Lauf nicht weg

Kapitel 12

„Sorry für die Verspätung" entschuldige ich mich bei Levi, der schon vor dem Gebäude steht und auf mich wartet.
„Ach, alles cool" grinst er „Wie war dein Tag?"
„Eigentlich echt gut, wir sind gut vorangekommen und in der Pause hab ich mir zwei Termine für Wohnungsbesichtigungen gemacht."
„Klingt doch nach nem erfolgreichen Tag, wann sind denn die Besichtigungen?"
„Nächste Woche, erste Mittwoch und der andere am Donnerstag."
„Zeigst mir gleich mal nen paar Fotos von den Wohnungen?"
„Kann ich machen" schmunzle ich.
Als wir in der Bahn sitzen zeige ich ihm ein paar Fotos und auch Levi ist sofort, wie auch ich, von der auf neu gemachten Altbauwohnung super angetan.
„Ey, wie wär's, wenn du meine Wohnung bekommst und ich die nehme?"
„Haha vergiss es, wenn die in echt auch nur halb so toll ist wie auf den Fotos, nehm ich die sofort."
„Ja okay, meine ist ja auch ganz schick."
„Definitiv."
„Ey sag mal, hast du Bock, ne Runde Skaten zu gehen?"
„Ha, damit ich mir alles breche? Ne lass mal, ich bin sowieso mit Toby zum Telefonieren verabredet."
„Na schön, ich geh auf jeden Fall ne Runde in den Park, soll ich später was vom Asiaten mitbringen?"
„Klingt gut, ich nehm-"
„Gebratene Nudeln mit Gemüse?"
„Du kennst mich echt zu gut" schmunzle ich und dann müssen wir auch schon aussteigen.

In Levis Wohnung angekommen, ziehe ich mich erst einmal um, bevor ich mich auf den Balkon setze.
„Ich bin dann weg, bis dann" streckt Levi dann nochmal kurz seinen Kopf raus.
„Bis dann" lächle ich und wähle jetzt endlich die Nummer meines kleinen Bruders.
„Leooo" geht er freudig ran.
„Na Großer" lache ich „Wie geht's dir?"
„Gut, aber Schule nervt."
„Du, Studium und Arbeit werden nicht besser" schmunzle ich.
„Wo bist du eigentlich grade? Seit wann haben du und Jonas nen Balkon?"
„Ähm... Ich bin bei Levi."
„Ach so... und wo is Levi?"
„Musste nochmal kurz weg, ich hab aber nen bisschen Zeit zum Quatschen. Wie geht's Alex, Nils, Mama und Papa?"
„Gut, Nils steckt zwar ziemlich im Stress, zwölfte Klasse eben, Alex is kaum noch zuhause, also meistens bei Freunden und so, und Mama und Papa arbeiten beide viel."
„Ach man... und bei dir? Wie sieht's in der Schule aus?"
„Tests stehen schon voll viele an und Lehrer machen auch Stress, dabei bin ich doch grade mal in der siebten Klasse."
„Das klingt heftig."
„Was is bei dir in nächster Zeit los?"
„Nicht viel, nächstes Wochenende geh ich aufs Oktoberfest und morgen verbringe ich den Tag entspannt in der Stadt."
„Allein?"
„Nein, mit Levi."
„Wie geht's Jonas?"
Seit wann interessiert sich mein kleiner Bruder bitte so für Jonas? Vor allem jetzt, wo ich nicht mehr mit ihm zusammen bin.
„Gut, er hat grade viel um die Ohren, genau wie ich."
„Wann kommt ihr das nächste Mal?"
„Ich komm spätestens Weihnachten wieder nach Hause."
„Du alleine?"
Okay, dann muss es jetzt wohl doch raus...
„Ja."
„Bei Jonas und die is aber alles okay, oder?"
Okay, eigentlich wollte ich das noch nicht direkt sagen, aber ich will ihn eben auch nicht anlügen...
„Toby... Jonas und ich sind nicht mehr zusammen" sage ich leise.
„Was? Wieso?"
„Ich hab mich von ihm getrennt, aber es geht mir gut. Es hat einfach nicht mehr gepasst" erkläre ich.
„Wie geht's dir?"
„Mir geht's gut, ich wohn vorübergehend grad bei Levi und schau mir nächste Woche zwei Wohnungen an."
„Du bist schon ausgezogen?"
„Ja, vor knapp zwei Wochen."
„Wow..."
„Ja, aber mir geht's wirklich gut."
„Echt? Ich meine, ihr seid... ihr wart zusammen, seit ich fünf war oder so."
„Ich weiß, er ist auch ein toller Mann, aber nicht mehr für mich."
„Leo, ich bin alt genug, ich versteh das alles."
„Ich weiß, dass du alt genug bist."
„Du, Mama kommt grade und will mit dir reden."
„Dann gib sie mir mal" schmunzle ich.
„Hallo, meine kleine Maus."
„Hey Mama, wie geht's dir?"
„Mir geht's gut, dir? Wie läuft die Arbeit? Wie geht's Jonas?"
„Arbeit läuft super und mir geht's auch gut."
„Streit mit Jonas?"
„Nein, warum?"
„Weil du mir auf die Frage zu Jonas nicht geantwortet hast."
„Mütter" murmle ich „Mum, Jonas und ich haben uns getrennt."
„Oh... und... äh... und dir geht's echt gut?"
Ja gut, das hat sie jetzt überfordert... Noch feinfühliger ging nicht, Leo?
„Ja, Mum... mir geht's gut. Ich hab mich von ihm getrennt, wir haben uns einfach auseinander gelebt und meine Gefühle für ihn sind einfach nicht mehr das, was sie mal waren."
„Ach mein Mäuschen... du bist grad echt zu weit weg, damit ich dich in den Arm nehmen kann."
„Levi hat dich ein wenig vertreten, aber seine Umarmungen sind nicht annähernd so schön wie deine."
„Das will ich ja wohl hoffen!"
„Ich komm spätestens Weihnachten, kannst du den anderen aber vielleicht noch nichts von der Trennung sagen? Toby hab ich's jetzt schon gesagt, ich will es aber wenigstens Nils und Alex selbst sagen, Toby war glaub schon echt mitgenommen."
„Gib ihm etwas Zeit, immerhin ist er quasi mit Jonas an deiner Seite aufgewachsen."
„Ich weiß..."