Never Too Far

71. Kapitel

Kendra hatte es sich mit einem Buch in der Hollywoodschaukel bequem gemacht, die im Garten hinter dem Haus von Chris und Luke stand. Von Mrs. Hawkins, die sie bereits ins Herz geschlossen zu haben schien, hatte sie als Mittagessen belegte Brötchen, die vom Frühstück übrig geblieben waren, bekommen.

Es war komisch, dass Chris und Luke kein Mittag aßen, aber verständlich wenn man bedachte, zu welcher Zeit sie frühstückten.

Kendra blätterte eine Seite um, doch der Roman, den sie von Mrs. Hawkins bekommen hatte, riss sie noch nicht ganz mit.

Sie hätte der Haushälterin auch heute Nachmittag gerne noch mal geholfen, um etwas zu tun zu haben, aber Mrs. Hawkins hatte sie aus der Küche gescheucht und ihr dieses Buch in die Hand gedrückt.

Dummerweise entsprachen historische Romane gar nicht Kendras Lieblingsgenre.

Sie blickte auf und sah Ryan über die Wiese auf sich zukommen.

„Hier bist du", stellte er fest.

Kendra rutschte ein Stück zur Seite, damit er sich setzen konnte. Sie schloss die Augen und hielt ihr Gesicht der warmen Sonne entgegen. „Ja."

„Mrs. Hawkins schwärmt von dir."

Sie lächelte. „Sie fand es völlig unverständlich, dass ich ihr helfen wollte."

„Von Chris und Luke dürfte sie das auf jeden Fall nicht gewöhnt sein."

Kendra musste lachen bei der Vorstellung, wie Chris einen Putzlappen schwang oder Luke sich an Pancakes versuchte. „Nein, definitiv nicht. Aber sie liebt die beiden trotzdem." Mrs. Hawkins hatte beinahe die ganze Zeit über die Brüder gesprochen.

„Sie sind wie Söhne für sie."

„Hat sie selbst keine Familie?"

Ryan zuckte die Schultern. „Ich glaube nicht. Abgesehen von dem Gerücht, dass sie von Chris' und Lukes Vater schwanger war und das Baby verloren hat..."

„Woah", machte Kendra überrascht, öffnete die Augen und sah ihn an. „Wann war das?"

„Lange her. Da waren die beiden noch jung, in den Zwanzigern oder so. Er hat sie später wohl aus schlechtem Gewissen oder so eingestellt." Ryan zuckte die Schultern.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es hier sowas wie Gerüchte gibt."

„Die gibt es überall, wo mehr als zwei Menschen aufeinandertreffen."

„Glaubst du?"

Ryan nickte. „Oder willst du mir erzählen, dass es in deiner Clique nicht auch einige Spekulationen gibt, wie der eine zum anderen steht?"

Gut, da hatte er vermutlich recht. Kendra hatte öfter mit Shay über Coreys und Nats Beziehung geredet und wahrscheinlich hatten die anderen auch Vermutungen über sie und Josh angestellt. „Wann warst du das letzte Mal hier?", wollte sie wissen.

„Kurz vor meiner Verhaftung. Lary wollte einen Deal mit Chris' Vater machen. Aber das war kurz nachdem der so schwer krank geworden ist, deswegen hat Chris abgelehnt."

„Was hat der Vater denn?"

„Er hatte einen Schlaganfall. Seitdem hat er viele Behinderungen und ist... nicht mehr er selbst. Mrs. Hawkins kümmert sich um ihn."

Die ältere Frau war also weit mehr als bloß Haushälterin und Köchin. „Seit wann kennst du Luke, Chris und Mrs. Hawkins?", fragte sie weiter nach.

„Phew", machte er und schlug die Beine übereinander. „Lange. Seit ich zehn Jahre war, glaube ich."

„So früh bist du schon mit Kriminalität und Drogen und allem in Kontakt gekommen?"