Am dritten Morgen bei Chris und Luke stand Kendra früher auf und schlich sich aus dem Zimmer, als Ryan noch schlief. Sie hatte gestern Nacht wieder einmal nicht mitbekommen, wann er zurückgekommen war, da sie bereits geschlafen hatte.
Nachdem Kendra sich auf Toilette umgezogen und die Zähne geputzt hatte, ging sie in die Küche, die Luke ihr gestern bei dem Rundgang gezeigt hatte. Vielleicht könnte sie hier irgendwo helfen, denn Frühstückszeit für Chris und Luke war es um halb neun noch nicht, wie sie Ryans Armbanduhr auf seinem Nachttisch hatte entnehmen können.
Sie wollte nicht schon wieder den ganzen Tage ohne etwas zu tun verbringen, denn sie war sich ziemlich sicher, dass ihr langweilig werden würde.
Und wer wusste schon, vielleicht könnte sie als Haushaltshilfe ja auch etwas Geld dazu verdienen, so wie es Ryan mit seinem geheimnisvollen neuen Job tat. Kendra vermutete, dass es etwas mit Drogen zu tun hatte, wenn er nachts so lange weg blieb und erst abends begann zu arbeiten. Wissen tat sie das jedoch nicht, denn vor zwei Tagen hatte er sich nach dem Frühstück bis mittags nicht mehr blicken lassen und danach hatte sie die Hausführung und Pokereinweisung von Luke bekommen. Und gestern... im Prinzip hatten sie in den wenigen Momenten, wo sie zu zweit gewesen waren, über sinnlose Sachen geredet, nach dem Frühstück gemeinsam mit Luke zahlreiche Runden Skat gespielt und als Chris zu ihnen gestoßen war Monopoly und Poker ausgepackt.
Kendra übte zwar noch und verlor regelmäßig alle ihre Spielchips, aber zum Glück hatte Ryan sich dafür eingesetzt, dass ihr Einsatz nicht weiter gehen würde, als wie die Spielchips reichten.
Luke hatte sich auf seine Seite geschlagen, und so hatten sie Chris überzeugen können. Auch Monopoly hatten sie auf Kendras Wunsch nur mit Spielgeld gespielt. Wie auch anders, sie hatte ja kein Geld!
In Kendras Augen war der Tag gestern zwar schön gewesen, um Luke und Chris kennenzulernen, aber gleichzeitig kam er ihr seltsam verschwendet vor.
Deswegen hatte sie gestern Abend den Entschluss gefasst, sich, wie auch immer, nützlich zu machen.
Die Köchin und Haushälterin der beiden Brüder schien bereits in der Küche gewesen zu sein, wie ein Handy auf der Arbeitsplatte verriet.
„Kendra, was machst du denn hier?"
Sie wandte sich um und sah Mrs. Charlotte Hawkins in der Tür stehen. „Guten Morgen, Mrs. Hawkins. Ich war schon wach und dachte, ich könnte Ihnen vielleicht helfen", begrüßte sie die ältere Frau.
„Du bist doch Gast hier." Mrs. Hawkins trat zu ihr und band sich eine Schürze um. „Raus aus meiner Küche, du ruhst dich schön aus." Sie schlug spaßhaft mit einem Handtuch nach ihr.
„Kommen Sie schon, ich brauche was zu tun."
Mrs. Hawkins sah sie misstrauisch an. „Vor wem fliehst du?"
„Vor niemandem."
„Wer lügt kommt nicht in meine Küche!" Mrs. Hawkins wedelte mit dem Handtuch hin und her. „Also? Letzte Chance?"
Kendra seufzte. „Langeweile."
„Aha. Na gut." Mrs. Hawkins wirkte nur mäßig überzeugt und überlegte kurz. „Frühstück muss in anderthalb Stunden fertig sein, falls die Herrschaften wider Erwarten mal vor elf aufstehen."
„Müssen Chris und Luke nicht arbeiten?"
„Die zwei?" Mrs. Hawkins lachte. „Nein, die verdienen hieran genug. Aber die anderen haben fast alle einen Job, auch der Tarnung wegen."
Nun gut, das erklärte, warum die beiden Brüder sich diesen Tagesrhythmus leisten konnten und zumindest Luke gefühlt den ganzen Tag nichts zu tun hatte.
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Never Too Far
Novela JuvenilAls Kendra O'Ryan im Rahmen ihres Studiums einen Praktikumsplatz als investigative Journalistin in Houston angeboten bekommt, beschließt sie, anzunehmen - egal, wo es hinführt. Doch wer hätte gedacht, dass sie dort ausgerechnet Ryan Tucker wiedertre...