Das Geständnis

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Der Abend senkte sich über das kleine Dorf im Norden und die Wikinger liefen so gut wie jedes Mal in die Große Halle, um dort die letzte Mahlzeit des Tages ein zu nehmen. Für die meisten jedenfalls, denn man konnte sich nicht sicher sein, wie viele andere Noch die Tradition des Nachtmahls an sich hatten. Bei Fischbein war es auf jeden Fall nicht zu übersehen und na ja. Man konnte auch manchmal sein Schmatzen hören, wenn er sich noch in der Nacht über eine Keule vom Hühnchen her machte.
Doch dies war nun weiter nicht von Belangen gewesen. Sie alle gingen heute in die große Halle, denn es wurde gesagt, dass etwas bekannt gegeben werden würde, was von äußerster Dringlichkeit sei. Viele rätselten schon, um was es sich handeln könnte, doch blieb vieles in Unklarem. Selbst Haudrauf wusste nicht, was heute bekannt gegeben werden sollte. Nur eins wusste er nur, und zwar das es um seinen Sohn ging. Er selbst wunderte sich ein wenig. Was sollte es denn so wichtiges noch geben. Hicks war nun der Leiter der Akademie und lehrte der kommenden Generation das Handwerk im Drachentöten und Mehltau wurde auch beigesetzt. Zwar etwas inoffiziell, doch auch eigentlich bekannt, war die nahende Hochzeit von seinem Sohn und der Tochter der Hoffersons, die er gerettet hatte. Astrid.
Eine bessere Schwiegertochter konnte man sich doch nicht vorstellen. Es war eine mit viel Selbstbewusstsein, die auch mal hart durchgreifen könnte, wenn es darauf ankäme. Also konnte man sich doch eigentlich nicht weiter beklagen. Und warum sollte man denn noch etwas bekannt geben wollen. Sicher nichts von weltbewegender Bedeutung, dachte sich das Oberhaupt Berks. Vielleicht war ja Astrid schwanger. Das konnte es sein, denn schon manchmal ist er mitten in der Nacht von leidenschaftlichem Gestöhne auf gewacht, was nun wirklich nicht zu überhören war. Dann dachte er immer ''Die treiben es aber wie die Kaninchen. Aber sei es ihnen vergönnt'' Dann schmunzelte er immer und schlief einfach weiter, indem er den erotischen Geräuschpegel aus seinem Gehör verbannte. Leinentuch in die Ohren und fertig. Seitdem er das machte, wachte er auch nicht mehr auf.
Aber nun war er doch schon ein wenig verwundert, denn normaler weise kommen die ersten Symptome einer Schwangerschaft erst viel später. Meist dann erst, nachdem es einige zeit her war, dass sie es miteinander....hatten.
Aber nun gut. Astrid war ja etwas besonderes gewesen und vielleicht ging das bei ihr schon ein wenig schneller. Man konnte ja nie wissen, was die Götter sich so alles einfallen ließen. Doch ein wenig plagte ihm immer noch etwas. Wenn es am Ende dann doch nicht die Schwangerschaft war, dann doch hoffentlich nichts ernstes.
Er fürchtete nämlich, dass es auch vielleicht sein könnte, was nicht unbedingt gut geheißen werden konnte. Er hatte immer solch ein Gefühl. Zwei gespalten. Das musste man auch als Oberhaupt über ein ganzes Dorf haben, was nur von anderen Stämmen umgeben war, die nicht lieber taten, als sich gegenseitig an die Kehle zu springen, um diese dann mit Genuss zu durchschneiden. Und wenn immer etwas positives sah, dann musste man vielleicht auch an die negativen Folgen denken. Man musste immer auf alles vorbereitet sein, um dann wissen zu könne, wie in der nächsten Situation verfahren wird und ob man es vielleicht auch noch abwenden kann, wenn es denn nicht schon passiert wäre.
Aber bald sollte Haudrauf erfahren, dass es etwas gab, dass er weder beeinflussen noch kontrollieren konnte. Mit seinem geliebten Sohn würde etwas passieren, was er nie hätte voraus gesehen, was er nicht verhindern würde können.

Alsbald alle in der großen Halle versammelt waren und sich ihr Essen geholt hatten, warteten alle auf Hicks und Astrid. Wirklich alle aus dem Dorf waren gekommen und wollten wissen, was die beiden, Mann kann es schon sagen, prominenten Personen hie zu sagen hatten. Da war wirklich jeder gespannt, was da gemeldet wurde und viele erwarteten es schon. Und alle dachten, dass es nur gute Nachrichten waren. Wenn sie doch nur wüssten.
Das Dorf war menschenleer. Niemand rührte sich auf den Wegen, die Berk wie ein Labyrinth durchzogen. Es wirkte fast geisterhaft. Gespenstisch. Doch etwas rührte sich. Zwei gestalten huschten zwischen den Schatten umher und richteten ihr Ziel auf die Große Halle, welche nach den langen steinernen Treppen folgte. Es waren Hicks und Astrid. Sie hatte immer noch ihre normale Kleidung an, während jedoch ihr liebster sich eine alte braune Kutte über gezogen hatte. Nur die Kapuze trug er nicht, denn bis dahin war die Verwandlung noch nicht fort geschritten. Aber man wusste nie, wann dies der Fall sein würde.
Er hatte so zu sagen, als Schutz mit genommen, da es vielleicht wieder einen Schub geben würde, der ihn immer weiter in eine der gefürchtetsten Drachen verwandeln würde. Doch er musste es sagen. Anders ging es nicht, wenn die Leute ihn nicht verjagen oder sogar töten wollten, wenn es komplett gewesen wäre. Und er hatte ja eine helfende Hand an seiner Seite. Astrid, die ihm selbst die liebe geschworen hatte, selbst wenn er den Rest seines Lebens als Drache verbringen müsste, was durchaus der Fall sein könnte.
„Und du willst wirklich, dass ich das tue?", fragte er noch einmal verunsichert seine Liebe. Sie hatten es, bevor sie hierher kamen noch einmal gemacht, denn es beschleunigte Sich. Hatte Hicks alle sechs Stunden einen Schub bekommen, waren es jetzt nicht mal mehr eine. Von seinem Arm aus, hatte es schon den halben Oberkörper und den Bauch erfasst. Und langsam schritte auch in tiefere Regionen vor. Astrid hatte es auch einmal gemerkt, denn kurz bevor sie gekommen wäre, erfasste es Hicks wieder. Er krümmte sich vor Schmerzen und musste abbrechen. Jedoch als es wieder abklang, wollte sie es weiter. Er hatte seine zweifel, doch sie hatte ihm gesagt, dass sie niemals wüsste, wie lange er noch in dieser Gestalt bleiben könnte.
Der Hals war noch unversehrt. Noch.
Er konnte nicht wissen, wann es wieder los gehen würde und nach seiner Berechnung, war es nicht mehr lange hin, bis ein neuer Schub ihn weiter in dieses Wesen, was er am liebsten hätte in Frieden gelassen hätte. Aber nun war es zu spät. Er würde ein Nachtschatten werden, komme ,was da wolle.
„Ja Hicks. Du musst. Denn dann können wir weiter in Berk zusammen leben. Und wenn sie dich nicht haben wollen, dann fliehen wir auf eine friedliche einsame Insel, wo uns keiner findet und wir bauen uns dort ein neues Leben auf." Sie versuchte ihn ein wenig auf zu heitern und lächelte ihn an. Er konnte nicht anders, als dies mit einem Kuss auf die Wange zu erwidern, atmete tief durch und stemmte schließlich die schweren Tore auf, die in den Saal führten, wo sich schon alle versammelt hatten.
Die Türen gingen auf und da standen sie. Alle ließen von ihrer Mahlzeit ab und starrten sie beide an. Langsam schritten sie immer weiter vor zu dem erhöhten Tisch, wo schon sein Vater Haudrauf und Kotzbacke, sein Bruder etwas zu sich genommen hatten. Letzterer hatte mit seinem Sohn abgeschlossen und akzeptierte Hicks, so wie er war. Natürlich respektierte er ihn auch, als Nachfolger seines älteren Bruders und als Leiter der Akademie. Von Rotzbacke wollte er nichts mehr wissen. Er hatte seine Familie entehrt und damit technisch gesehen sogar die Häuptlingsfamilie.
„Hicks da bist du nun. Und was hast du uns jetzt zu erzählen.", sprach der rotbärtige Mann, der noch ein letztes Mal von der Keule biss. „Vater,...es .....es ist so. ich muss dir etwas sagen und zwar hat es etwas mit dem Nachtschatten zu tun."
Als der Name dieses Drachen fiel, war sofort Ruhe im Raum. Keiner gab nur noch einen Laut von sich. Alle wussten, dass Hicks es geschafft hatte, ihn zu töten und nun sprach er es an? Sie starrten ihn an und Hicks schritt weiter, wo ihn alle sehen konnten.
„Ja es geht um den Nachtschatten. Ich hatte ihn erlegt und feierte mich so als den größten Drachentötern unter den Wikingern." Mit stolz auf ihn nickten fiele, genau so sein Vater, doch er fuhr fort. „Doch jetzt muss ich eingestehen, dass es FALSCH war, diesen Drachen zu töten." Auf einmal Fassungslosigkeit. Wie konnte nur etwas sagen, was so an Ketzerei deutete. Man hatte noch nie das Töten von Drachen in Frage gestellt und jetzt sollte ausgerechnet der beste unter ihnen es bereuen einen Drachen erlegt zu haben, der doch über Jahre hinweg viele Menschenleben ausgelöscht hatte?
Alle waren baff, doch Hicks erzählte weiter und reagierte gar nicht erst auf die fassungslosen Gesichter der anderen.
„Denn diesen Drachen sollte man niemals töten, denn sonst ereilt einem sein Fluch. Ich hatte einen Traum, da hat der selbe Drache, den ich erlegt hatte, verfolgt und zu Boden gedrückt, als er mich hatte. Er verfluchte mich, auf das ich ewig seine Laster tragen würde, dass mich kein Mensch mehr mögen könnte, da ich zu etwas werde, was nicht mehr Mensch ist." Jetzt waren alle verwundert.
Besonders Haudrauf verstand jetzt die Welt nicht mehr, Was sollte da gerade sein Sohn gesagt haben? Sollte er etwas zu einem Nachtschatten werden? Doch diese Frage stellte er ihm lieber selbst, als sie nur sich im Kopf zu erdenken.
„Willst du damit jetzt sagen Sohn, dass dieser Drache dich verflucht hat, so einer zu werden wie dieses Monster? Willst du mir das sagen?" Tränen kamen in seine Augen. Er wollt jetzt auch noch nicht seinen Sohn in einem Drachen verlieren. Nein. Das wollte er einfach nicht. Schon seine Frau war damals von Drachen entführt und in Stücke gerissen worden. Jetzt auch noch nicht sein einziger Sohn?
„Ja Vater du hast recht. Und um zu zeigen, dass es wahr ist, schau her." Er öffnete seine Kutte und legte sie ab. Zum Vorschein kam eine Oberkörper, der zum größten Teil von schwarzen Schuppen bedeckt worden war. Nur noch einzelne Fetzen Haut waren zu sehen. Sein rechter Arm hatte deutlich an Muskelmasse zu gelegt und seine Fingernägel wurden zu Krallen.
Haudrauf konnte es einfach nicht fassen. Jetzt kamen ihm wirklich richtig die Tränen, während die anderen einfach nur fassungslos drauf drein starrten. Er stand auf und umarmte seinen Sohn.
„Ach Hicks, was hat dieser Drache dir nur angetan?" - „Vater ich kann es auch nicht mehr ändern, doch Astrid und ich wollten, dass ihr es wisst. Das das ganze Dorf es weiß, denn wen mein verstand bleibt, dann bin ich immer noch Hicks und ich kann weiter leben. Das hoffe ich doch." - Natürlich Hicks. Das kannst du..." Er drückte ihn noch ein wenig fester an sich.
Doch dann auf einmal durchzog Hicks ganzer Körper ein heftiger Schmerz. Er dachte er, dass er einfach viel zu fest von seinem Vater gedrückt wurde, doch schnell merkte, dass es woanders herrührte.
„Arg..." Er sackte zusammen und kauerte auf dem Boden. Hicks krümmte sich vor schmerzen. Doch dieses mal war es nicht nur eine Region in seinem Körper, die ihm Pein bereitete. Nein es war der ganze Körper.
„Hicks, was ist mit dir?" Keuchend sah er zu seinem Vater auf, der voller Sorge neben ihm stand. Eben so auch in das Gesicht von Astrid.
„E...es geh...geht ...l...los. Der letzte Sch..Schub. AAAH!..."

Der Fluch des NachtschattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt