„Wie lange werden wir hier bleiben?", wollte Kendra wissen, während sie die frisch bezogene Decke in der Mitte faltete und auf ihre Seite des Doppelbettes legte.
„Mal sehen." Ryan sah nur kurz von der Zeitung auf, die Chris ihm gegeben hatte. Hier in Texas waren Kendra und er glücklicherweise nicht in den Nachrichten, oder vielleicht auch nicht mehr. Die Morde waren bald eine Woche her und in Illinois vermutlich nicht relevant genug, als dass neue Informationen es in die großen Zeitungen schafften.
„Ich find das ziemlich cool hier."
Überrascht blickte er sie an „Was?"
„Ich find es cool hier", wiederholte Kendra deutlicher.
„Akustisch hab ich dich verstanden." Er verdrehte die Augen. „Ich dachte immer, du willst mit Verbrechern nichts zu tun haben."
„Das stimmt so nicht ganz. Aber ich find es einfach voll bewundernswert, wie gut sich alle verstehen, dass sie jeden Abend zusammen essen und alle in einer Straße und teilweise sogar gemeinsam in einem Haus wohnen. Sie sind wie eine große Familie."
Abrupt stand er auf. „Ja. Eine Familie, aus der du dich am besten raushalten solltest."
„Wieso das? Sollten wir nicht versuchen, das Beste aus der Situation zu machen und uns wenigstens ein bisschen mit ihnen anfreunden?"
Wie naiv konnte man sein? Ryan stöhnte frustriert auf. „Viel Spaß dabei, dein Leben hier zu verbringen."
„Was meinst du?" Kendra runzelte verwirrt die Stirn.
„Wenn du einmal in der Familie drin bist, wirst du nicht mehr rauskommen, das kann ich dir garantieren." Ryan legte die Zeitung auf den Tisch. „Glaub mir, du solltest dich von ihnen fern halten. Besonders von Luke" ergänzte er, um Kendra zuvor zu kommen, die bereits zu einer Entgegnung angesetzt hatte.
Sie verzog schmollend das Gesicht. „Ich weiß echt nicht, was du hast."
„Sei froh, wenn du es nicht herausfinden musst." Er kannte Luke von früher und allein das, wie er ihn heute erlebt hatte, zeigte dass er sich keineswegs geändert hatte.
„Was an ihm schlimm ist, sind also Alkoholeskapaden, Drogen und Frauengeschichten?"
„Ja."
„Aber wenn ich dir eine neue Chance gebe, sollte ich es dann nicht auch bei ihm tun?"
Ryan schüttelte den Kopf. „Tu doch was du willst, Sturkopf."
„Werde ich auch."
„Gut." Er sah sie an ohne mit der Wimper zu zucken, bis sie sich schließlich abwandte, ihr Kopfkissen aufschüttelte und sich dann auf das Bett fallen ließ. Ryan faltete seine Zeitung wieder auf und begann weiter zu lesen.
„Sag mal, Ryan?"
„Ja?" Genervt sah er auf, aber Kendra ließ sich von seinem Blick nicht irritieren.
„Warst du schon mal verliebt?"
Ryan schnaubte. „Wie kommst du darauf?"
„Ich weiß nicht."
„Bist du etwa in Luke verknallt und willst Tipps?" Er kniff fragend die Augen zusammen.
„Quatsch. Ich hab mich das bei dir nur schon lange gefragt." Kendra stützte sich mit ihren Armen auf dem Bett ab und ließ die Beine von der Kante baumeln. „Also nicht, ob du auf Luke stehst, sondern ob du schon mal wirklich verliebt warst", ergänzte sie das Offensichtliche.
„Das heißt, du hast oft an mich gedacht?", griff er nur das heraus, was das Gespräch in Richtungen lenkte, mit denen er umgehen konnte.
Kendra verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. „Hör auf, mir die Worte im Mund herumzudrehen."
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Never Too Far
Teen FictionAls Kendra O'Ryan im Rahmen ihres Studiums einen Praktikumsplatz als investigative Journalistin in Houston angeboten bekommt, beschließt sie, anzunehmen - egal, wo es hinführt. Doch wer hätte gedacht, dass sie dort ausgerechnet Ryan Tucker wiedertre...