3. Kapitel

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Ryan Tucker wusste nicht, was es war, dass ihn dazu veranlasste, sich neben Kendra auf die Veranda zu stellen.

Wie alle anderen auch, winkte sie Mark und Neela O'Ryan hinterher, die in ihrem Wagen, mit Josh am Steuer, auf dem holprigen, staubigen Weg unter Hupen das Grundstück verließen.

Ryan legte seine Unterarme auf dem Geländer ab und sah dem Auto hinterher, bis es in der Dunkelheit verschwand.

„Du wirktest nicht begeistert, mich wiederzusehen", ergriff er schließlich das Wort, nachdem Kendra ihn erfolgreich einige Minuten ignoriert hatte.

Aber immerhin war sie nicht einfach weggegangen, das war doch schon mal was.

Um ehrlich zu sein, fühlte Ryan sich nicht wohl, hier zu sein, nach allem was er der Familie O'Ryan und auch seinem Bruder angetan hatte.

Außer Sawyer mochte ihn hier niemand, und Sawyer wurde dummerweise von allen gemocht, weswegen er ständig in irgendwelche Gespräche verwickelt wurde, die Ryan nichts angingen.

„Ich bin auch nicht begeistert." In Kendras Stimme schwang ein verächtlicher Tonfall mit, als sie sich ihm zuwandte. Ihr Gesichtsausdruck zeigte ihm deutlich, dass er nicht erwünscht war.

Gut, wenn sie es auf diese Tour wollte, das konnte er auch.
„Ich hätte wissen müssen, dass du dich in den letzten zwei Jahren nicht geändert hast. Du bist immer noch genauso aufmüpfig und möchtegern-rebellisch wie damals, kleine Kenny."

Sie kniff die Augen zusammen. „Und du bist immer noch genauso arrogant und gemein."

Er nickte. „Gut erkannt."

„War's das dann jetzt?"

„Sag bloß du hast besseres zu tun, als hier zu stehen und dich mit dem arroganten, gemeinen Idioten zu unterhalten", erwiderte Ryan spöttisch.

„Natürlich nicht, wie könnte ich nur! Es sind ja auch nicht eine Menge anderer Leute hier, die ich um einiges mehr mag und die zufällig keine Kriminellen sind."

Sie holte kurz Luft und an dem wütenden Blick in ihren Augen erkannte er, dass sie jetzt wirklich gemein werden würde.

„Niemand, der seine eigene Schwester auf dem Gewissen hat, die zufällig meine beste Freundin war. Aber tut mir leid, dass ich nicht erfreut bin, dich zu sein!", fauchte sie.

Verdammt, warum musste sie recht haben? Das machte es ihm beinahe unmöglich, es nicht an sich heran zu lassen, denn genau diese Vorwürfe verfolgten ihn seit zwei Jahren.

Es gab keinen Tag, an dem er nicht an Maya dachte und im Kopf durchspielte, was er hätte tun können, um sie zu retten.

Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und genoss es zu sehen, dass Kendra den Kopf ein klein wenig in den Nacken legen musste, um ihm weiter ins Gesicht zu sehen.

„Lass dir eines gesagt sein, Kendra. An deiner Stelle würde ich mich davor hüten, einen Kriminellen auf seine Vergangenheit anzusprechen, erst recht nicht in diesem Ton. Das könnte leicht gefährlich für dich werden, und das wollen wir doch nicht, nicht wahr?"
Er verschränkte die Arme und sah sie herablassend an.

Kendra kniff ihre Augen zusammen, aber er meinte tatsächlich einen Funken Zweifel in ihren Augen aufleuchten gesehen zu haben und das verschaffte ihm Genugtuung für das, was sie ihm gerade eben noch an den Kopf geworfen hatte.

„Du würdest mir nichts tun."

Ein Lächeln zuckte um seine Lippen. „Warum bist du dir da so sicher?"

Sie stemmte die Arme in die Seiten und funkelte ihn wütend an. „Ganz einfach, Ryan, du hast zu viel Angst vor unseren beiden Brüdern und was sie tun würden, wenn du mich auch nur falsch ansiehst!"

Never Too FarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt