Kapitel 83

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Yunas Sicht: 

Mein Vater schmeißt mich um acht Uhr morgens an einem Samstag aus dem Bett, weil ich ja unbedingt mit ihm ins Waisenhaus kommen muss, um mich mit Yeesul anzufreunden. Meine Motivation dafür existiert nicht, aber ich mache es nur, weil mich Appa so angefleht hat und so verzweifelt dabei gewesen ist. Darum sitze ich auf dem Beifahrersitz und werde breit von meinem Vater angelächelt. Ich verdrehe nur die Augen und verkneife es mir zu lachen. Als er das Auto vor dem Waisenhaus geparkt hat, steige ich aus und werde auch schon von mehreren Kindern fröhlich begrüßt. Grinsend winke ich ihnen zu und warte auf Appa, der das Auto abschließt und dann mit mir zum Gebäude läuft.

"Hallo, Jeongguk!", ruft ein kleines Mädchen und rennt auf uns zu. 

Sie ist bestimmt nicht älter als vier Jahre alt. Mein Vater geht in die Hocke und hebt das Mädchen mit Leichtigkeit hoch, welches ihn fest umarmt und ihm dann einen Kuss auf die Wange drückt. Die anderen Kinder bemerken auch, dass Jeongguk da ist und rennen zu ihm, um sich an seine Beine zu klammern. 

"Jeongguk! Wir haben dich sooooooooooooooooooo vermisst!", schreit ein kleiner Junge vom ganzen Herzen und bringt uns alle zu lachen, weil er sich dann auf den Boden fallen lässt. 

"Ihr habt mich gestern doch gesehen. Wie könnt ihr mich so sehr vermissen?", fragt mein Vater lachend und der Junge zuckt einfach nur grinsend mit den Schultern. 

"Ich vermisse dich immer", meint das Mädchen auf seinem Arm und reibt ihre Wange gegen seine. 

Mein Vater fängt an zu strahlen und erstaunt mich mal wieder. Er hat ein viel zu gutes und zu großes Herz. Ich meine, er hat so viel Liebe in sich, dass er diese an die ganzen Kinder in diesem Waisenhaus geben kann und die Kinder lieben ihn genauso sehr. Er ist auch der beste Vater auf der Welt. Zwar ist er manchmal echt streng, wenn ich Dinge sage und mache, die ihm nicht gefallen, aber er hat mich seit meiner Geburt mit Liebe überhäuft und sieht mich als seine Tochter an, obwohl ich die Tochter seiner Erzfeindin bin. Ohne ihn und meinem anderen Vater wüsste ich gar nicht, wie ich geendet wäre. Ich weiß, dass er meiner Mutter schon so viele Chancen gegeben hat, damit sie sich ändert, aber jedes Mal von ihr enttäuscht wurde. Darum bewundere ich ihn etwas, dass er immer noch etwas Hoffnung in Menschen hat und ihnen eine zweite Chance gibt. Deswegen habe ich auch nachgegeben, weil ich Yeesul auch noch ein zweite Chance geben will. Total in meinen Gedanken verloren bemerke ich nicht, dass mein Vater mit mir redet. 

"Erde an Yuna! Weilst du noch unter uns?", fragt mein Vater belustigt und schnippst mir vor meinem Gesicht herum. 

"Eh-.. Ja. Was hast du eben gesagt?", gebe ich perplex von mir. 

"Du kannst schon mal ins Gebäude gehen und Taemin fragen, wo Yeesuls Zimmer ist. Ich komme dann nach, wenn ich eine Runde Fußball mit den Kindern gespielt habe, okay?", wiederholt er seine Worte und küsst meine Stirn, bevor er von den Kinder mitgezerrt wird. 

Mit einem mulmigen Gefühl im Magen laufe ich zur Eingangstür und stoße diese auf. Mehrere Kinder kommen mir entgegen und begrüßen mich fröhlich. Man merkt, dass mein Vater sie hier erzieht. Ich begrüße sie lächelnd zurück und gehe dann ins Büro von Taemin, der an seinem Schreibtisch sitzt und mit irgendwelchen Unterlagen beschäftigt ist. 

"Hallo, Taemin. Kannst du mir vielleicht sagen, wo sich Yeesuls Zimmer befindet?", frage ich ihn freundlich. 

"Hallöchen, Kleine. Wenn du Yeesul besuchen möchtest, musst du die Treppen hochlaufen und dann rechts abbiegen. Ihr Name steht dann auf der Tür", gibt er mir Bescheid und lächelt mich leicht an. 

"Dankeschön!", sage ich ihm noch und verlasse sein Büro. 

Danach steige ich die Treppen im Flur nach oben und biege, wie er mir gesagt hat, nach rechts in den Flur ein, in dem sich nur mehrere Türen befinden. Wenn ich ehrlich bin, war ich noch nie hier oben. Auf allen Türen sein kleine Zeichnungen von Kindern drauf gemalt worden, was mich zum Schmunzeln bringt. Anscheinend haben sie alle ihr eigenes Zimmer. Jedoch halte ich bei einer weißen Tür, die keine Zeichnung besitzt. Nur der Name 'Yeesul' wurde mit einem lila Stift auf die Tür geschrieben. Ich bleibe mehrere Sekunden vor der Tür stehen und traue mich nicht wirklich, da rein zu gehen. Unser letztes Treffen endete ja nicht sehr rosig und ich befürchte, dass wir uns wieder in die Haare bekommen. Aber ich habe es meinem Vater versprochen. Seufzend lege ich meine Hand an die Türklinke und klopfe erstmal an der Tür. 

"Ja?", höre ich es gedämpft aus dem Zimmer. 

Vorsichtig drücke ich die Tür auf und betrete ein dunkles Zimmer, da die Jalousien runter gezogen wurden. Nur das Licht aus dem Flur erhellt das Zimmer ein wenig, sodass ich Yeesul mit dem Gesicht zur Wand gedreht auf ihrem Bett liegen sehe. Ich beiße mir nervös auf die Lippe, als sie sich in meine Richtung dreht. Meine Augen weiten sich, als ich ihre roten, angeschwollen Augen sehe, die sie sicherlich vom ganzen Weinen bekommen hat. 

"Was machst du denn hier, Yuna?", krächzt sie heiser und sieht nicht nicht wirklich wie Yeesul aus. 

Eigentlich ist sie das hübsche Mädchen, dass einen krassen und taffen Charakter hat, aber jetzt sie einfach nur wie ein Häufchen elend aus. Mich packt direkt das schlechte Gewissen, weil ich gestern gesagt habe, dass sie doch selbst Schuld an ihrem Leid ist. 

"I-Ich wollte nach dir sehen. Geht es dir gut?", erwidere ich unsicher und könnte mich für diese dumme Frage boxen. 

Man sieht doch klar und deutlich, dass es ihr nicht gut geht. Yeesul lacht etwas auf und meint nur den Umständen entsprechend. Als sie mein zerknirschtes Gesicht sieht und richtet sie ihren Blick zu Boden. Ich presse meine Lippen zusammen und suche den Lichtschalter, den ich neben der Tür finde und schalte das Licht an, während ich die Tür hinter mir schließe.

I fucking love you | Buch 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt