„Das sieht nach einer Gehirnerschütterung aus, Kenny." Henry ließ das Krankenblatt sinken und sah sie an. „Mit Bettruhe und ein paar Kopfschmerztabletten werden wir das schon wieder hinbekommen."
„Das heißt ich kann gehen?", wollte Kendra von ihrem Bruder wissen.
„Ich mache die Entlassungspapiere fertig und bitte eine Schwester, dir Medikamente zu bringen." Henry zwinkerte ihr zu. „Und untersteh dich in Zukunft, noch einmal einen Einbrecher zu überraschen."
„Ich gebe mir Mühe, aber ich kann nichts versprechen." Auch wenn Josh ihr zur Genüge klar gemacht hatte, dass es eine dumme Idee gewesen war, nicht auf die Polizei zu warten.
„Mehr kann ich vermutlich nicht von dir erwarten." Henry stand von dem Stuhl auf, der neben ihrem Bett stand. „Versuch wenigstens, dich auszuruhen. Nicht gleich wieder Bowlingkugel spielen."
Warum hatte sie ihrem bloß Bruder davon erzählt, dass sie letztens auf der Bowlingbahn ausgerutscht war? Kendra schnitt eine Grimasse. „Hab ich nicht vor, keine Sorge."
„Na dann ist ja gut." Henry lachte auf, bevor er sich mit einer vorsichtigen Umarmung von ihr verabschiedete. „Wir sehen uns Sonntag zum Mittagessen?"
„Wie immer."
„Sehr gut, ich sage Kate Bescheid."
„Ach, Henry?"
„Ja?"
„Hat schon jemand Bailey und Amber über den Einbruch informiert? Nicht, dass sie sich über das Chaos in der Wohnung wundern..."
„Amber wuselt noch hier in der Notaufnahme herum, ich werde ihr Bescheid sagen und sie bitten, auch Bailey anzurufen."
„Du bist ein Schatz, vielen Dank."
„Ich weiß." Mit einem Winken verabschiedete Henry sich und verließ das Behandlungszimmer.
Josh, der mit verschränkten Armen in der gegenüberliegenden Ecke des Zimmers gewartet hatte, stieß sich von der Wand ab und kam zu ihr. „Hast du starke Schmerzen?"
„Es geht. Sie haben mir schon was dagegen gegeben", erklärte Kendra. „Es ist also wirklich nicht so schlimm", fügte sie noch hinzu, da sie es nicht auf sich sitzen lassen konnte, wie er sie vorhin zurechtgewiesen hatte.
Sie sah es ein, dass sie sich unnötig in Gefahr gebracht hatte, ja, aber es war doch gut ausgegangen, oder nicht?
Josh wirkte frustriert als er sich durch die Haare fuhr. „Ja, diesmal."
„Komm schon, warum kannst du nicht zugeben, dass ich das gut gemacht habe!" Immerhin hatte sie verhindert, dass noch mehr gestohlen wurde. Für eine Gehirnerschütterung würde sie das jederzeit wieder machen.
Josh seufzte. „Lass uns das Thema bitte fallen lassen, wir kommen da zu keinem Ergebnis."
Kendra zuckte betont gleichgültig die Schultern. Sie richtete sich auf und setzte sich auf ihre Bettkante. Der Kopfschmerz, der durch ihren Kopf schoss, ließ sie erschrocken nach Luft schnappen.
Sofort war Josh an ihrer Seite und berührte leicht ihren Ellenbogen. „Ist alles in Ordnung?", fragte er besorgt.
„Du weißt doch, wie sich eine Gehirnerschütterung anfühlt", neckte Kendra, um von sich und ihren Schmerzen abzulenken, die nur noch als dumpfes Pochen spürte. Solange sie ruhig hielt schienen die Schmerztabletten ihre Wirkung zu zeigen.
„Und ich hätte liebend gerne auf diese Erfahrung verzichtet. Du anscheinend nicht." Josh verschränkte erneut die Arme.
Kendra musste lachen, hörte jedoch sofort auf, als ihre Kopfschmerzen sich wieder meldeten. „Irgendwann in seinem Leben muss doch jeder Mal eine Gehirnerschütterung gehabt haben."

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Never Too Far
Novela JuvenilAls Kendra O'Ryan im Rahmen ihres Studiums einen Praktikumsplatz als investigative Journalistin in Houston angeboten bekommt, beschließt sie, anzunehmen - egal, wo es hinführt. Doch wer hätte gedacht, dass sie dort ausgerechnet Ryan Tucker wiedertre...