Verdacht

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Ein Feuer prasselte und erhellte die Wände der Höhle. Im Dorf war nach dem Auftauchen von Händler Johann wieder Ruhe eingekehrt. Der braunbärtige Mann wurde viele seiner Wahren los, denn es gab hier und da noch Mängel, was die Ausstattung der einzelnen Häuser im neu gegründeten Dorf anging. Ein Messer hier, ein Topf da, dann noch einige Waffen. So eine hohe Verkaufsrate hatte der Händler seit langem nicht mehr gehabt.
„Nun erzählt doch mal, was hat euch hier auf diese Insel am Ende der Welt verschlagen?" Johann hatte sich eine Schüssel von der Fischsuppe genommen und löffelte gierig. Es war nicht zu übersehen, dass die Hälfte der Mahlzeit auf seinen Bart tropfte. Gustav war sich sicher, wenn der Fischgeruch erst einmal da drin stecken bleiben würde, könnte Johann sich den Bart abrasieren. Sonst würde ihn die Drachen des ganzen Archipels überall hin folgen.
„Unser Dorf wurde von einer meuternden Bande von Gefangenen Alvins und den Berserkern angegriffen. Wir wurden in der Nacht einfach überrannt und konnten uns kaum wehren. Wir sind die einzigen, die fliehen und hier fernab von allen anderen Wikingerstämmen ein neues Zuhause aufbauen konnten.", gab Astrid von sich und ließ den Kopf hängen.
„Aber ihr habt überlebt und das ist das Wichtigste. Und noch besser. Ihr habt mit den Drachen scheinbar Freundschaft geschlossen. Die können ja wirklich sehr hilfreich sein, so wie ich mich umschaue." Johann war erst verwundert gewesen, als er an der Insel ankam. Rauch hatte ihm verraten, dass hier Leute leben mussten. Leute, die sicher einige seiner Wahren abkaufen würden, aber die Reste eines Wikingervolkes zu sehen, das hatte er nicht erwartet. Und vor allem lebten sie in Freundschaft mit den Drachen. Das war noch viel bemerkenswerter.
„Da frage ich mich, aber, wer euer Anführer ist. Seid ihr es etwa Lady Astrid?" – „Nun stellvertretend für Hicks. Der ist gerade auf...einer sehr langen Reise und kommt erst in einigen Wochen oder Monaten zurück."
Da spitzte der Händler die Ohren. Von langen Reisen hörte er immer gerne. „Wohin ist er denn gefahren?", hakte er neugierig nach.
Astrid schwieg erst für einen Moment. Die Wahrheit sagen, kam gar nicht erst in Frage, aber irgendetwas musste sie ihm präsentieren. Händler Johann konnte diesbezüglich sehr hartnäckig sein, wenn er es wollte.
„Er will neue Inseln erkunden. Vielleicht wechseln wir unseren Standort für die Siedlung nochmal. Die Berserker sollen fürs Erste so fern wie nur möglich bleiben, damit wir unser Dorf weiter in Ruhe wachsen kann." – „Ah. Eine sehr edle Tat. Vielleicht reffe ich ihn, wenn ich weiter nach Norden reise." – „Hicks reiste nach Westen?", warf Astrid schnell ein, im Bewusstsein, dass es sich hierbei um eine Lüge handelte.
„Dann eben nach Westen. Ich habe nämlich von weit her ein Angebot bekommen, was Hicks sicherlich interessieren könnte. Mehr will ich aber dazu auch nicht sagen. Ist nur was zwischen Hicks und mir." Astrid und Gustav schauten sich fragend an. Dieser Mann gegenüber ihnen beiden, war mehr suspekt, als sie es sich jemals vorgestellt hatten.
Schon auf Berk war Johann immer sehr übertrieben. Sein ganzes Auftreten und seine ganzen Geschichten, die man doch nur glauben konnte, wenn man mehr als drei große Becker Met die Kehle hinter gespült hatte. Schon als kleines Kind hatte Astrid nie sehr viel für diese Geschichten übrig gehabt und am liebsten wäre es jetzt, dass Johann mit keiner anfängt.
Und was dieses Angebot anging, Johann hatte schon mal von einem Mann gesprochen, sein Name wurde da nie erwähnt. Als Hicks sich ihm als Drachentöter zu erkennen gegeben hat, war Johann so begeistert, dass er gleich daraus eine Geschichte gemacht hatte. Dann war er nochmal gekommen und wollte ihm ein Angebot unterbreiten. Da soll es einen Mann gebe, ein Drachenjäger, der sehr gut bezahlte. Er wollte Hicks sehen und seine Talente begutachten. Doch der junge Berkianer lehnte ab, mit der Begründung, dass seine Ausbildung noch nicht abgeschlossen sei. Das war vor 2 Jahren, so hatte Hicks es Astrid erzählt. Seitdem hatte Johann nie wieder mit dem Thema angefangen, aber jetzt auf einmal? Johan sah doch, dass sie jetzt in Frieden mit den Drachen lebten. Aber wer weiß, was sich der Händler in seinem komischen Hirn alles zusammenreimen würde. Vielleicht dachte er, dass die Wikinger nur so lange Frieden mit den Drachen halten würden, bis sie wieder zu Kräften gekommen wären. Wie auch immer, Astrid wollte auf jeden Fall, dass dieser Mann nicht lange auf der Insel bleiben sollte. Er war ihr irgendwie suspekt geworden und vor allem die Geheimnistuerei mit Hicks und diesem komischen Angebot machte sie unruhig.
„Nun denn, ich werde mich jetzt schlafen legen, wenn ihr nichts dagegen habt. Morgen werde ich wieder mein Schiff besteigen und weiter in Richtung Norden segeln. Da warten noch eine Menge an Stämmen, die meine Wahren kaufen wollen." Johann richtete sich auf und ging nach draußen runter zum Meer. Er schlief nicht gerne an Land. Sein Schiff war sein zu Hause.
Nach einigen Minuten räumte Gustav die Schüsseln zusammen und machte sich auf, selber schlafen zu gehen. Der kleine Nachtklaue stets an seiner Seite hatte ebenfalls die ganze Zeit ein ungutes Gefühl bei diesem Mann gehabt.
„Der ist ja morgen wieder weg. Keine Sorge.", reagierte Gustav, als der Nachtschatten ein unruhiges Gurren von sich gab. „Du musst wirklich keine Angst vor diesem Mann haben. Der ist immer so. Der ist harmlos." Gustav tätschelte dem Nachtschatten an die Seite, stellte die Schüsseln weg und machte sich auf den Weg zu seinem Bett.
Nachtklaue blieb immer noch unruhig, was der junge Wikinger bemerkte. Mit einem Handzeichen signalisierte er seinem schuppigen Freund, dass er mit ins Bett hüpfen konnte. Zwar war es ziemlich eng und der Nachtschatten wurde nicht gerade kleiner, aber für diese Nacht würde es gehen.
Auch Gustav hatte bei Händler Johann ein ungutes Gefühl gehabt, wie Astrid und sein mittlerweile schlafender Drachenfreund. Aber darüber konnten sie sich auch Morgen weiter den Kopf zerbrechen.

Der Fluch des NachtschattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt