Hicks hatte sich gerade ein wenig zur Ruhe auf die Steinplatte gelegt. Astrid war auch schon mit ihren Pflichten als Oberhaupt des Stammes fertig gewesen und kam kurz nach ihm in ihre beider Behausung. „Oh Hicks, du bist schon hier? Habt ihr wieder mit Ohnezahn an der Drachenmagie geübt?" Hicks gab ein bestätigendes Schnaufen von sich und nickte. „Und nun seit ihr wohl hier herein gekommen, weil es draußen zu kalt war, oder?" wieder ein Nicken vom Nachtschatten aus.
Es hatte sich wirklich bitterkalt draußen gemacht. Der Schnee peitschte schon seit Tagen die Wehen höher und höher. Aber auch die Kälte machte vielen zu schaffen. In vielen Häusern brannten die Kamine und Feuerstellen rund um die Uhr. Auch in der Wohnhöhle von Astrid und Hicks brannte stets eine kleine Flamme, um ein wenig Wärme zu erzeugen. Das klappte zwar ganz gut, doch fröstelte es immer noch der blonden Wikingerin, die einmal ihren ganzen Körper durchschüttelte. „Brrrrr. Ich brauche jetzt erst einmal ein warmes Feuer und eine heiße Schafsmilch. Diese Kälte hält wirklich keiner aus." Sie hing ihr Fell an einen Haken und machte sich auf zu einigen der Krüge, die nahe der Kochstele standen und nahm gleichzeitig einen kleinen Kessel, in der sie etwas Milch warm machen wollte.
Hicks beobachtete sie dabei ganz genau. Zwar war es nach jeden harten Arbeitstag das Ritual der jungen Anführerin des Dorfes gewesen, sich dieses heiße Getränk zu gönnen. Aber heute hatte der Nachtschatten etwas ganz besonderes für sie vorbereitet.
Als Astrid fertig war und die Milch in einen Trinkbecher geschüttet hatte, wollte sie sich gerade an den Tisch setzen, als plötzlich ein Gurren aus der Ecke kam. „Hicks?" Als sie sich zu ihm wandte, konnte sie sehen, wie der Nachtschatten seinen rechten Flügel hoch hob und sie herzlich einlud, sich es an seiner Seite gemütlich zu machen.
Hicks hatte sogar ein Fell auf die Platte gelegt, damit es ihr nicht zu hart werden würde. Es sollte ja seinem Schatz an nichts fehlen. „Meine Güte Hicks. Du willst mich zum Kuscheln einladen?" Sie musste lächeln. Immer wieder überraschte sie ihr Liebhaber aufs neue. Jedes mal hatte er eine andere Idee, wie er sie verwöhnen konnte.
Hicks nickte zu ihr, um ihre Frage zu beantworten. „Dann will ich mal deine Einladung nicht ausschlagen." So erhob sie sich vom Stuhl und machte sich auf zur Steinplatte, auf der sie sich gemütlich an Hicks kuschelte und gelegentlich einen Schluck von ihrer heißen Milch nahm.
Der Tag konnte einfach nicht schöner werden. Während es draußen immer weiter stürmte und der Schnee sich bereits in Metern erhob, konnten sie hier drinnen bei einen gemütlichen Feuer, das die Wände der Höhle warm in Farben eintauchte, entspannen und einfach die Seele baumeln lassen.
So viel war passiert. Und heute? Heute sollte einfach der Tag in aller Ruhe ausklingen. Nichts sollte dies stören. Jedenfalls noch nicht.
„Hicks, was denkst du. Wirst du wieder bald so sein wie früher? Ihr trainiert doch mit Ohnezahn immer weiter deine Fähigkeiten, aber wann bist du endlich so weit?" Astrid plagte diese Frage schon eine ganze Zeit.
Immer wieder hatte sie über diesen Fakt nachgedacht, da es schon immerhin ein drittel Jahr war, indem Hicks sich in der Gestalt des Nachtschattens befand. Und noch immer schien es so, als ob er für immer so bleiben würde. Aber irgendwann musste es doch mal rückgängig gemacht werden. In einiger Zeit müsste es doch gehen, oder etwa nicht? Astrid wusste, wenn dies ein Dauerzustand werden würde, hätte sie guten Grund, sich selbst verfluchen zu lassen, denn auf eine Mensch Drache Beziehung hatte, obwohl ihre Gefühle für Hicks so stark waren, sie nicht sehr viel Lust.
Ja klar, küssen konnten sie sich schon, doch machten sie das immer, wenn keiner hinsah. Aber da wäre noch ein anderer Fakt. Wie sollte es zu einer Familie kommen? Schließlich war Hicks immer noch ein Drache und sie ein Mensch. Sie könnten niemals eigene Kinder haben. Und Ohnezahn wollte sicher auch noch den kleinen Nachtklaue als richtiger Vater beim Großwerden zusehen. Was sollte aus ihm werden?
Aber gut, erst müssten sie den kleinen Nachtschatten beibringen, dass sein Vater und Hicks sich einen Körper teilen. Und alt war er dafür noch nicht genug. Das blieb bisher nur unter den drei.
Als Hicks endlich ein unsicheres Grummeln von sich gab, hatte sich Astrid schon wieder fest an ihn heran gekuschelt. „Ist ja auch egal.", sagte sie nur leise und stellte ihren Becher, der mittlerweile leer war, zur Seite.
Hicks deckte sie mit einem seiner Flügel zu und fing an leise zu schnurren. Astrid sollte jetzt nicht an solche Sachen denken. Zwar machten sie Fortschritte, doch wusste Hicks genau, dass er noch nicht dazu bereit war, wenn überhaupt. Schließlich war, laut Ohnezahn, nur der Alpha im Stande, solch eine Verwandlung wieder rückgängig zu machen, was sich aber nach der Schilderung seines besten Freundes, als sehr schwer herausstellen könnte. Niemand würde wissen, wie er auf diese Botschaft reagieren würde. Doch noch war er nicht so weit. Jedenfalls wollte er erst seine grenzen austesten, bis sie sich entschieden, ob sie zu ihm fliegen würden.
„Du sage mal Hicks, müsste nicht bald einmal der Riesenhafte Albtraum aufwachen?" Ohnezahn schlich in seine Gedanken. Hicks hatte gerade seinen Kopf auf seine Vorderpfoten gelegt, als sich sein bester Freund in die Gedanken einmischte. „Mich wurmt es schon die ganze Zeit, aber was sollen wir denn machen? Gustav und Nachtklaue haben die nächste Schicht übernommen, ihn zu bewachen. Falls etwas passieren sollte, sind sie doch sofort zur Stelle." - „Da hast du recht Hicks. Vielleicht sollte ich auch mal ein wenig entspannen. Schließlich war der Tag lang und hart." Daraufhin verstummte wieder seine Stimme und Hicks konnte nur noch das leise Knistern des Feuers hören.
Astrid hatte sich mittlerweile hingelegt und versuchte einige Momente an Schlaf abzubekommen.
Aber dann auf einmal wurde die Tür mit einem lauten Knall aufgerissen. Hicks schreckte sofort hoch und lauschte, wer da kam. Er konnte sehen, dass es Gustav war, der völlig aus der Puste am Eingang stand und sofort den Blick auf ihn richtete: „Hicks. Du musst sofort kommen. Der Drache wacht auf!"
Er keuchte und schien völlig durch geschwitzt zu sein, was bei diesem Wetter eigentlich eine Seltenheit war. Er musste durch das ganze Dorf gerannt sein, um ihn zu finden, hatte er sich doch eigentlich für das Training, wie sie es bei Gustav nannten: In Drachenfähigkeiten, abgemeldet.
Schleunigst richtete sich der Nachtschatten von der Steinplatte auf und bewegte sich zum Ausgang. Astrid war in der zeit in eine Art Halbschlaf gefallen und merkte erst gar nicht, was passiert war.
Erst langsam wachte sie wieder auf, rieb sich die Augen und schaute sich um. „Hicks, was ist los? Warum stehst du denn auf? Ich dachte wir wollten ein wenig kuscheln." Aber bevor der Nachtschatten auch nur irgendeinen Laut von sich geben konnte, mischte sich schon Gustav ein: „Der riesenhafte Albtraum befindet sich gerade darin aufzuwachen. Ich wollte es euch so schnell wie möglich sagen, denn ihr solltet die ersten sein, die ihn sehen." Immer noch ein wenig aus der Puste atmete Gustav noch einmal durch und sagte mehr im Keuchen als richtig: „Kommt jetzt!" Und mit diesen Worten verschwand er auch schon wieder von der Tür und rannte in Richtung große Halle.
Sofort folgte Hicks ihm. Nur Astrid war noch nicht so richtig bereit. Während Hicks die Kälte weniger ausmachte, lief sie noch schnell zu ihrem Fell, hing es sich um und kam erst danach an die Seite ihren Liebhabers.
„Na dann los Hicks. Aber bitte stelle ihm nicht gleich alle Fragen auf einmal, denn schließlich ist er gerade erst aufgewacht. Und danach will ich den restlichen Tag in Ruhe verbringen." Hicks gurrte nur ein wenig abwesend, denn er konzentrierte sich voll und ganz auf die wichtigsten Fragen, die er dem anderen Drachen stellen wollte. Auch Ohnezahn mischte sich dabei ein. „Wir sollten es erst einmal ruhig angehen lassen. Wir fragen ihn einfach, woher er kommt und warum er so viele Wunden hatte. Schließlich kommt so etwas nicht von einfach so her." - „Kumpel ich weiß. Doch bin ich jetzt ziemlich aufgeregt. Was wenn der Drache durchdrehen könnte? Dann hätte ich mit seiner Rettung und seiner Heilung das ganze Dorf in Gefahr gebracht." Aber sein bester Freund beruhigte ihn.
„Bitte Hicks. Du weist es doch noch ganz genau, als er hier ankam. Er kann uns gar nicht böse sein, und wenn er jetzt erst aufwacht, wird er sicher nicht bei all seinen Kräften sein. Es wird nichts passieren." - „Hoffen wir es."
Als die beiden endlich an der großen Halle ankamen, stand Gustav ungeduldig davor. „Na kommt schon!", rief er noch einmal, doch Hicks wollte nicht so schnell. Nicht weil er nicht konnte, sondern, weil er Astrid vor den beißenden Winden schützen wollte, die ihr ums Gesicht wehten. Er breitete extra einen seiner Flügel zum Schutz aus, was ihn auch verlangsamte. „Danke Hicks.", kam es nur von ihr, denn selbst wenn sie den Mund aufmachte, konnte sie fühlen, wie die Kälte sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete.
Endlich angekommen öffnete Gustav schnell die Tore und gab den Blick auf einen verunsicherten Nachtklaue frei, der sich mittlerweile etwas von dem Albtraum entfernt hatte.
Er zischte und knurrte, denn so geheuer kam ihm die Sache gar nicht vor. Immerhin sah dieser Drache nicht so aus wie ein Nachtschatten. Er kannte nur seine Artgenossen. Aber das hier war was völlig neues für ihn und dann wachte das Vieh auch noch auf. Er wusste nicht, wie er diesen großen rostroten Drachen einschätzen konnte, also blieb der kleine auf Abstand.
Hicks näherte sich mit vorsichtigen Schritten. Immerhin war dies ein sehr großer Drache. „Nachtklaue, stelle dich hinter mich! Ich regele das hier schon.", forderte er ihn auf. Das ließ sich der kleine Nachtschatten nicht zweimal sagen. Sofort gab er seine Position auf, rannte hinter Hicks und gesellte sich wieder zu seinem besten Freund Gustav, um zu sehen, was darauf folgend passieren würde.
„Sei Vorsichtig Hicks.", kam es noch von Astrid, die ebenfalls auf Abstand ging.
Hicks war der einzige, der sich dem Albtraum näherte. Alle anderen trauten sich nicht recht, oder hatten doch Angst, dass etwas schlimmes passieren könnte, denn schließlich hatten sie keine Zeit gehabt, den Charakter des Drachen einschätzen zu können.
Hicks aber war sich seiner Sache ganz sicher. Der Drache hatte sich so gut wie bei ihnen bedankt, bevor er in Ohnmacht gefallen war. Und jetzt würde auch keine Gefahr von ihm ausgehen, hoffte er zumindest. Aber na gut. Er war ein ausgewachsener Nachtschatten. Was sollte da schon viel passieren. Er war es schließlich, der es hätte mit ihm aufnehmen können, falls es zu einer Eskalation der Situation kommen könnte.
Sein Atem war ruhig. Immer wieder folgte ein gleichmäßiges Schnauben. Hicks beobachtete den Drachen immer genauer. Er zuckte und bewegte sich immer mehr. Ein ganz klares Zeichen. Der Albtraum wachte auf. „Nun Hicks. Sei vorsichtig und stelle ihm die Fragen, wenn es so weit ist. Ich werde dich am besten dabei nicht stören.", gab Ohnezahn von sich. „Ist gut Kumpel.", meldete sich der ehemalige Drachentöter, bevor er wieder die volle Aufmerksamkeit auf den Drachen richtete.
Der Atem seines Gegenüber wurde immer schneller. Seine Augen begannen zucken. Immer wieder wurde ein Blinzeln angedeutet. Hicks wartete. Gleich musste es so weit sein.
Dann auf einmal geschah es. Der Drache gegenüber riss mit einem Schlag seine Augen auf. Nervös schnellte seine Pupille umher, machte sich ein Bild des Raumes und visierte sofort den Nachtschatten an. „Wie...wie lange war ich weg?" Eine Frage die Hicks überraschte, doch musste er Antwort geben. „Einige Tage. Wir haben deine Wunde, so gut es ging, gepflegt und dich aufgepäppelt, doch ganz genesen bist du noch nicht."
Der Albtraum schnaufte und versuchte sich ein wenig aufzurichten. Ohne Erfolg, denn er sank gleich wieder zurück auf den Boden. „Ganz ruhig. Nichts überstürzen. Ähm...Hakenzahn war doch dein Name?" - „Ja richtig Hakenzahn. Und du bist dich Hicks der Nachtschatten." - „Hicks reicht völlig aus."
Hicks setzte ein kleines Lächeln auf. Er war zufrieden, dass der Albtraum noch genau so war, wie in der Situation, als er auf der Insel landete. Jedenfalls war er freundlich und schien keine Absichten in Hinsicht von Aggression zu hegen. Er konnte Entwarnung geben.
„Aber Hakenzahn?" - „Was ist Hicks?" - „Ich hätte da ein paar Fragen, die ich dir gerne stellen würde."...
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Der Fluch des Nachtschattens
FanfictionHicks verfolgt nur ein Ziel: Der beste Drachentöter zu werden, den die Welt je gesehen hat. Als er jedoch bei Grobians Drachenunterricht nicht zugelassen wird und niemand sich für die Interessen des Häuptlingssohns einsezt, bekommt er eine Chance, e...