begleitete. Erleichtern machte sich breit und Freude kam auf. Sie hatten die richtige Insel gefunden. Jetzt waren sie wieder vereint.
Fischbein konnte es jetzt nicht mehr halten. Er stürmte auf beide zu und umarmte sie. „Thor sei dank, euch ist nichts weiter passiert." Aber schnell merkte er noch etwas anderes. Ein kleines Brummen, was von Hicks Rücken kam. Aber als er sich das näher ansah, traute der kräftige Wikinger seinen Augen nicht...

Der Fluch des NachtschattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt