Dunkles Schicksal Kapitel 13

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Dunkles Schicksal


Kapitel 13



Zwei Tage später waren sie wieder unterwegs. Sie verließen Mailand kurz nach Sonnenuntergang weiter nach Westen und beide wussten, das die nächste große Stadt Prag war. Doch bis dahin war es noch weit. Arthur war lange nicht in Prag gewesen und er wusste auch warum. Lance und er hatten Prag das letzte Mal gesehen, als sie Gwaine dort verloren hatten.

Sein Tod hatte sie beide geschockt. Sie waren Freunde gewesen, nicht nur über eine Spanne von einem Menschenleben. Fast vierhundert Jahre waren sie zusammen durch die Welt gezogen, bevor Gwaine von Jäger getötet wurde. Sie wussten nicht mit Bestimmtheit, welche Jäger ihm an dem verhängnisvollen Abend aufgelauert hatten. Es waren zu diesem Zeitpunkt sehr viele dort gewesen.

Gwaines Tod hatte zu einem Zerwürfnis mit Lance geführt, der kurz zuvor seine Gefährtin verloren hatte, die ihn verlassen hatte. Voller Schmerz über Gwaines Tod und die offene Wunde von seiner angeblichen großen Liebe verlassen worden zu sein, kamen seine Aggressionen zum Vorschein und sie trennten sich im Zorn.

Völlig allein gelassen und verzweifelt zog er mit russischen Vampiren in ihre Heimat, auf der Suche nach Anschluss zu seiner Rasse. Alexej hatte ihn von Anfang an im Auge, als sie ihn ihm vorstellten. Sah seine Hilfslosigkeit und Einsamkeit und seine Schönheit. Noch am gleichen Abend nahm er Arthur in sein Bett, einerseits weil er keine Widerrede duldete, anderseits weil er den jungen Vampir nach seinen Vorstellungen formen wollte.

Alle drei waren zu dieser Zeit keine Meistervampire gewesen und noch leicht verletzbar. Ein Meistervampir wurde man mit ungefähr fünfhundert Jahren und je älter der Vampir dann wurde, umso mehr Macht bekam er und auch Fähigkeiten.

Arthur, am Anfang noch über seine ausgefallene Art von Sex, der auch brutal von statten ging so voller Scham, gab sich immer mehr in Alexejs Hände und wurde langsam aber sicher so grausam wie er selbst. Er betete Alexej an und hasste ihn mehr als alles andere, auf eine verkehrte, komplexe Art, der ihn oft so verletzte, das er froh sein konnte, das er ein Vampir war.

Du gehörst mir. Dein Leben, dein Körper...einfach alles. Hast du das verstanden, mein bildschöner Vampir. Du wirst mir dienen und mich erfreuen und niemand außer ich wird dich ficken.

Das hatte er immer zu ihm gesagt, mit einem gefährlichen, drohenden Blick in seinen stechenden, grünen Augen. Und er meinte es auch so, denn er hatte einen seiner Vampire bei lebendigen Leib aufgeschlitzt und seine Organe bei vollem Bewusstsein entfernt. Nur weil er Arthur schöne Augen machte und er musste dabei zusehen. Von diesem Augenblick an war er tabu für alle anderen und er lebte in den Grausamkeiten, die Alexej Menschen und ihm selbst antat.

Ja, er hatte die dunkelsten Seiten der Unsterblichkeit gesehen und erlebt. Und nun war er wieder auf dem Weg zu dieser dunklen Seite, die ihn ein Stück seiner Seele gekostet hatte, falls er so etwas noch hatte. Alexej hatte ihn als sein Eigentum gesehen und er war geflohen und es war ihm vollkommen klar...

Alexej würde ihn nicht glücklich in seine Arme schließen.In einhundert Jahren an seiner Seite hatte Arthur ihn kennengelernt und wusste, das er schon hundert Mal in seinem Zorn geschworen hatte, das er Arthur langsam und grausam töten würde. Arthur war kein Idiot, er wusste das Alexej älter und stärker war, doch er würde es ihm nicht leicht machen.

Er würde wahrscheinlich sterben, doch war bestrebt, das sein Jäger das nicht tat. Lance hatte ihn beim Abschied angesehen, als käme er nicht mehr wieder. Und seine Befürchtung war nicht unbegründet. Lance hatte gefleht.

Lass den Jäger doch gehen und bleib hier. Alexej wird dich töten und du weißt, das es sehr lange dauern wird, bis du tot bist. Du hast ihn gedemütigt, als du ihn verlassen hast.

Er hatte ihn nicht verlassen, er war gerannt und so weit weg wie er konnte, als er endlich begriff, was für ein Monster Alexej aus ihm gemacht hatte. Er hatte getötet und gequält und der russische Meistervampir hatte lächelnd zugesehen. Und wenn seine Opfer tot waren, dann machte Alexej weiter mit ihm.

Er schloss seine Augen, überwältigt von dem Schmerz und Kummer der Erinnerungen, als sie langsam vor sich her ritten. Von den Bildern in seinem Kopf, Blut und Schreie. Er selbst verletzt nach Alexejs abartigen Liebesspiele. Die mitleidigen Blicken von den anderen, wenn er sich durch den Unterschlupf schleppte auf der Suche nach Blut um wieder zu heilen. Die Angst vor dem Meistervampir, wenn er seine Freunde aus den benachbarten Städten einlud und Alexej grinsend zusah, wie sie sein Eigentum in den Boden fickten, genauso verdorben wie er selbst. Schmerz, Blut und Lust waren für sie alle im Bett ein Segen...für diese Meistervampire, die zu stark waren, um zu protestieren.

Er hatte ihm viel genommen und das würde ewig eine Wunde auf seiner Seele sein.

Das alles wusste Merlin nicht, als sie schweigend nebeneinander ritten und Arthur ihm einen Blick zuwarf. Seit ihrem Streit an diesem Abend, als sie in die Oper gingen, hatten sie nicht viel miteinander geredet. Merlin ritt in Gedanken neben ihm, als sie eine Höhle sahen. Es war eine zerklüftes Gebiet mit Bergen und meilenweit nichts. Merlin schaute zum Himmel, sie waren die ganze Nacht geritten und das erste Mal sprach er.

„Wir sollten in dieser Höhle den Tag überdauern. Wer weiß, ob wir rechtzeitig eine andere finden. Mir soll es ja egal sein, aber was dich angeht..."

Er sprach emotionslos und völlig ruhig. Arthur schaute ihn an, anscheinend hatte er ihm immer noch nicht verziehen, das er sein Geheimnis wusste.

„Danke", sagte Arthur deshalb ruhig „Ist nett, das du an mich denkst."

„Ich sagte schon, solange wir diese Mission haben", antwortete Merlin sachlich, während er von seinem Pferd abstieg.

Arthur sagte nichts darauf. Seit diesem Abend in Mailand war ihr Verhältnis eisig. Vielleicht war er zu weit gegangen. Noch kannten sie sich nicht genug, das Arthur so in sein Privatleben eindringen sollte. Er wusste zwar, was er wissen wollte, das Merlin nicht auf Mädchen stand. Doch vielleicht hatte er mehr damit zerstört, als er wollte.

Nachdem sie die Pferde abgesattelt hatten und ein Feuer machten, saßen sie sich gegenüber in der Höhle. Sie war groß genug, das auch die Pferde hinein passten. Sie standen in einer Nische und fraßen den Hafer, den sie mitgenommen hatten. Merlin aß den italienischen Schinken und Brot, trank dazu Wasser und nahm noch einen der saftig aussehenden Äpfel, die er auf einem Markt gekauft hatte. Er sprach nicht und schaute auch nicht zu dem Vampir. Er fühlte sich unwohl unter seinem Blick, jetzt da er weiß, das Merlin homosexuell war. Und auch weil er endlich wusste, was der Vampir von ihm wollte, deshalb ja die ganze Sache.

Arthur wollte wissen, ob er überhaupt eine Chance hatte, denn wenn Merlin Hetero wäre, dann wäre es sinnlos gewesen. Aber er hat auch so keine Chance, dachte Merlin grimmig, als er in den Apfel biss. Und doch fühlte er in seinem Inneren eine Stimme, die ihn auszulachen schien, anhand diesen Gedanken. Als wüsste sie, das er sich selbst etwas vormachte. Tat er das?

Er schaute flüchtig zu dem Vampir, der ihn anscheinend nicht aus den Augen ließ, was Merlins Unwohlsein noch verstärkte. Er atmete tief ein und biss in seinen Apfel, nur nicht anmerken lassen, das er...

Was eigentlich? Verlegen, schüchtern, zornig war? Er wurde zornig, wenn er daran dachte, wie er sich in seiner Anwesenheit fühlte. Scham war ja eigentlich nicht angebracht, wenn man bedachte, das Arthur auch Männer vögelte. Und doch fühlte er sich in einer seltsamen Stimmung zwischen Zorn, Scham, Verlegenheit und...Neugier. Seltsam, er war neugierig. Neugierig darauf, wieso Arthur Männer mochte und vor allem seit wann? Erst als er ein Vampir wurde oder schon immer? Aber er würde nicht fragen, er würde nicht fragen. Arthur riss ihn aus seinen Gedanken, als er ernst und mit Nachdruck jetzt sagte.

„Merlin, ich möchte mich wirklich aufrichtig entschuldigen. Ich denke, das ich soweit gegangen bin. Dein Privatleben geht niemanden etwas an, auch mich nicht. Es tut mir leid."

Schweigen. Merlin sah nicht einmal auf und Arthur seufzte leise. Sein sturer Jäger gab nicht ein kleines bisschen nach. Aber er meinte es wirklich so, wie er es sagte. Er vergaß viel so oft, das Menschen vieles in einem anderen Licht sahen wie er. Ihr Leben war vergänglich und sie mussten sich an die Regeln halten, wenn sie dieses Leben angenehm verbringen wollten. Denn eine zweite Chance gab es nicht mehr.

Er dagegen war unsterblich und hatte einige Menschenleben in Dunkelheit und nicht angenehm verbracht. Aber auch sehr schöne Zeiten gehabt, ein ganzes Menschenleben in Liebe und Harmonie gelebt, als er einen Gefährten hatte. Er hatte so viel erlebt, Gutes und auch Schlechtes. Gott, er könnte Merlin tagelang davon erzählen, doch nun war ihr Verhältnis schlimmer als jemals zuvor.
Er schaute zum Ausgang, denn er fühlte wie die Sonne aufging. Er rechnete nicht mit einer Antwort von dem Jäger, umso überraschter war er, als Merlin mit einem zynischem Lächeln auf den Lippen sagte.

„Du klingst, als meintest du es wirklich ehrlich. Etwas was ich nicht so glauben kann, wenn ich bedenke, was du bist."

„Ich meine es so, wie ich sagte. Ich hätte nicht in deine Privatsphäre eindringen sollen. Auch Unsterblichkeit schützt nicht vor Torheiten."

Merlin sagte nichts und er sprach weiter.

„Ich weiß, das du jetzt denkst, ich würde dir schaden. Ich weiß auch, das du dein Geheimnis genau aus diesem Grund geheim gehalten hast. Die Menschen, vor allem in deiner adligen Gesellschaft würden sich darauf stürzen wie ein Raubtier auf seine Beute."

Merlin schaute ihn ernst an.

„Dann hast du das Prinzip verstanden. Und ja, der Gedanke, das du es gegen mich verwenden könntest, ist mir nicht fremd. Warum hast du es getan?"

Arthur schaute ihn einen Moment an. War das der Zeitpunkt, ihm zu sagen, was seine Beweggründe waren? Doch er schüttelte den Kopf, ihr Verhältnis im Moment ließ das nicht zu und so sagte er mit einem Schulterzucken.

„Aus einer Laune heraus. Vielleicht wollte ich mich revanchieren, weil du mir vorgeworfen hast, das ich wegen Opernkarten jemanden töte. Das war schon beleidigend."

Merlins Mundwinkel zuckten. Beleidigend? Das war schon fast lächerlich, er tötete doch ständig und er fragte mit einem amüsierten Unterton in seiner Stimme.

„Beleidigend?"

„Ja.'", antwortete er bestimmt „ Ich mag ein Vampir sein, doch ich lebe schon sehr lange und falle nicht grundlos jemanden an. Das machen junge Vampire, sie sind ungestüm und können noch nicht mit ihren Kräften umgehen. Für sie ist das wie ein Rausch. Kontrolle ist lebenswichtig, sonst macht man auf sich aufmerksam und eine Menge Jäger rauschen an, um dir den Garaus zu machen."

So wie damals in Prag, als sie Gwaine getötet hatten, als sie hinter Alexejs Bande her waren.

Sein Tod war immer noch eine offene Wunde in Arthur und Lance, die auch die Zeit nicht heilen konnte. Gwaine hatte zwar alles viel so locker gesehen, doch er war der Lebenslustige unter ihnen gewesen. Lance immer vorsichtig, Arthur zu tollkühn und Gwaine immer gut gelaunt und zu Späßen aufgelegt. Er sah alles als ein großes Spiel mit allen Möglichkeiten und das hatte ihn am Ende sein unsterbliches Leben gekostet. Arthur vermisste ihn so sehr, trotz fast dreihundert Jahren. Er beugte sich etwas vor.

„Ich werde das nie gegen dich einsetzen, das wäre unter meiner Würde. Wir sollten das vergessen und dort weitermachen, wo wir aufgehört haben. Ich weiß nicht, ob du dazu bereit bist, aber...ich werde nie wieder in deine privaten Dinge eingreifen."

Merlin schaute ihn einen Moment an, er schien es wirklich ernst zu meinen. Okay, war jetzt auch nicht mehr zu ändern, egal wie lange er schmollte. Er hatte in der Nacht, als sie reisten darüber nachgedacht und war zu der Einsicht gekommen, das es zwar wichtig ist, was seinen Status angeht, aber nicht so wichtig, das ihr Verhältnis so eisig war. Schließlich würden sie noch eine lange Zeit zusammen reisen. Und Mailand war weit weg von Sevilla. Und natürlich konnte er, falls es doch bis zu seiner Heimat durchdringen würde, das leicht dementieren. Und wieder fiel ihm auf, wie schon in der Nacht, das er sämtliche Entschuldigungen hatte, um Arthurs Vergehen zu entschärfen. Wann hatte er damit angefangen, Arthurs Fehltritte zu entschuldigen?

Etwas, was ihn so verwunderte, das er den blonden Mann beobachtete, der in seiner Tasche etwas suchte. Und ja, er hatte über die Stränge geschlagen und er war sehr wütend gewesen. Doch nun, nachdem der erste Schock überwunden war, sah er das Ganze etwas aus einem anderen Licht. Natürlich wusste Merlin, das er nicht der Einzige war, der aus der Art geschlagen war. Es gab genug und anscheinend Arthur auch.

Seltsam! Er war ein Vampir und mochte Männer. War das erst als er ein Vampir wurde oder schon zu Lebzeiten so? Das war etwas, was ihn wirklich interessierte. Und wenn Merlin ehrlich war, musste er zugeben, das es ihm gefiel mit jemanden zu reden, der so war wie er. Es war belastend, seine sogenannte Schande immer versteckt zu halten und nie darüber reden zu können. Und jetzt hatte er die Möglichkeit und das mit einem Mann, der ihn immer mehr ansprach. Doch er wehrte sich dagegen, sagte sich immer wieder, das er der Feind war.

War er es denn?
.
Inzwischen wusste er nur zu gut, das er ein faszinierendes Wesen war, trotz allem. Schön, geheimnisvoll und sehr stark war er ein guter Reisebegleiter an seiner Seite. Er hatte nicht vergessen, das Arthur ihm das Leben rettete, trotz das sie eigentlich Feinde waren. Doch im Moment waren sie das nicht, nicht wirklich. Arthur stand jetzt auf und machte sein Lager bereit, als Merlin ihn beobachtete. Seine Muskeln bewegten sich geschmeidig unter seinem engen Hemd und Merlin konnte nicht genug bekommen, ihn zu beobachten wie er sich bewegte. Jede Bewegung von ihm war anmutig, elegant und geschmeidig; selbst die einfachsten Handlungen von ihm. Er war der schönste Mann, den er jemals sah...und ein Vampir.

„Mochtest du schon immer Männer in deinem Bett?"

Die Frage kam aus Merlins Mund, bevor er es verhindern konnte und er hielt die Luft an. Soviel dazu, er würde ihn nie fragen. Was tat er hier? Hatte er jetzt schon keine Kontrolle mehr über seinen Mund, der Dinge aussprach, die er nie sagen wollte? Doch anscheinend war das etwas, was ihn beschäftigte. Mit angehaltenen Atem beobachtete er wie Arthur schlagartig mit seiner Arbeit inne hielt und saß bewegungslos in der Hocke mit dem Rücken zu Merlin. Er hatte nur leicht den Kopf gehoben und starrte die Felswand an.

Arthur hatte ein übernatürliches, scharfes Gehör und doch fragte er sich gerade...

Hatte er das jetzt wirklich gefragt?

Langsam stand er auf und drehte sich um. Merlin schaute ihn an, in seinem Blick Unsicherheit, Verlegenheit und Neugier. Arthur starrte ihn an, einen Moment schien die Zeit stehen zu bleiben. Blaue Augen trafen auf hellblaue Augen, als er langsam nickte.

„Ja, schon als ich noch ein Mensch war. Manches ändert sich auch nicht, wenn man tot ist. Lance ist mein Freund, aber mehr nicht. Wir waren schon als Kinder Freunde und mehr war nie eine Option. Während er sich mit Mädchen amüsierte, tat ich es mit Jungs...als wir alt genug waren. Auf unseren Ausflügen am Wochenende hatten wir nie Schwierigkeiten uns zu amüsieren. Doch ich wusste es seit meinem fünfzehnten Geburtstag, das ich Jungs auf den Hintern starrte, anstatt Mädchen. Doch ich schlafe auch mit Frauen, doch erst nachdem ich ein Vampir wurde. Ich sagte dir, das Vampire immer bestrebt sind, Abwechslung zu haben. Nach Jahrhunderten denkst du anders über Sex. Nichts ist mehr tabu, nichts ist schamhaft. Als Vampir kannst du dich frei entfalten."

Er grinste anzüglich.

„Einer der Vorteile, wenn du tot bist."

Er wurde ernst und wägte ab, ob er die Frage stellen sollte, die in seinem Kopf war. Doch Merlin hatte damit angefangen, also fragte er.

„Und wie ist es bei dir?"

Zuerst sagte Merlin nichts und Arthur dachte schon, das er hätte nicht fragen sollen. Der Jäger starrte ins Feuer, doch dann antwortete er.

„Ja, bei mir war es ähnlich. Ich war siebzehn, als ich mir sicher war, das Mädchen mich nicht so ansprachen und ich in der Schule Jungs nachblickte. Aber ich wusste auch, das ich dies nie zeigen konnte. Mein Vater...", er machte eine kurze Pause „Er war ein großzügiger Mann, aber ich denke, das hätte er nicht toleriert und meine Mutter hätte sich geschämt. Ich wollte sie nicht enttäuschen, also behielt ich es für mich, schaute nach Mädchen und gab vor normal zu sein. Jetzt sind sie tot, aber aus den Gründen die du kennst, wird das niemals eine Option für mich sein. Irgendwann werde ich irgendeine Contessa heiraten und meiner Natur im Geheimen frönen. Aber ich werde es nie öffentlich machen. Maria würde auch darunter leiden, wenn die Gesellschaft sie ablehnen würde. Das wird nie geschehen."

„Weiß Maria es?"

Er schüttelte den Kopf.

„Nein. Und ich habe Angst, das sie es jemals erfährt. Ich weiß nicht, wie sie reagieren wird. Vielleicht...", er nickte „Ja, ich habe Angst, das sie mich ansieht, als wäre ich nicht normal. Das sie es abscheulich finden wird."

Arthur setzte sich wieder. Er war so erleichtert, das sie jetzt genau über das Thema sprachen. Und er war wirklich glücklich, das Merlin überhaupt mit ihm sprach. Und er wurde sich bewusst, das der Jäger das erste Mal über seine Gedanken sprach, was dieses Thema anging. Er schien das zu genießen, das er über seine geheimen Veranlagungen sprechen konnte. Doch Arthur würde ihn nicht fragen, ob ihm das gut tat, mal darüber zu reden. Er wollte es nicht übertreiben, schließlich sprach er wieder mit ihm.

Und der Vampir lag mit seiner Annahme nicht so verkehrt. Merlin war irgendwie erleichtert, das er sich all diese Dinge mal von der Seele reden konnte. Dinge, die ihn oft beschäftigten und die er mit niemanden teilen konnte. Arthur verstand ihn, ging es ihm doch genauso, nur das er sein Leben lebte und ihm die moralischen Vorstellungen der Menschen egal war. Das konnte er sich nicht leisten. Er schüttelte leicht und ungläubig seinen Kopf darüber, das er ausgerechnet mit einem Vampir so etwas besprach. An sowas hätte er nie im Leben gedacht. Arthur riss ihn wieder in das Hier und Jetzt.

„Sie liebt dich und du bist ihr Bruder. So wie ich sie einschätze, wird sie dich nicht verurteilen."

Merlin nahm Luft.

„Für dich ist es einfach. Du hast recht, denn du bist moralisch nicht gebunden."

Arthur lächelte.

„Eigentlich schon. Da ich mich entschlossen hatte, unter Menschen zu leben, war es auch nicht leicht, als ich mich mit meinen Gefährten in der Öffentlichkeit zeigte. Nur war mir das egal. Ich zog eh bald wieder weiter und es ist wahr. Wenn du mal so lange lebst, ist dir die Moral der Menschen egal. Wem das nicht gefallen hatte..."

„Hast du ausgesaugt", fiel ihm Merlin ins Wort. Er war sich ziemlich sicher, das die Leute, die etwas Verachtendes dazu fallen ließen auf seiner Speisekarte standen.

Er lachte leise, sinnlich und anmutig und sein Lachen strich wie ein sanfter Wind über Merlins Rücken. Und ganz so unrecht hatte der Jäger nicht, was er ihm gerade bestätigte.

„Nun ja, nicht alle. Aber bei meiner Wahl waren oft welche dabei, die sich lautstark dazu äußern mussten. Sie verschwanden einfach."

Merlin schüttelte den Kopf, doch Arthur wurde ernst, als er ihn ansah. Dem Jäger fiel auf, wie lebendig seine blauen Augen waren. Diese wunderschönen, blauen Augen, in denen das Feuer zu tanzen schien und die ihn an Tiefen des Ozean erinnerten und ein dunkles, stürmisches Blau annahmen, wenn er aufgewühlt war. Er schaute weg, denn er war so schön, das es schon weh tat ihn anzusehen. Und er wehrte sich, ihn so anzusehen.

„Merlin, ich will mich nicht entschuldigen, was ich bin oder tue. Ich bin was ich bin, ein Vampir und ich ernähre mich von Blut. Je eher du das akzeptierst, umso einfacher wird es sein. Ich kann es nicht ändern und du auch nicht. Also kannst du es nur akzeptieren oder mich für ewig hassen."

Merlin antwortete nicht sofort, starrte ins Feuer.

„Meine Eltern", sagte er nach einem Moment leise „wurden von einem oder mehreren Vampiren getötet. Ich habe ihre Leichen gesehen, übersät von Bisswunden und sie waren so bleich. Meine Mutter hatte noch den Schrecken in den Augen, als man sie fand. Mein Hass ist so groß und doch sehe ich Unterschiede. Du gabst mir nie ein Grund, dich zu hassen, aber du bist einer der Kreaturen, die meine Eltern getötet hatten, auch wenn du es nicht warst. Du siehst, ich weiß das zu unterscheiden und doch..."

„Siehst du nur das Monster in mir", vervollständigte Arthur den Satz.

Er nickte ansatzweise und Arthur fühlte Trauer. Trauer, das er sich gewiß war, das Merlin nur den Vampir in ihm sah und nie den Menschen, der er eigentlich immer noch war. Er liebte die selben Dinge wie als Mensch, hatte seine Lieblingsfarben und alles was Menschen auch hatten. Lance sagte zu ihm, das Merlins Eltern von einem oder mehreren seiner Spezies getötet wurden immer zwischen ihnen stand. Und langsam kam er zu der Erkenntnis, das Lance wahrscheinlich recht hatte.

Er würde immer das Monster sehen, das seine Eltern getötet hatte. Merlin sagte nichts darauf, was ihm nur bestätigte, das es wirklich so war. Er stand auf, frustriert, obwohl sie gesprochen hatten.

„Wir sollten schlafen", meinte der Vampir nur und Merlin nickte.

Jeder legte sich auf sein Lager und jeder mit seinen Gedanken.


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Lance schaute auf die Uhr. Bald war Sonnenuntergang und er hatte eine Verabredung. Seit Arthur aufgebrochen war, um dem Jäger zu helfen, es war vor vier Monaten gewesen, traf er sich mit Maria. Er hatte Arthur versprochen auf Maria zu achten, doch seit dem Sommerball trafen sie sich regelmäßig. Er wusste, das es falsch war was er tat, doch konnte er sich dem nicht entziehen.

Maria war wirklich etwas Besonderes und er konnte Arthur jetzt verstehen. Sie versprühte soviel Lebensfreude und Begeisterung für Dinge, die er selbst gar nicht mehr so wahr nahm. Kleinigkeiten, die so unscheinbar waren oder er sie einfach nicht mehr sah. Wenn man so lange lebte, gab es eigentlich keine Überraschungen mehr, doch Maria hatte ihn überrascht.

Natürlich trafen sie sich nie allein, Marias Freundin Carmen war immer dabei. Es schickte sich nicht für junge Damen des Adels sich allein mit einem Mann zu treffen. Doch Carmen hielt sich immer im Hintergrund. Heute würden sie in dem kleinen Park spazieren gehen, der im Sommer mit Pavillions und Lichter geschmückt war. Dort gab es Stände mit Süßigkeiten, Musik und Tanz. Bunte Vielfalt an Blumen und Bänke und dieser Ort war im Sommer sehr beliebt.

Eine Stunde nach Sonnenuntergang verließ er das Haus und schlug die Richtung zu den Armenvierteln ein. Er musste jagen, bevor er sich mit Maria traf. Lance jagte anders als Arthur. Er vermied es in der Öffentlichkeit zu trinken. Doch so harmlos er sich gab oder aussah, war er genau so tödlich wie Arthur oder jeder andere Vampir. Lance war auch ein Meistervampir, genau so alt wie Arthur.

Arthur, er würde lügen wenn er sagte, das er sich keine Sorgen um ihn machte. Anscheinend hatte er es wirklich geschafft und Merlin hatte eingewilligt, das er ihn begleitete. Aber er machte sich keine Sorgen wegen dem Jäger. Merlin war nicht fähig, Arthur zu töten. Er machte sich Sorgen wegen Alexej. Arthur war sein Geliebter gewesen, damals als er noch ein normaler Vampir war und Alexej war sehr besitzergreifend. So wie alle Vampire. Arthur hatte ihm gehört und er hatte ihn verlassen, so etwas verzieh der russische Meistervampir nicht. Niemand verließ einen Alexej.

Lance hatte ihn einmal getroffen, nur kurz und er sah die Grausamkeit in seinen Augen. Alexej war nicht sehr beliebt in der Hirachie der Vampire, doch die Gilde der Vampire ließ ihn gewähren, solange er nicht gegen die Vampirgesetze verstieß. Lance wusste, das Arthur ein gefähhrliches Spiel trieb, ihm wieder unter die Augen zu treten. Vampire verziehn nicht und waren sehr nachtragend.

Dazu kam, das Alexej viel älter als Arthur war und demnach stärker. Er war ein neunhundertjähriger Meistervampir, der einen ausgeprägten Hang zur Grausamkeit hatte.

Nach der Jagd ging er in den Garten und Maria lächelte ihn so freudig an, als er auf die beiden Mädchen zukam, das es ihm fast warm um sein Herz wurde. Das beunruhigte ihn, denn es war lange her, das überhaupt eine Frau etwas in ihm auslöste. Er verneigte sich vollendet und küsste ihre Hand, auch die von Carmen.

„Ich freue mich, sie wiederzusehen, Contessa Maria", er wandte sich an Carmen „Auch sie, Seniorita Mardena."

Maria beugte sich verschwörerisch zu ihm und sagte leise.

„Senior Mardena und seine Frau sind auch hier."

Er hob überrascht eine Augenbraue und sah den älteren Mann auf sich zukommen, begleitet von einer hübschen Frau in seinem Alter.

„Ah", sagte Senior Mardena lächelnd „Sie sind wohl Marias geheimnisvoller Verehrer."

Er reichte ihm die Hand und Lance nahm sie mit einer leichten Verbeugung zum Gruß.

„Conte Lancelot DuLac. Zu ihren Diensten."

Mardena nickte und wandte sich an seine Damen.

„Ich muss ein paar Worte mit dem Conte wechseln. Vielleicht wollt ihr ein paar Süßigkeiten?"

Seniora Mardena lächelte und griff nach den beiden Mädchen.

„Aber sicher doch."

Dann gingen sie zu einem der Stände und Senior Mardena und Lance gingen ein Stück.

„Conte...", begann er „Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um sie etwas aufzuklären. Ich weiß, das sie sich seit einiger Zeit mit Maria treffen und ich weiß nicht, ob sie über sie Bescheid wissen."

„Was meinen sie, Senior Mardena?", fragte er, um den Schein zu wahren.

Er schaute Lance an und blieb stehen.

„Maria ist nicht meine Tochter, wie sie wohl schon wissen. Sie ist die Schwester des Conte Merlin del la Vega, der im Moment auf Reisen ist. Maria lebt bei uns in dieser Zeit und ich habe die Verantwortung für sie. Ich fühle mich geehrt, das der Conte mir seine Schwester anvertraut hatte und ich möchte ihn nicht enttäuschen."

Lance neigte leicht den Kopf.

„Natürlich."

Mardena sprach weiter.

„Natürlich ist mir nicht entgangen, das sie...", er räusperte sich „Das Maria eine gewisse Faszination für sie entwickelt hat und ich möchte sie fragen, in welcher Art sie ihr Verhältnis sehen. Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, aber wie gesagt, ich habe die Verantwortung für Maria."

Lance verstand ihn sehr gut. Merlin ließ Maria in seiner Obhut und sie traf sich nun mit ihm. Er wäre ein schlechter Freund und Vormund, würde er dem keine Beachtung schenken. Dazu kam, das er Lance nicht kannte. Nun ja, vom Sehen in der Öffentlichkeit und vielleicht ein paar Worte Smalltalk. Lance lächelte.

„Ich verstehe sie sehr gut, Senior Mardena und ich versichere ihnen, das ich nur ehrenvolle Absichten mit Maria habe. Sie ist ein bezauberndes Mädchen und ich bin geschmeichelt, das sie unsere Bekanntschaft etwas vertiefen will."

Mardena lächelte.

„Ich habe auch nichts anderes erwartet. Trotz allem können sie verstehen, das ich sie nicht ohne Begleitung gehen lassen kann. Und ich wäre auch sehr verbunden, wenn sie Maria am Tag treffen würden, denn ihr Bruder möchte nicht, das sie am Abend unterwegs ist."

Lance lächelte. Natürlich wollte der Jäger nicht, das seine Schwester bei Dunkelheit in der Stadt war, genau wegen solchen Personen, wie er es war. War es nicht eine ironie, das sie sich ausgerechnet mit einem Vampir traf? Am Tag treffen? Unmöglich. Er schüttelte bedauernd den Kopf.

„Ich schätze, das ist nicht möglich. Ich leide an einer schlimmen Art von Sonnenallergie und meine Ärzte haben mir verboten, tagsüber das Haus zu verlassen. Es tut mir leid."

Mardenas Gesicht zeigte Bedauern.

„Oh, tut mir leid", er nickte „Ja, das kann ich verstehen."

Dann überlegte einen Moment und seufzte.

„Nun gut, wenn sie versprechen, das die jungen Damen um Acht zu Hause sind, werde ich ihnen gestatten, das kleine Kaffeehaus am frühen Abend zu besuchen."

„Natürlich, Senior."

Mardena lächelte und beugte sich etwas zu Lance.

„Schließlich wollen wir ja nicht, das die junge Dame sich grämt, weil ich sie ihrer Gesellschaft beraube."

Lance neigte den Kopf leicht und lächelte, beide sahen den drei Damen entgegen, die jetzt auf sie zukamen.



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Sie passierten ein verlassenes Dorf hoch in den Bergen, denn sie hatten Italien verlassen und überquerten die Alpen. Ein eisiger Wind ging in den Höhen und Schnee lag auf dem Weg. Merlin hatte einen Schal umgebunden und den Mantel zugeknöpft, doch die eisige Kälte drang in jede Pore von ihm. Es hatte angefangen zu schneien und der Morgen kam langsam.

„Wir sollten in dem verlassenen Dorf bleiben, es ist spät", schrie Arthur gegen den Wind.

Merlin nickte, er sehnte sich nach etwas Warmes und Trockenes und sie ritten in das menschenleere Dorf. Anscheinend lebten dort Bergbauern, doch die Witterung und der karge Boden verscheuchten die Anwohner, die hier wohl keine Zukunft hatten. Merlin schaute über die Bergwelt, die trotzdem so schön anzusehen war, obwohl das Wetter unbarmherzig zuschlug. Schneebedeckte Gipfeln, die in der langsam begingenden Morgendämmerung hell leuchteten. Berge, die majestätisch hochragten, sich in die Bergkette eingliederten, als gehörten sie dorthin. Bald ginge die Sonne auf, die bestimmt nicht durch das dichte Schneetreiben eine Chance hatte, aber für Arthur trotzdem tödlich war.

Das Dorf war eine Ruine, man sah das es schon lange verlassen wurde. Fenster waren zerstört, Türen aus den Angeln gerissen. Teile von den Häuser eingestürzt und Dächer verrottet. Kaputte Möbel und Holz lagen auf der Straße verstreut. Hier lebte schon lange niemand mehr. Arthur hielt vor einem Haus, das noch einigermaßen gut aussah und stieg ab, nahm die Zügel und kam auf Merlin zu.

„Ich denke, hier können wir bleiben. Ich suche etwas Sicheres für die Pferde. Du kannst ja schon reingehen und ein Feuer machen."

Merlin sah zum Himmel, es wurde hell und er schüttelte den Kopf.

„Nein, ich bringe die Pferde unter und du gehst rein."

Arthur schaute zum Himmel, Schneeflocken fielen auf sein Gesicht und er nickte. Es war kurz vor Sonnenaufgang und für ihn zu spät, draußen zu verweilen. Merlin stieg ab, nahm die Zügel seines Pferdes und Arthur reichte ihm seine Zügel. Er nickte und führte die Pferde fort, während Arthur hineinging. Er legte sein Gepäck ab und schaute sich um. Das war wohl so etwas wie eine Taverne gewesen. Tische lagen auf dem Boden, Stühle teilweise kaputt drumherum. Eine Art Tresen, verblichen, doch noch einigermaßen instand und zeugte davon, das hier Getränke ausgegeben wurden. Alles staubig und dreckig, aber trocken und windgeschützt.

Arthur ging zu den Fenstern, die Läden außen aus Holz waren verrottet und hingen schräg an den Fenstern. Er öffnete die Fenster und zog sie davor, teilweise sehr schwierig, doch Arthur hatte genug Kraft. Sie waren zum Teil kaputt und dunkelten nicht mehr vollständig ab. Es quitschte, als er sie heftig zuzog. Danach nahm er von dem Holz und schichtete es in dem alten Kamin, der aussah, als wäre er lange nicht mehr benutzt worden. Bald knisterte ein Feuer darin und spendete Licht und Wärme.

Arthur kniete davor und rieb seine Hände. Als Vampir konnte er nicht erfrieren und bekam auch nicht so schnell kalt, doch auch er zog Wärme vor. Deshalb sein Hang zu den südländischen Länder, die zwar was die Sonne anging nicht so ideal für ihn waren, doch er liebte die Wärme, die fast das ganze Jahr dort herrschte.

Merlin kam herein und warf sein Gepäck auf den Boden und klopfte sich den Schnee ab. Seine Finger waren taub und er fühlte sein Gesicht nicht mehr.

„Scheiß Kälte hier oben", sagte er leise und kam zum Kamin, hielt seine Hände gegen die Wärme.

„Was ist mit den Pferden?"

„Ich habe einen Stall gefunden, der einigermaßen noch gut ist und habe sie gefüttert. Sie sind gut unter."

Arthur nickte. Wenn sie die Pferde verloren, wären sie hier oben auch verloren, zumindest Merlin. Es war schon schwierig die zerklüftete Pfade zu reiten, doch ihre Pferde fühlten wohl den unsicheren Boden und bewegten sich dementsprechend vorsichtig. Ein Ausrutscher wäre für Pferd und Reiter tödlich, doch die Kälte konnte auch töten.

Langsam wurde es Merlin etwas warm und er zog den Mantel aus, legte ihn so hin, das er trocknen konnte. Er nahm Luft, die Kälte schaffte ihn, war er das doch nicht so gewohnt. Hier oben in den Alpen war das Wetter mörderisch und die Luft dünner. Aber es gab keinen anderen Weg, anders hätten sie einen großen Umweg machen müssen. Er verstand nicht, das hier wirklich mal Menschen gewohnt hatten. Doch auch sie verloren den Kampf gegen die Natur.

Arthur stand auf und ging hinter die Tresen, der Jäger hörte wie er herumkramte und dann amüsiert sagte.

„Na sieh mal an. Eine Flasche Whiskey, versteckt unter den Holzbohlen. Ein guter Tropfen, scheinbar vom Wirt versteckt und vergessen. Gut für uns."

Er nahm zwei Gläser aus dem verstaubten Regal, blies hinein und schenkte von der goldenen Flüssigkeit ein. Er reichte ein Glas Merlin.

„Ein guter Brandy wäre mir lieber, aber man soll nicht undankbar sein", sagte dieser und trank ein Schluck. Warm und brennend lief der Whiskey seine Kehle hinab und tat gut. Er schaute Arthur an, der in die Flammen schaute, seine Augen so klar wie das Blau der See und er sah weg. Merlin schloss seine Augen, verdammt. Warum musste er Augen haben, die ihn an die blaue See erinnerten und dunkelblaue Kristalle wurden, wenn er zornig war.

„Hunger?", fragte Arthur.

Merlin öffnete die Augen, dankbar für die Ablenkung und sah ihn wieder an. Er antwortete mit einer Gegenfrage. Seit zwei Tagen in diesen mörderischen Bergen hatten sie nicht ein einziges Lebewesen gesehen.

„Und du? Du hast schon seit zwei Tagen nicht gejagt."

Er zuckte mit den Schultern und ein leichtes Grinsen kam über seine Lippen.

„Kann passieren, aber nicht so tragisch. Hier oben in den Bergen ist es schwierig jemand zu finden. Wir werden bald wieder im Tal sein."

Merlin fiel auf, das er wie selbstverständlich mit Arthur darüber sprach, das er schon lange kein Blut mehr getrunken hatte. Was ihn aber so erstaunte, war nicht diese Tatsache, sondern er selbst. Fing er jetzt damit an, ihn zu akzeptieren? Er wusste, das Arthur sehr glücklich wäre, wenn sein Wunsch in Erfüllung ging und Merlin seine Natur annahm. Aber vielleicht fragte er aus einem anderen Grund. Obwohl Arthur keine bösen Absichten hatte, brauchte er doch Blut und Merlin war das einzige Lebewesen weit und breit, der das hatte, was er begehrte. Na toll!

„Das dauert noch mindestens zwei Tage. Muss...Muss ich mir Sorgen machen?", fragte er deswegen.

Arthur schaute ihn amüsiert an, ein Funkeln in seinen so blauen Augen.

„Warum? Das ich zusammenbreche oder das du befürchten musst, das ich dich anfalle?"

„Nun, ich...", begann Merlin und stellte wieder fest, das er nichts über Vampire wusste. Wie lange konnten sie ohne Blut auskommen oder wie lange dauerte es, bis der Blutdurst so stark wurde, das sie es nicht mehr kontrollieren konnten? Auf beide Fragen hatte er keine Antwort.

„Es ist schon in Ordnung", sagte Arthur langsam, doch sein Blick lag an der Halsschlagader von Merlin.

Er hob den Blick, als Merlin ihn immer noch anstarrte, eine Frage in seinen Augen. Denn er hatte gesehen, wie Arthurs Blick zu seinem Hals wanderte und er sich unbewusst langsam über seine vollen, sinnlichen Lippen leckte.

Arthur nahm Luft und trank noch von seinem Whiskey. Doch Arthur war ein Meistervampir, etwas was Merlin auch nicht wusste und kein Anfänger des Vampirdaseins. Doch er musste zugeben, das Merlin schon verlockend war. Und er sah Merlins Blick, als seine blauen Augen die Linie seines Halses entlangstrichen. Also sagte er die Wahrheit.

„Ich höre wie dein Blut durch deine Adern rauscht, rieche das süße Aroma und ja...", er schaute ihn wieder an „Wenn Vampire länger nicht jagen, verstärken sich diese Sinne, weil alles auf den Blutdurst fixiert ist. Es ist so eine Art Überlebensstrategie. Doch ich habe das im Griff, also keine Panik."

„Und morgen und übermorgen? Dann auch noch?"

Die Frage war berechtigt, musste Arthur zugeben. Und wieder sagte er die Wahrheit. Natürlich hatte er Hunger und natürlich roch er Merlins Blut. Aber er würde etwas schwächer sein, aber mehr auch nicht. Und er würde niemals von Merlin trinken, wenn er das nicht ausdrücklich wollte. Und Arthur wollte, das er das weiß, ob er nun verführerisch war oder nicht.

„Ja", sagte Arthur und schenkte sich noch Whiskey ein „Ich werde dich nicht beißen, Jäger. Wenn alles gut geht, werden wir in zwei Tagen im Tal sein. Ich hatte schon öfter Durststrecken, das kriege ich locker hin."

„Und wenn nicht?" Merlin war noch nicht überzeugt und Arthur konnte ihn verstehen.

Er traute dem Ganzen nicht, eher aus Unwissenheit, was Vampire anging. Und er hatte ja nicht so unrecht, auch wenn er es mehr erriet als wusste. Arthur gab keine Antwort, denn er wusste nur zu gut, das es dann gefährlich für Merlin wurde. All seine Instinkte würden rebellieren und ihn dazu drängen, sich das Blut zu nehmen.

Merlin seufzte. Mag sein, das Arthur das im Griff hatte, aber über diese Brücke würde er nicht gehen. Es waren noch zwei Tage bis ins Tal, wenn sie gut voran kamen. Und wenn nicht, würde es noch länger dauern. Das Wetter in den Bergen war tückisch und könnte sie zwingen, zu rasten. Dadurch würden sie noch mehr Zeit verlieren, bis sie ins Tal kamen und Arthur jagen konnte. Er schaute ins Feuer, die Stimmung plötzlich gedrückt durch die Erkenntnis, das sie so schnell nicht nach unten kamen. Wenn der Schneesturm anhielt, könnten sie nicht weiterreiten. Es wäre zu gefährlich für die Pferde und für sie auch. Er trank aus und stand auf, ging zu seinem Gepäck und nahm ein Messer heraus. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Dann kam er wieder auf Arthur zu und blieb vor ihm stehen.

„Ich bin erschöpft und möchte heute Nacht in Ruhe schlafen, also..."

Er schnitt sich längst in den Unterarm und Blut quoll kaminrot aus der Wunde. Arthurs Nasenflügel blähten sich und seine Augen nahmen einen grünlichen Glanz an, als er seine Wunde anstarrte und sich mit Gewalt losreißen musste, um Merlin entsetzt anzusehen. Der süße Duft von Merlins Blut stieg ihm in seine Nase und er keuchte.

„Was tust du? Bist du verrückt?"

Es war einigermaßen erträglich gewesen, seinen Hunger zu kontrollieren, solange er kein Blut sah und roch. Doch Merlin beförderte die ersehnte Flüssigkeit jetzt zu Tage und reizte ihn damit mehr, als ihm lieb war.

Merlin hielt ihm mit unbeweglichem Gesicht seinen Arm hin, sein Blut roch so köstlich. Arthurs Fänge fuhren aus, seine Augen leuchteten nun smaragdgrün. Der Anblick und Geruch des Blutes war überwältigend für ihn und er drehte den Kopf, schaute weg.

„Trink", befahl Merlin ihm „Das ist die absolute Ausnahme und du solltest nicht so lange warten, bevor ich es mir wieder überlege. Weiß der Teufel, wann wir ins Tal kommen und ich möchte nicht mit einem Auge schlafen mit dem Messer in der Hand. Mit der Befürchtung, das du es doch nicht unter Kontrolle hast."

Arthur schaute ihn wieder an und das erste Mal fühlte Merlin keine Angst, als er ihn mit Verlangen und den ausgefahrenen Fänge anschaute. Er nahm Merlins Arm, fast behutsam ohne den Blick von seinem Gesicht zu nehmen und fragte mit einem Hauch von Ungeduld.

„Sicher?"

Merlin nickte. Er vertraute ihm, das er nicht soviel nahm. Aber er konnte sich auch irren und als blutleere Leiche aufwachen. Doch sie hatten keine Wahl. Obwohl Arthur seine Abstinenz locker abtat, war Merlin sich irgendwie sicher, das es nicht so einfach für den Vampir war, wie er ihn glauben machen wollte.

Ohne weitere Worte beugte sich Arthur über seinen Arm und legte den Mund an die Wunde. Er begann zu saugen und Merlin stöhnte ungewollt auf. Es hatte etwas Erotisches und ihm wurde warm, als Arthur sein Blut trank und er schloss seine Augen.

Arthurs Mund füllte sich von dem süßen Blut von Merlin, das so köstlich war. Er summte an seiner Wunde vor Vergnügen, als er das Lebenselexier schluckte. Meine Güte, sein Blut war wie Nektar und Arthur wusste jetzt schon, das er danach süchtig war. Er saugte stärker und Merlin ließ sich auf den Stuhl sinken. Eine angenehme Müdigkeit kam über ihn, die ihn schwach werden ließ.

Niemals hätte er gedacht, das es so ein gutes Gefühl war, wenn ein Vampir trank. Er schaute auf das blonde Haar von Arthur, wünschte sich plötzlich durch die seidenweiche Haare zu streicheln. Er fühlte wie die Hitze in seine unteren Regionen wanderte und keuchte auf. Verdammt! Er schloss seine Augen, ließ sich treiben. Es fühlte sich so wunderbar an.

Er war fast enttäuscht, als Arthur den Kopf hob und aufhörte. Er ritzte sich eine kleine Wunde mit seinen Eckzähnen, rieb sein Blut auf den Schnitt, der sich jetzt schloss und Merlin das mit Erstaunen beobachtete. Bald war nichts mehr zu sehen.

„Was passiert hier?", fragte er müde.

„Vampirblut hat heilende Kräfte. Durch mein Blut schließt sich die Wunde."

Merlin war wie berauscht und er stand auf, doch er schwankte und Arthur hielt ihn fest.

„Vorsicht, du bist etwas schwach."

Merlin schaute ihn an, ein anklagender Blick in seinen Augen, doch er sagte das mehr amüsiert.

„Hast wohl gut zugelangt, was?"

Arthur grinste, als er Merlin wieder auf den Stuhl setzte.

„Dein Blut ist wie Schokolade für mich. Köstlich und süß."

Merlin schaute ihn ernst an.

„Das war eine absolute Ausnahme, also bilde dir darauf bloß nichts ein. Ist das klar?"

„Glasklar", antwortete Arthur und legte noch Holz auf. Dann drehte er sich um, ihm war herrlich warm, sein Körper kribbelte und er schaute Merlin an. Einen Augenblick schienen sie in den Augen des anderen zu ertrinken, doch Merlin schaute weg. Es hatte etwas Intimes, als Arthur sein Blut trank und der Gedanke, das es nun in Arthur pulsierte, war...erregend. Er versuchte ihn nicht anzusehen, starrte in die Flammen und zog sich die Decke über die Schultern hoch.

„Danke", sagte Arthur leise.

Merlin sagte nichts und schaute ihn nicht an.

Arthur bereitete ihm sein Lager, denn Merlin war etwas geschwächt. Er hatte mehr genommen als er wollte, doch sein Blut...

Aufzuhören, bevor es gefährlich wurde, fiel ihm nicht schwer. Doch wenn er ehrlich war, musste er sich wirklich zwingen, etwas was ihm eigentlich fremd war. Doch der Gedanke Merlin vielleicht zu töten war stärker als sein Durst. Er würde ihn nie töten, zumindest nie absichtlich.

Er stützte Merlin auf dem Weg zu seinem Lager, der unsicher schwankte und die Augen nicht offen halten konnte. Die Strapazen der Berge und der Blutverlust schlugen nun gleichzeitg zu und er sank auf das gemütliche Lager. Arthur deckte ihn zu und schaute ihn an. Merlin schlief schon und er fuhr ihm zärtlich durch sein weiches, dunkles Haar.

„Schlaf gut, mein Jäger", flüsterte er und etwas später, nachdem er das Feuer erneuerte, legte er sich satt und müde auf sein Lager. Bald darauf fiel er in seinen Schlaf, die Sonne war aufgegangen, doch hier oben war alles grau. Gut für ihn, die angenehme, leichte Dämmerung war angenehm zum Schlafen.

Draußen heulte der Sturm und brachte noch mehr Schnee und Kälte.

Dunkles SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt