Drachenküssen leichtgemacht

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Während Astrid immer noch ziemlich schräg aus der Wäsche schaute, ließ sich Hicks noch einen zweiten Fisch schmecken. Erst angewidert von diesem schleimigen toten Körper, der da vor ihm lag, konnte er schon bald nicht mehr genug davon bekommen. Es schmeckte ihm wirklich sehr. Es hatte so etwas an Meer an sich mit diesem leicht salzigen Geschmack des rohen Fleisches. Hicks selbst konnte sich es nicht genau erklären, doch schon bald, als die vor ihm liegenden Fische verzehrt waren, machte er sich gleich über den Korb her, den sein Vater extra mit gebracht hatte.
Astrid hingegen konnte gar nicht glauben, was sie da gerade sah. Noch nie hatte sie so Hicks gesehen. Na gut, nachvollziehen musste sie schon, dass er jetzt ein Drache war und dem entsprechend auch der Speiseplan ausfiel, doch nie in ihrem leben hätte sie gedacht, dass sich ihr Hicks so schnell an die Fische gewöhnen könnte, denn schließlich muss das doch widerwärtig sein, so etwas schleimige des Hals hinunter gleiten zu lassen. Die blonde Wikingerin konnte sich noch gut daran erinnern, als sie mal aus einer Mutprobe heraus einen kleinen rohen Fisch gegessen hatte. So weit siech Astrid daran noch erinnern konnte, war es eine Sprotte, die man eigentlich vor dem Verzehr räucherte. Doch Rotzbacke hatte sie dazu überredet, sie zu schlucken. Das Resultat, sie hätte sich fast übergeben, so ekelig war es gewesen. Wie auch jetzt Hicks es tat hatte sie nämlich damals den zehn Zentimeter langen Fisch einfach so im ganzen geschluckt, damit sie es sich schnell hinter sich bringen konnte. Und selbst dieses schnelle Manöver reichte aus, um einen Brechreiz zu erzeugen, wie es der verkommene Sohn der Jorgensons nie zu schaffen gedacht hätte.
„Hicks, dass ist ekelig...", kam es aus ihrer Kehle leicht heraus, als der Nachtschatten vor ihr den letzten Fisch gerade so in sich hinein zog. Auch Haudrauf war von dem Anblick nicht gerade amüsiert, doch fand er es interessant, wie so ein Drache ist. Und außerdem war es immer noch sein Sohn Hicks, der da vor ihnen stand und aß. Und wenn die Manieren bei Drachen ein wenig anders waren, dann war dem halt so. a konnte man ja auch nichts ändern. Und extra Besteck für Hicks anfertigen...lieber nicht, denn dass würde wirklich lächerlich aussehen, wie ein Nachtschatten brav an einem Tisch seine Mahlzeit zu sich nehmen würde. Dann doch lieber auf die instinktive Methode zurück greifen.
„Gurrr?", kam es nur von dem Nachtschatten zurück, als er den letzten Fisch hinter sich schlang und verwundert eine schrägen Blick von sich gab, als ob er etwas falsch gemacht hatte. Hicks wusste nicht, was er falsch gemacht hatte, er hatte doch nur sein Frühstück zu sich genommen und nicht anderes. „Ach ist schon gut Hicks. Du bist halt jetzt ein Drache, da muss man wohl etwas andere Essgewohnheiten auffahren. Aber wenn wir schon mal bei Essen sind...", sie wandte sich zu Haudrauf, „...Ich habe tierischen Hunger Haudrauf. Hast zu zufällig etwas bei dir im Haus?" Der Häuptling dachte kurz nach und gab folgend erleichternd von sich: „Na Klar Astrid. Brot habe ich noch frisch da und auch geräucherte Fisch müsste auch noch irgendwo sein."
Doch bei dem Thema Fisch schien Astrid nicht gerade sehr begeistert zu sein. Zumal sie durch das Zutschen des letzten Fisches durch Hicks wieder daran erinnert wurde, als sie diese dämliche Mutprobe absolvieren musste. „Ne ne Haudrauf. Kein Fisch bitte, aber hast du vielleicht noch ein wenig Pökelfleisch da?" - „Müsste ich da haben.", sprach das Oberhaupt Berks nur kurz, als dieser schon das Brot aus einem der Schränke holte.
Während Haudrauf den Tisch für sich und Hicks Freundin deckte, beschäftigte Astrid sich lieber wieder mit ihrem Liebsten. „Und Hicks, was wollen wir eigentlich heute machen? Das Drachentraining müsste vielleicht heute ausfallen, denn die Kinder werden sich wohl nicht so schnell daran gewöhnen werden, dass ein Nachtschatten, ein Drache, anderen Wikingern lehrt, wie man andere Drachen tötet oder? Von Hicks Seiten aus kam nur ein bestätigendes Schnurren. Der Nachtschatten wusste ganz genau, worauf seine Freundin raus wollte. Der ehemalige Drachentöter würde durch sein äußeres Erscheinungsbild seine Schüler verwirren. Und das konnte man beim Drachentraining nun überhaupt nicht gebrauchen. Verwirrte Schüler sind später irgendwann mal keine gute Drachentöter. Also müsste wohl doch wieder Grobian einspringen, um zu unterrichten, oder zumindest so lange, bis man endlich eine Lösung zum Problem für Hicks Zustand finden würde, welches sich aber auf die Fakten beziehend als sehr schwer heraus stellen könnte.
„Also worauf hättest du jetzt genau Lust Hicks?", fragte sie ihn folgend daraus, dass sie heute scheinbar durch seine Verfassung einen freien Tag haben würden. Darauf ritze der Nachtschatten etwas in den Boden. Astrid wusste nicht so schnell genau, was er da machte, doch schien er wieder etwas ins Holz ein zu kerben, um sich mit dem geschriebenen Wort mit zu teilen. Als Hicks endlich fertig mit seinem Werk war und seine Pranke weg schob, damit es seine Liebste auch lesen konnte, entzifferte sie: „Ich kenne einen wunderschönen Ort von Berk. Nahe dem Krähenkliff. Es würde dir gefallen." Nebenbei gurrte der Nachtschatten neben der blonden Wikingerin darauf eindringlich und doch freundlich. „Also gut Hicks. Wenn das ein wunderschöner Ort ist, dann können wir uns den mal anschauen."
Freudig schnaufte Hicks und versuchte ein zahnloses Lächeln von sich zu geben. Astrid tat es ihm gleich, doch schien es beim Menschen immer noch besser aus zu sehen, als bei einem Drachen, dachte sich Hicks. Aber sicher würde er es mit ein wenig Übung sicher auch bald schaffen.
„So Astrid es ist angerichtet. Bitte lass es dir schmecken.", rief Haudrauf, als er den Tisch endlich fertig gedeckt hatte. Astrid nahm von der Hicks links neben Hicks Kopf wieder eine aufrechte Haltung an und schritt zu Tisch. Der Nachtschatten trotte ihr hinterher, um zu schauen, was sein Vater so alles angerichtet hatte. Zwar war er schon satt, doch ein Blick konnte ja nicht schaden.
So schnellte Hicks zum Tisch und platzierte sich neben seine Freundin, um einen Blick auf das lecker würzig riechende Pökelfleisch zu erlangen. Schnell lief Hicks das Wasser im Maul zusammen und konnte schon fast nicht widerstehen. Doch er fing sich, denn schließlich war er schon satt. Ein wenig Appetit hatte er noch, doch sollte man sich jetzt lieber benehmen.
„Hicks, ist irgend etwas?" Astrid schien wohl seine gierigen Blicke erhascht zu haben. Hicks wandte sich zu seiner Astrid und schaute ihr in die Augen. Ein eher bettelnder Blick war es, der von seinen Gesichtszügen kam. Seine Augen wurden ganz groß und seine Pupillen weiteten sich. Ein wirklich putziger Anblick, der sich da ihnen bot. „Hicks, willst du vielleicht etwas von dem Fleisch da haben?", fragte Astrid darauf etwas sanfter. Sofort nickte der Nachtschatten neben ihr und schien schon erwartungsvoll zu sein, dass ihm bald etwas gegeben würde.
Astrid wandte sich zum Teller mit dem Fleisch, nahm sich drei Scheiben und gab sie Hicks. Trotz seiner Gier nach seinem Essen, welches er auch liebend gerne in seiner Menschenform verspeist hatte, schnappte er sich mit seinem Maul vorsichtig die Scheiben und ließ sie langsam auf seiner großen Zunge zergehen. Das Fleisch war sehr zart und leicht würzig. So wie er es immer schon gemocht hatte. Tja Hicks wollte wohl auch auf das Essen aus seiner Zeit vor dem Fluch nicht ganz verzichten.
Genüsslich schlang er schließlich die Fetzen hinter und machte ein freundliches Gesicht zu seiner Freundin. Astrid konnte nicht anders, als ihm zu lächeln und sich die Hand vor dem Mund, um das Kichern zu verbergen, zu halten. „Scheint dir wohl geschmeckt zu haben Hicks." Der Nachtschatten nickte daraufhin zustimmend und gab ein zufrieden schnurrendes Geräusch von sich.
Als Astrid endlich fertig mit Essen war und sich noch eine Schluck Wasser gegönnte hatte, machten sie sich schließlich fertig, zu dieser Stelle zu gehen, auf die Hicks hingewiesen hatte. Sicher würde es ein schöner Ort sein, an dem sie ihr Liebhaber bringen würde, dachte sich die blonde Wikingerin. Aber bis zum Krähenkliff war es weit. Zwar schaffte man den Weg locker, wenn man gut zu Fuß war, doch manchmal war das Gelände dorthin mehr als nur unüberwindbar. Schluchten und Talkessel durchzogen diesen Landstrich von Berk und eigentlich war sie noch nie richtig dort gewesen. Vielleicht gab es ja wirklich dort ein paar schöne geheime Ecken.
„So na dann Leute. Macht euch einen schönen Tag. Ich werde zu Grobian gehen, dass er mal erst wieder das Drachentraining lehren soll. Bis dahin macht ihr euch beide einen schönen Tag.", sprach noch Haudrauf, als sie alle vor seinem Haus standen und er in Richtung Dorf ging. Er hatte den beiden versprochen noch restliche Fragen zu klären, was jetzt Hicks anbelangte und auch das Mit der Schweigeurkunde hatten sie schon geplant. Schließlich war es kein gutes Zeichen, wenn ein Dorf sich auf einmal mit einem Nachtschatten verbünden würde. So hätte es sicher für andere Stämme ausgesehen. Automatisch hätten sie dadurch Berk den Krieg erklärt und besonders machte sich dabei Dagur einen Namen.
„Ist gut Haudrauf. Wir verbringen ein schönen Tag. Wir werden ein bisschen Berk erkunden. Wundere dich nicht, wenn es ein wenig später wird." - „Ist Gut!", konnte man nur noch hören als Haudrauf hinter der Ecke eines Hauses verschwand, wo es in einer kleinen Gasse direkt zu Grobians Schmiede ging.
„So Hicks und nun führe mich bitte zu dem besagten Ort, den du so als wunderschön betrachtest.", sprach Astrid mit einem etwas ruhigeren und freundlichen Ton zu ihrem Nachtschatten. Hicks gurrt nur ein wenig und machte sich schließlich in Richtung Wald auf, wo wohl dieser mysteriöse Platz war. Astrid folgte ihm einfach, denn sie konnte Auf Hicks bauen. Er würde sie nie im Stich lassen und sie beschützen. Das hatte er ihr geschworen und zwar für immer. Hicks war der richtige für sie. Sie hatte ihn schon immer geliebt und würde es auch immer tun. Doch war dieses kleine Hindernis, zwischen denen die beiden jetzt standen. Hicks war ein Nachtschatten und daran konnte man nicht so schnell etwas ändern. Das brachte Astrid schon Herzschmerzen, denn vor allem könnten sie nicht mehr diese wundervollen Nächte verbringen, wie sonst in den Tagen zuvor. Es bereitete ihr Sorgen, dass es vielleicht gar keine Chance mehr geben würde, dass Hicks ein Mensch werden würde.
Doch so schnell würde sie nicht aufgeben. Sie würde mit ihm bis ans Ende der Welt gehen, wenn es sein musste. Und wenn das bedeutete, dass sie auch ein Nachtschatten werden würde. Dann hätten sie wieder eine Chance eine Familie zu gründen und friedlich bis ans Ende ihres Lebens ihre Zweisamkeit zu verbringen. Sicher. Sie müsste von all dem loslassen, was sie bisher hatte. Berk, ihre Familie und ihre Freunde, doch eigentlich war es ja Hicks, der ihr Freund war. Fischbein, Raffnuss und Taffnuss waren eigentlich eh mehr nur gute Bekannte als das sie richtige Freunde verkörperten. Hicks war ihr ein und alles. Niemals würde sie ihn aufgeben auch wenn das bedeuten werde, dass sie von Berk fliehen müsste, falls sie mal doch angegriffen werden, da irgend jemand mal zu viel geplappert hat.
Es quälte sie regelrecht, was dieser Nachtschatten ihrem Hicks angetan hatte, doch wenn solch ein Drache über jene Magie verfügt, warum dann auch nicht Hicks. Sicherlich könnte er sie erlernen, damit er auch sie verfluchen kann. Natürlich würden die Schmerzen der Transformation alles bisher da gewesene weit in den Schatten stellen, doch war es kein Vergleich zu dem Schmerz, den Astrid momentan in ihrem herzen fühlte. Ein Speer, der sie beide Trennte. Sie waren doch hier beieinander und doch so voneinander entfernt. Ihr Hicks neben ihr und doch wirkte es so, als ob er tausende Meilen auf dem Meer verschollen war. Ja natürlich sie konnten miteinander kuscheln, aber für eine Familie würde ihre jetzige Situation nie es machbar machen.
Immer weiter vertiefte Sich Astrid in diese Gedanken und schien darin wie gefangen zu sein, als sich Hicks plötzlich mit einem leisen brummen meldete. „Ja was ist? Sind wir denn etwa schon da?" Hicks fing an seinen Kopf auf und ab zu bewegen. Er deutete auf einen Busch, wo wohl dieser dahinter verborgen liegen könnte. Mit einer Pfote fing er an darauf hin zu weisen, bis er schließlich nach vorne schritt. „Na gut, ich folge dir mal einfach."
Astrid fing an, das Buschwerk zu den Seiten zu drücken. Immer schnipsten trotzdem Äste in ihr Gesicht, was ihr Vorankommen ein wenig einschränkte. Doch als sie die grüne Hölle durchschritten hatte, konnte sie ihren Augen nicht glauben. Sie und Hicks standen an einem wundervollen Talkessel. Ein kristallklarer See befand sich in jenem. Vögle zwitscherten noch ihre Letzten Töne, bevor sie in den Süden ziehen würden. Auch die Bäume hatten sich schon ein wenig verfärbt. Zwischen dem vielen Grün der Tannen konnte man orangene Tupfer von Laubbäumen erkennen, die bald in noch majestätischer Pracht erschienen würden.
„H...Hicks, das ist.....wundervoll. Seit wann kennst du diesen Ort?" Der Nachtschatten ritzte etwas in den Boden. Nur schwer wandte Astrid ihren Blick von diesem einzigartigen Panorama ab, um zu lesen: „Schon seit einigen Jahren. Hier ziehe ich mich manchmal zurück, wenn ich meine Ruhe haben will." - „Ach s Hicks. So zu sagen dein Sanktuarium. Ein Reich." Der Nachtschatten nickte schon wieder und wies darauf hin, dass sie sich wohl nun eher in den Talkessel begeben sollten.
Langsam schritten sie einen schmalen Weg hinab. Hicks hatte gut Mühe, sich da durch zu quetschen, doch irgendwie hatte er es geschafft. Nach einigen Minuten waren sie unten angekommen. Von her wirkte er sogar noch größer, als er von oben erschien. Die Mittagssonne spiegelte sich im Wasser und lies den See wie in schillerndes Meer aus Licht wirken. Ein wirklich toller Anblick. Und auch die Felswände waren von Moosen oder kleinen Bäumen bedeckt.
„Hicks, das ist wirklich wunderschön." Astrid konnte es einfach nicht genug sagen. Sie war fasziniert von diesem Ort, den Hicks ihr gezeigt hatte.
Sie beide standen und gegenüber. „Also Hicks, damit hast du mich jetzt wirklich überrascht.", kam es etwas leiser von Astrid. Noch nie hatte man ihr so etwas gezeigt. Sie dachte nie, dass Berk solch schöne Facetten hatte. Ihr Hicks war schon etwas besonderes.
Aber da viel es ihr wieder ein. Wie sollte es nun mit ihnen weiter gehen? Wie sollten sie nun sich lieben? Konnten sie sich überhaupt noch Küssen? So wie sie das Band ihrer Liebe besiegelt hatten, vor der Arena? Astrid wusste es, nicht, doch konnte sie es nicht glauben, dass es jetzt nicht mehr ginge.
Schließlich fasste sie einen Entschluss. Sie schritt näher an Hicks heran. Der Nachtschatten hatte sich hin gesetzt und stand nur noch mit den Vorderbeinen. „H...Hicks, es gibt etwas was ich wissen muss, kannst du bitte deinen Kopf auf die Höhe des meinen bringen?" Verwirrt starrte Hicks sie an. Was wollte sie wohl. Doch ohne weiter darüber nach zu denken, tat er es einfach. Sicher würde ihm Astrid schon erklären, was sie damit vor hatte.
Hicks hatte seinen Kopf auf derer ihrer Höhe positioniert. Sie beide trennte nur gut einen Meter. Aber Astrid wollte es nun wissen. Ganz schnell und ohne Vorwarnung schnelle sie vorwärts, und presste die Lippen auf den großen Mund dieses Nachtschattens. Ohne ein weiteres Wort.
Hicks war völlig überrumpelt. Sie versuchte wirklich ihn zu küssen? Einen Nachtschatten?! Er wusste nicht wie oder warum, doch fand er es im ersten Augenblick überraschend. Wie aus Reflex stellte er seine Ohren hoch.
Doch der Schock blieb nicht lange. Schon bald breitete sich wieder dieses wunderschöne Gefühl in ihm aus. Dieses unendliche Feuer der Liebe, was nicht abklingen wollte, wenn sie ihn Küsste. Mit ihren Lippenbewegungen streichelte sie sanft den Mund von ihm. Es war ein atemberaubendes Gefühl.
Langsam und mit äußerster Vorsicht schließlich erwiderte Hicks den Kuss. Wie aus Reflex fing er an ein angenehmes Schnurren von sich zu geben. Sie küssten sich tatsächlich. Ein Mensch und ein Nachtschatten...

Der Fluch des NachtschattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt