Kapitel 9

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Gegen fünf Uhr morgens komme ich, nach neun Stunden Fahrt und einer kurzen Pause, in der ich nur schnell was gegessen habe, zuhause an. Mum hat mir auch geschrieben, dass Shay zuhause ist, sie aber auch noch nicht geredet hat. Total fertig und müde betrete ich dann das Haus, lege meine Tasche ab, ziehe mir Schuhe, Hoodie und Hose aus und lege mich mit einer Decke aufs Sofa, um wenigstens ein wenig Schlaf abzubekommen. Naja, eine Stunde Schlaf wird wohl erstmal reichen müssen. Von meiner Mum werde ich vorsichtig geweckt und bekomme netterweise direkt einen Kaffee.
„Danke" murmle ich und trinke erstmal einen großen Schluck.
„Danke, dass du gekommen bist" meint sie leise.
„Das ist klar, geredet habt ihr nicht mehr, oder?"
„Nicht wirklich, sie geht heute definitiv zur Schule, kannst du sie vielleicht bringen und abholen? Ich muss zur Arbeit und hab Angst, dass sie wieder schwänzt."
„Klar, mach ich. Setzen wir uns heute Abend mit ihr hin?"
„Ja, machen wir. Ich muss jetzt aber los."
„Bis heute Abend" lächle ich und drücke ihr einen Kuss auf die Wange.
Ich stehe dann auch auf und kurz nachdem meine Mum das Haus verlassen hat, kommt Shay die Treppe runter. Sie sieht mich etwas unsicher an, bis ich die Arme ausbreite und meine Schwester dann schon im Arm liegen habe.
„Es tut mir leid, was ich gestern gesagt hab" murmelt sie „Ich hasse dich nicht, ich liebe dich."
„Ich dich auch, Große. Wir reden heute Abend über das alles, ich fahre dich jetzt erstmal zur Schule und hol dich dann auch ab."
„Boah, nicht euer Ernst! Kontrolliert ihr jetzt jeden meiner Schritte?!"
„Nein, aber ich will, dass du auch wirklich bei der Schule ankommst und danach direkt nach Hause kommst. Alleine schaffst du das ja anscheinend nicht."
„Boah, von mir aus" murrt sie „Aber zieh dir wenigstens noch ne Hose an."
„Was? Hose? Sowas besitz ich nicht."
Shay verdreht Licht die Augen und verschwindet erstmal in der Küche. Ich zieh mir also Hoodie und Jogginghose von gestern über, bevor wir uns auch bald schon auf den Weg machen.
„Bis heut Nachmittag, ich hol dich ab."
„Jahaa!"

Als ich wieder Zuhause bin, gehe ich erstmal eine kleine Runde joggen, dann duschen und während ich dann endlich mal frühstücke, gehe ich ein paar Mails durch. Das zieht sich natürlich ganz schön und erst als mein Handy anfängt zu klingeln, schaue ich wieder auf.
„Moin" gehe ich an Annas Anruf ran, während ich in die Küche gehe, um mir nochmal ne Tasse Kaffee zu hole.
„Du klingst ja sehr motiviert. Alles okay?"
„Naja, Shayenne hat so ne Art Hausarrest und was genau los is wissen wir auch noch nicht, erfahren wir vielleicht heute Abend."
„Ach man, das wird schon. Sie ist ein Teenager, das ist normal... Naja, also ich hab mit der Plattenfirma jetzt ausgemacht, dass ihr noch bis zum 14. Oktober habt, 'Kein Lied' richtig fertig zu bekommen. Dann kommt der nicht am 8.11. sondern 6.12. raus und auf Tour könnt ihr den vielleicht schon das ein oder andere Mal in die Show einbinden."
„Danke! Wirklich."
„Hey, das ist mein Job."
„Ne, es ist echt nicht selbstverständlich, dass du den Release so einfach verschieben lässt."
„Einfach war das jetzt auch nicht, das hat mich eine Stunde Überredungskunst gekostet."
„Danke, einfach Danke! Ich setz mich jetzt auch gleich noch anderthalb Stunden an meine Aufgaben, muss dann noch Shayenne abholen."
„Alles klar, aber denk an die Interviews und so."
„Ja, klar mach ich."
„Und am 20. kommt erstmal 'Einmal im Leben' und du musst nach Leipzig zur Henne, dann am Sonntag ist auch direkt das Sing mein Song Konzert."
„Ja, klar!"
„Okay, dann sehen wir uns in Leipzig."
„Ja, bis dann."
Wir legen also auf und ich setze mich nochmal an die Arbeit, bevor ich gegen drei vor der Schule meiner kleinen Schwester parke und auf sie warte. Sie kommt dann raus und knallt sich genervt auf den Beifahrersitz.
„Heyhey, jetzt aber nicht so glücklich sein, mich zu sehen."
Natürlich ernte ich für meinen Spruch einen mehr als bösen Blick und fahre dann einfach los.

„Ich geh Hausaufgaben machen" brummt Shay nur, als wir zuhause sind.
„Shay, komm mal bitte her."
„Ich hab super viel Hausaufgaben."
„Du wirst wohl fünf Minuten Zeit für deinen großen Bruder haben. Komm schon, fünf Minuten, in denen du mich nicht anschnauzt oder böse anschaust."
„Von mir aus" verdreht sie die Augen, legt ihre Tasche ab und geht zum Sofa, wo sie sich fallen lässt.
Ich setze mich neben sie und ziehe sie einfach in meine Arme, wobei auch Shay nicht mehr ihre Fassade halten kann. Sie schluchzt leise vor sich hin, während ich sie einfach festhalte.
„Shay, bitte rede mit mir. Was ist passiert?" flüstere ich, als sie sich wieder etwas beruhigt hat.
Sie setzt sich wieder etwas auf und wischt sich ein paar letzte Tränen weg, bevor sie mir in die Augen schaut.

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