Training und eine neue Überraschung

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EIN MONAT SPÄTER...

„Hicks, versuche es gleich noch einmal. Das war schon sehr gut!" Ohnezahn war äußerst erstaunt, welche Fortschritte sie in nur einem Monat gemacht hatten. Der Winter war ins Land gerückt und hatte die Insel in einen kalten Mantel aus Schnee und Eis gehüllt. Die weißen Flocken fielen auch jetzt vom Himmel und trübten ein wenig die Sicht. Nicht gerade das beste Wetter, um zu fliegen, aber immerhin, um die Drachenmagie weiter zu trainieren.
Hicks hatte in den letzten vier Wochen wirklich große Fortschritte gemacht. Aus dem Nichts heraus aktivierte er mit Ohnezahns Hilfe seine Kräfte. Nie hätte er ehemalige Drachentöter es gedacht, dass Drachen über Magie verfügten. Immer dachte, er, sie seien nur primitive Bestien, die nichts anderes verfolgten, als zu töten. Ohnezahn und nicht zu vergessen der kleine Nachtklaue, der mittlerweile schon ein wenig die Drachensprache sprechen konnte, trugen da einen großen Beitrag.
„Bist du dir sicher Ohnezahn. Ich weiß nicht, ob es noch einmal klappt. Diese Form von Magie ist schwer." Aber sein Lehrmeister blieb optimistisch. Wenn er es schon einmal geschafft hatte, warum dann nicht noch einmal?
„Hicks, die Kontrolle über einen Plasmaball in der Luft, haben wir jetzt schon so oft geübt, dass es dir doch zu den Ohren heraus hängen könnte. Und eben hast du doch eine schweben lassen. Jetzt zier dich nicht so. Mache es noch mal." - „Na gut Ohnezahn. Aber ich garantiere dir für nichts." Hicks war ein wenig skeptisch gegenüber der Sache. Sie hatten jetzt die gedankliche Kontrolle über Plasmabälle lange geübt, doch immer nur mit kleinen Gasmengen. Das waren zwar noch nicht die Kräfte, die vielleicht die Trennung von den Beiden ermöglichen sollte, doch wollte Ohnezahn, trotz Hicks Talent, ihn nicht gleich überfordern. Manche Sprüche und Auslegungen brauchten Zeit, Geduld und vor allem eins: Übung.
Und wenn er jetzt Hicks gleich einen Spruch unterweisen würde, der Seelen voneinander trennte, dann könnte nicht nur sein Schüler, sondern auch er dabei drauf gehen. Auch wenn diese Zukunft, der sie immer mal wieder in einem Traum begegnet waren, vielleicht nah lag, oder doch in weiter Ferne, musste Hicks selbst diese Tricks beherrschen und seine Magie aufbauen. Schritt für Schritt halt. Wie einen Muskel, den man mit Training aufbaut und immer mehr Belastung zufügt.
„Los Hicks, nun komm schon. Nimm eine größere Menge Plasma und lass den Plasmaball deine Marionette sein." - „Gut", kam es nur von Hicks als kurze Antwort.
Der Wikinger in Gestalt eines Nachtschattens konzentrierte sich wieder. Er sollte es also schaffen? Wenn es Ohnezahn so wollte? Gut, konnte er haben, aber wenn sie dann mit einer Ascheschicht wieder nach Hause kommen würden und Astrid fragen würde, hätte er schon einen Schuldigen, dem er das zuordnen könnte.
Und Ja Astrid wusste nun mittlerweile genau, was mit Hicks vor sich ging. Auch das mit Ohnezahn, und dass sie einen Weg finden wollten, wieder ihre Körper zu trennen. Das war ein großer Schock für sie damals gewesen, aber verkraftete sie es, wie eine Wikingerin, es nun mal tat. Sie musste es ja akzeptieren und wenn der Nachtschatten und Hicks wirklich Freunde geworden waren, befürchtete sie auch nichts dabei. So hatte sie es Hicks erzählt.
In seinem Maul baute sich Druck auf. Gas strömte aus seinen Drüsen und begann seinen Schlund weiser aufzuheizen. Hicks wusste, dass er noch nie zuvor solch eine Menge Gas in den Mund genommen hatte. Das konnte so seine Tücken haben. Wie oft hatte er sich schon bei zu großen Plasmabällen die Zunge verbrannt und konnte tagelang nichts essen, außer Fischbrei, den Astrid mühsam zubereiten musste. Als sie das das letzte mal tun musste und sich über ihren Lebenspartner beschwerte, prägte sich Hicks ihre Worte ein, als sie ihm den Brei servierte: „Hier du Nachtschatten. Wenn du dir noch einmal die Zunge verbrennst, geh zu Raffnuss, um dir den Brei machen zu lassen."
Zum Glück konnte Nachtklaue da schon normalen Fisch zu sich nehmen.
Jetzt war der Moment gekommen. Das Gas in seinem Maul entzündete sich und färbte sich von einem grünen, über einen violetten zu einem blauen Ton, der hell aus Hicks Mundwinkel schien. Nur kurz darauf öffnete Hicks sein Mundwerk und gab den Plasmablitz frei.
„So Hicks. Schieße ihn in die Luft und denke, daran, was ich dir gelehrt habe. Konzentriere dich." Der ehemalige Waräger hämmerte sich diese Worte regelrecht in den Schädel, denn Hicks wusste, dass, wenn er jetzt mit solch einer menge Plasma versagen würde, es nicht gut um die beiden stünde.
Dann ein Schuss. Er Ball verließ Hicks Maul und schoss in den trüben und mit Schneeflocken versetzten Himmel. Ein Zischen war zu hören, als die blau leuchtende Kugel Hicks Maul verließ.
„Jetzt konzentriere dich Hicks. Konzentriere dich! Denke an Ohnezahns Worte. Das Plasma ist wie ein Werkzeug, also nutze es!" Fest konzentrierte er sich auf den Plasmaball, der immer weiter von den beiden weg schoss und schon bald nicht mal mehr von Nachtschattenaugen zu sehen war. „Nutze deine Kräfte Hicks. Du elender Wikinger bringst das jetzt auf die Reihe!", fluchte er selbst, um sich an zu spornen. Er wollte es schaffen. Die Skepsis, die vorerst herrschte, war komplett verflogen und wich dem Hicks üblichen Ehrgeiz und seiner Willenskraft.
Dann auf einmal passierte es. Der junge Waräger konnte es zwar durch den Schnee nicht sehen, doch der Plasmaball stoppte mitten in der Luft, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand geschlagen, die er nicht durchdringen konnte.
„Gut Hicks. Ich glaube du bist so weit. Bringe ihn wieder her, etwa zehn Fuß vor uns.", mischte sich nu wieder sein bester Freund in seine Gedanken ein. „Mache ich Kumpel, wenn er denn noch da ist."
Hicks konzentrierte sich abermals auf den Plasmaball, der hoffentlich nicht in den Weiten des immer stärker werdenden Schneesturms verschwunden war. Um ihn herum wurden schließlich auch die Schneewehen immer höher und hatten schon fast eine Schulterhöhe erreicht. Zwar die freie Lichtung, auf der sie waren, nicht gerade so stark von dem Sturm betroffen, doch machte sich die weiße Pracht schon bemerkbar.
Plötzlich tauchte wie aus dem nichts ein blaues Leuchten vor Hicks auf. Es war tatsächlich der Plasmaball, den er gerade eben abgeschossen hatte. Wie von einer unsichtbaren Macht gelenkt, schwebte immer weiter auf den Nachtschatten zu, der immer noch nicht glauben konnte, was er da gerade getan hatte. Zwar war das ihm schon mit kleineren Kugeln gelungen, doch nie mit solch einem Geschoss, wie es gerade jetzt vor ihm war. Damit hätte man locker das ganze, neu aufgebaute Dorf Berk zerstören können und Hicks kontrollierte dieses Ding noch. Er konnte es nicht fassen.
„Bei den Göttern! Bin ich das gerade wirklich?!", fragte er sich selbst. „Ja Hicks. Das bist du. Du hast es geschafft, einen Plasmaball nach deinem Willen tanzen zu lassen. Das ist großartig." Ohnezahn lobte seinen Schüler, denn Hicks hatte das wirklich schnell hinbekommen. Lieber erzählte der Nachtschatten, der in den Gedanken des anderen gefangen war, lieber nicht, was er damals für ein Gesicht zog, als er zum ersten Mal so etwas beherrschte.
Der junge Wikinger schaute sich den Plasmaball ganz genau an. Eine gleichmäßig leuchtende Kugel aus blau leuchtendem, entzündetem Gas, welche leicht zischte und schon jetzt bei dem weiten Abstand von zehn Fuß eine nahezu unerträgliche Wärme ausstrahlte. Man konnte das leichte Zischen der Schneeflocken hören, die über dem kreisrunden Gebilde verdampften und als weißer Dunst aufstiegen.
„Gut Hicks. Nun bewege sie nach links!", ganz Ohnezahn die Anweisung. Sein Schüler folgte er sofort und konzentrierte sich weiter fest auf die Kugel. Und tatsächlich. Sie bewegte sich weiter nach links. „Jetzt nach rechts!", kam wieder die Anweisung. Wie gerade eben auch, tat der Plasmaball, genau, das, was sein Herr ihm befahl. Wie ein Werkzeug, so meine Ohnezahn das, steuerte Hicks diese mächtige Waffe allein mit seinem puren Willen. Atemberaubend.
„So und nun schleudere ihn mit aller Gewalt gegen den Felsen dort drüben." - „Wird erledigt.", sagte Hicks schon sehr selbstsicher. Wieder fixierte er sich voll und ganz auf die blaue Kugel vor ihm und schleuderte sie mit hoher Geschwindigkeit in einen Fels, der darauf in einer großen Detonation in viele kleine Kiesel zersplitterte. Hicks kniff sich schützend die Augen zusammen. Und tatsächlich trafen ihn kleine Splitter, doch nicht ernsthaft. Es pikste nur ein wenig.
Als der junge Waräger wieder die Augen öffnete und zu dem total vernichteten Felsen blickte, konnte er sich nicht mehr halten. Es war tatsächlich geschehen. Er, Hicks Haddock der dritte, der vorher als der Drachentöter Berks galt, war zu einem Drachenmagier geworden. Aber na gut, noch ging er bei Ohnezahn in die Lehre.
Aber trotzdem stieß er zur Freude, seines Erfolges einen Schrei aus und tanzte kurz auf seinen vier Beinen hin und her. Ohnezahn konnte darüber nur innerlich grinsen...

AUF DEM WACHTURM AN DER KÜSTE

Der Schneesturm entfaltete hier seine volle Gewalt. Von den Weiten des Ozeans her kamen eisige Winde, die die Flocken vor sich hin peitschten und die Ausschau nach möglichen feindlichen Schiffen so gut wie unmöglich machte.
Raffnuss war schon ganz ausgefroren. Immer noch blickte sie mit dem Fernrohr auf den vom Schneesturm getrübten Ozean, konnte aber keine Angreifer ausmachen. Wer startete aber auch schon bei solch einem Wetter einen Angriff. Selbst die Berserker waren nicht so hart gesotten, als dass sie hunderte Meilen an Seeweg durch solch einen Schneesturm segeln würden.
Die junge Wikingerin konnte sich also getrost wieder in die windgeschützte Ecke verziehen, wo ein kleines Feuer loderte, was aber nur halbwegs Wärme brachte. Zum Glück würde gleich die Ablösung kommen, die ihr die Chance gab, sich in ihr eigenes Haus zurück zu ziehen, um sich dort erst mal eine heiße Schafsmilch zu gönnen.
Man hatte diesen Wachturm aus Furcht vor einer möglichen Verfolgung der Berserker errichtet. So war er auch rund um die Uhr besetzt gewesen, wobei sich die Wikinger in Schichten unterteilten. Raffnuss hatte aber schon wieder vergessen, wer sie ablösen würde. Nur würde der oder diejenige bald kommen, sonst würde sie sich noch die Finger abfrieren.
Sie rieb sich ihre Hände über dem Feuer und kuschelte sich noch weiter in ihre Decke, die sie mitgenommen hatte. Trotz all dem, war ihr neues Schwert, was Grobian ihr geschmiedet hatte, immer griffbereit, um mögliche Angreifer ab zu wehren. Sicherlich konnte man nicht vorsichtig genug sein, obwohl es jetzt sehr unwahrscheinlich war, dass die Berserker jemals angriffen. Die hätten doch schon längst die Suche aufgegeben und es sich auf ihrem alten Berk so richtig gemütlich gemacht, dachte sie sich so, als sie ihren letzten Tropfen Wasser trank, den sie schon an der Feuerstelle aufwärmen musste, damit er nicht gefror.
Der Winter war aber auch hart. Selbst für Wikingerverhältnisse bitterlich kalt. Man taute sich nur in äußerster Not aus den Häusern. Sogar die Frau Häuptling Astrid: Sie verbrachte eher nun den Tag in der Wohnhöhle von ihr, Hicks Gustav und diesem kleinen Nachtschatten, der, seitdem sie ihn das erste Mal sah, um das dreifache gewachsen und an Gewicht zugenommen hatte. Der kleine lebte sich gut in das Dorf mit ein und liebte es besonders in Grobians Schmiede, am Hochofen zu schlafen und sich zu entspannen. Wenigstens einer, der die Wärme genießen konnte, obwohl Drachen sehr kälteresistent waren.
Und alle, hatten sie einander.
Songgeltork stand kurz bevor und für sie wäre es das erste ohne ihren geliebten Zwillingsbruder Taffnuss. Sie stritten sich zwar oft und blödelten herum, aber vermisste sie ihn so sehr. Sie liebte es einfach, sich mit ihm zu raufen und dumme Sachen anzustellen. Hier auf dieser neuen Insel blieb von ihm nur die Erinnerung, da sie ihn nicht einmal begraben konnte, wie es dem Familienmitglied zustand. Sicherlich hatten die Berserker seine Leiche erst geschändet und dann einfach mit den andern irgendwo verscharrt, wenn sie sie nicht gar den Drachen zum Fraß vorgeworfen hatten.
Es stimmte sie traurig und lockte der sonst so frohen Wikingerin, die für jeden Streich zu haben war, die Tränen aus ihren Augen. Langsam kullerten die kleinen klaren Perlen aus ihren Augen, bevor sie in den leichten Schnee vielen und kleine Löcher hinein schmolzen. Genau so, wie die Löcher in ihrem herzen, die der Tod ihren Bruders ausgelöst hatte und welche wohl nie wieder zu stopfen sein würden.
Sie sprach aber auch nicht darüber. Lieber ging sie allen aus den Weg und mied die Gesellschaft anderer. Sie wollte nicht mit dem Leid konfrontiert werden, denn noch waren die Narben zu tief, als dass sie dachte, darüber sprechen zu können.
Dann auf einmal ein Stapfen im Schnee, was kurz darauf ein Geräusch ablöste, was ihr signalisierte, dass jemand die Leiter zum Wachturm hinauf kletterte. Unsicher, ob es die Wachablösung, oder doch ein Feind war, ergriff sie ihr Schwert, zog die Klinge aus der schwarzen ledernen Scheide und rief laut nach unten: „Wer da!"
Für einen kleinen Moment nur ein Stöhnen, was wohl auf die Anstrengung hindeutete, die die Person aufbrachte, um hier hoch zu gelangen. Aber kamen die erlösenden Worte für Raffnuss, als eine ihr allzu bekannte Stimme durch das Pfeifen des Sturmes drang.
„Ich bin es Fischbein." Nur eine Weile später erklomm der gewichtige Wikinger den Wachposten und putzte sich erst einmal den Schnee von seinen Hosen. Raffnuss steckte beruhigend ihren Zweihänder zurück in die Lederscheide und sprach beruhigt: „Wenn du nicht eher gerufen hättest, würde dein Körper jetzt da unten diagonal zerteilt liegen. Du weist, was mein Schwert kann." dabei lächelte sie ihn kurz an, packte dann aber ihre Sachen zusammen, um sich davon zu machen.
„Es wird eh nichts passieren, ach und Feuerholz, ist auch keins mehr da, Die Glut müsste dich aber noch warm halten Fischbein." - „Ach das ist nicht so schlimm. Ich habe mein großes Fell mit genommen. Das wärmt einen richtig gut. Ach und die heiße Schafsmilch wird den Rest erledigen. Hier in der Kupferkanne."
Raffnuss wollte gerade die Leiter hinab steigen, als sie heiße Schafsmilch hörte. Ihr Lieblingsgetränk im Winter. „Was..du hast....bekomme ich was ab?" Sie drehte sich wieder um, doch fand sie gleich einen lächelnden Fischbein vor sich, der zwei Tonbecher in der Hand hielt. „Ich habe doch gewusst, dass du bei so etwas nicht widerstehen kannst. Hier komm, sonst wird sie kalt."
Zusammen setzten sie sich an die Ecke mit der Feuerstelle, als Fischbein aus der Kanne die Milch in die Becher füllte. Nahezu gierig nahm sich Raffnuss den einen und trank erst mal drei Schluck. „Ah..das habe ich jetzt wirklich gebraucht. Aber der Schnee ist von außen immer noch sehr kalt." - „Hier." Bei diesem einen Wort bot Fischbein ihr einen Platz neben ihr unter dem großen Fell an.
Sollte sie ihn annehmen? Sie wusste doch, dass er ihr immer wieder nacheiferte. Aber irgendwie fand sie diese ganze Angelegenheit auch total süß von ihm. Ohne weiter zu zögern, platzierte sich die junge Wikingern neben Fischbein, der sie mit dem Teil des Fells ein murmelte.
„So, das ist doch gleich besser oder?" Raffnuss nickt nur zustimmend und nahm sich noch etwas von der warmen Milch. „Weist du, ich habe schon lange nicht mehr eine Schafsmilch zu zweit genossen....Taffnuss....." jetzt kamen wieder die Erinnerungen hoch. Die Tränen kamen ihr erneut in die Augen und schluchzend gab sie von sich: „Er...er mochte sie immer mit einem kleinen Schuss Met..." - „Raff, bitte sei nicht traurig. Ich bin mir sicher, dass er oben in Walhalla ein Auge auf dich hat und sicher gerade selbst eine heiße Schafsmilch mit einem Schuss Met trinkt. Da bin ich mir ganz sicher."
Mit roten Augen schaute die blonde Wikingerin auf und gab es fast wie ein heiseres Piepsen einer Maus von sich: „Sicher?" - „ganz sicher Raff. Ihm geht es an Odins tafel sicher ganz gut. Und Raufereien, wird er sicher auch genug haben." Jetzt konnte er Raffnuss sogar ein kleines Kichern abringen. Diese Worte fanden wirklich guten Anklang bei ihr.
„Du Fischbein....?" - „Hm?" Sie hatten sich mittlerweile aneinander gekuschelt. „Es ist gut, mit jemanden darüber gesprochen zu haben. Danke dafür..." - „Keine Ursache. Unter Freunden macht man das doch so." Er nahm noch einen Schluck von seiner Milch, die nicht mehr ganz so heiß war und stellte den leeren Becher zur Seite.
Aber dann diese Nähe. Raffnus hatte sich noch ein Stück an ihn heran gekuschelt. Der Wikinger war darüber erst völlig verwirrt gewesen, bis er begriff. „Nur Freunde Fischbein? Ich weiß doch, dass du dich in mich verliebt hast. Leugne es ja nicht, denn ich habe immer noch meinen Zweihänder hier."
Das der gewichtige Wikinger bei diesen Worten ganz rot wurde, reichte ihr schon als Antwort, denn sie hatte recht. Aber ihr gefiel es irgendwie. Sie mochte, es, wie er sich um sie kümmern, und sie behüten wollte. Ja, sie Taffnuss Thorston fand es süß von ihm.
So fackelte die blonde Warägerin nicht lange und näherte sich immer weiter seinem Gesicht. Die immer kleiner werdende Distanz zwischen ihren Lippen, ließ Fischbein erst unsicher werden, als es auf einmal geschah. Raffnuss hatte diesen Schritt gewagt, um sich zu versichern. Und sie hatte recht.
Noch nie fühlte sie sich so leicht, so warm, so losgelöst, wie in diesem Augenblick. Ein Kribbeln durchfuhr ihren ganzen Körper, als sie ihr Lippen auf seine presste. Und zu ihrer Überraschung erwiderte er. Er erwiderte tatsächlich!
Es war der schönste Augenblick für beide. Dieser Moment sollte am besten nie vergehen. Aus der kleinen Berührung zwischen ihren Lippen entbrannte schon alsbald ein Zungenkuss, der ihre Liebe zueinander besiegelte.
Aber auf einmal wurde dieser Moment unterbrochen. Ein schriller Schrei war in der trüben Wand aus Weiß zu hören. Sie lösten ruckartig ihren Kuss.
„Hast du das gehört Fischbein?"- „Ja Raff." Wie aus Reflex schwang sie sich auf und zog ihren Zweihänder. Fischbein reagierte zwar langsamer, als sie, jedoch holte er auch seine Waffen, zwei lange Dolche, hervor. Beide schauten sie sich um. Nichts war zu sehen bis auf einmal ein großer Schatten über der See auftauchte.
Raffnuss wusste sofort, mit was sie es hier zu tun hatten. „Ein Drache und ein verdammt großer noch dazu." Viel konnten sie nicht machen. Immer schneller kam der Schatten auf sie zu, gab sich aber genau nicht zu erkennen. Wie in einer Schockstarre verfolgten sie, wie der Drache Kurs auf ihren Turm nahm ihn überflog und stur sein Ziel weiter verfolgte. Erst jetzt begriffen beide: „Er fliegt genau auf das Dorf zu."
„Fischbein, gib das Alarmsignal. Ich eile Zum Dorf und versuche es mit zu verteidigen, falls er angreift. Los!" Fischbein ergriff das Horn, während seine Freundin die letzten Stufen von der Leiter sprang und sich mit gezücktem Schwert auf zum Dorf machte. Auf dem Weg dahin konnte sie hören, wie Fischbein in das Warnhorn blies. Es zählte nun jede Sekunde, denn dieser Drache war nicht wie Hicks. Er war wild. Und es würde kein gutes Ende für das neue Berk nehmen...

Der Fluch des NachtschattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt