Und was wirst du machen, wenn es vorbei ist?

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Zwei Tage waren vergangen. Der Sturm hatte sich gelegt und die Sonne begann wieder, warme Strahlen auf die Erde zu senden. Das Meer hatte sich beruhigt. Wie einem Dorfteich glich die Wasseroberfläche und spiegelte das Licht der Sonne.
Der ideale Tag, um die Reise zum Drachenhort fortzusetzen. Hicks hatte schon alle bereit gemacht. Einige Fische wurden gefangen und gegessen. Er musste sich noch ein wenig stärken, dann könnte es losgehen. Ohnezahn hatte ihm gesagt, dass es vielleicht noch zwei Tage dauern würde, bis sie endlich da wären, aber das spielte kaum eine große Rolle.
Hicks befürchtete schon, der Sturm würde länger andauern, als erwartet. Doch so schnell wie er gekommen war, so verschwand er auch wieder und von einen auf den anderen Tag schien die Sonne und es wurde deutlich wärmer.
„Nun ist es so weit.", murmelte Ohnezahn in Hicks Gedanken. „Ja. Es gibt kein Zurück. Die Höhle des großen Überwilden wird schon bald in Sichtweite kommen. Hoffentlich geht alles gut." Mit diesen Worten hob der Nachtschatten ab und setzte Kurz in Richtung Nordosten.
Ohnezahn wusste, dass es nicht leicht werden würde, den großen Überwilden zu überzeugen, Hicks wieder in einen Menschen zu verwandeln. Besonders seine Vergangenheit machte dem Nachtschatten Sorgen. Ein ehemaliger Drachenjäger, der alles bereute, was er jemals in seinem Leben getan hatte. Das hat es bisher noch nicht gegeben. Der Alpha würde es vielleicht nicht glauben wollen. Ein kritischer Augenblick.
Unter Hicks zogen derweil die Wellen vorbei. Ab und an konnte man einen Donnertrommler oder einen Glutkessel sehen, wie sie sich durch die Meere pflügten und an Fischschwärmen satt fraßen. Wie gut, das Hicks noch einige Dorsche zu sich genommen hatte, denn sonst hätte er sich am liebsten mit in die Fluten gestürzt und hätte einen Fisch nach dem anderen gefangen. Ohnezahn hatte ihm gezeigt, wie man in der Luft stehend, einen Fisch unter der Wasseroberfläche ausmachen und mit einem schnellen Flugmanöver schnappen konnte. Eine sehr gute Technik, vor allem, wenn man lange über dem Meer unterwegs war. Am schwierigsten war dabei das in er Luft stehen. Nicht alle Drachen konnten das.
Es hatte halt schon Vorteile, ein Drache zu sein, aber Hicks wünschte sich nichts sehnlicher, als wieder der sein zu können, der er einst war. Immerhin wollte er Astrid zu seiner Frau machen und das ging nur, wenn er wieder menschlich sein würde. Dann könnte er als Oberhaupt seines Stammes auf der neuen Insel, ein neues Leben beginnen und die Berkianer könnten in Frieden mit den Drachen zusammen leben. Ohne jemals wieder von ihnen angegriffen zu werden. Im Gegenteil. Die Drachen würden die Menschen mit schützen und umgekehrt. Ein Bündnis zwischen den beiden Spezies.
„Sage mal, was willst du eigentlich machen, wenn du wieder einen Körper hast, Ohnezahn?", frug Hicks spontan. Der verwandelte Wikinger hatte sich die Frage schon einige Zeit gestellt, hatte sie aber vor Ohnezahn verborgen gehalten.
„Hm Hicks", stutzte der Drache im Geist, „Ich werde auf jeden Fall bei euch blieben. Der kleine Nachtklaue braucht seine Vaterfigur und ich will ihm diese geben. Vor allem, da seine Mutter gestorben ist. Klar er ist bei Astrid und dir sehr gut aufgehoben, aber ich will auch, dass er seinen leiblichen Vater kennen lernt. Vielleicht suchen wir uns eine Höhle auf eurer Insel und bleiben dort. Du kannst uns dann immer besuchen kommen, wenn du willst."
„Und das werde ich auch.", sprach Hicks zufrieden, als er dies hörte. Ohnezahn hätte sich auch einfach aus dem Staub machen können, aber die Freundschaft zwischen ihm und Hicks schien ein neues band geschaffen zu haben. Und natürlich der Familienhang wegen Nachtklaue. Wenn Hicks nicht mehr ein Nachtschatten sein würde, müsste ein anderer die Ausbildung des kleinen Nachtschattens übernehmen. Und ein anderer Drache würde sich nicht sehr eignen.
Hakenzahn, er ihnen in einigem Abstand gefolgt war, hatte derweil wieder aufgeholt. Sie waren kurzzeitig durch den Sturm getrennt worden. Aber als der Riesenhafte Albtraum wieder auftauchte, war Hicks gleich noch zufriedener.
„Hakenzahn. Schön dich wieder zu sehen. Wie hast du denn dieses Wetter überlebt?" Der große Drache schnaubte und reihte sich neben den Nachtschatten ein: „In einer Felsenhöhle nicht weit von hier. Sie lag südlich. Da die Höhle bei euch zu klein gewesen war, musste ich einen anderen Unterschlupf finden."
Hicks war erleichtert: „Jetzt bist du jedenfalls wieder hier und ich freu mich sehr, dass es dir gut geht."

Der Fluch des NachtschattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt