Und wie will er das anstellen?

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Astrid verstand erst nicht, was der Schmied damit meinte. Die Gestalt in mitten des Dorfplatzes war ihr völlig fremd. Nur Grobians Blick verriet Astrid, dass er die Person kennen musste. Sie war eine Frau mittleren Alter mit braunen langen Haaren, an der sich erste graue Strähnen abzeichneten. Neben ihr stand ein merkwürdig aussehender Drache mit vier Flügeln. Die junge Wikingerin wusste nicht, was sie davon halten sollte, immerhin schien diese Frau eine Art Drachenreiterin zu sein. Und das machte sie sicherlich nicht zum ersten Mal.

„Grobian, wer ist das?", fragte Astrid den Schmied. Aber der bekam vor Staunen kein Wort mehr heraus. Er stand nur da und hielt den Mund offen.

„Also gut, wer bist du?", versuchte Astrid es erneut und zielte auf die Frau ab, die sich zu ihr umdrehte. Sie lächelte und schaute die blonde Wikingerin an. „Du musst also Astrid sein. Groß bist du geworden und eine Vollblutwikingerin durch und durch. Wie du da mit deiner Kampfaxt da stehst." Jetzt war Astrid verwundert. Kannte die Person sie etwa auch. Sie konnte sich nicht erinnern, diese Frau schon einmal gesehen zu haben. Da waren keine Erinnerungen an sie.

„Entschuldige, aber kennen wir uns?" – „Du mich nicht, aber ich dich, als du noch ein Baby warst. Du und Hicks waren gerade einige Monate alt, als ich von Drachen entführt und in ihr Nest gebracht wurde. Ich bin Valka, Hicks Mutter."

Das traf Astrid wie der Schlag. Hicks Mutter hier? Man hatte doch immer gesagt, dass sie von Drachen entführt und gefressen worden sei. Das erste mag zwar gestimmt haben, aber sie stand gesund hier mitten auf dem Platz des neuen Dorfes. Wie konnte das sein? Man hatte über 20 Jahre nichts mehr von ihr gehört. Hätte sie sich da nicht melden sollen? Schließlich hatte sie einen Sohn zurückgelassen, um den sich Haudrauf schließlich kümmern musste.

„Was...was machst du hier?", fragte Astrid nur, denn viel mehr bekam sie nicht hervor. Sie war genau so überrascht, wie der Dorfschmied gerade eben. Grobian hatte sich mittlerweile ein wenig gefangen und verarbeitete das Geschehen gerade.

„Ich wurde von Hicks hierher geschickt, um diese Drachen vor Jägern in Sicherheit zu bringen." – „Warte mal, das kann nicht sein. Hicks ist..." – „In einen Nachtschatten verwandelt gewesen. Ich weiß. Er hat mir geholfen, die Drachen vor den Jägern in Sicherheit zu bringen und versucht nun, ihren Anführer zur Strecke zu bringen."

Das waren zu viele Informationen auf einmal für Astrid: „Warte mal. Hicks ist verwandelt gewesen?" Valka nickte: „Ja, er ist wieder ein Mensch wie vorher, naja nicht ganz." Astrid wusste es. Irgendwas musste schief gelaufen sein Sofort fragte sie nach.

„Was heißt hier, nicht ganz!?" Ihr Ton wurde schärfer. „Keine Sorge. Er ist wieder ganz der Alte, doch als der große Überwilde von einem Artgenossen im Dienst der Drachenjäger getötet wurde, hatte er ihm seine gesamte Drachenmagie übertragen. Er ist fähig mit den Drachen zu sprechen und vieles mehr, was ich selbst nicht weiß. Du musst dir aber keine Sorgen machen. Es geht ihm gut." Valka versuchte Astrid zu beruhigen, was ihr auch gelang. Die blonde Wikingerin senkte ihre Axt und atmete nicht mehr so heftig. Hicks ging es also gut. Er war wieder der Alte und würde vielleicht bald zurückkehren. Ihr fiel ein gewaltiger Stein vom Herzen.

„Gut. Und wie will Hicks das anstellen? Er ist doch da ganz allein im Drachenhort?", kam erneut die Frage. „Er ist nicht allein. Er hat Ohnezahn, seinen Nachtschattenfreund bei sich. Gemeinsam wollen sie die Drachenjäger auskundschaften und sie dann zur Strecke bringen."

„Und wie will er das machen?" – „Das hat er mir nicht gesagt, aber er klang sehr entschlossen. Auf jeden Fall hat er mich hierher geschickt, damit ich auf die Drachen aufpassen soll. Hicks hat mir erzählt, das ihr mit den Drachen Frieden geschlossen habt, als ihr von den Berserkern vertrieben wurdet. Hier sollen sie vor den Drachenjägern sicher sein, bis wir eine neue sichere Bleibe für sie gefunden haben."

Jetzt schaltete sich auch Grobian ein. Der Schmied hatte zu lange geschwiegen. Auch er wollte seinen Kommentar dazu abgeben: „Aber wir haben hier kaum Platz, geschweige denn Futter. Die Dorfbewohner haben Angst um das wenige Vieh, dass wir haben." – „Ihr braucht euch nicht deswegen zu sorgen. Die Drachen werden Fisch fressen und euer Vieh nicht anrühren. Schafwolle ist zudem schwer verdaulich.", kam es von Valka.

Grobian war skeptisch. Aber wenn Hicks gesagt hatte, die Drachen sollen hierher kommen, dann galt es als Befehl des Oberhauptes und dem durfte keiner widersprechen.

„Gut, dann lasst die Drachen hier. Sie sollen auf der Insel willkommen sein. Aber lasst sie bitte nicht hier im Dorf. Es ist zu eng hier!", sagte Astrid, als sie ihre Axt auf den Rücken schnallte und auf Valka zuging. Die Mutter von Hicks hatte sich derweil zu Gustav und dem kleinen Nachtschatten neben ihm gewandt.

„das ist ja nicht zu glauben. Ein Jungtier und ich dachte, es würde keine anderen Nachtschatten mehr geben. Vielleicht gibt es sogar noch mehr." Sie lächelte, als sie sich dem kleinen nachtklaue näherte. Dem war aber die Dame nicht ganz geheuer. Gustav stellte sich vor seinen Freund, der begann zu fauchen. Eine Warnung, bevor er einen Plasmaball abfeuern würde.

„Kommen sie meinem Freund nicht zu nahe." Gustav breitete seine Arme aus und signalisierte der Frau kein Durchkommen.

„Ich werde ihm schon nichts tun. Ich will ihn mir nur einmal ansehen." – „Sollten wir nicht lieber die Lage genauer besprechen? Nachtklaue kannst du dir noch später ansehen, Valka.", unterbrach Astrid Valkas Versuche, den Nachtschatten von näherem zu betrachten. Sie sah ein, dass dies jetzt wichtiger war, als Nachtklaue. Sie drehte sich wieder zu den anderen um und ging mit Astrid und Grobian in die Behausung des Oberhauptes.

„Ich würde mal behaupten, dass die 20 Jahre im Drachennest nicht gerade gut für ihren Geist waren.", murmelte der Dorfschmied, als er als letzter Astrids Behausung betrat. Es gab aber wichtigeres zu besprechen als den Geisteszustand von Valka. Drachenjäger waren auf dem Vormarsch und vielleicht würden sie diese Insel hier entdecken. Schneller, als es allen Beteiligten lieb war.

Der Fluch des NachtschattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt