„Es wird nicht gerade besser draußen, eher verschlimmert sich das Ganze noch. Wenn das so weiter geht, werden die ersten Drachen Hunger leiden müssen, immerhin sind wir durch den Sturm von den Fanggründen abgeschnitten." Die Frau seufzte und lehnte sich gegen einen Felsen. Der große weiße Drache merkte dies. Mit einer Bewegung drehte er sich zu ihr, wobei unter seinem Gewicht sich Tonnen an Wassermassen zu bewegen begannen und eine kleine Welle erzeugten, die über die nahe liegenden Wiesen rauschte.
„Valka. Wir haben schon schlimmere Stürme überstanden. Dieser wird nicht anders sein. Er kommt und geht wieder. Du machst dir einfach zu viele Sorgen." Der Überwilde brummte und versuchte seine Verbündete ein wenig aufzuheitern.
„Du hast Recht. Ich habe einfach zu große Sorge, dass sich Drachen da draußen verfliegen, verhungern oder noch schlimmer, in die Fallen von Drachenjägern tappen würden. Und du weißt genauso wie ich, Überwilder, dass da draußen immer noch Drago und seine Truppen ihr Unwesen treiben. Ich hoffe nur, dass sie uns nicht finden werden."
Es schien mal wieder einer der Tage zu sein, an dem man Valka nur sehr schwer aufheitern konnte. Der große Überwilde musste sich sehr anstrengen, denn die Frau machte es ihm wirklich nicht leicht. „Wir haben das Drachenauge den Grimborns gestohlen. Und ohne das, findet kein Jäger hierher. Nur ein Drache kann das Versteck finden und niemals würde einer von ihnen unser Heiligtum verraten." – „Wahrscheinlich." Mit diesen Worten richtete sich Valka wieder auf und verschwand in ihre kleine Höhle am Rande des Hortes, um sich etwas zu Essen zu machen.
Es waren mittlerweile 20 Jahre ins Land gezogen. Valka hatte sich hier sehr mit den Drachen eingelebt und verstand sich sehr gut mit ihnen. Sie rettete Drachen aus Fallen von Jägern, hatte viele derer Stützpunkte vernichtet und dafür gesorgt, dass die Drachen des Nordens soweit keine Gefahren mehr fürchten mussten. Zum Dank hatte ihr der Überwilde die Gabe geschenkt, mit Drachen sprechen zu könne, was vieles erleichterte.
Nun aber waren die Tage dunkler geworden. Man hörte Gerüchte, dass sich Drago einer neuen Waffe bemächtigt hätte. Einer Waffe, mit der er vielleicht in der Lage wäre, alle Drachen der Welt unter seine Kontrolle zu bringen. Was das für Auswirkungen haben würde, brauchte sich die Wikingerin nicht ausmalen. Sie wollte es gar nicht.
Immer weniger Drachen kamen in den Hort und suchten Schutz. Als ob sie alle irgendwo anders hingezogen werden würden. Irgendetwas war da sehr faul daran. Auch Wolkenspringer, ihr bester Freund hier hatte ein sehr mieses Gefühl, gegenüber dieser Entwicklung.
Aber so weit raus fliegen, konnte sie nicht, jedenfalls nicht bei diesem Sturm. Sie musste den Grund dafür herausfinden und Drago aufhalten, ehe er alle Drachen unter seinem Banner versklaven würde. Sie musste handeln, aber so lange der Überwilde einer Expedition mit mehreren Drachen nicht zustimmen würde, waren ihr die Hände gebunden.
Wie aufs Stichwort erschien Wolkenspringer. Der vierflügrige landete vor ihrer Höhle und legte sich in seine Ecke, um nach seinem Kontrollflug ein wenig zu ruhen. Ihm war nicht entgangen, dass Valka mal wieder einen Gesichtsausdruck wie drei Tage Schlechtwetter angenommen hatte.
„Was ist denn los? Schon wieder schlechte Nachrichten?" – „Nein, Wolkenspringer, es ist nur so, dass mich dieser Drago Blutfaust keine Nacht ruhig schlafen lässt. Ich muss einfach herausfinden, was er wieder im Schilde führt, sonst könnten wir schon bald alle entweder tot oder versklavt enden."
Der Drache verstand: „Aber bei diesem Wetter würden wir keine halbe Meile weit kommen. Der Wind wäre unser Untergang." – „Ja ich weiß, doch wenn der Sturm an Stärke nachlässt, würde ich gerne mal nach Süden fliegen wollen, wenn du auch willst." – „Natürlich. Denkst du mich wurmt das nicht mit diesem Drago. Wir haben beide gesehen, wozu seine Flotte im Stande ist, als er die Festung der Grimborns überfallen hat. Die haben nicht mal eine Nacht standgehalten, obwohl sie mit die größte Flotte im Archipel hatten."
Valka seufzte: „Ich weiß, was sie mit den Grimbornbrüdern gemacht haben. Hier geht es aber um unsere Existenz. Drago hat fast alle seine Gegner ausgeschalten. Er wird nicht lange zögern, dann wird er auch hier einfallen und wir wären Geschichte."
„Valka. Wir warten erst einmal den Sturm ab. Danach können wir uns in Ruhe überlegen, wie wir vorgehen. Den Überwilden kannst du schon überzeugen. Aber jetzt wird erst einmal gegessen, was hast du denn da schönes? Kann ich auch etwas ab haben?"
Da konnte Wolkenspringer Valka wieder ein kleines Lächeln auf die Lippen zaubern. Die Wikingerin nahm ihren Teller und präsentierte ihrem Drachen das Werk ihrer Kochkünste: Gepökelter Fisch in Seetangkruste.
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Der Fluch des Nachtschattens
FanfictionHicks verfolgt nur ein Ziel: Der beste Drachentöter zu werden, den die Welt je gesehen hat. Als er jedoch bei Grobians Drachenunterricht nicht zugelassen wird und niemand sich für die Interessen des Häuptlingssohns einsezt, bekommt er eine Chance, e...