7. Kapitel

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„Du bist zu spät, Tucker."

Ryan nickte und schlug in die Hand ein, die ihm Melvin Blake entgegenhielt. „Sorry. Aber du kennst mich ja. Frauen können mir nicht widerstehen und andersrum."

„Sieh zu, dass das nicht noch mal vorkommt." Blake runzelte unwillig die Stirn.

Ryan zuckte die Schultern. „Kein Problem."

„Das hoffe ich." Blake wandte sich um und betrat vor Ryan das Haus, das er als sein neuer Boss ihm als Treffpunkt genannt hatte.

Es war das erste Mal seit drei Wochen, in denen Ryan mit Blakes Leuten in Kontakt stand, dass er das Hauptquartier betreten und Blake persönlich treffen durfte. Damit war er so gut wie wieder aufgenommen.

Von außen betrachtet wirkte das Gebäude wie ein normales Einfamilienhaus, wenn man von den beiden jungen Männern absah, die mit grimmigen Mienen auf den Treppenstufen saßen, die zur Eingangstür führten.

Innen befanden sich noch mehr dieser Menschen, deren Schlag Ryan nur zu gut kannte. Früher waren solche Menschen seine Freunde gewesen, aber jetzt wieder hier zu sein kam ihm auf eine seltsame Art und Weise unangebracht vor.

In dem Wohnzimmer, durch das Blake ihn führte, saßen und lagen junge Männer und Frauen, die allesamt Alkohol oder andere, stärkere Drogen intus hatten. Ob Ryan früher auch so ausgesehen hatte? So ungesund, verwahrlost, ungepflegt?

Vermutlich nicht, sonst hätten ihn die Frauen nicht so anziehend gefunden. Dennoch schockte es ihn, diese Bilder zu sehen. Früher wäre ihm das gleichgültig gewesen, aber jetzt spürte er deutlich, dass er nicht hierhin zurück wollte.

Aber er tat das alles ja für die Freiheit. Er würde Blake und seine Leute verraten müssen. Obwohl er sich mit Ash Cooper gut verstanden hatte, war ihm dessen bester Freund Melvin Blake immer suspekt gewesen. Und jetzt müsste er sich vor ihm demütigen, die Schande ertragen, zurückgekrochen zu kommen und ihn als seinen neuen Boss annehmen.

Er hasste diesen Tag, obwohl er erst vor kurzem angefangen hatte.

Ryan folgte Blake die Treppen nach oben in ein Zimmer, das vermutlich einmal einem Kind gehört hatte. Alles, was von der ursprünglichen Ausstattung des Zimmers noch übrig geblieben war, waren ein einzelnes Bett, ein Schreibtisch mit Drehstuhl und zwei große Poster an der Wand.

„Bist du seit neuestem Star Wars-Fan?" Ryan nickte zu den Plakaten hinüber.

Blake setzte sich auf seinen Schreibtisch und stellte die Füße auf dem Stuhl ab. „Das war schon hier, als wir das Haus gefunden haben. Erinnert mich an meine Kindheit, deshalb hab ich dran gelassen."

Ryan lehnte sich an den Fensterrahmen, schob die Gardinen zur Seite und blickte nach draußen auf die Straße. „Werdet ihr hier nicht entdeckt? Ihr seid nicht in Midway Hall, hier kommen die Cops doch bestimmt regelmäßig her."

Das Problemviertel Whitinghams war selten von der Polizei durchsucht worden, was es zu einem sicheren Standort für die Drogengeschäfte der Familie Hoover gemacht hatte.

Blake schüttelte den Kopf. „Die Zeiten haben sich geändert, während du im Knast warst, Tucker. Die Bullen sind jetzt alle paar Tage in Midway Hall. Aber das Haus hier haben sie bis jetzt erst einmal durchsucht, und das haben wir vorher erfahren, deswegen haben sie nichts gefunden."

„Ihr kennt jemanden bei der Polizei?"

„Ja." Blake zündete eine Zigarette an. „Falls deine nächste Frage lautet, wer es ist: Vergiss es! Nur Dawson und ich wissen davon und das wird auch so bleiben."

„Schon klar." Ryan hob abwehrend die Hände.

Ihn ging die örtliche Polizei nichts an. Er sollte nur dafür sorgen, dass Brooklyn Hayes genügend Beweise bekam, um die Drogengeschäfte in Whitingham zu beenden.

Never Too FarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt