23. Kapitel

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Bailey reichte ihr ein Glas Wasser und setzte sich dann mit einem angewinkelten Bein seitlich auf das Sofa, sodass sie Kendra direkt ansehen konnte. „Also, du wirst mir jetzt jedes kleine Detail erzählen, was passiert ist. Und wehe, wenn du etwas auslässt."

Kendra rang sich ein Lächeln ab. Ihre Gedanken waren immer noch völlig ungeordnet, weshalb sie froh war, mit ihrer besten Freundin gemeinsam Struktur in alles bringen zu können. Was würde sie bloß ohne Bailey tun?

„Wo soll ich anfangen?"

„Da, wo es anfängt, wichtig zu werden."

„Dann kann ich den Einbruch ja auslassen."

Baileys Augen weiteten sich überrascht. Sie hatte vermutlich damit gerechnet, dass Kendra über den Einbruch reden wollte, da sie über Josh noch kein einziges Wort verloren hatten, seit Bailey sie vom Krankenhaus abgeholt hatte. „Kendra O'Ryan, du erzählst mir auf der Stelle alles!"

„Ich habe mich wohl irgendwie mit Josh gestritten." Kendra war selbst nicht sicher, wie sie ihrer Freundin erklären sollte, was passiert war.

„Okay...? Sehr schlimm?"

Kendra nickte.

„Oh, Kenny." Bailey nahm sie in den Arm.

Kendra legte ihren Kopf auf die Schultern ihrer Freundin und versuchte mehr oder weniger erfolgreich, die Tränen zurückzublinzeln, die sich aus ihren Augen lösen wollten. „Ich weiß gar nicht, ob wir noch Freunde sind", flüsterte sie.

Sie spürte, wie Baileys Griff um ihre Schulter fester wurde. „Kenny, ihr beide habt eine der engsten Freundschaften, die ich gesehen habe. Ich glaube nicht, dass das an einem einzigen Tag auseinanderbrechen kann."

„Doch." Kendra zog schniefend die Nase hoch und richtete sich auf. „Wir haben uns geküsst", gestand sie.

„Ihr habt was?" Auf Baileys Gesicht zeichnete sich deutliche Überraschung ab.

„Na ja, nicht so ganz. Eigentlich hat eher er mich geküsst."

„Oh." Das Lächeln, das begonnen hatte, sich auf Baileys Gesicht auszubreiten, erlosch sofort wieder. „Kenny, ich schätze, ich brauche eine detaillierte Erklärung in chronologischer Reihenfolge."

Kendra musste unwillig leise lachen, wodurch sich sofort wieder ein dumpfes Pochen in ihrem Kopf ausbreitete. „Das klingt wie eine Aufgabe in der Uni."

„Das Studium muss ja zu irgendetwas nütze sein", feixte Bailey, doch sie wurde schnell wieder ernst. „Die Aufgabenstellung bleibt gleich, Miss O'Ryan, ich warte auf eine Antwort."

Kendra schenkte ihrer Freundin ein kurzes Lächeln, um zu zeigen, dass deren Versuch, sie aufzumuntern, nicht gänzlich danebengegangen war.

„Es hat alles mit diesem dummen Einbruch angefangen. Ich hab bei der Polizei angerufen und bin dann reingegangen. Ich hab den Typen überrascht, er hat mich niedergeschlagen und ich war kurz bewusstlos. Daher die Gehirnerschütterung", erklärte Kendra in wenigen Worten.

Bailey hob die Augenbrauen, bedeutete ihr aber, weiterzureden.

„Mich haben gerade die Rettungssanitäter behandelt, als Josh kam. Er hat sich wohl ziemliche Sorgen gemacht, als der Notruf von meiner Adresse reinkam und hat sich über mein leichtsinniges Verhalten aufgeregt. Wir haben ziemlich lange darüber diskutiert und als wir im Krankenhaus kurz davor waren, uns wieder zu vertragen, habe ich mich zur Übernachtung bei ihm eingeladen, so wie er es mehr oder weniger ja auch getan hat, als er seine Gehirnerschütterung hatte."

„Und er hat abgelehnt?"

„Ja. Ich habe nicht verstanden, wieso. Immerhin sind wir beste Freunde, und es gab noch nie irgendwelche Probleme. Wir haben schon öfter sowas gemacht, was ich nicht mit anderen Männern machen würde, aber bei Josh konnte ich mir immer sicher sein, dass das zwischen uns nur Freundschaft war. Ich meine, wir haben uns kitschige Filme im Kino angesehen, waren immer mal zusammen essen, haben uns oft getroffen, telefoniert, er hat mich von der Uni abgeholt, war bei Treffen mit meiner Clique dabei, bei Familienfeiern... Ich hab einfach nicht mit sowas gerechnet, verstehst du?"

Never Too FarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt