Dunkles Schicksal
Kapitel 86
Der Schütze ließ die Armbrust fallen, griff sich mit großen, erschreckten Augen an seine Kehle, die Lance mit einem Wisch seiner scharfen Fingernägel zerfetzt hatte. Blut sprudelte aus der Halsschlagader und er wusste, das es vorbei war, als er zu Boden sank. Lance drehte sich um und schaute zu Sethos, der erstarrt noch an der gleichen Stelle stand und fassungslos zu Merlin starrte. Lance folgte seinem Blick und seine Augen wurden groß, denn...
Alles ging in Sekunden Bruchteilen vor sich. Der Schütze, der sich angeschlichen hatte und schoss; Lance, der als Erster reagierte und ihn tötete; Sethos, der auch nicht schnell genug reagieren konnte, weil niemand damit gerechnet hatte; Merlin, der das Ziel war und Arthur.
Arthur reagierte noch schneller wie Lance und er stand unmittelbar neben Merlin. Der Hexer hörte Arthur schreien.
„Merlin...Pass auf!"
Doch Merlin hätte wahrscheinlich noch langsamer reagiert und der Pfeil hätte sein Ziel mit tödlicher Präzision getroffen. Hätte! Doch er traf nicht Merlin. Arthur stand vor Merlin; er war atemberaubend schnell vor Merlin gesprungen, um ihn zu schützen. Der Pfeil traf Arthur mit Zielgenauigkeit in sein Herz. Er keuchte auf, als der Silberpfeil ihn traf und sah ungläubig auf seine Brust, dann zu Sethos und Lance, die ihn geschockt ansahen. Er drehte sich schwankend zu Merlin um und der Hexer starrte entsetzt auf seine Brust, aus der der Pfeil ragte.
„Merlin", keuchte Arthur und brach zusammen.
Langsam begann er zu altern und was alle so schockten; ein Silberpfahl im Herz war tödlich. Merlin fiel neben ihm auf die Knie und schüttelte immer wieder den Kopf.
„Nein...Nein...Nein", rief er. Arthur hob die Hand; seine Haut veränderte sich.
„Es...Es tut mir leid...Merlin."
Arthur schloss er seine Augen. Er würde vor Merlin in Nichts zerfallen. Merlin sah auf ihn hinab und wie er sich veränderte. Er griff sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an seinen Kopf und schrie wild und schmerzvoll, auch verzweifelt.
„Neeeiiiinnn!"
Plötzlich stand alles still. Arthur, der im Sterben lag. Lance, der schien als wäre er noch weißer im Gesicht. Sethos, der aussah, als würde er das alles nicht glauben. Malcolm, dessen Blut aus seinem Hals wie eingefroren wirkte. Die Uhr, die nicht mehr tickte und stillstand. Kein Wind...Kein einziger Laut.
Die Zeit stand still.
Doch nicht für Merlin.
Der Hexer stand langsam auf und schaute sich total verwirrt um. Sah zu seinen Freunden, die wie Puppen wirkten, in ihrer Bewegung erstarrt. Was war passiert?
Die Zeit stand still, doch nicht für ihn. Das war Merlin klar, als er zur Uhr sah, dessen Sekundenzeiger stillstand. Er sah auf den sterbenden Arthur herunter. Das war eine magische Kraft von Arthur, nicht seine. Merlin hatte noch nie mit der Zeit experimentiert. Er vergaß nicht die Worte von Serena, die ihn gewarnt hatte, mit der Zeit zu spielen. Also? Was war passiert?
Seine Gedanken in seinem Kopf schlugen Salto. Es konnte nicht Arthur sein, denn dann wäre er bewegungslos. Zumal Arthur nicht in der Lage war, auf seine Kräfte zurückzugreifen. Er lag im Sterben. Er konnte es nicht sein. Sethos hatte keine Zeitkräfte, so wenig wie Lance. Der ägyptische Vampir sagte mal, das Zeitkräfte so selten waren wie ein Lottogewinn. Ein Anflug von Panik überrollte ihn, zumal er nicht wusste, was hier geschah. Doch jetzt auszurasten, half ihm nicht wirklich, also sagte er leise zu sich selbst.
„Okay. Bleib ruhig, Merlin. Denk nach. Nur keine Panik."
Wieder sah er zu Arthur und er kniete sich neben ihn. Er würde Arthur verlieren; jetzt und für immer. Der Schmerz in seinem Herz war unbeschreiblich, raubte ihm die Luft zum Atmen. Er sah zur Decke und stöhnte gequält auf, doch dann erstarrte er. Ihm kam gerade eine Idee. Arthur konnte nicht sterben; nicht bevor die Zeit wieder floss und das war eine einmalige Chance. Er könnte ihn vielleicht retten. Es war eine kleine, klitzekleine Hoffnung, die aus seinem gequälten Herz sprach. Wenn Arthur nicht mehr hier auf Erden wäre, wenn er ihn nie wieder sehen könnte...
Er wollte das nicht zu Ende denken und er wusste, er könnte das nie verkraften. Wieder sah er auf den sterbenden Vampir und nickte, als wäre das was er vorhatte, die einzige Option, die er noch hatte. Er würde ihn nicht verlieren, nicht heute. Und wenn doch?
„Hör auf. Denk positiv", sagte er leise.
Merlin griff nach dem Pfeil und zog ihn sehr vorsichtig heraus. Es blutete nicht, denn alles stand still. Er riss sein Seitenhemd auf, so das die Knöpfe wegflogen und sah auf das Loch in seiner Brust. Er musste Arthur heilen; sein verletztes Herz heilen. Doch er wusste, das er tödliche Verletzungen bei Menschen nicht heilen konnte. Etwas, worüber er froh war, denn er wollte nicht allmächtig sein. Das fand er nicht richtig. Da gab es Grenzen und das war gut so.
Doch Arthur war kein Mensch. Er war ein Vampir und er war schon tot. Seine Existenz basierte auf Blut, nicht auf Nahrung und Wasser oder Luft wie bei Menschen. Sein Herz schlug nicht mehr. Er konnte keinen normalen Tod sterben, sondern nur aufhören zu existieren. Und er war auf eine gewisse Art ein magisches Wesen. Er lebte, obwohl er gestorben ist und er hatte Kräfte, die magisch waren. Was wäre, wenn Merlin ihn heilen könnte? Er wich sehr von normalen Menschen ab, die im Sterben lagen. Solange die Zeit stillstand, starb Arthur nicht. Er war in der Zeit eingefroren wie alles andere auch. Was immer das ausgelöst hatte, Merlin war unendlich froh dafür. Es verschaffte ihm...Zeit. Die reinste Ironie.
Zittrig legte er den Pfeil auf den Boden; seine Nerven am Ende. Dort vor ihm lag der Mann, den er so liebte und er würde ihn verlieren. Für immer. Wenn er es nicht schaffte, ihn zu heilen. Er wusste nicht, ob es funktionieren würde, doch jede Faser in seinem Herz betete, hoffte, das es so war. Wieder wurde er sich bewusst, wie sehr er dieses Wesen liebte und schüttelte den Kopf. Er hatte sich mit Dante etwas vorgemacht und alle wussten es, selbst Dante. Und wenn er ehrlich war, wusste er es auch, doch er wollte das mit aller Macht ignorieren. Arthur war sein Glück und sein Fluch zugleich. Und ihn für immer zu verlieren war keine Option.
„Konzentriere dich, Idiot", beschimpfte er sich selbst „Du kannst es schaffen. Nur nichts falsch machen."
Zitternd legte er seine Hände auf die Wunde. Doch er nahm sie wieder weg und stand auf. Ihm kam eine Idee und er sah sich um, entdeckte den Brieföffner auf dem Schreibtisch, der spitz und aus Metall war. Hexenblut war mächtig; seine Magie war in seinem Blut. Der Vollidiot Malcolm suchte in seinem Bauch, dabei war es doch glasklar. Merlins Magie war in seinem Blut. Jahrhunderte, bevor er geboren wurde und von Generation zu Generation weitergegeben und angereichert mit noch mehr Magie; in all der Zeit. Er ging zurück zu Arthur und kniete sich wieder neben ihn. Er nahm den Brieföffner und stach sich in sein Handgelenk. Rotes Blut quoll heraus, denn er war nicht in der Zeit gefangen. Merlin handelte rein intuitiv. Sein Blut tropfte auf die Wunde, sickerte ins Innere. Als es genug war, legte er wieder seine Hände auf die Wunde und schloss seine Augen, rief die Macht in ihm. Und er sagte leise, als er sie wieder öffnete.
„Bitte, lass mich ihn heilen. Ich muss es schaffen. Ich muss."
Und seine Magie gehorchte; er fühlte sie, wie sie durch seinen Körper floss; mächtig und konstant. Er begann in einer fremden Sprache zu sprechen. Er rief die Geister seiner Vorfahren und flehte sie an, ihm beizustehen, ihm Kraft zu geben...Macht. Er begann Beschwörungen, leise, doch stetig anschwellend. Schatten tauchten plötzlich um ihn herum auf, während er mächtige Magie rief. Sie schienen ein Eigenleben zu haben, so als würden sie um Merlin herumtanzen. Merlin sah es; doch er konzentrierte sich ganz auf seine Magie.
Und sie wurde stark. Er hatte das Gefühl, das sie Kraft bekam, mit jedem Wort, was er sprach. So als würde sie eine unerschöpfliche Quelle haben.
Seine Hände leuchteten weiß auf, als er die Beschwörung sprach. Leise und immer lauter sprach er die Worte, die er jetzt fast schrie. Beschwörend...Machtvoll. Arthurs Brust, dort wo sein Herz war, begann zu leuchten, so wie Merlins Hände, die unentwegt machtvolle Magie an Arthur abgaben. Merlin hatte seine Augen jetzt geschlossen, doch würde er sie öffnen, wären sie schwarz wie die Nacht.
Die Wunde in Arthurs Herz schloss sich langsam, wurde versiegelt von Merlins Blut. Merlin konnte das nicht sehen, doch er fühlte es. Noch immer beschwor er die Magie; Schweißperlen standen auf seiner Stirn, als er seine Macht in Arthur fließen ließ. Jetzt öffnete er seine Augen und sah auf die Wunde, sah wie sich neues Fleisch, neue Haut bildete. Langsam verblasste die hässliche Wunde und sah bald aus, als wäre nichts geschehen. Merlin nahm seine Hände weg und sackte neben Arthur zusammen.
Die Schatten waren fort und er hörte ein leises Flüstern von mehreren, das leiser wurde. Doch er hörte eindeutig heraus, wie er ein leises Merlin hörte. Er schüttelte den Kopf, um ihn frei zu bekommen. Er war erschöpft und schrieb das seinem Zustand zu. Eine Täuschung.
Noch immer schien Arthur zu altern, doch in diesem Moment in der Zeit eingefroren. Was würde passieren, wenn sie nicht mehr still stand? Merlin stand auf und sah sich um. Was hatte das ausgelöst? Er wusste es nicht, aber er fragte sich, wann dieser Zustand wieder normal wurde. Er schwankte; er war erschöpft und musste sich an dem Tisch festhalten. Wieder sah er zu Arthur und hoffte, er hatte erreicht, was er wollte.
Der Gedanke, das Arthur vor seinen Augen langsam zu Staub verfiel, verursachte in ihm Übelkeit und sein Herz krampfte sich schmerzlich zusammen. Bitte nicht. Sein Tod könnte er nicht mitansehen oder verkraften. Er kniete sich wieder neben ihn und fuhr ihm zärtlich durch sein Haar.
„Bitte...Stirb nicht", sagte er leise.
Ihm wurde übel und schwindelig und er setzte sich neben Arthur auf den Boden. Er wusste nicht, wie lange dieser Zustand anhielt. Schwäche überkam ihn und dann hörte er Sethos schreien.
„Merlin."
Merlin sah hoch. Alles war wieder in Bewegung. Der Schütze sank endgültig tot zu Boden. Lance stand immer noch neben ihm und starrte die ganze Szene mit Entsetzen an. Merlin sah zu Arthur und...
Arthur veränderte sich. Seine Haut und sein Aussehen wurden wieder jung, so wie ihn alle kannten. Doch er war sehr blass, noch blasser als er es schon für gewöhnlich war. Sethos kam angestürzt und schaute Arthur fassungslos an.
„Wie? Was? Wie...Wie ist das möglich?", fragte er total verwirrt „Was zum Teufel...Das war Silber. Reines Silber in seinem Herz."
Merlin antwortete nicht. Was er getan und was er erlebt hatte, war ein Rätsel. Er konnte es selbst fast nicht glauben.
Jeder hatte gesehen, das Arthurs Herz mit einem puren Silberpfeil getroffen wurde. Und wie Arthur begann zu erlöschen. Doch nun lag der blutige Pfeil neben ihm und keine Wunde zu sehen. Abgesehen davon, das der Vampir sich erholte und in altem Glanz erstrahlte, wenn er auch nicht aufwachte. Lance kam ungläubig näher. Auch er nicht in der Lage, das alles zu verstehen. Beide sahen nun Merlin an. Sie wollten Antworten.
„Ich...Ich weiß es nicht", sagte der Hexer schließlich leise „Ich weiß nicht, was eben passiert ist. Ich weiß nur, das Arthur nicht stirbt", sagte er und Erleichterung war in seiner Stimme zu hören „Die Zeit...sie läuft wieder."
„Was? Was meinst du?", fragte Sethos.
Merlin schien verwirrt. Er faselte unsinnige Dinge. Lance sagte jetzt.
„Wir müssen hier weg. Es ist spät und der Morgen kommt. Und wir sollten das Haus durchsuchen und alle eliminieren."
Sethos nickte und musterte Lance. Er kannte ihn schon lange und er hatte sich verändert. Der Vampir, der immer sehr vorsichtig war, Stunden vor Sonnenaufgang zu Hause war und Arthur immer abriet, wenn er etwas Gefährliches tun wollte, war ein richtiger Draufgänger geworden. Allein schon, wie professionell er den Schützen tötete und jeder, der ihm im Weg gestanden hatte. Tja, was Liebe so alles bewirken konnte. Obwohl es nicht nur an der forschen Hexe lag. Er hatte Verantwortung übernommen und musste den Clan führen. Wo er zuvor passiv war, war er jetzt sehr aktiv und Sethos gefiel er in dieser Rolle besser. Er wandte sich an Merlin.
„Du bleibst bei Arthur. Geht es dir nicht gut? Du bist so blass, Merlin."
Merlin sah hoch und Sethos bemerkte den Schweiß auf seiner Stirn, doch Merlin nickte.
„Alles gut. Geht."
Die beiden Vampire verschwanden blitzschnell und durchsuchten das Haus. Merlin sah auf Arthur hinab und sagte wieder leise.
„Ja, jetzt ist alles gut."
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Sie kamen bald zurück, hatten hier und da noch Menschen gefunden, die sie für immer zum Schweigen brachten. Lance wischte sich das Blut an seinem Mund weg und sah aus dem Fenster. Was sowieso egal war, weil sein weißes Hemd voller Blut war. Sethos eher nicht, er hatte mit Telekinese getötet und sah wie immer perfekt aus.
„Sethos."
Der Vampir drehte sich um und folgte seinem Blick. Es wurde draußen heller.
„Wir schaffen es nicht zurück."
„Dann müssen wir uns hier verschanzen", sagte Sethos und horchte auf, als er ein Auto kommen hörte. Er ging zum Fenster und sagte.
„Polizei. Was suchen sie hier?"
„Wie weit ist diese Stadt weg?", fragte Lance.
„Mit dem Auto? Vielleicht eine Viertelstunde. Warum?"
„Vielleicht hat jemand die Leichen draußen gesehen. Oder Malcolm hatte sie gebeten, ab und an vorbeizuschauen. Schließlich war er auf der Flucht vor uns. Sie werden die kopflosen Leichen finden", meinte Lance „Wir können hier nicht bleiben. Und raus können wir auch nicht. Scheiße. Was machen wir jetzt?"
Merlin stand auf und sagte müde.
„Ich öffne ein Portal nach Hause."
Lance kam auf ihn zu und musterte ihn.
„Ich weiß nicht, warum du so erschöpft bist, aber Maria sagte mir, das es meistens schief geht, wenn man sich nicht genug konzentrieren kann. Sie erzählte mir etwas von Monsterspinnen in einer anderen Dimension. Ich habe keine Lust, denen einen Besuch abzustatten."
„Es könnte uns noch schlimmer treffen", sagte Merlin leise „Es gibt wesentlich Schlimmeres dort in den Dimensionen als Spinnen."
„Wir haben keine Wahl. Wenn wir hierbleiben, schleppen uns die Polizisten auf das Revier und bald ist Sonnenaufgang. Das würde bis auf dich eine kurze Festnahme werden, Merlin", sagte jetzt Sethos „Und ich will ungern Polizisten umlegen; sie kämpfen eigentlich für das Gute. Tu es, zumal Arthur Hilfe braucht und Blut...viel Blut."
„Na klasse", sagte Lance „Entweder sehe ich gleich meine Hexe oder irgendwelche Monster. Hoffentlich das Erste. Ich gehe doch mal davon aus, das du uns zu Serena bringst. Oder?"
Merlin nickte. Er sprach erschöpft und auch monoton. Irgendwie war er nicht in Ordnung.
„Ich bin nicht auf der Höhe und New Orleans ist mir am vertrautesten. Wenn wir es schaffen, dann dorthin. Wenn nicht, landen wir irgendwo anders. Vielleicht in einer der Monster Dimensionen oder auch, wenn wir Glück haben, in einer die wunderschön ist. Die gibt es auch."
„Ich ziehe New Orleans vor", sagte Lance.
„Halt jetzt den Mund und macht voran. Die sind gleich hier drin", rief Sethos und nahm Arthur auf seine Arme „Ich setzte dich ungern unter Druck, Merlin. Aber wir müssen hier weg."
Merlin hob die Hände, konzentrierte sich auf New Orleans. Mit all seiner Kraft und Macht konzentrierte er sich, obwohl er sich fühlte, als wäre ein Sattelschlepper über ihn gefahren. Das Arthur es wieder besser geht, wenn er schnell nach Hause käme, beflügelte ihn und gab ihm neue Energie. Langsam öffnete sich das Portal, als die Polizisten klopften und riefen. Lance starrte ihn sprachlos an, so wie Sethos. Sie hatten das noch nie gesehen. Merlin drehte sich um und nickte müde.
„Na dann. Monster oder Zuhause. Ist wie ein Glücksspiel."
„Toll", meinte Lance sarkastisch und folgte Merlin, während Sethos Arthur festhielt und ihnen folgte.
Hinter ihm schloss sich das Portal in dem Moment, als die Polizisten die Tür aufbrachen. Und Sethos atmete auf, als er Serenas Wohnzimmer erkannte. Es war ein Uhr in der Nacht in den Staaten und Noel wie Trystan schauten sie erstaunt an. Sie saßen auf dem Sofa und unterhielten sich. Noel sprang auf, als er Arthur sah, den Sethos jetzt auf das Sofa legte.
„Was ist passiert?", fragte er.
„Das glaubst du niemals", antwortete Lance „Ich glaube es selber nicht und ich war dabei."
„Nach diesem blauen...Was auch immer es war und ihr da heraus kamt, bin ich sehr versucht, es zu glauben. Egal was du sagst", sagte Noel.
„Wir brauchen Blut und viel. Arthur braucht eine Infusion", sagte jetzt Sethos „Das hat Vorrang. Alles andere haben wir überstanden und ich bin...Egal, kümmert euch um Arthur."
Noel war weg, bevor er ausgeredet hatte und wieder da, bevor Trystan fragen konnte, wo er hin ist. Er hielt Blutbeutel, eine Nadel und einen kleinen Schlauch in der Hand und grinste.
„Wie immer habe ich sämtliche Notfallsachen dabei, wenn ich reise. Außer das Blut, das stammt von hier", sagte er, während er an Arthur arbeitete. Er legte gekonnt eine Infusion, jeder Handschlag sitzte, als würde er nichts anderes tun.
Das war nichts Neues für ihn. Das hatte er ständig getan, wenn Arthur so schwer verletzt von Alexej kam. Um ihn zu heilen, denn er hatte immer sehr viel Blut verloren.
„Ich sehe keine Wunde an ihm. Was ist passiert?", fragte er wieder.
Lance und Sethos schwiegen, tranken stillschweigend ihre harten Drinks, die sie jetzt brauchten. Merlin stand schweigend neben dem Sofa. Er machte einen verwirrten Eindruck.
Sie mussten sich erst selbst klar werden, was sie gesehen hatten. Ein Vampir, der tödlich getroffen wurde und anfing zu zerfallen. Und plötzlich nicht mehr. Er sah normal aus und hatte keinerlei Wunden.
Doch beide hatten den Pfeil in seinem Herz gesehen. Sie waren nicht verrückt. Lance sah zu Merlin, der weiß wie die Wand und mit einem verstörten Gesichtsausdruck neben dem Sofa stand.
Nur er konnte dieses Rätsel auflösen, dessen war Lance sich sicher.
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Maria kam mit Serena herein und stürzte in Lances Arme, küsste ihn, bevor sie Merlin ansah. Besorgt ging sie zu ihm und sagte sanft.
„Merlin? Alles in Ordnung?"
„Ich hätte ihn beinahe verloren", sagte er leise, als er auf Arthur hinab sah „Ich hätte ihn beinahe verloren."
„Was ist denn passiert? Du siehst furchtbar aus."
Merlin sah sie an, dunkle Ringe unter seinen Augen und sehr blass.
„Ich...weiß es nicht."
„Was? Wieso?"
„Maria", sagte jetzt Serena, die Merlin beobachtet hatte „Lass ihn."
„Aber..."
„Nein, lass ihn in Ruhe", sagte sie und sah Maria wissend an.
Sie nickte, nachdem sie nochmal einen Blick auf ihren Bruder warf. Irgendetwas hatte ihn ausgelaugt. Nur so konnte sie das beschreiben. Selbst Lance und Sethos waren verdächtig still und schienen die Bar leerzutrinken. Irgendetwas war vorgefallen, was alle geschockt hatte und was war mit Arthur passiert? Er sah nicht aus, als wäre er verletzt. Serena wandte sich an Sethos.
„Bring Arthur nach unten in den Keller. Ihr könnt auch dort bleiben oder eines der Zimmern nehmen und die Rollläden schließen. Ihr seht aus, als bräuchtet ihr alle eine Auszeit."
Sethos nickte und nahm Arthur hoch. Noel folgte ihm und hielt die Infusion an seinem Platz. Lance nahm sich eine Flasche Wodka und folgte ihnen. Maria wollte ihm nach, doch Serena hielt sie fest.
„Lass ihm etwas Zeit."
Maria sah ihm nach, aber nickte.
„Du hast recht."
Merlin stand immer noch neben dem Sofa und Serena wandte sich ihm zu. Er machte ihr Sorgen, denn so hatte sie ihn noch nie gesehen. Ohne den Blick von dem Hexer zu nehmen, sagte sie nun.
„Lasst uns bitte allein. Alle."
Trystan stand auf und ging hinaus. Maria folgte ihm, nachdem sie einen Blick auf Merlin warf und Serena. Dann waren die beiden allein. Serena ging zur Bar und machte einen doppelten Brandy. Sie ging zu Merlin und reichte ihm das Glas.
„Trink. Wird dir guttun."
Als Merlin die Hand ausstreckte, zitterte sie sehr, was Serena bemerkte. Sie sah ihn sorgenvoll an, als er einen Schluck zittrig nahm. Was hatte den Hexer so aus der Bahn geworfen? Doch Serena drängte ihn nicht wie die anderen. Sie blieb einfach neben ihm stehen und wartete, bis er genug getrunken hatte und bereit war zu reden. Schließlich sah Merlin sie an.
„Ich hätte heute beinahe Arthur verloren", sagte er „Ich weiß, das wir Probleme haben, massive Probleme, doch heute...Heute wurde mir bewusst, das ich ihn beinahe verloren hätte. Für immer. Als ich ihn dort liegen sah und er anfing...dahinzuwelken; ich hatte das Gefühl...", er sah Serena mit Tränen in den Augen an und schüttelte den Kopf „Alles kam mir sinnlos vor...in diesem Moment...war alles sinnlos."
„Doch wieso passierte das?", fragte sie. Er trank noch einen Schluck und starrte auf den Boden, als er weitersprach.
„Wir hatten die Wachen ausgeschaltet und ich war im Haus. Ich zwang Malcolm, die Vampire hereinzubitten. Wir haben ihn ausgeschaltet; für immer. Doch als wir gehen wollten...Keiner von uns achtete auf die Umgebung. Wir waren ja so überlegen. Was mussten wir noch aufpassen? Einer der Wachen muss sich im Haus versteckt haben und schlich sich mit einer Armbrust an. Wir sahen ihn zu spät, als er einen Silberpfeil abschoss und ich war sein Ziel."
Er schwieg und trank noch Brandy. Serena ließ ihm die Zeit.
„Keiner konnte reagieren, nicht so schnell. Außer Arthur. Er stand plötzlich vor mir und der Pfeil traf ihn. Mitten in sein Herz."
Serena legte eine Hand an ihren Mund vor Entsetzen. Sie wusste nur zu genau, was das hieß. Ein Silberpfeil in das Herz eines Vampirs war das Ende von jedem Vampir, egal wie mächtig er war. Merlin schaute sie jetzt an, ein zorniger Blick in seinen Augen.
„Er wollte mich schützen. Dieser sture, unverschämte Vampir stellte sich vor mich in die Feuerlinie und kassierte den Pfeil für mich."
„Er liebt dich, Merlin."
„Aber das berechnet ihn nicht, sich vor mich zu stellen. Der Pfeil hätte mich vielleicht nicht so schlimm getroffen."
„Das weißt du nicht. Ich gehe mal davon aus, das Malcolm keine Loser, die ihr Ziel verfehlen eingestellt hatte. Das waren ausgebildete Söldner. Was passierte dann?"
Merlin lachte bitter auf.
„Dann wurde es wirklich schräg und noch immer habe ich keine Erklärung dafür."
„Arthur hatte keine Wunden, erst recht nicht am Herz", sagte Serena. Er nickte abwesend.
„Zuvor schon und er alterte. Er verfiel vor meinen Augen. Ich kniete neben ihm und ich dachte...Ich dachte, das ich innerlich sterbe. Ich schrie und schrie und hielt verzweifelt seine Hand, die sich veränderte. Ich hatte das Gefühl zu sterben, bekam keine Luft und dann...Dann stand die Zeit still. Alles stand still...", er sah Serena an „Außer ich."
„Was?", hauchte Serena atemlos „Wie ist das möglich?"
Merlin schüttelte den Kopf.
„Ich weiß es nicht. Das ist normalerweise Arthurs Kraft, doch er war zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr bei sich. Er starb. Und ich weiß, das nur er sich bewegen kann, wenn er seine Zeitkraft aktiviert. Aber alles stand still, außer ich."
„Hast du mit der Zeit versucht zu hexen, Merlin?"
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, noch nie. Du sagtest, das es gefährlich ist und ich ließ es. Durch das Portal zu gehen ist schon nicht ungefährlich. Da traute ich mich nicht ran."
Serena ging ein paar Schritte, doch kam zurück und fragte.
„Und wieso lebt Arthur noch?"
Merlin kicherte, es klang etwas verrückt.
„Wenn das schräg war, dann wird es jetzt abgefahren. Ich war verwirrt, wusste nicht was geschah; hatte keine Erklärung. Doch ich wusste, das Arthur nicht starb, solange die Zeit stillstand und mir wurde mit einem Schlag klar, was ich hatte", er schaute Serena an „Zeit. Eine Galgenfrist...Ist das nicht die reinste Ironie überhaupt?"
„Du...", Serena hatte Schwierigkeiten es zu fragen, weil sie sich das einfach nicht vorstellen konnte. Doch sie musste es wissen. „Du hast ihn geheilt?"
Merlin nickte.
„Ich musste es versuchen. Ich war so verzweifelt und ich hatte Panik. Ich verlor Arthur."
„Wie?"
Er sah sie an.
„Und jetzt wird es wirklich gruselig. Ich zog den Pfeil heraus und öffnete sein Hemd. Ich weiß, das ich keine Menschen heilen kann, die tödlich getroffen sind, doch Arthur war kein Mensch. Er war ein Vampir und schon gestorben. Er war tot und daran klammerte ich mich. Ich...Ich tat etwas, was ich zuvor noch nie getan habe und...", er schaute sie wieder an „Ich wusste nicht, das ich diese Worte überhaupt sagen konnte. Diese Sprache...ich kannte sie nicht. Und doch wusste ich, was ich sage."
Serena öffnete vor Überraschung den Mund, schloss ihn wieder, als er weitersprach.
„Ich beschwor meine Vorfahren, mir beizustehen; mir Kraft und Macht zu geben, um Arthur zu retten. Ich legte meine Hände auf seine Wunde, nachdem ich mein Blut in seine Verletzung hineinfließen ließ und begann mit diesen Beschwörungen. Meine Hände leuchteten auf und Arthurs Brust leuchtete, als ich diese Worte schrie."
Er trank einen Schluck Brandy und schaute sie an.
„Und jetzt wird es unheimlich. Plötzlich waren da Schatten, die um mich und Arthur herumtanzten, als hätten sie ein Eigenleben. Und ich schwöre dir, Serena...Ich hörte Geflüster. Oder ich habe mir das wirklich eingebildet, aber das glaube ich nicht. Und Arthurs tödliche Wunde begann sich zu schließen", er hob die Hand, machte eine Faust „Ich spürte diese Macht, die unerschöpflich war, durch mich floss und Arthur heilte. Diese Kraft...Ich hatte das noch nie zuvor so gespürt. Als Arthurs Wunde weg war, verblasste der Hexenzauber. Doch ich hörte immer noch Geflüster und ich bin mir sicher, das jemand...Merlin sagte. Ich war erschöpft; bin es noch und sackte neben Arthur zusammen. Mir wurde schwindelig und plötzlich hörte ich Sethos schreien. Alles war wieder normal. Ich schuf mit letzter Kraft ein Portal; wir mussten weg."
Serena starrte ihn nur an, bis Merlin sagte.
„Klingt verrückt, was? Aber genauso hat es sich abgespielt."
„Sicher", sagte sie „Denn Arthur lebt. Ich glaube dir."
„Was ist dort geschehen, Serena?"
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich weiß es nicht, aber ich werde in meiner Büchersammlung nachschlagen und ich werde etwas finden. Ich habe sehr alte Bücher mit mächtiger Magie, längst vergessene mächtige Magie. Ich werde nachsehen. Deshalb sind Sethos und Lance so verstört. Für sie sah das anders aus."
Merlin nickte.
„Ja, sie sahen, das Arthur starb. Mit dem Pfeil in der Brust zusammenbrach und dann sahen sie ihn dort liegen...ohne eine Verletzung. Das sie an ihrem Verstand zweifeln, verstehe ich. Sie waren in der Zeit gefangen, bekamen nichts mit. Erst als alles wieder normal lief."
„Doch wer hatte das ausgelöst?"
„Ich habe keine Ahnung", sagte Merlin „Ich weiß nur, das Arthur es nicht war. Und auch Lance und Sethos nicht."
Merlin stellte das Glas ab, er schwankte und Serena sagte.
„Oh...Oh, du bist mehr als nur erschöpft. Ich schlage vor, das du auf dein Zimmer gehst und dich hinlegst. Wir kümmern uns um Arthur. Noel ist ja da."
Merlin nickte und schleppte sich zur Tür und die Treppen hoch. Er war so müde, so unendlich erschöpft. Als er sein Zimmer öffnete und sein Bett sah, schwankte er darauf zu und ließ sich fallen. Er schlief schon, bevor er noch einen Gedanken fassen konnte.
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Noel saß an Arthurs Bett, nachdem er die zweite Blutinfusion angelegt hatte. Sethos und Lance hatten sich zurückgezogen. Wahrscheinlich würden sie die Flaschen Alkohol leeren, die sie mitgenommen hatten. Maria saß mit ihren Schwestern in der Küche, schweigend, in Gedanken versunken, während alle anderen spekulierten, was eigentlich passiert war. Serena hatte Merlin nachdenklich nachgesehen und war in ihrer Bibliothek verschwunden. Trystan kam in das Zimmer zu Arthur.
„Wie geht es ihm?", fragte er Noel.
„Unverändert. Es wird dauern, bis er aufwacht."
„Du bleibst bei ihm?"
Noel sah auf.
„Ja, ich muss ihm Blut geben."
„Ich habe dich gesehen, als du so professionell ihn versorgt hast. Machst du das öfter?"
Noel lächelte ihn an.
„Ja, ich bin so was wie die Krankenschwester der Vampire. Immer wenn sie nach Hause kommen und sind verletzt oder haben Verbrennungen, die nicht heilen, weil sie zu wenig getrunken haben, versorge ich sie. Und Arthur insbesondere. So lange ich mich zurückerinnere, habe ich ihn immer versorgt, wenn..."
Er sprach nicht weiter, bis Trystan fragte.
„Er war oft verletzt?"
Noel sah ihn an.
„Du hast keine Ahnung."
„Wieso?"
Er schüttelte den Kopf.
„Ich kann dir nichts dazu sagen. Es geht nur Arthur etwas an und ist persöhnlich."
„Verstehe", sagte Trystan.
Der Hexer musterte Noel, der jetzt die Infusion überprüfte. Fast drei Wochen war er nun hier, dieser gutaussehende, sanfte, nette Vampir und Trystan hatte schon viel mit ihm erlebt. Er konnte sich wunderbar mit ihm unterhalten, lachen und Blödsinn machen. Noel war sein Freund geworden, doch da war noch etwas anderes. Etwas, was den Hexer verwirrte.
Er fühlte sich zu Noel hingezogen, doch nicht so wie ein Freund zu einem Freund. Er dachte oft an Noel oder über ihn nach, wenn sie nicht zusammen waren. Und er freute sich, ihn jeden Tag zu sehen, besser jede Nacht. Und der Gedanke, das er irgendwann nach Paris zurück geht, gefiel ihm gar nicht. Er hatte Freunde, doch das war nicht so wie bei Noel. Es war erschreckend anders und das machte ihm Angst.
Noel sah auf und lächelte und das bereitete ihm ein warmes Gefühl in der Brust. Verlegen, weil er dachte, das Noel es bemerken würde, schaute er weg und sagte.
„Ich geh dann mal schlafen. Wir sehen uns."
„Sicher", sagte Noel „Ich freue mich."
Trystan ging und Noel schaute ihm nach. Der Hexer war ihm mehr als nur sympathisch. Das wusste Noel schon seit ein paar Tagen und es beunruhigte ihn. Denn sich in einen Hetero zu verlieben, bedeutete nur zu leiden. Doch Noel war auf dem besten Weg dorthin und er versteckte es, denn er respektierte die sexuelle Einstellung von Trystan. Und er würde ja sowieso wieder gehen, was wohl besser war. Er seufzte und sah zu Arthur, sagte.
„Was hast du jetzt schon wieder angestellt? Man kann dich einfach nicht aus den Augen lassen. Hat dir deine blutige Vergangenheit nicht gereicht?"
Doch Arthur gab keine Antwort. Er lag dort wie tot auf dem Bett. Bleich und er atmete nicht. Er war tot und doch nicht tot. Das zu erklären war schwer, deshalb versuchte das auch keiner.
Die Macht der Magie. Auch Vampire waren davon betroffen. Erstens, weil sie ein Leben nach dem Tod führten und zweitens, weil sie Kräfte hatten, die auf eine andere Weise magisch waren.
Magie war der Grundstein jeglichem Leben in der Mythenwelt.
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Am Nachmittag klopfte es an Lances Tür. Er hatte sich in eines der Kellerzimmer zurückgezogen, so wie Sethos. Und er hatte Wodka getrunken, viel Wodka und sich Gedanken gemacht, was passiert war. Jetzt kam Sethos herein und setzte sich auf den Stuhl, während Lance auf dem Bett saß.
„Hast du eine Lösung?", fragte Sethos. Er schüttelte den Kopf.
„Nein, ich habe die Flasche Wodka gekillt und danach ging nichts mehr."
„Ähnlich bei mir. Ich kann mir das nicht erklären", sagte Sethos „Du hast doch auch gesehen, wie der Pfeil Arthurs Herz traf und wie er anfing zu verfallen."
„Ja."
„Ich dachte schon, ich habe jetzt Tages Alpträume und je länger ich darüber nachdenke, umso verwirrter werde ich."
Lance nickte nachdenklich.
„In einem Moment bricht er zusammen, tödlich getroffen und altert schnell. In dem anderen liegt er da wie immer und hat keine Verletzung. Ist doch seltsam. Waren wir vielleicht besinnungslos?"
Sethos schüttelte den Kopf.
„Nein. Wir sahen, das Arthur tödlich getroffen wurde. Ich werde noch wahnsinnig, je mehr ich darüber nachdenke. Und Merlin wirkte, als hätte man ihm Kraft abgezogen. Er war so erschöpft. Von was?"
Lance nahm Luft.
„Ich denke, irgendetwas ist passiert und nur Merlin kann das Rätsel lösen."
Sethos stand auf.
„Ja, doch ich bin mehr als glücklich, das Arthur lebt. Wie auch immer."
„Frag mich mal. Ich sah ihn schon als verloren", sagte Lance „Und ich konnte es nicht fassen."
Sethos nickte und ging hinaus, drehte sich aber noch mal herum.
„Gehst du später jagen?"
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, ich muss nach Maria sehen und werde wohl etwas von ihr trinken. Ist Merlin schon auf?"
„Keine Ahnung", sagte Sethos „Es ist Nachmittag und ich kann noch nicht nach oben. Bis später."
Lance nickte und legte sich zurück auf sein Bett. Wieder dachte er über diese Nacht nach und wieder kam er zu keinem Ergebnis.
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Als die Sonne sich verabschiedet hatte, gingen die beiden Vampire nach oben und Sethos auf die Jagd. Lance ging ins Wohnzimmer und lächelte, als Maria dort mit zwei Hexen saß, die sich dann verabschiedeten. Lance setzte sich neben sie und nahm ihre Hand, schwieg einen Moment, doch dann sah er sie an.
„Es tut mir leid, das ich gestern etwas seltsam war. Doch Sethos und ich haben Dinge erlebt, die wir uns nicht erklären können. Und was wir gesehen haben, war mehr als nur schockierend. Es hatte uns bis ins Mark getroffen."
Maria lächelte und strich ihm über sein schulterlanges Haar, das sie so an ihm mochte.
„Hör auf, dich zu entschuldigen. Ich bin kein kleines Kind oder eine versnobte Ehefrau, die beleidigt ist. Ich bin eine Hexe, du ein Vampir. Wir sind schon als Paar an sich etwas Seltsames. Und führen ein Leben im Verborgenen mit Gefahren und Kämpfen, wenn es angebracht ist. Also keine normale Partnerschaft. Ist schon in Ordnung. Du brauchtest Zeit für dich und das ist okay."
Er lächelte.
„Du bist unglaublich."
„Ich weiß", grinste sie „Vielleicht hattest du ja auch Angst, das ich dich verhexe, weil du gestern so unnahbar und unpersöhnlich warst."
„Zuzutrauen wäre dir das."
Sie lachte und küsste ihn.
„Was hast du nur für eine schlechte Meinung von deiner Gefährtin?"
„Sie ist eine Hexe und leicht erregbar."
„Mag sein, aber du erregst mich auf ganz andere Weise", lächelte sie lasziv.
Er beugte sich vor und küsste sie, wollte sie an sich ziehen, doch sie wehrte sich und machte sich los von ihm.
„Das heißt nicht, das du das gleich in die Tat umsetzen sollst."
„Du bist schon lange fort; vielleicht werde ich aggressiv, da ich unbefriedigt bin."
„Alles Ausreden und es sind mal gerade drei Wochen. Du übertreibst, Vampir."
Wieder wollte er sich ihr nähern, doch sie hob die Hand.
„Zuerst erzählst du mir, was los war. Niemand sagt etwas. Merlin ist in seinem Zimmer verschwunden und noch nicht aufgetaucht. Serena ist ungewöhnlich ernst und nachdenklich und verbringt sehr viel Zeit in ihrer Bibliothek der Magie. Irgendetwas ist dort passiert. Etwas, was euch geschockt hat und Merlin aus der Bahn geworfen hat. Und Serena still und ernst ist. Sag es mir, er ist mein Bruder und Arthur gehört zur Familie."
Er schüttelte leicht den Kopf.
„Ich kann dir nicht viel sagen. Anscheinend hatten wir ein Black out oder so etwas."
„Wie das?"
Er seufzte und starrte auf den Tisch.
„Es lief alles wie am Schnürchen. Wir töteten die Wachen, drangen mit Hilfe von Merlin ins Haus und legten den Dreckskerl um."
„Den Plan kannte ich", sagte sie „Aber danach ist etwas passiert. Nicht wahr?"
Er nickte.
„Wir wollten aufbrechen und wir passten nicht auf. Obwohl wir annahmen, das noch mehr Leute im Haus waren. Ich weiß nicht; wir waren...Merlin und Arthur stritten sich, weil Arthur ihn tötete und sagte, das er sich an seinem Gefährten vergriffen hatte. Und Merlin schrie ihn an, das er nicht sein Gefährte ist. Das Übliche, wenn die beiden zusammen sind. Und wir sahen alle nicht den Schützen mit der Armbrust, bis er schoss. Er hatte auf Merlin angelegt, doch Arthur sprang vor, um ihn zu schützen. Der Silberpfeil traf ihn mitten in sein Herz."
Maria sah ihn geschockt an. Auch sie wusste inzwischen, was es bedeutete.
„Er..."
Lance nickte.
„Er starb oder besser gesagt, begann sich aufzulösen. Erst würde er altern und dann zu Asche werden. Und genau das passierte. Wir waren alle geschockt und glaubten das nicht, als er zusammenbrach und der Alterungsprozess begann. Arthur begann aufzuhören zu existieren."
„Aber das ist er nicht. Und sagtest du mir nicht mal, das niemand dann noch etwas tun könnte."
„Richtig. Und dann wurde es sehr seltsam", sagte Lance und schaute sie an „Wir sahen ihn zusammenbrechen und würden Zeuge sein, wie Arthur verging. Doch an das ich mich als Nächstes erinnern konnte, das er auf dem Boden lag. Normal und schön wie er war und kein Pfeil mehr, der lag neben ihm. Auch keine Wunde in seinem Herz. Nichts, außer das er sehr bleich war und nicht aufwachte. Und Merlin saß neben ihm, total erschöpft und bleich und irgendwie nicht ganz bei sich. Er schwankte, als er aufstand, so als hätte er sehr viel Kraft verloren oder was auch immer. Menschen kamen und wir mussten verschwinden. Den Rest kennst du; er schuf ein Portal und wir sind hier. Sethos und ich können uns das alles nicht erklären."
„Das ist in der Tat seltsam. Was war in der Zwischenzeit passiert?"
„Ich weiß es nicht. Könnte Merlin ihn geheilt haben?"
Maria überlegte, doch schüttelte den Kopf.
„Er ist mächtig. Ja. Aber ich weiß, das er solche Wunden nicht heilen kann. Wenn jemand stirbt, dann ist er auch machtlos und er ist froh dafür. Das...kann ich mir nicht vorstellen. Und selbst wenn er es könnte, würde das all seine Magie in Anspruch nehmen, all seine Kraft und es wäre nicht genug. Zumal es kein Spruch gibt, der machtvoll genug ist für so etwas Außergewöhnliches. Ich kann mir das nicht vorstellen."
„Aber was ist dann passiert?"
Maria sah ihn an.
„Merlin weiß es und auch Serena. Sie ist seit gestern Abend seltsam und hält sich nur in dem geheimen Raum mit den magischen Bücher auf. So, als würde sie etwas suchen. Es ist etwas passiert, was mit Magie zu tun hat. Deshalb sucht sie nach Antworten, die vielleicht auch Merlin nicht hat. Er schien traumatisiert, was das vielleicht ausgelöst hatte."
„Oder weil er beinahe Arthur verloren hätte. Obwohl sie sich gegenseitig an die Kehle gehen, wissen wir alle, was er für Arthur empfindet. Sein Tod hätte ihn aus der Bahn geworfen."
„Arthur lebt. Nun, was man leben nennen kann", sagte sie „Doch da muss noch mehr geschehen sein."
Lance seufzte.
„Es nützt nichts, wenn wir hier sitzen und spekulieren. Ich denke mal, nach gegebener Zeit werden sie uns sagen, was passiert ist. Bis dahin..."
Er zog Maria zu sich und küsste sie.
„Bis dahin werde ich meine Gefährtin genießen, zumal ich ja nicht dachte, das ich hier in New Orleans lande."
Maria lachte leise und küsste ihn. Sie stand auf und zog ihn mit hoch.
„Dann komm mit nach oben in mein Zimmer. Du scheinst ausgehungert zu sein...in jeder Beziehung."
Er grinste.
„Nach Sex und Blut und beides hat meine wunderbare, schöne Gefährtin."
„Hör auf, mir Honig um den Mund zu schmieren, Vampir. Du bekommst ja, was du willst."
„Na dann."
Er nahm sie an der Hand und beide gingen die Treppen hoch in den dritten Stock.
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Serena saß in dem Raum mit den Büchern. Manche schienen sehr alt zu sein. Die Hexe bekam sie meistens auf illegalem Weg oder durch Zufall. Viele der alten Schriften und Hexensprüche waren gefährlich. Nicht nur für denjenigen, auf die sie angewendet wurden, sondern auch für die Hexe oder den Hexer, der sie ausführte. Dunkle Magie, die verheerendes anrichten konnte. Hexenzauber, der so alt war, das er in Vergessenheit geraten war. Und weil es nicht sehr viele Hexen gab, die mächtig genug waren, diese Magie anzuwenden.
Serena wusste, was sie sich im Laufe der Jahrhunderte hier angesammelt hatte. Magie und die Bücher dazu, die falls sie in böse Hände kamen, sehr viel Furchtbares anrichten konnten. Nicht nur für die Menschen, sondern unter den Hexenclans auch, sowie der Rest der Mythenwelt. Nicht zu schweigen von Hexen, die vielleicht mächtig genug waren, sich dessen zu bedienen, auch für sie war das nicht ungefährlich. Deshalb schloss sie alle Bücher in einem geheimen Raum ein, der nur mit Magie zu öffnen war.
Sie saß jetzt über einem Buch; sie wusste nicht mehr, wie viele Bücher sie schon gewälzt hatte; ein sehr altes Buch, das sie sehr vorsichtig behandelte. Die Magie in diesem Buch war so alt wie die Zeit selbst und lange in Vergessenheit geraten. Das Necronomicron. Es enthielt dunkle, gefährliche Magie und das Siegel der Geister. Schwere Kost für jeden, der Magie beherrschte und sehr gefährlich.
Sie stockte, als sie jetzt darin las. Wieder ging sie den Text durch und sah dann hoch. Sie wirkte sehr ernst und geschockt. Nein, war das möglich? Wieder las sie es und nickte.
Sie hatte die Antwort gefunden. Zumindest zum Teil. Ein Rätsel blieb noch und selbst Merlin konnte sich das nicht erklären.
Das Anhalten der Zeit.
Merlin hatte nicht die Fähigkeit dazu und wenn, dann kannte er sich nicht aus damit. Sie glaubte ihm, das er die Finger von Zeitmagie gelassen hatte. Sie war so gefährlich wie sie sagte. Die Zukunft wie auch die Vergangenheit könnte verändert werden. Viele würden nie geboren werden oder die Geschichte würde sich verändern, was eines nach dem anderen nachziehen würde. Ein Domino Effekt. Was das Anhalten der Zeit anging, was Arthur beherrschte, war sie eher ungefährlich. Es ermöglichte schlichtweg nur, das man aus ausweglosen Situationen einen Vorteil hatte. Und das Ganze war zeitlich begrenzt. Arthur konnte das nicht stundenlang aufrecht erhalten. Jede Kraft kostete Energie und war nicht unerschöpflich. Doch Merlin hatte das nicht drauf, sonst wäre er nicht so ratlos gewesen. Sie bezweifelte, das er log oder es anders erzählte, was er getan hatte. Das war nicht Merlins Stil, sich etwas zusammenzulügen. Nicht er. Also blieb das immer noch ein Rätsel.
Doch was Merlin getan hatte, als er Arthur rettete, war genauso gefährlich und eigentlich unmöglich, das er das geschafft hatte. Er hatte niemals in dieses Buch gesehen, das sie auf einem Friedhof fand, versteckt in einer unterirdischen Gruft, die uralt war. In einer Zeit, als sie gejagt wurde und sich dort versteckte und durch Zufall den Eingang unter die Erde fand und damit Zugang zu einer Gruft, die so lange in Vergessenheit geraten war, wie die Dinosaurier. Und dort, in einem der steinernen, verrottenden Sarkophagen in den Händen eines Skeletts fand sie dieses Buch.
Sie sah auf. Merlins Magie war ein Rätsel. Er konnte Dinge tun, die andere nicht konnten, obwohl sie mächtig waren. So wie Portale schaffen. Sie kannte keine Hexen, die das jemals konnten. Seine Magie war anders. Sie spürte diese Magie, doch sie war definitiv anders. Doch Antworten darauf hätte sein Vater geben können, doch er war tot. Und so ließ er seine Kinder zurück ohne eine Erklärung, was sie waren und wieso sie so waren.
Merlin sprach immer bewundernd von seinen Eltern, so wie Maria. Sie schienen wirklich gute und liebende Eltern gewesen zu sein. Doch wenn sie das waren und auf der Flucht, würden sie nicht sterben ohne ihren Kindern eine Erklärung zu geben. Merlin sagte ihr, das seine Eltern ihnen ein normales Leben ermöglichen wollten, doch sie waren nicht normal. Sein Vater war klug genug, um zu wissen, das beide spätestens wussten, das sie nicht normal waren, wenn sie nicht mehr gealtert wären. Magie gebannt oder nicht. Sie war stark genug, sie unsterblich zu machen, trotz das sie inaktiv war zu dieser Zeit. Das muss auch sein Vater gewusst haben. Merlin hatte seine Macht von ihm geerbt. Serena konnte sich nicht vorstellen, das seine Eltern starben ohne eine Erklärung zu hinterlassen. Denn die Antwort auf Merlins und Marias Magie und ihre Macht hatte nur eine Person.
Merlins Vater.
Doch er war tot und nichts konnte ihn zurückholen. Serena schloss das Buch und legte es vorsichtig wieder in die Box, die es vor allen äußeren Einflüssen schützte. Sie verschloss die Box magisch und verließ den geheimen Raum.
Sie musste mit Merlin reden.
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Dunkles Schicksal
FantasyNach dem Tod seiner Eltern, die von Vampiren getötet wurden, wird der junge spanische Graf Merlin del la Vega zum Jäger. Sein Hauptmerkmal ist ein vermögender, hoch angesehener Vampir, den er für den Mörder seiner Eltern hält. Erbittert jagt er ihn...