Ein besonderer Ort I

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Der nächste Morgen brach im Drachenhort an. Die Drachen waren schon führ auf den Beinen und flogen in alle möglichen Richtungen. Viele hatten ihre Aufgaben, die sie zu erfüllen hatten, nur einer schlief immer noch in seiner Höhle. Ober besser gesagt, er konnte jetzt endlich schlafen. Die ganze Nacht hatte sich Hicks den Kopf darüber zerbrochen, was am vorherigen Tag geschehen war. Diese verrückte Drachenlady war seine Mutter. Wie konnte das nur möglich sein?
Hicks wusste nicht, was er davon halten sollte, immerhin hatte Valka für 20 Jahre tot gegolten. Das einfach so alles widerlegt wurde, überfiel den verwandelten Wikinger so stark, dass er nicht einmal richtig schlafen konnte.
„Hicks, kann ich dir irgendwie helfen?" Ohnezahn hatte sich schon den ganzen Abend über Sorgen um seinen besten Freund gemacht. Ihre Seelen waren miteinander verbunden, was der eine spürte, merkte der jeweils andere auch.
„Du kannst da nicht richtig helfen. Tut mir Leid, Kumpel, aber das muss ich irgendwie alleine hinbekommen. Ich meine, diese Frau ist meine Mutter. Ich habe sie fast 20 Jahre lang nicht gesehen und jetzt soll sie diese Drachenlady sein?" – „Schon gut, aber wenn dich etwas betrübt, dann sage es mir. Mache nur nichts Dumme, denn du weißt, die Wahrheit jetzt zu sagen, kann uns die alte Gestalt kosten. Wenn du wieder zurückverwandelt bist, kannst du es ihr sagen. Dann haben wir alle Zeit der Welt."
Ohnezahn hatte Recht. Jetzt die Nerven zu verlieren, war keine Option. Sie beide standen so nahe vor dem Ziel. Hicks könnte seine Mutter immer noch treffen, aber jetzt galt es, den Alpha davon zu überzeugen, Ohnezahn einen neuen Körper zu geben und Hicks wieder in einen Menschen zu verwandeln.
„Und was wollen wir jetzt tun, Ohnezahn?" – „Einen klaren Kopf behalten und uns auf unser Ziel konzentrieren. Du solltest dich weiter im Hort umsehen. Der Skrill von gestern könnte sehr hilfreich sein. Immerhin lebt er hier schon eine Weile. Vielleicht kann er auch uns etwas über den Alpha sagen. Wie der so vom Charakter her ist." Das war keine schlechte Idee, die Ohnezahn da hatte. Das wäre der Plan für heute, nur müssten die Zirras unter den tausenden Drachen erst mal finden. Aber das sollte sich leichter darstellen, als gedacht, denn der Skrill befand sich in einem Augenblick am Eingang von Hicks Höhle.
„Nachtschwinge, bist du da!" Sofort erkundigte er sich nach dem Nachtschatten. „Zirras, bist du das? Wie hast du mich gefunden?" – „Die Drachen reden viel. Du weißt schon. Da habe ich einfach mal die Ohren offen gehalten und mich danach erkundigt, wo du wohnst. Ich wollte dir gerne den Hort zeigen, denn alles hast du sicherlich noch nicht gesehen."
Das kam wie gerufen für Hicks. Sofort machte er sich zum Eingang seiner Höhle und begrüßte seinen neuen Bekannten.
„Die Fütterung war doch gestern was Tolles, oder? Ich meine so hast du sicher noch nicht Fisch gefressen?" – „Ja, das war wirklich nicht schlecht. Ich hätte nicht gedacht, dass der Alpha so etwas drauf hat. Ich meine er umsorgt die Drache hier sehr." Hicks gesellte sich zu dem Skrill und beide schauten in Richtung Haupthöhle, wo der Riese sein Zuhause hatte.
„Der Überwilde ist ein sehr zuvorkommender Drache, aber er kann auch ärgerlich sein, wenn die Situation es erfordert. Zu sehr provozieren sollte man ihn nicht. Dann kann ihn nur die Drachenlady wieder zur Vernunft bringen. Die beiden sind wie Pech und Schwefel." Hicks verstand. Valka und der Alpha hatten also ein enges Bündnis geschlossen. Sie schienen einander zu vertrauen. Das könnte vielleicht noch sehr nützlich sein, wenn die Situation eskalieren sollte.
„Aber ich kann dir auch nachher noch etwas über den großen Überwilden erzählen, wenn du es willst?" Zirras breitete seine Flügel aus, erhob sich vom Felsvorsprung und flog vor dem Nachtschatten hin und her, darauf wartend, dass dieser sich auch in die Lüfte erheben würde.
„Gerne würde ich mehr hören. Ich würde schon gerne mehr über den Überwilden wissen wollen. Wie er so denkt." – „Was er so denkt? Nun du bist schon ein komischer Nachtschatten, das muss ich dir lassen. Nicht viele Drachen stellen solche Fragen über den Alpha. Aber gut. Nachtschatten sind ja auch nicht irgendwelche Drachen. Nun komm. Ich will dir etwas ganz Besonderes zeigen. Diesen Ort kennen nur wenige Drachen im Hort, aber wenn du nicht bald von einer Stelle abhebst, wirst du noch Wurzeln schlagen." Der Skrill neckte seinen gegenüber ein wenig.
Hicks ließ das nicht lange auf sich sitzen, breitete seine Flügel aus und erhob sich in die Lüfte. „Na also. Geht doch!" Der Skrill schlug eine neue Flugroute ein und machte sich in eine Höhle auf, die Hicks so noch nicht gesehen hatte. Er war gespannt, wohin ihn Zirras führen würde.


Der Fluch des NachtschattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt