Dunkles Schicksal Kapitel 48

18 2 0
                                    

Dunkles Kapitel


Kapitel 48



Merlin saß am Frühstücktisch, obwohl die Frühstückzeit schon längst überschritten war. Doch anscheinend waren die Besitzer der Pension daran gewöhnt, das ihre Gäste nach einer durchzechten Nacht und anderem nicht um acht Uhr am Frühstücktisch saßen. Merlin glaubte sich zu erinnern, das man das in Amerika Brunch nannte, denn es war eigentlich schon Mittagszeit. Er trank die dritte Tasse Kaffee und sein Kopf drohte zu zerspringen. Der Wein war klasse hier, aber nicht für seinen Kopf. Es polterte auf der Treppe und Sergio kam in den kleinen Raum. Er sah aus, als hätte er in einem Krieg gekämpft.

„Morgen", brummte er und pflanzte sich gegenüber von Merlin an den Tisch, goss sich von der schwarzen Brühe ein.

„Ja, morgen. Scheiß morgen", sagte Merlin und Sergio sah ihn an.

„Was denn? Hast du doch den Typ an der Bar abgeschleppt?"

„Nein. Wo sind die anderen?"

„Noch im Koma. Ich denke, vor Nachmittag werden wir die beiden nicht sehen."

„Sind die Mädchen noch da?"

Er schüttelte den Kopf.

„Nein, sie sind in der Morgendämmerung gegangen."

Merlin grinste, um danach sein Gesicht zu verziehen, wegen den elenden Kopfschmerzen.

„Waren wohl Vampire und mussten schnell weg."

„Blödsinn, sie waren keine", er grinste „Aber es war eine heiße Nacht."

„Verschone mich mit Einzelheiten, bin nicht in der Stimmung."

„Kopfschmerzen?"

Merlin nickte.

„Der Wein ist gut, aber zu viel davon tödlich."

„Ich denke", antwortete Sergio, nachdem er ihm ein Pulver aus seiner Tasche gab „Du bist gleich nach uns aufgebrochen?"

Merlin schüttete von dem Pulver auf einen Löffel und schluckte es, spülte mit Kaffee nach.

„Wollte ich auch, aber dann bekam ich Gesellschaft. Eine Frau setzte sich zu mir an den Tisch", er runzelte die Stirn „Eine seltsame Begegnung war das."

Sergio wurde hellhörig.

„Na, hoffentlich kein Vampir."

„Blödmann, wenn sie ein Vampir gewesen wäre, würde ich hier nicht sitzen. Sie würde mich nicht ansprechen und dann verschwinden, sondern versuchen, mir das Blut auszusaugen. Und ich würde es bemerken, wenn es ein Vampir gewesen wäre, weil ich..."

Er sprach nicht weiter, denn er wollte sagen...Weil ich Vampire ziemlich gut kenne.
Doch das wäre nicht gut gewesen. Sergio hakte immer nach.

„Weil was?" Wusste er es doch.

„Weil ich nicht so bescheuert bin wie du, der nur mit dem Schwanz denkt."

„Ich hätte dir die Geschichte nicht erzählen sollen", meinte Sergio „Sie sah nicht aus wie ein Vampir. Zumindest musste ich mich nicht anstrengen, sie zu killen. Ein Glück, das wir noch nicht gefickt hatten, wenn ich daran denke, wie sie danach aussah."

„Ja, schon gut. Ich weiß wie sie aussehen, wenn sie tot sind. Aber nochmal zurück zu gestern Abend. Jedenfalls war sie eine Zigeunerin. Ihr Name war Merit. Doch das war wirklich seltsam."

„Was? Ihr Name war seltsam?", fragte Sergio und aß von den Rühreier mit Speck.

„Nein, das nicht. Sie hielt meine Hand", sagte er und hielt sie demonstrativ hoch „Hielt sie einen Moment und sagte dann zu mir, ich hätte viel Lebenskraft. Ist doch seltsam, oder?"

„Merlin, das sind Zigeuner. Man sagt, sie können jemanden verfluchen und aus der Hand lesen. Man sagt auch, das sie teilweise Magie haben."

Merlin lachte leise.

„Sie hat mir nicht aus der Hand gelesen, sondern sie nur gehalten."

„Aber trotzdem ist das so."

„Ja, ist mir klar, das du an so etwas glaubst. Ich bin sicher, du glaubst auch an Hexen, die auf Besen durch die Nacht fliegen. Oder an Drachen."

Sergio schaute ihn einen Moment an, beugte sich etwas über den Tisch und sprach leiser, denn andere Gäste kamen herein.

„Du glaubst doch auch an Vampire? Oder?"

„Das ist etwas anderes. Ich habe sie gesehen, selbst beim Trinken und getötet."

Der Italiener legte die Gabel hin.

„Okay, dann frage ich dich etwas. Hast du sofort geglaubt, das es Vampire gibt?"

„Ich habe welche gesehen, kurz bevor meine Eltern starben", antwortete Merlin „Deshalb wusste ich, als ich die Leichen sah, das es Vampire waren."

„Gut, dann anders. Hättest du es geglaubt, wenn es dir jemand gesagt hätte. Einfach so?"

Merlin dachte einen Moment nach, dann schüttelte er den Kopf. Sergio grinste und aß weiter.

„Siehst du, das ist, was ich meine. Menschen lehnen es ab, an etwas zu glauben, was sie nicht sehen. Auch wenn es existiert. Und Magie existiert auch, glaube mir."

„Ich weiß nicht", zweifelte Merlin „Das ist doch etwas zu weit hergeholt."

„Glaubst du?", fragte er leise und sah sich um, sprach leise weiter „Sind denn Vampire nicht auch eine Art von Magie. Sie sind tot. Gestorben, als ein anderer Vampir ihnen all ihr Blut aussaugte. Tot im Sinne von tot. Herzstillstand und Leichenstarre. Und doch wandeln sie herum wie die Lebenden. Wieso? Hast du dich das jemals gefragt? Wieso leben sie und wieso nur sie? Und nicht die anderen Toten, die durch andere Arten zu Tode kamen? Und warum reagieren sie so auf Silber und Tageslicht? Und was ist mit der Tatsache, das sie verschrumpeln und wie Mumien aussehen, wenn sie zum zweiten Mal sterben? Und wieso trinken sie Blut und nehmen keine Nahrung mehr auf? Ihr Herz schlägt nicht, sie haben keinen Blutkreislauf und doch leben sie. Ist das nicht Magie?"

„Ich weiß es nicht, wieso sie leben. Das kann ich dir nicht beantworten."

Sergio fuchtelte mit dem Messer herum, als er sagte.

„Das ist es doch, was ich sage. Du kannst es nicht erklären, aber in diesem Fall weißt du, das es so ist. Warum sollte es keine Magie geben? Weil du es nicht erklären kannst, Merlin? Du kannst ja auch nicht erklären, warum es Vampire gibt und wieso sie leben, obwohl sie eigentlich tot sind. Dann dürftest du daran auch nicht glauben."

„Das ist doch völlig unlogisch, was du sagst, Sergio. Du und ich wissen, das es sie gibt."

„Ja, aber du weißt nicht, was sie zum Leben erweckt und ich sage dir, das ist auch eine Art von Magie."

Merlin sagte nichts darauf, doch Sergios Worte brachten ihn zum Nachdenken. Arthur lebte, auf eine komplexe, nicht erklärbare Art. Er vertrug kein Sonnenlicht und Silber, musste sich von Blut ernähren und hatte keinen Herzschlag. Eigentlich war er tot, doch lebendiger als mancher Mensch. Wieso?

Das war eine Frage, die sich Merlin noch nie gestellt hatte. Er nahm sie als gegeben hin und tötete sie. Doch er hinterfragte nie, wieso sie lebten, obwohl sie tot waren. Er war sich fast sicher, das selbst die Vampire nicht wussten, wieso sie existierten, obwohl sie eigentlich nicht wirklich lebten. Sergio riss ihn aus seinen Gedanken.

„Ich hau mich nochmal hin. Leo und Hennessy werden wohl erst am Nachmittag auftauchen. Du solltest dich auch hinlegen, du siehst scheiße aus."

„Danke, wie nett von dir. Aber du hast recht. Vielleicht wache ich auf und die Kopfschmerzen sind weg. Wäre wünschenswert. Wann reiten wir weiter?"

„Ich weiß es nicht. Leo wollte nach Rumänien", Sergio grinste „In die Hochburg der Vampire, angeblich."

„Na toll", sagte Merlin und stand auf.

Beide gingen wieder die Treppe hoch und in ihre Zimmern. Merlin legte sich auf das Bett. Er schloss die Augen, um sich zu entspannen. Diese verfluchte Kopfschmerzen. Doch dann dämmerte er doch wieder in den Schlaf.



XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX



Merit kam in den großen, sehr geschmackvollen Salon, an dessen großen Tisch allerlei Speisen standen. Ein grauhaariger, attraktiver Mann und eine gutaussehende Frau im gleichen Alter saßen dort am Tisch. Merit ging zu dem Mann und küsste ihn auf die Stirn.

„Guten Morgen, Vater", sagte sie und tat das gleiche bei der Frau, sprach sie mit Mutter an.

„Guten Morgen, wurde gestern spät, was?"

„Ja", sagte sie und griff nach dem Kaffee, nachdem sie sich gesetzt hatte „Ich habe nette Leute kennengelernt und mich verplappert."

„Solange sie nicht oben in deinem Bett liegen, soll es mir egal sein", brummte ihr Vater.

„Vater", tadelte sie ihn kopfschüttelnd, ihre Mutter grinste.

„Stell dich nicht so an, du warst nicht besser", sagte sie zu ihrem Mann.

„Aber vorausschauend", antwortete er „Ich führe unseren Clan und habe die Zigeunerprinzessin geheiratet, die auch noch eine mächtige Hexe ist."

„Das bist du auch, Vater", sagte Merit „Also?"

„Ich will damit sagen, das du sehr viel Magie geerbt hast und es nicht an einen Kerl verschwenden solltest, der nichts wert ist."

„Ja, Vater", sagte sie genervt und sah zu ihrer Mutter, die nur die Schultern zuckte. Dieses Gespräch war nicht das erste seiner Art und nervte Merit wie ihre Mutter.

„Und nebenbei. Ich werde verreisen", sagte sie jetzt und biss in ihr Brot.

„Wohin? Du bist doch erst gekommen", sagte ihr Vater vorwurfsvoll.

„Ich bin jetzt schon vier Monate hier. Wenn du das erst gekommen nennst, dann solltest du mal an deiner Auffassung von Zeit arbeiten, Vater."

„Sei nicht so frech, junges Fräulein."

Sie seufzte. Es war wirklich Zeit, das sie wieder aufbrach. Sie liebte ihre Eltern und den Clan, liebte es nach Hause zu kommen, doch nach einer gewissen Zeit lag sie immer im Streit mit ihrem Vater. Er war so was von spießig, hatte Ansichten aus dem Mittelalter und war bestrebt, immer den Weg der Moral zu gehen. Nach den Aussagen ihrer Mutter war er früher ein Raufbold und Draufgänger gewesen. Sie konnte das fast nicht glauben. Fakt war, längere Zeit mit ihrem Vater unter einem Dach ging nie gut aus.

„Ich fahre nach New Orleans", sagte sie jetzt.

„Wieder zu diesem Hexenclan, die absolut nicht zivilisiert sind? Amerikaner. Dieses Volk hat keine Moral und keine Disziplin."

Merit nahm Luft. Sie wollte sich nicht schon wieder aufregen.

„Serena ist nicht so, wie du immer denkst. Sie führt ihren Clan vorbildlich."

„Hattest du mir nicht gesagt, das sie mit Vampiren verkehrt? Mit diesen lebenden Toten, die nur scharf auf unser Blut sind. Das sind Bestien und man kann ihnen nicht vertrauen."

„Verdammt, Vater", rief sie jetzt aufgebracht „Was weißt du schon über Vampire? Du machst immer alles schlecht. Mir reicht es jetzt."

„Schlecht?", er nickte grimmig und zornig „Ja, schlecht. Es war auch schlecht, das einige von Rumänien rüber kamen und deine Großeltern töteten. Und es ist schlecht, das sie unser Blut bevorzugen, was sie zu unseren Feinden macht."

„Ja, ich weiß. Ja, ich weiß", schrie sie „Diese Geschichte kenne ich in und auswendig. Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will. Und wenn ich meine Freundin besuchen will, dann tue ich das."

„Gut, dann gehe packen", schrie ihr Vater und Merit sprang auf „Du wirst noch an mich denken, wenn sie dir am Hals hängen und dein Blut trinken."

„So ein Schwachsinn. Ich reise ja nicht zu Vampiren, sondern zu Hexen. Und da du ja so schön gesagt hast, das ich viel Magie geerbt habe, weiß ich mich zu verteidigen."

„Natürlich. Aber ich weiß wirklich nicht, was dich mit den Hexen verbindet. Ihre Magie ist anders als unsere. Du machst eh was du willst. Lässt dir sowieso nichts sagen."

„Mag sein, aber Magie ist Magie. Doch sie ist auch meine Freundin."

„Toll."

Merit öffnete ihren Mund, doch schloss ihn wieder, als sie ihre Mutter ansah. Sie deutete ihr an, das sie gehen sollte. Merit verließ ohne weiteres Wort den Raum. War ja klar. Es wäre wirklich seltsam gewesen, wenn sie nicht mit ihrem Vater wieder Streit bekommen hätte. Aber sie musste zu Serena. Etwas beschäftigte sie und Merit brauchte Antworten.

„Musst du dich immer mit ihr streiten", fragte ihre Mutter, als Merit fort war.

„Nein, aber sie legt es durchweg darauf an", meinte er „Sie gehört hierher, zu uns und nicht zu den Hexen. Immer dieses Herumreisen in der Welt. Und ihr Umgang ist auch nicht vorzeigbar."

„Du urteilst, ohne ihre Freunde zu kennen. Das ist nicht sehr weise. Als Anführer unserer Sippe musst du toleranter sein, auch gegen diejenige, die sich von uns unterscheiden. Aber sie hat nicht unrecht. Magie ist Magie. Wir führen sie nur unterschiedlich aus."

„Ja", sagte er mürrisch „Können wir das Thema wechseln?"



XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX




Arthur stand auf der Terrasse und schaute über das Meer, das still und dunkel vor ihm lag. Die Temperatur war gestiegen, es war angenehm warm und ein lauer Wind zerzauste leicht sein Haar. Der Vollmond spiegelte sich auf der ruhigen Oberfläche des Ozeans, der Himmel klar und voller Sterne. Die Luft roch nach verschiedenen Blumen und es war still, nur das leise Rauschen der Wellen am Strand war zu hören.

Es war herrlich und Arthur verstand sehr gut, warum Sethos es liebte, hier zu wohnen. Sein Haus stand einsam, keine Nachbarn. Eine kleine, unbefestigte Straße führte zum Haus, die nicht oft genutzt wurde, außer vielleicht von seinen menschlichen Diener. Doch sie verließen fast nie das Haus, hatten alles, was sie brauchten hier. Die nächste Stadt war meilenweit entfernt, das nächste Dorf auch nicht in absoluter Nähe. Arthur wusste, das dies eine sehr kluge Entscheidung von Sethos war, hier zu leben.

Aus eigener Erfahrung war sich Arthur klar, das sie nicht lange in der Nähe der Menschen, sprich einer Stadt leben konnten. Vielleicht zwanzig oder dreißig Jahre, bevor es auffiel, das sie keinen Tag älter aussahen, während die Menschen in ihrem Umfeld alterten oder starben. Er wusste nicht mehr, wie oft er herumgezogen war. Wie oft er eine Stadt verlassen musste, was ihm manchmal schwer fiel. In einzelnen Fällen liebte er es, dort zu wohnen, doch musste weiterziehen. Sethos brauchte das wahrscheinlich nicht.

Er hatte ihm erzählt, das dieses Haus hier in Italien sein privater Hauptsitz war. Doch er hatte auch noch mehrere Wohnungen und Häuser verteilt in der Welt. In der Gilde hatte er nur ein Zimmer, das er nutzte, wenn er länger bleiben musste. Dort, in der Zentrale der Gilde war alles, was man sich vorstellen konnte. Zimmer, Konferenzsäle, das Tribunal, Nachrichtenzentrale. Aber auch eine Bar und andere Annehmlichkeiten. Nach Sethos Aussagen war alles sehr schön und exklusiv eingerichtet. Da es unterirdisch war, brauchten sie auch nicht auf Tageszeiten zu achten. Doch meistens war alles in der Nacht, weil es die Hauptzeit der Vampire war.

Arthur wusste nur zu gut, das er auch eines Tages Sevilla verlassen musste. Der Gedanke daran versetzte ihm einen Stich in seinem Herzen. Es würde bedeuten, das er von Merlin wegziehen musste. Auch wenn sie keine gemeinsame Zukunft mehr hätten, würde er jede Gelegenheit suchen, ihn zu sehen. Und was Lance und Maria anging, wusste er auch nicht, ob sie mit ihm gehen würde. Er seufzte und die Schwermut schien ihn wieder zu übermannen.

„Über was denkst du nach?", fragte Anchar, als sie zu ihm an die Brüstung kam und ihm einen Bourbon reichte.

„Wie sich ständig alles verändert", sagte er „Das ich irgendwann Sevilla verlassen muss."

Sie stellte sich neben ihn und schaute über das Meer.

„Ja, das ist unser Schicksal. Wir können uns nie für immer niederlassen. Ständig auf Reisen, damit niemand bemerkt, das wir unsterblich sind. Ich kenne das."

Er wandte den Kopf zu ihr. Sie trug ihr Haar offen und hatte ein leichtes weißes, langes Kleid an, dessen Stoff etwas durchsichtig war. Ihr schlanker Körper zeichnete sich darunter ab. Sie war eine schöne Frau, musste Arthur wieder feststellen. Das Gegenstück von Sethos und ihre Kinder würden kleine Schönheiten sein, wenn es möglich wäre.

„Doch Sethos hat die perfekte Lösung dafür gefunden", er hob den Arm und zeigte auf das Meer „Hier. Ein kleines Paradies, weit weg von jeglicher Zivilisation. Nur Ruhe und Natur."

Sie nickte und lächelte ihn von der Seite an.

„Ich wusste gar nicht, das du so naturverbunden bist, Arthur. Man lernt doch nie aus."

Er trank einen Schluck aus seinem Glas.

„Schon. Aber ich liebe es auch im Trubel zu leben. Auf Feste gehen, mit den Menschen Geschäfte machen und auch Bekanntschaften dieser Art. Inmitten unter ihnen leben, ohne das sie jemals erahnen, was ich bin. Doch oft sehne ich mich nach einem Ort wie diesem hier. Wo ich sein kann, was ich bin und nicht eine Illusion lebe."

„Heißt das, das du bereust, ein Vampir zu sein?", fragte sie.

„Es ist schwierig zu beantworten und auch wieder nicht. Ich hatte damals keine Wahl, doch wenn ich eine gehabt hätte, dann hätte ich mich wohl dagegen entschieden. Doch jetzt, wo ich es bin und schon eine Zeit lang, würde ich es nicht von der Hand weisen. Alles hat Vorteile und Nachteile. Ich wäre schon lange tot, wenn ich ein Mensch wäre."

„Das bist du immer noch, ich meine tot", antwortete sie.

„Ja, ich weiß. Doch nun bin ich unsterblich, sehe die Welt im Wandel. Sehe die Zukunft, die ein Sterblicher nie sehen würde, weil seine Zeit begrenzt ist. Macht und Stärke begleiten mich und ewige Jugend. Doch das hat auch seinen Preis. Einsamkeit. Ich werde nie mit jemanden alt werden und meinen Frieden nach einem Leben finden. Ich werde nie erfahren, wie es ist, mit jemanden an der Seite durch das Leben zu gehen. Menschen kommen und sterben, doch wir bleiben", er seufzte und schaute sie an.

„Ich scheine heute Abend etwas wehmütig zu sein. Tut mir leid, ich möchte dir den Abend nicht ruinieren."

„Tust du nicht. Denn du hast nicht recht damit. Ich habe meinen Gefährten gefunden und er wird immer neben mir sein. Nur weil du unsterblich bist, heißt das nicht, das nicht auch du einen Gefährten findest. Ich denke, du suchst lediglich an der falschen Stelle."

Arthur nickte.

„Ja, mag sein", er zog wieder die Luft ein. Sie roch so gut „Es ist wirklich verdammt schön hier. Und Sethos muss den Ort nicht verlassen. Kleiner, cleverer Vampir."

Sie lachte.

„Lass ihn das nicht hören. Er mag ja clever sein, aber nicht klein", antwortete sie amüsiert und sah sich um, griff das Thema wieder auf „Ja, eines Tages sagte er, das er es leid ist, immer von einem Haus, von einer Stadt zu einer anderen zu ziehen. Er sagte, er wollte etwas Dauerhaftes für uns; etwas was wir wirklich unser Zuhause nennen können. Und dann entwarf er die Pläne, kaufte das Grundstück und begann zu bauen. Und ich muss sagen, wir haben es bis jetzt nicht bereut. Hier ist unser Zuhause, unsere Zufluchtsstätte, die niemand kennt, bis auf ein paar auserlesenen Freunde."

„Ja und warum Italien?"

„Sethos mag das Klima und er mag den Ozean. Deshalb war er sehr bestrebt, das dieses Haus etwas erhöht liegt, mit Blick auf das Meer."

Arthur nahm Luft, roch die südländische Luft, das Salz in der Luft und die Blumen.

„Ja, es ist wunderschön hier. Doch so sehr ich es genieße hier zu sein; ich muss zurück. Ich habe alles vernachlässigt und Lance die Bürde des Clans auferlegt. Doch in Wirklichkeit sträube ich mich innerlich, von hier weg zu gehen und zurück nach Sevilla."

„Wegen Sethos?"

Er schüttelte den Kopf und lächelte.

„Ich mag ihn sehr, doch wie er schon so schön sagte, bin ich nicht darauf aus, der Gefährte von ihm zu werden. Ich mag es mit ihm zu schlafen. Es ist sehr schön und aufregend und intensiv. Doch ich werde nicht für immer hier wohnen. Du bist seine Gefährtin, seine einzige Liebe und das schon so lange. Ich muss meinen eigenen Weg gehen", er sah sie an „Und ich danke dir für alles. Ich denke, ich musste das mal sagen."

„Warum?"

„Sethos sagte mir, das auch du ihm geholfen hast, mich zu retten. Und das du es zulässt, das wir beide uns amüsieren. Nicht jede Gefährtin würde dem zustimmen."

„Mag sein", antwortete sie „Doch je mehr man jemand versucht festzuhalten, umso mehr hat derjenige den Wunsch sich zu befreien. Und dann schlafen sie bei jeder Gelegenheit mit irgendjemanden, um sich frei zu fühlen. Wir nicht. Wir reden zuvor darüber und sind beide damit einverstanden, das wir auch Spaß mit anderen haben können. Es ist nur Sex...Spaß, aber unsere Herzen sind nicht dabei. Sie sind in festen Händen, bei uns. Wenn du das unterscheiden kannst, dann ist es in Ordnung. Und, wie ich schon sagte; wir haben keine Geheimnisse voreinander. Wenn Sethos mit jemanden schlafen will, dann sagt er mir das. Ich wusste, das er dich in New Orleans holen kam, weil er dich unbedingt haben wollte und das ist gut so. Doch verstehe das nicht falsch. Wir fragen nicht um Einverständnis, wir teilen das nur unserem Gefährten mit. Keine Geheimnisse. Das ist der Schlüssel zum Glück."

Arthur nickte und fragte.

„Und wie läuft so ein Gespräch dann ab?"

„Er kam eines Tages zu mir und sagte - Anchar, ich werde wohl demnächst mit Arthur vögeln. Er ist ein verflucht heißer Vampir und macht mich wirklich an. Und ich sagte – Das ist mir schon lange klar, mein Liebling. Ich reise demnächst zu meinen Freunden nach Griechenland. Du hast freie Bahn", sie lachte „Ja, genau so ist es abgelaufen. Damit war das Thema durch."

Er lächelte.

„Eine vollkommene Vereinigung eurer Herzen, Seele und Verstandes. Beneidenswert."

„Nun ja. Es kommt auch auf den Gefährten an. Wenn einer von uns es nicht dulden würde, wäre es schlecht. Aber wenn du einmal so alt bist; wirst du es verstehen und dein Gefährte auch."

„Ich bezweifle, das ich jemals einen haben werde. Nach Merlin...", er sah sie an „Werde ich mich nicht mehr binden. Sex ja, aber mehr auch nicht. Merlin war derjenige, auf den ich gewartet habe, doch er wird nie ganz mir gehören. Eines Tages würde der Tod ihn mir wegnehmen und das möchte ich nicht erleben."

„Dann verwandle ihn."

Der blonde Vampir schüttelte den Kopf und schaute über das Meer, während er weitersprach.

„Nein, er würde nie ein Wesen werden, das er verabscheut. Er hat es am Anfang sehr oft gesagt, was er von Vampiren hält. Später nicht mehr, doch ich wusste es immer, trotz das er mich liebte. Und ich werde ihn nicht zwingen. Das tat ich einmal, in dieser Werft, als ich...", er seufzte „Du weißt schon und ich sehe noch heute sein entsetztes Gesicht vor mir, als das Böse in mir sagte, das er ihn zum Vampir machen würde", er schüttelte wieder entschieden den Kopf „Nein, abgesehen davon, das er mir das nie verzeihen würde, wird er immer den Weg eines Sterblichen wählen. Dafür liebe ich ihn zu sehr und genug, um ihn gehen zu lassen."

„Und das heißt?"

Arthurs Blick war voller Schmerz, als er antwortete.

„Wir werden nicht zusammen sein", er nahm Luft „Er wird eines Tages sterben. Vielleicht findet er doch noch, was er sucht. Jemand, der an seiner Seite alt mit ihm wird. Ich dagegen...Ich dagegen muss eine Ewigkeit damit leben, was ich gefunden hatte und wieder verloren."

„Niemand sagte, das es leicht ist, ein Vampir zu sein. Es ist nicht leicht, alle die zu überleben, die deine Freunde sind und sterblich. Ich habe mir schon lange abgewöhnt, engere Verhältnisse zu Menschen aufzubauen. Meine Freunde sind Hexen, Vampire, die auch unsterblich sind. Nach dreitausend Jahren wird sein Bild in deiner Erinnerung verblasst sein. Glaube mir, ich weiß es."

„Ja, ich lerne viel von euch. Ich werde meinen Lebensstil ändern und euch nacheifern", sagte Arthur „Ich werde keine Freundschaften mehr mit Menschen anfangen und auf keinen Fall mich wieder in Menschen verlieben. Ich werde mich an meinesgleichen halten."

Oder Hexen. Seine Zeit in New Orleans war mehr als angenehm. Und die jungen Hexen teilweise sehr schön und allzu gerne bereit, mit ihm das Leben zu genießen. Wenn er auch Männer bevorzugte, wusste er doch die Vorzüge einer Frau zu schätzen, zumal diese Hexen auch sehr zugänglich waren, was seine Wünsche anging. Sie lehnten nie ab, waren bereit Neues zu probieren. Das fand er toll.

„Du kannst sie trotzdem vögeln", lächelte Anchar „Ich meine, Menschen."

„Ja, aber wenn ich sehe, wie es ist mit einem Vampir zu schlafen; das ist soviel besser, weil wir uns nicht zurückhalten müssen."

„Das stimmt. Mit Menschen musst du vorsichtiger sein. Sie sind so verletzlich."

„Ja", sagte er und trank sein Glas leer. Anchar nahm es ihm aus der Hand und stellte es auf den Tisch, der dort stand, umrandet von mehreren Stühlen.

Sie zog Arthur zu sich und küsste ihn. Erst zart auf die Lippen, dann wieder und sah ihn danach an. Arthur sagte nichts, schaute sie an, doch dann zog er sie zu sich und küsste sie forsch. Verlangte dominant Einlass in ihren Mund, dem sie seufzend nachgab. Nach einer Weile löste er sich und schaute sie wieder an. Anchar lächelte und sagte.

„Bevor du gehst; würdest du mir die Ehre geben, mit mir das Bett zu teilen? Ich sehe nicht ein, das nur Sethos in den Genuss kommt."

Er lächelte.

„Ist das, was ihn angeht in Ordnung? Ich möchte Sethos nicht zornig machen. Das Letzte, was ich will, ist ein viertausend Jahre alter Vampir zu erzürnen."

Sie lachte und strich durch sein Haar.

„Keine Panik. Er wird nichts dagegen haben. Er sagte doch, das du für ihn einspringen musst. Er meinte bei allem. Und außerdem hast du Narrenfreiheit bei ihm. Ich habe ihn noch nie so zuvorkommend mit seinen anderen Vampiren im Umgang gesehen. Du hast ihn wirklich überrascht, was mich als Frau natürlich neugierig macht. Was sagst du?"

Arthur küsste sie wieder, anstatt ihr eine Antwort zu geben, nahm sie auf seine Arme und trug sie ins Haus. Anchar schmiegte sich lächelnd an ihn, küsste ihn auf die Wange, als Arthur sie in das große Schlafzimmer trug.



XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX


Es war später Nachmittag, als Arthur wach wurde, doch die Augen noch geschlossen hielt. Er fühlte die Frau in seinen Armen, die noch schlief. Anchar. Gestern Abend hatte sie ihn aufgefordert, mit ihr zu schlafen und er hatte gerne angenommen. Niemals hätte er jemals gedacht, das dies geschehen würde, als er Sethos traf und später erfuhr, das er Arthurs Ahnherr war. Doch es war so und nun hatte er mit beiden geschlafen, was er nicht bereute. Gestern war er wieder so schwermütig gewesen und grüblerisch, so das dies eine willkommene Zerstreuung für ihn gewesen war.

Und ja. Es war schön, wild, exotisch und intensiv. Alle Achtung. Wenn alle Vampire in diesem Alter so waren, dann sind das gute Aussichten. Sie stand in Sethos in nichts nach, soviel war klar. Sie hatte ihn sogar aufgefordert, sie so zu nehmen, wie er es gewöhnlich nur bei Männer tat. Das hatte er selten erlebt. Und es war gut, sogar sehr gut. Er öffnete die Augen, als sie ihn auf die Stirn küsste.

„Hallo, mein schöner Geliebter."

„Hey", sagte er und strich ihr eine Locke aus dem Haar „Danke."

„Danke?"

„Für diese Nacht. Es war wundervoll und einzigartig."

„Inwiefern? Ich bin neugierig."

„Typisch Frau", schmunzelte er und sie boxte ihn.

„Gib Antwort."

„Nun, ich war überrascht, das du magst, wie ich normalerweise Männer nehme."

„Sethos mag das und ich auch. Es ist anders und sehr gut. Eigentlich sind wir beide ziemlich tabulos und das kommt uns gelegen. Wie du weißt, mag Sethos ausgefallene Dinge."

„Oh ja, in der Tat", er grinste „Und? Ich bin auch neugierig."

Sie lachte.

„Normalerweise hasse ich es, wenn die Männer am Morgen solche Fragen stellen. Doch hier gebe ich dir eine einfache, klare Antwort. Ich kann meinen Gefährten vollauf verstehen, was er an dir findet. Reicht das?", fragte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue, die ihn an Sethos erinnerte.

„Oh ja, meine schöne Gebieterin", grinste er und warf sie auf das Bett, kam über sie und küsste sie. Sie lachte und stieß ihn mit einer Leichtigkeit von sich. Sie hatte sehr viel Kraft.

„Hey", rief er.

„Das kommt davon, wenn du dich mit älteren Frauen einlässt", flachste sie und warf sich auf ihn, küsste ihn und legte sich neben ihn. Natürlich bemerkte sie seine Erektion, als sie ihn von oben bis unten musterte und schließlich sagte.

„Du bist schön, Arthur. Fast so schön wie Sethos."

„Niemand ist so schön wie Sethos", lachte er und wollte aufstehen. Doch sie hielt ihn fest.

„Nein."

„Nein?"

Sie schaute ihn amüsiert an.

„Nicht bevor ich mein morgendliches Frühstück bekommen habe, inklusive deines sehr imposanten Schwanzes."

Er lachte und warf sich auf sie, doch sie drehte den Spieß um und saß eine Minute auf ihm und er war eine weitere Sekunde später in ihr. Er stöhnte und wand sich unter ihr, als sie ihm erneut in seinen Hals biss und Arthurs Blut trank. Die Wunden von letzter Nacht waren schon verheilt. Sie hob den Kopf, küsste ihn und Arthur knurrte, warf sie um, so das sie unter ihm lag. Er biss knurrend in ihren Hals, während er wild in sie stieß und beide nahmen, was sie von des anderen begehrten.

Es war verrückt, fast unwirklich und wunderbar.



XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX



Die Karpaten waren schön und unheimlich zugleich. Nach Leos Drängen hin hatten sie Ungarn verlassen und zogen nun durch die Heimat der Vampiren. Obwohl Merlin und auch die anderen nicht an die Geschichten glaubten, die in den kleinen Dörfern umging, das dies hier die Heimat und der Ursprung der Vampire war; hatten sie ihre mit Silberpfeilen geladene Armbrust griffbereit am Sattel. Soviel zu Aberglaube.

Doch Sergio meinte, das er auf keinen Fall kalt erwischt werden wollte und so trugen sie ihre Silberwaffen griffbereit. Vor allem in der Dämmerung waren sie wachsam. Auch wenn die tollsten Gerüchte hier in den kleinen Dörfern zwischen den Karpaten umgingen, sagte das ja nicht aus, das sich vielleicht wirklich Vampire hier herumtrieben. Alle vier wussten, das sie sich auf der ganzen Welt verbreitet hatten, egal in welchem Land.

„Es wäre doch sehr verwunderlich, wenn wir nicht einen sehen würden", sagte der Italiener, als sie ein Dorf ansteuerten, um dort zu übernachten.

„Wahrscheinlich haben sie gehört, das der furchtlose Jäger hier umgeht. Du hast dir einen Namen gemacht", sagte Hennessy und wischte mit seiner Hand durch die Luft, als würde er etwas präsentieren „Sergio, der furchtlose Jäger kehrt zurück."

„Halt den Mund, Engländer", murrte er „Du bist ja nur neidisch, weil ich mehr von ihnen erwischt habe."

„Man könnte meinen, ihr beide seid ein Paar, so wie ihr euch aufzieht", sagte Merlin amüsiert. Die beiden hatten es ewig miteinander.

„Mit dem?", sagte Sergio „Glaube mir, sollte ich mich jemals entscheiden, die Seiten zu wechseln, dann nicht mit einem blassen Typ mit roten Haaren, der unter Vampiren nicht auffallen würde."

Merlin lachte und warf Hennessy einen Blick zu, der eine eindeutige Geste mit seinem Arm und geballter Faust machte.

„Fick dich, Italiener", rief er belustigt.

„Das könnte ich, denn mein..."

„Leute, fangt jetzt bloß nicht damit an, eure Schwänze zu preisen", rief Leo „Soweit kommt es noch."

Merlin lachte. Oh ja, es tat verdammt gut, mit diesen verrückten Kerlen eine Reise zu machen. Sie waren ja so herzlich zueinander, aber Merlin wusste, das sie zusammen standen, wenn es hart auf hart kommen würde und jeder sein Leben für den anderen aufs Spiel setzen würde. Sie hatten sich oft untereinander das Leben gerettet. Merlin war früher ab und zu mit ihnen gereist und hatte mit ihnen gejagt.

Und er hatte wieder in Budapest ein Telegramm von Maria bekommen. Zuhause war alles gut. Wieder schrieb sie nichts von Arthur. Obwohl er hier viel Abwechslung hatte, konnte er den blonden Vampir nicht aus seinem Kopf verbannen. Und auch den Schmerz nicht, wenn er sich wieder in seine Gedanken schlich. Trotz großen Bemühungen seinerseits konnte er ihn einfach nicht vergessen.

Natürlich war der Schmerz nicht mehr so präsent, er hatte sich in ein dumpfes Pochen in seinem Herz verwandelt. Na, wenigstens etwas. Doch Merlin wusste nicht, was geschehen würde, wenn er ihn wiedersah.

„Hey, Spanier. Du bist wieder meilenweit weg. Eine leichte Beute für jeden Vampir", sagte Sergio und beobachtete ihn „An was denkst du denn immer?"

„Warum?"

„Weil dein Gesicht dann immer diesen Ausdruck annimmt, als würdest du das Leid der Welt tragen."

Vielleicht tat er das. Nein, doch sein Schmerz fühlte sich an wie die Last der Welt. Nicht nur das. Auch diese Gefühl der Enttäuschung und Erniedrigung, sowie die Angst vor der Zukunft ohne Arthur war noch da.

„Es ist nicht leicht zu vergessen", sagte er.

„Mag sein, aber du wirst vergessen", meinte Leo „Wir alle waren schon verliebt oder liebten so abgöttisch. Und wir alle haben das verloren und haben es geschafft, das alles hinter uns zu lassen."

„Es braucht Zeit, aber du machst das schon", sagte Sergio und sah sich aufmerksam in der Dämmerung um „Ein Vampir zu killen wäre jetzt genau das Richtige für dich. Kommt raus, kommt raus, wo immer ihr auch seid", rief er in die Dunkelheit.

„Es wäre doch wirklich lachhaft, wenn wir hier keinen finden würden", sagte Hennessy „Ausgerechnet in ihrer angeblichen Heimat."

„Vielleicht treffen wir auf Werwölfe", flachste Merlin.

Sergio schaute ihn an.

„Du spinnst doch. So etwas gibt es nicht."

„Sagt derjenige, der mir letztens einen Vortrag über Glauben hielt", antwortete Merlin schmunzelnd.

„Alles hat seine Grenzen."

„Auf was reagieren die denn?", fragte Leo „Auch Silber?"

Merlin drehte sich im Sattel um.

„Ich glaube ja."

„Hört auf mit dem blöden Geschwätz, da vorne ist das Dorf", rief Sergio.

Und tatsächlich sahen sie Lichter, als sie in das Dorf einritten. Neugierige schauten aus den Fenstern oder blieben stehen. Nicht sehr viele waren noch draußen. Da sie schon einige Tage durch die Karpaten ritten, wussten sie, das sich die Bewohner bei Anbruch der Dunkelheit nicht mehr herauswagten. Merit hatte recht gehabt, als sie sagte, das der Aberglaube hier sehr stark war. Obwohl streng genommen, es keiner war. Es gab Vampire.

An jedem Haus hing Knoblauch und Kreuze und alle vier belächelten das. Wenn sie auch an Vampire glaubten, waren ihre Waffen, was sie anging, lächerlich. Vampire reagierten nicht auf Knoblauch. Arthur sagte mal, es ist nur unangenehm für ihre feine Nase. Und in die Kirche konnten Vampire auch gehen, Kreuze interessierten sie nicht wirklich.

Die effektivste Art, einen Vampir zu töten war Sonnenlicht, den Kopf abschlagen oder einen Silberdolch in sein Herz rammen. Auch Feuer war sehr gut.

„Vielleicht sollten wir mal heute Nacht durch die Wälder streifen", schlug Leo vor.

„Du hast wohl Sehnsucht danach, einen zu killen, was?"

„Ist mir in Fleisch und Blut übergegangen", meinte er.

Doch Merlin war sich nicht sicher, ob er jagen konnte. Klar, wenn ein Vampir ihn angreifen würde, dann würde er sich verteidigen und ihn töten. Doch das herauszufordern, danach war ihm nicht. Er wollte Abstand von diesen verdammten Geschöpfen.

„Ich habe keine Lust. Wenn ihr gehen wollt, dann geht. Ich werde mir in der Dorftaverne etwas zu essen bestellen und mich entspannen", sagte er.

„Hast den Biss verloren, Merlin. Was ist denn passiert?"

„Nichts, ihr sagtet, das dies eine reine Vergnügungsreise ist. Dann haltet euch daran oder zieht los, aber ohne mich."

„Was immer derjenige, den du vergessen willst dir angetan hat", sagte Sergio „Er hat dich verändert."

„Nein. Ich brauche nur Abstand."

„Lass ihn in Ruhe, Sergio und nerve ihn nicht", sagte Hennessy, als sie von ihren Pferden stiegen „Er hat recht. Das hier ist eine Reise für Spaß und keine Jagd. Also belassen wir es dabei, es sei denn, wir werden wirklich angegriffen."

„Ja, gut."

Sie banden ihre Pferde an und gingen in die einfache Taverne. Da sie selten Besuch bekamen, sahen alle Männer sie interessiert an. Der Wirt sagte etwas in rumänisch.

„Wir verstehen sie nicht", sagte Merlin in englisch.

„Er sagt, das er nur ein Zimmer mit zwei Betten hat, aber noch zwei kleine dazu stellen könnte", sagte ein junger Mann und stand auf „Ich bin Avram und habe in England studiert", sagte er in englisch mit einem Akzent „Doch ich musste wieder nach Hause, weil mein Vater krank wurde und das Feld nicht bestellen konnte."

„Angenehm", sagte Merlin „Können sie ihn fragen, ob wir etwas zu essen bekommen können und Wein?"

Er nickte und redete einen Moment mit dem Wirt, dann wandte er sich wieder den vier zu.

„Sicher, auch ihre Pferde werden versorgt. Sie werden schon in den Stall gebracht. Setzen sie sich an den Tisch, er wird ihnen etwas bringen. Hammelfleisch mit Bohnen und Wein."

„Vielen Dank", sagte Merlin und sie setzten sich an den Tisch.

Erst jetzt wurde ihnen bewusst, das es ganz still in der Schenke war und jeder sie anblickte. Doch dann sagte Avram etwas auf rumänisch und sie widmeten sich wieder ihren Gesprächen.

„Darf ich mich zu ihnen setzen? Es kommt nicht oft vor, das Fremde kommen."

Sie boten ihm einen Platz an und er fragte.

„Kommen sie wegen den Geschichten. Manchmal kommen einige Touristen, um sich hier umzusehen. Diejenigen, die keine Furcht haben."

„Um was zu sehen?", fragte Leo.

„Das Schloss Bran. Es liegt hier ganz in der Nähe."

„Was ist denn so Besonderes an diesem Schloss?", wollte Leo wissen. Auch die anderen sahen ihn neugierig an.

Avram schaute sie verständnislos an.

„Bran, das Schloss von Vlad Tepes. Er ist angeblich der erste Vampir gewesen, der Urvater. Er hatte sich vor Gott versündigt, der ihn mit einem untoten, ewigen Leben bestrafte. Was ist? Nie von Vampiren gehört?"

Sergio grinste, er konnte es nicht verhindern. Es war irgendwie lustig.

„Hast du denn jemals einen gesehen?", fragte er. Avram schüttele den Kopf und bekreuzigte sich.

„Heilige Mutter, zum Glück nicht."

„Haben denn andere einen gesehen?"

„Wir gehen nachts nicht vor die Tür, denn dann streifen sie herum, auf der Jagd nach Blut", sagte er ehrfürchtig „Und nachts treiben sie sich in der Burg herum. Man sagt, selbst Tepes wäre noch dort."

„Der Urvampir?"

Er nickte hastig und der Wirt kam und stellte das Essen auf den Tisch. Es roch köstlich. Leo sah auf und zu dem jungen Mann.

„Dann wirst du uns den Weg beschreiben, aber jetzt essen wir erst. Komm später wieder."

Er nickte und stand auf, setzte sich wieder zu seinen Kumpels.

„Was sollte das denn?", fragte Sergio.

„Nun", grinste Leo „Wenn wir schon mal hier sind, werden wir dem Lord Tepes einen Besuch abstatten."

„Du glaubst doch nicht an diese Ammenmärchen, oder?"

„Nein, aber es wäre doch mal interessant, den ersten Vampir zu sehen. Vielleicht sterben alle, wenn wir ihn umlegen", grinste er.

„Du spinnst doch. Das sind Geschichten", sagte Sergio „Aber du hast recht. Wenn wir schon mal hier sind, dann sollten wir uns die schaurige Burg ansehen."

Alle nickten und begannen zu essen. Es schmeckte sehr gut und der Wirt brachte noch Wein, rot und wohlschmeckend. Dazu frisches, gebackenes Brot, das herrlich duftete und auch so schmeckte. Ausgehungert machten sich die vier über das Essen her.

„Sergio schnarcht", sagte Leo „Das werden furchtbare Nächte."

„Tu ich nicht. Du hörst dich selbst."

„Merlin, am besten schlafen wir im Stall, so wie das aussieht und lassen die beiden Knurrhähne allein, damit sie besser flirten können", sagte Hennessy belustigt.

„Vollidiot", kam die Antwort und alle kicherten.

Ach, was waren sie doch eine nette Truppe.



XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX



Merit war am Packen, als ihre Mutter in ihr Zimmer kam. Sie schüttelte den Kopf, als sie zu ihrer Tochter kam. Der ständige Streit mit ihrem Vater war wirklich etwas, was sie hasste. Am Anfang, wenn sie kam, war es immer wunderbar, doch mit der Zeit endete es dann meistens wie heute.

„Er ist wirklich furchtbar", sagte ihre Tochter „Und immer denkt er, er wäre im Recht."

„Er meint es nicht böse. Er hat Angst um dich, wenn du nicht hier bist."

„Ich weiß", antwortete sie „Doch er muss mal akzeptieren, das ich kein kleines Mädchen mehr bin. Ich bin erwachsen und kann selbst abschätzen, mit wem ich mich einlasse und mit wem nicht."

„Ja, er kann nicht aus seiner Haut und ich auch nicht. Auch wenn du jetzt erwachsen bist, bleibst du doch immer unser Mädchen."

„Sicher, ich werde es wohl besser verstehen, wenn ich eigene Kinder habe."

„Meine Rede", sagte ihre Mutter und reichte ihr einen Schal, den sie in die Tasche steckte.

„Kann ich dich mal etwas fragen, Mutter?"

„Sicher. Was willst du denn wissen?"

Sie runzelte die Stirn und setzte sich auf ihr Bett.

„Du hast mir vor langer Zeit mal von diesem Clan erzählt. Diese Geschichte, die nicht gut ausgegangen war."

Die ältere Frau lächelte, mehr aus dem Grund, das sich ihre Tochter noch daran erinnerte, was sie ihr abends am Bett manchmal erzählt hatte, bevor sie schlief. Es war wirklich schon lange her. Jetzt war ihr kleines Mädchen erwachsen.

„Ist nur eine Geschichte gewesen", sagte sie.

Merit sah sie an.

„Sie war nie geschehen? Hast du dir das ausgedacht?"

„Nein, nur weiß niemand mit Bestimmtheit, was damals wirklich passiert ist. Und wie mit allen Geschichten weiß man oft nicht, was wahr und nicht wahr ist, wenn sie schon so oft erzählt wurde."

„Egal, erzähl sie mir trotzdem wieder. Es handelte sich um einen mächtigen Hexenclan, ja?"

Sie nickte und setzte sich neben sie auf das Bett.

„Warum willst du das jetzt wissen?"

Sie winkte ab.

„Ach, nur so. Ich dachte darüber nach, wie es früher mit Vater war, als ich noch ein Kind war. Und da erinnerte ich mich an die Geschichten, die du mir abends immer erzählt hast, wenn ich im Bett lag", sie seufzte „Manchmal vermisse ich das wirklich."

Ihre Mutter lächelte und drückte ihre Hand.

„Ja, ich freute mich auch immer auf unsere kleine Zusammenkunft in den Abendstunden. Also gut."

„Es war einmal..."

„Mutter, nicht in der Kinderform. Ich denke, darüber sind wir hinaus, oder? Es hört sich jetzt einfach...seltsam an."

Sie lachte.

„Wahrscheinlich hast du recht. Okay, die Geschichte handelte von einem mächtigen Hexenclan. Und so wie die Leute erzählten, war er wohl der Mächtigste, der es in Bezug auf Magie gab. Und so wie das oft ist, waren die meisten von ihnen sehr von sich überzeugt und eingebildet. Und strebten immer nach mehr Macht. Es kam soweit, das einer den anderen übertrumpfen wollte und dadurch Misstrauen, Neid und Hass entstanden.

„Das heißt, das nicht alle gleich stark waren?", wandte Merit ein. Sie schüttelte den Kopf.

„Ist es nie. Auch bei uns nicht. Es ist eine Frage der Abstammung. Da dein Vater und auch ich starke Magie haben, hast du sie auch. Und das sind überwiegend diejenige, die auch anführen. Dein Vater ist nur so streng, weil er dich darauf vorbereiten will, einmal unser Erbe zu übernehmen. Es ist schon eine Verantwortung, einen Clan zu führen und eigentlich will er nur, das du soweit bist, wenn das der Fall ist. Und das du einen Partner an deiner Seite hast, der diese Aufgabe auch gewissenhaft übernimmt. Denn wenn du dich auf ihn verlassen kannst, dann bist du nie allein."

„Ja, ich weiß", antwortete Merit „Doch manchmal hat er eine komische Art, das rüber zubringen. Erzähl weiter. Wie hieß denn dieser Clan?"

„Er nannte sich Silver Lunera. Ein sehr mächtiger Clan, der Hexen und Hexer beinhaltete. Die Anführer, so sagte man, waren ein relativ junges Paar noch, doch sie hatten beide sehr viel Magie. Wohl waren sie die Mächtigsten, wenn sie anführten. Der Mann übernahm die Führung, als sein Vater zu Tode kam und heiratete das Mädchen, das er liebte. Zusammen führten sie den Clan, waren gut und gerecht. Doch es gab immer welche, die nach der Führung, nach der Macht strebten und alles dafür tun würden. Hier bei uns gibt es das auch, doch dein Vater hat das im Griff. Meistens sind es junge Hexer, die ihre Mädchen beeindrucken wollen und sich ducken, wenn dein Vater durchgreift. Anders bei dem Clan Silver Lunera."

„Was ist passiert?"

„Es gab jemand, der gegen die Führung war und viele Anhänger hatte. Nach den Erzählungen war es die Schwester des Anführers. Auch sie hatte viel Macht, doch die Führung ging immer an den Erstgeborenen. Sie fand das wohl nicht gerecht. Das ihr Bruder alles bekam, Macht, Ansehen und das Mädchen, das er liebte. Sie hasste ihn für das und die Schmach, die sie erdulden musste. Also stellte sie sich gegen ihn und es gab einen fürchterlichen Kampf um die Macht. Der Clan teilte sich in zwei Gruppen und sie bekämpften sich bis auf den Tod."

„Hat das Paar gewonnen?", fragte Merit.

„Nein, nicht wirklich. Bruder und Schwester standen sich gegenüber, als der Kampf seinen Höhepunkt erreichte. Der Bruder war am verlieren, denn er wollte nicht wirklich seine Schwester töten, doch sie schon. Verblendet vom Hass und von der Gier, schleuderte sie ihm ihre Magie entgegen, die nicht minder mächtig war, als die von ihrem Bruder. Sie wollte ihn töten und auch seine Frau. Doch bevor sie das in die Tat umsetzen konnte, griff die junge Frau ihres Bruders ein und verletzte sie so sehr mit Magie, das sie entstellt war und auch Magie konnte das nicht mehr richten. Die feindliche Seite dominierte und das Paar musste fliehen. Doch die böse, verletzte Schwester schrie ihnen noch entgegen, das sie sich furchtbar rächen würde und auch an ihren Kindern und Kindeskindern. Sie schwor, ihre Blutlinie auszulöschen."

„Hat sie es geschafft?"

Ihre Mutter schüttelte den Kopf.

„Das weiß niemand. Und niemand weiß, ob diese Geschichte wahr ist, denn diejenigen, die das alles überlebt hatten, verschwanden spurlos. Auch die Schwester."

„Und das junge Paar?"

„Auch sie verschwanden spurlos. Niemand hat sie seitdem gesehen. Vielleicht sind sie lange tot", sie zuckte die Schultern „Wer weiß. Aber das ist nur eine Geschichte und niemand kann wirklich bezeugen, das dies alles so passiert ist. Ich denke, es ist eine Legende oder dient zur Abschreckung für andere Hexenclans, das ihnen so etwas nicht passiert."

„Mutter, ich..."

„Was denn?"

Merit stand auf und packte weiter.

„Ach nichts. Bist du auch zornig, das ich gehe?"

„Nein, geh deinen Weg. Und du kommst ja wieder. Habe noch so viel Spaß wie du willst, denn später wird es ernst, wenn du deinen Vater ablöst. Du bist unser einziges Kind."

„Ja, aber ich werde bestimmt nicht so wie Vater, der alte Griesgram. An allem hat er etwas auszusetzen, nichts kann ich ihm recht machen."

Ihre Mutter nahm sie in den Arm.

„Er hatte es nicht immer leicht. Der Tod seiner Eltern durch Vampire hatte ihm sehr zugesetzt. Später starben auch meine Eltern bei dem Schiffsunglück. Sie waren zu alt, um rechtzeitig aus der Kabine zu kommen", sie ließ Merit los „Nicht viele von uns erreichen die Unsterblichkeit. Auch ich und dein Vater nicht, doch du hast genug Macht dazu. Das Blut der Ahnen fließt durch dich, stärker als in mir oder deinem Vater. Also pass auf dich auf, denn wenn du auch unsterblich bist, kannst du dennoch durch äußere Einflüsse sterben."

„Ich weiß und ich werde acht geben."

Ihre Mutter küsste sie auf die Wange.

„Melde dich mal und...gute Reise."

„Danke."

Dann ging sie und eine Stunde später war Merit unterwegs. Sie hatte sich von ihrem Vater verabschiedet, doch er hatte nur grimmig genickt und nichts gesagt.

Sie mochte es nicht, sich im Streit mit ihm zu trennen, doch sie musste unbedingt zu Serena.



Dunkles SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt