Als Josh am nächsten Morgen um sechs Uhr aufstand, brummte sein Kopf und signalisierte mehr als deutlich, dass er gestern Abend wieder zu viel getrunken hatte. Es wurde eine verdammt schlechte Angewohnheit und warf ihn um mehr als sieben Jahre zurück in eine Zeit, in der er beinahe alkoholabhängig geworden wäre.
Er warf einen Blick auf sein Handy. Brooklyn Hayes hatte mehrfach versucht ihn anzurufen. Er würde so bald wie möglich zurückrufen, aber erst mal musste er wach werden. Müde schlurfte er ins Bad und schlug sich etwas Wasser ins Gesicht. Mit beiden Armen stützte er sich auf dem Waschbecken ab und starrte sein Spiegelbild an.
Dass Alkohol half zu vergessen, mochte keine Lüge sein, aber dafür holte ihn die Realität umso heftiger wieder ein, wenn er morgens aufwachte. Zu wissen, dass Kendra in Gefahr war, ohne dass er ihr helfen konnte, machte ihn fertig und ließ ihn an sich selbst zweifeln. Mark und er taten alles, was sie von hier aus tun konnten und ohne dass sie dem FBI in die Quere kamen, aber es war schlicht und einfach zu wenig und ständig stießen sie auf Sackgassen.
Es war schlicht und ergreifend hoffnungslos.
Nachdem er geduscht, etwas gefrühstückt und zwei Kopfschmerztabletten, seine treuen Begleiter der letzten zwei Wochen, genommen hatte, ging es ihm so weit gut, dass er Officer Hayes zurückrufen konnte. Als sie nicht ranging, versuchte er es ein zweites Mal, doch wieder kam keine Antwort. Vermutlich schlief sie sich aus.
Es war halb sieben und in zehn Minuten müsste er zur Arbeit losfahren. Josh setzte sich aufs Sofa. Sein Blick fiel auf eine angefangene, mit dem Deckel notdürftig wiederverschlossene Bierflasche. Er könnte etwas trinken, nicht viel, nur um einen neuen Tag mit dem Wissen, dass Kendra und Ryan in Lebensgefahr schwebten, zu überleben. Oder um sich nicht ganz so schlecht zu fühlen und seinen Gewissensbissen für ein paar Stunden aus dem Weg zu gehen.
Josh stand auf, hob die Flasche vom Boden auf und drehte sie nachdenklich in der Hand. Er öffnete den Deckel.
Und stellte die Flasche so abrupt auf dem Wohnzimmertisch ab, als hätte er sich an dem Glas verbrannt.
Was tat er da eigentlich? Glaubte er, Kendra und Ryan so besser helfen zu können?
Nein. Aber das konnte er sowieso nicht. Er wollte nur vergessen, nicht ständig an sie denken und...
Entschlossen griff Josh nach seinem Handy. Mark meldete sich nach dem zweiten Klingeln, obwohl er bereits mit dem Auto zur Arbeit unterwegs sein musste.
„Ja?"
Josh schloss die Augen und kämpfte innerlich mit sich. Er könnte einfach wieder auflegen, aber sein bester Freund wusste sowieso schon, dass er der Anrufer war. Jetzt gab es wohl kein Zurück mehr.
„Josh? Bist du da? Ist alles okay?"
„Nicht wirklich." Josh presste die Lippen zusammen und atmete langsam aus, um seine flatternden Nerven zu beruhigen. „Ich brauche deine Hilfe."
* * * * *
Eine Familie voller Verbrecher – warum hat niemand etwas bemerkt?, lautete die Überschrift der nächsten Ausgabe des North Texas Pulse. Auf der Titelseite prangten Portraits von den O'Ryans, Landon und sogar Gabriel.
Rebekka kniff wütend die Lippen zusammen. Was erlaubten diese Journalisten sich, ihre Familie so in den Dreck zu ziehen? Ihr war schlagartig der Appetit vergangen und angeekelt schob sie ihre Kaffeetasse von sich weg, die normalerweise morgens ihr bester Freund war.
„Was liest du da, Schatz?" Gabe legte von hinten seine Arme um sie und beugte sich zu ihr nach unten. Er roch nach einer wunderbaren Mischung aus seinem herben Männerdeo und den Pancakes, die er gerade machte. Er hatte darauf bestanden, ihr Frühstück zu machen, bevor sie zur Arbeit musste.

DU LIEST GERADE
Never Too Far
Teen FictionAls Kendra O'Ryan im Rahmen ihres Studiums einen Praktikumsplatz als investigative Journalistin in Houston angeboten bekommt, beschließt sie, anzunehmen - egal, wo es hinführt. Doch wer hätte gedacht, dass sie dort ausgerechnet Ryan Tucker wiedertre...