Indes hatten sich Astrid und Gustav in ihrer Behausung zusammen gefunden. Der Junge Wikinger hatte etwas Holz von Grobian besorgt, damit das Feuer, was rund um die Uhr brannte, nicht ausgehen würde. Immerhin war es sehr kalt draußen. So kalt, dass viele sich nur raus trauten, um das Nötigste zu erledigen.
„Gustav. Lege noch ein bisschen mehr auf. Ich glaube das wird noch nicht reichen, die gesamte Höhle warm zu bekommen!", sprach Astrid zum ihm. Der 16jährige folgte genervt der Anweisung der blonden Wikingerin und legte noch einige Scheite Holz in das Feuer.
Eigentlich wollte er sich zu Nachtklaue legen. Der junge Nachtschatten hatte sich schon den ganzen Tag darauf gefreut, dass er mit Gustav ein wenig Zeit verbringen würde. Denn in den vorherigen Stunden hatten sie das übrig gebliebene Holz von Grobians Schmiede hierher in ihre Behausung, der kleinen Höhle, gebracht und aufgestapelt. Und bei der Kälte draußen zehrte das ganz schön an den Kräften der beiden.
Zum Glück waren die Tage im Winter kurz, sodass, als die Sonne sich über den westlichen Horizont senkte, sie nicht mehr lange arbeiten mussten. Als der Großteil der Scheite hierher gebracht worden war, freuten sich die beiden schon, endlich einmal auszuspannen. Aber Astrid machte Gustav einen Strich durch die Rechnung.
Nun war es endlich so weit. Gustav legte sich neben Nachtklaue hin und lehnte sich sanft an den Bauch des kleinen Nachtschattens. Wirklich beste Freunde waren die beiden geworden und ein Paradebeispiel für das Zusammenleben von Wikingern und Drachen.
Inzwischen hatte auch Grobian einen, der ihm aber mehr oder weniger zugelaufen kam, aber trotzdem. Durch Gustav und Nachtklaue, als auch Hicks schien etwas in Bewegung gekommen zu sein, was nicht mehr aufzuhalten war. Eine neue Art der tiefen Freundschaft von zwei Spezies, wie sie eigentlich unterschiedlicher nicht sein konnten.
„Und Nachtklaue? Was werden wir morgen unternehmen? Sollen wir uns mal diesen stinkenden Drachen von Grobian näher ansehen?" Doch sein geschuppter Freund schniefte mit der Nase und machte eine Ekel andeutende Bewegung mit seinen Gesichtsmuskeln. „Schon gut. Ich verstehe ja schon deinen Einwand. Selbst ich habe das Vieh gerochen und für einen Drachen schnupperte der wirklich ein wenig streng."
Nachtklaue rollte mit seinen Augen. Ein wenig streng war für die feine Nase eines Nachtschattens völlig untertrieben.
„Also dann mache du einen Vorschlag, Kumpel. Schließlich haben wir immer viel gemacht, was ich vorgeschlagen habe. Was wäre denn für dich interessant?", fragte Gustav seinen drachigen Freund und schaute ihn erwartungsvoll an."
Nachklaue überlegte. Es gab vieles was sie schon gemacht hatten und was sie noch machen könnten. Vielleicht wäre mal ein Ausflug zur anderen Inselseite toll. Da waren sie noch nie und soweit sie wussten selbst Hicks noch nicht. Schließlich wäre es doch super, alle Teile der Insel zu kennen und zu erforschen. Bloß wie sollte er es seinem menschlichen Freund verdeutlichen?
Nachtklaue hatte eine Idee. Der Nachtschatten sprang auf, was Gustav fast nach hinten kippen ließ, griff sich mit seinem Maul einen Stock, der neben dem Feuer lag und ritzte etwas in den Boden. So gut es ging, versuchte er eine Insel im Meer zu zeichnen. Immerhin hatte er vor einigen Tagen eine Karte von den Wikingern gesehen. Da sollte es doch für einen Nachtschatten nichts Besonderes sein, auch so ein Ding in den Boden zu fabrizieren. Er mühte sich ein wenig, dann war das Kunstwerk vollbracht.
Gustav richtete sich auf und trat näher. Schnell war ihm klar, was sein schuppiger Freund ihm vermitteln wollte. „Ah verstehe. Wir sollen die Insel erkunden. Können wir machen, wenn du willst...
Es stürmte. Weit draußen auf dem Ozean hatte sich ein Riesenhafter Albtraum verflogen. Schon seit einigen Tagen hatte er immer wieder nach einer neuen Heimat gesucht, als sein altes zuhause von einem grässlichen Drachenjäger heimgesucht und vernichtet worden war. Er wusste nicht, ob es noch weitere Überlebende geben würde. Nur eins war sicher: wenn er nicht bald irgendwo ein sicheres Plätzchen finden würde, könnte ihm das das Leben kosten. Vor allem, weil er für lange Zeit keinen Fisch mehr gegessen hatte und sein Magen höllisch knurrte.
Seine Flügel wurden schwerer. Jedes Mal wenn er einen neuen Schlag absolvierte, verkrampfen sich seine Muskeln. Er würde es nicht mehr lange machen. Dann auch noch der Schneesturm, der seine eisigen Winde genau in die Richtung des mächtigen Drachen wehte. Er war verzweifelt. Was sollte er nur tun? Fernab der zerstörten Heimat auf dem offenen Ozean konnte er nur auf ein schnelles Ende hoffen. Oder auch nicht?
Plötzlich bewegte sich etwas im Sturm. Der tiefe weiße Schleier der Flocken lichtete sich und gab einen sehr, sehr großen Drachen preis. Das Herz des Drachen fing an zu schlagen. Noch nie hatte er solch eine Art gesehen. Er konnte ihn gar nicht richtig beschreiben, als ihn plötzlich etwas von oben packte.
Er wehrte sich, doch seine geringen Kräfte ließen kaum einen Widerstand zu. Zu lange war er in diesem Sturm umher geflogen, als dass er noch groß hätte etwas ausrichten können. Die Krallen der anderen Drachen hielten ihn fest. Ja es waren mehrere Drachen, die ihn gepackt hatten.
Waren dies Räuber? Wollten sie ihn, einen hilflosen Drachen fressen? Er konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Nur, dass er in einer scheinbar aussichtslosen Situation war.
Sein Herz fing immer schneller an zu pochen. Es schlug ihm förmlich gegen seine Brust. Was wenn sie ihn wirklich fressen wöllten. Dann gäbe es kein Entkommen. Keine Chance zu fliehen. Wehrlos hätte er seinen langsamen Tod über sich ergehen lassen müssen.
Doch dann das. Ein weiterer großer Drache tauchte auf. Er war ebenfalls viel größer als er selber. Mit mehr als zwei Flügeln, hielt er festen Kurs auf ihn selber. War es jener, der ihm den Todesstoß versetzen würde?
Der Albtraum kniff die Augen zusammen. Er wollte seinem Tod nicht in die Augen sehen. Immer schneller schlug sein Herz. Ungeduldig wartete er auf das wohl Unausweichliche. Gleich müsste es soweit sein doch...nichts.
Selbst nach wenigen Minuten passierte rein gar nichts. Niemand hatte ihn getötet geschweige denn angebissen. Keiner der Drachen hatte etwas Weiteres getan.
Langsam öffnete er wieder seine Augen. Der Schneesturm war immer noch extrem, weswegen er kaum die anderen Drachen im Hintergrund erkennen konnte. Nur dieser andere große mit den vier Flügeln.
Er hatte wirklich keine Ahnung, was jetzt kommen würde.
„Wer bist du und vor was fliehst du?", fing schließlich der Drache an zu fragen. Der Albtraum wusste erst gar nicht, was er sagen sollte. Völlig überrumpelt von der gesamten Situation brachte er kein einziges Wort heraus.
„Ich...ich bin Saramir. Ich bin von der Insel der Riesenhaften Albträume geflohen. Ein grausamer Drachenjäger hat alle Drachen versklavt. Und die die nicht fliehen konnten und sich wehrten, wurden getötet." Mit gesenktem Haupt beendete der Drache seinen Satz, wobei eine Träne aus seinem Auge lief.
Der andere Drache indes, schien zu verstehen. Er hatte schon mehrmals von diesem Drachenjäger gehört gehabt. Sicher war er sich nicht, ob es derselbe sein würde, der auch eine andere Insel westlich von hier angegriffen hatte. Aber dazu müsste er dem Albtraum noch einige weitere Fragen stellen, aber nicht hier.
„Drachen. Bringt den Drachen in den Hort. Dort soll er eine kleine Höhle mit frischem Fisch und Wasser bekommen. Ich werde die Meisterin in Kenntnis setzen, dass ein neuer verletzter Drache von diesem Drachenjäger geschuldet kommt. Nun macht schon. Bringt ihn in den Hort!" Noch einmal blickte er zu dem Albtraum: „Sage uns bitte, was vorgefallen ist. Dann können wir vielleicht die Sache schnell klären, denn ich habe schon einen Verdacht, wer das war."
Damit wandte sich der Drache mit den vier Flügeln ab und verschwand wieder in den Schleiern des Schneesturms. Der Albtraum wurde indes fortgeschafft. Er wusste nicht was der Hort war, oder wie die Meisterin war. Hauptsache, sie würden ihn an einen sicheren Ort bringen, hoffentlich. Und wenn sie die Geschichte über den Angriff hören wollten, dann sollten sie sie hören.
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Der Fluch des Nachtschattens
FanfictionHicks verfolgt nur ein Ziel: Der beste Drachentöter zu werden, den die Welt je gesehen hat. Als er jedoch bei Grobians Drachenunterricht nicht zugelassen wird und niemand sich für die Interessen des Häuptlingssohns einsezt, bekommt er eine Chance, e...