Dunkles Schicksal Kapitel 95

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Dunkles Schicksal


Kapitel 95



Es herrschte Hektik im Haus in Paris. Gestern hatte Merlin einen Anruf von der Hexe bekommen. Sie wollte ihn treffen und alle wussten warum. Um Merlin zu töten wie auch seine Schwester. Im Moment waren alle Streitigkeiten und Liebesprobleme beiseite geschoben und jeder bereitete sich auf den Kampf vor. Merlin war still und in sich gekehrt. Er hatte erreicht, was Sethos ihm gesagt hatte. Sie würden sich außerhalb von Paris an einer abgelegenen Stelle treffen, die Sethos anhand von Karten ausgesucht hatte. Das Gelände war einsam und einsehbar, aber bot auch genügend Platz zum Verstecken.

Die Hexe war auf alle Bedingungen, die Merlin gestellt hatte, eingegangen. Anscheinend war sie sich des Sieges sehr sicher. Merlin war mit Serena im Keller. Sie brauten ein Gemisch zusammen, die sie an die Leute verteilen würden. Ein magischer Schutz vor Magie, stark genug um einige Treffer auszuhalten.

„Reist du immer mit einer mobilen Hexenküche?", wollte Merlin wissen und sah auuf die großen Kisten in dem Raum, teilweise geöffnet.

Sie nickte.

„Ja, nicht in dem Umfang wie jetzt, aber ich habe immer Dinge dabei. Für den Notfall. Doch in den Kisten ist wesentlich mehr als normal. Es ist ja auch ein besonderer Anlass. Wo ist denn Arthur? Bin gar nicht gewöhnt, das er nicht hinter dir steht und dich nicht aus den Augen lässt."

„Er übt mit seinem Schwert. Lance ist bei ihm und einige andere", Merlin seufzte „Und ja, ich bin auch froh, das ich mal für mich bin. Er übertreibt es etwas."

„Etwas? Die Untertreibung des Jahres. Na hoffentlich ist Dante nicht auch dabei", sagte Serena „Vampire heilen ja sofort, wenn sie sich mit den Schwertern treffen; Dante nicht. Zumindest nicht sofort."

„Ich denke nicht, das er dabei ist, nachdem was passiert ist", sagte Merlin nachdenklich und schaute sich um „Ich wäre froh, sie würden damit aufhören...Beide."

„Tja. Dante legt es auch immer darauf an und ich weiß nicht, wieso Arthur immer darauf anspringt. Er hat seine Gefühle wohl nicht unter Kontrolle."

2im Moment scheinbar nicht", antwortete Merlin nachdenklich und sein Blick blieb an den Büchern hängen.

Sie lagen gestapelt auf einem Tisch; Serena hatte sie anscheinend ausgepackt. Merlin ging zum Tisch und nahm das erste hoch, las den Titel.

„Die Kunst der schwarzen Magie?"

„Ja. Es sind sehr mächtige Zauber darin", antwortete sie, während sie undefinierbare Dinge in den Sud warf, der jetzt eine giftgrüne Farbe annahm.

Merlin öffnete das Buch mit einem Zauber und beugte sich darüber, als er es auf den Tisch legte und las, während er es durchblätterte. Es war ein Buch, in dem Hexenzauber standen, die schon für eine sehr geübte Hexe und mit ausreichend Macht waren. Da Serena eine mächtige Hexe war, gab sie sich nicht mit einfachen Zauber ab. Merlin blätterte um und las. Erstaunt hielt er inne. In dem Buch war ein Zauber, der es ermöglichte, in die Geisterwelt zu kommen. Natürlich ohne zu sterben. Er las aufmerksam, dann murmelte er leise.

„Das gibt es doch nicht."

Serena sah hoch und zu ihm rüber.

„Was? Was liest du da?"

„Einen Zauber für den Einlass in die Geisterwelt. Wieso hast du mir nie gesagt, das es möglich ist?"

„Warum?"

Der Hexer sah sie an.

„Verstehst du es denn nicht? Ich könnte dorthin und mit meinem Vater sprechen."

Serena legte die Dinge, die sie in der Hand hatte beiseite und schaute ihn an.

„Merlin. Das ist sehr gefährlich, denn wenn du nicht aufpasst, dann kommst du da nie wieder raus und bist gefangen. Abgesehen davon...Wie stellst du dir das vor? Das da jemand am Eingang am Schreibtisch sitzt und du sagst; rufen sie mir bitte meinen Vater?"

„Nein. Warst du schon mal dort?"

„Nein. Ich habe kein Verlangen, die Toten zu sehen", sie kam rüber zu ihm und sprach eindringlich „Merlin. Die Geisterwelt hat ihre eigenen Gesetze. Und sie ist unendlich und verwirrend. Selbst wenn du dort bist, würde es nicht einfach sein, jemand zu finden. Zudem sind dort auch sehr böse Geister. Es ist auf vielerlei Arten gefährlich."

„Und wenn ich ihn finde? Könnte ich mit ihm reden?"

„Sicher."

Merlin sah nachdenklich auf das Buch, doch Serena schüttelte den Kopf.

„Nein. Vergiss es..."

Merlin nahm Luft und klappte das Buch zu, schaute zu der Hexe.

„Serena", sagte er und schien über etwas nachzudenken, doch dann sprach er „Wir werden vielleicht verlieren. Ich habe die Macht gespürt; diese wahnsinnige Macht, die mir meine Vorfahren gaben. Sethos sieht das wie einen normalen Kampf, aber das ist es nicht. Hier ist Magie im Spiel und das nicht wenig. Stark und mächtig. Sich einfach an sie anschleichen und sie zu töten wird nicht funktionieren. Und ich kann sie auch nicht töten, weil ich nicht an die gleiche Macht komme. Wir werden Leute verlieren; vielleicht auch welche, die uns am Herzen liegen."

„Seit wann bist du so pessimistisch?", fragte sie.

„Ich fand den Plan von Anfang an nicht gut. Viele sind dabei, die sich gegen Magie nicht wehren können, wie die Wölfe oder die Vampire. Die Nekromanten bleiben außen vor, schicken ihre Bodys in den Kampf, doch auch sie werden zerstört. Getötet ist ja der falsche Ausdruck; sie sind ja schon tot. Auch deine Mädchen und die Feen werden ihr nicht standhalten können. Das sind Tatsachen und hat nichts mit pessimistisch zu tun. Ich will nur einfach nicht, das welche sinnlos ihr Leben verlieren oder wegen mir."

„Aber sie wollen dir helfen."

„Sie helfen mir nicht, indem sie sterben", antwortete Merlin frustriert „Und sie wird alle töten und nicht zögern. Ich mache mir auch Sorgen wegen Arthur und auch Lance. Denn ich glaube nicht, das beide nur zusehen; Arthur auf keinen Fall, auch wenn er es versprochen hat. Ich kenne ihn; er wird versuchen mich zu beschützen. Und Lance Maria. Sie wird beide töten und das wäre..."

Er schüttelte den Kopf.

„Das alles gefällt mir nicht und ich weiß jetzt schon, das ich auf alle achte, wenn ich vor der Hexe stehe. Und sie wird das eiskalt ausnützen."

„Und was versprichst du dir von einem Gespräch mit deinem Vater? Vorausgesetzt du findest ihn."

„Er ist einer der Ahnen jetzt. Und er hasst seine Schwester. Vielleicht kann er mir helfen."

„Wie? Er ist tot, Merlin und er kann nicht in die Welt der Lebenden. Deshalb sagt man Geister, weil sie durchscheinende Körper haben, wenn sie erscheinen. Sie können sich in unserer Welt nicht manifestieren."

„Das weiß ich", sagte er niedergeschlagen „Ich weiß, das ich meine Eltern verloren habe und sie nie mehr zurückkommen."

Er schwieg einen Moment, doch dann nahm er Luft und sprach weiter.

„Wenn die Ahnen ihr keine Macht geben, wenn sie diese beschwört, dann würde sie nicht so stark sein und wir hätten eine Chance. Zumal sie nicht mehr bezahlen kann", grinste Merlin boshaft „Wie viel Seele hat sie wohl noch, das sie opfern kann? Da sie verrückt und böse ist, gehe ich mal davon aus, das nicht mehr viel übrig ist oder nichts mehr. Und ich denke, das mein Vater sie vielleicht zurückhalten könnte, ihr zu helfen."

„Merlin; das ist doch verrückt", sagte Serena „Abgesehen davon, das dieser Trip sehr gefährlich für dich ist, denkst du wirklich, du könntest die Toten überreden, ihr nicht zu helfen?"

„Nicht ich. Aber vielleicht mein Vater. Er gehört zu ihnen. Anscheinend haben sie immer noch Magie im Totenreich. Sie bleiben das was sie sind, auch wenn sie sterben. Und viele sind bestimmt dort, die ihren Tod ihr zu verdanken haben, als der Clan sich gegenseitig ausrottete."

Serena schüttelte nachdenklich den Kopf.

„Ich weiß nicht, Merlin...Das alles klingt nicht gut."

„Mag sein. Aber wenn wir alle sterben, weil wir sie nicht bezwingen können; das klingt auch nicht gut. Ich bin bereit, ein Risiko einzugehen. Für alle meine Freunde, die vielleicht sterben könnten und es nicht müssen, wenn ich erfolgreich bin. Denn ohne die Magie der Ahnen kann ich sie bezwingen. Und für Arthur, der um mich mal wieder zu beschützen, sterben könnte. Serena", sagte Merlin eindringlich „Ich könnte nicht damit leben, wenn er stirbt. Und du möchtest bestimmt niemand von den Mädchen verlieren."

Serena seufzte. Sie hielt nichts von einer Reise in die Geisterwelt. Zu viele Risiken. Doch Merlin hatte nicht schlecht argumentiert; sie würde schwer verkraften, einer ihrer Hexen zu verlieren oder andere, die sie mochte. Überhaupt; jedes Leben war wertvoll und sollte nicht von einer Wahnsinnigen zerstört werden. Kein Wolf, keine Fee, keine Hexe oder Vampir.

„Was wird Arthur dazu sagen?"

„Er wird dagegen sein, weil ich mich in Gefahr begebe und er nicht mit kann", antwortete Merlin „Aber ich werde es trotzdem tun. Für ihn und alle anderen. Ich kann und will nicht, das nur einer meiner Freunde stirbt. Und auch nicht Arthur und ich werde alles dafür tun. Ich könnte nicht damit leben, nur einen zu verlieren. Und ich würde zugrunde gehen, wenn sie mir Arthur nimmt. Das weißt du nur zu gut. Hilfst du mir?"

Serena zögerte, doch dann nickte sie.

„Wann triffst du diese Schlampe?"

„In drei Tagen."

„Gut. Ich bereite alles für den Hexenzauber vor. Muss selbst noch einmal lesen, was dazu notwendig ist und auf was ich achten muss."

Merlin nickte und ging zur Tür, öffnete sie.

„Merlin?"

Er drehte sich um.

„Wir haben keine andere Wahl, Serena. Nicht, wenn wir alle überleben wollen."

Dann ging er hinaus und Serena starrte die Tür an. Sie drehte sich um und widmete sich wieder nachdenklich dem Sud.



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Arthur kam auf die große Terrasse hinter dem Haus, als die Sonne untergegangen war. Merlin saß in der modernen großzügigen Sitzgruppe aus Rattan und grübelte vor sich hin, während er gedankenverloren an seinem Brandy nippte. Es war angenehm am Abend und das ständige Plätschern des kleinen Wasserfalls am Swimmingpool war beruhigend und einschläfernd. Der hintere Teil des Hauses war ebenso schön wie das Haus selbst. Der Garten hübsch angelegt und der beleuchtete Pool rundete das alles noch ab. Der Vampir kam auf die Sitzgruppe zu und setzte sich neben Merlin, auch er einen Bourbon in der Hand.

„Hier bist du", sagte Arthur „Ich habe dich schon im Haus gesucht. Ich hoffe ja nicht, das der Wolf in den Büschen sitzt."

„Nein", antwortete Merlin „Dante ist ausgegangen."

„Und hat dich nicht gefragt, ob du mit ihm zusammen Paris erobern willst?"

„Hat er", nickte Merlin „Aber ich hatte keine Lust."

„Verfluchter, kleiner Bastard", schüttelte Arthur den Kopf „Gibt es immer noch nicht auf."

Merlin schaute ihn an.

„Lass das jetzt mal beiseite, das mit Dante. Wir haben weiß Gott andere Probleme und ich will etwas mit dir bereden."

Der Vampir lehnte sich entspannt zurück.

„Na dann; raus mit der Sprache."

„Ich habe mit Serena geredet und...". Merlin stockte einen Moment „Ich werde durch Magie in die Geisterwelt gehen und meinen Vater suchen."

Arthur starrte ihn nur an, bis er endlich etwas sagte.

„Was?" Es klang geschockt, entsetzt. Doch dann schüttelte er den Kopf und sagte entschlossen „Nein. Auf keinen Fall. Ich lass dich nicht gehen."

Der Hexer nahm Luft. War ja klar, das sein Gefährte das nicht toll fand. Also würde es jetzt eine Diskussion geben, doch Merlin würde nicht davon abweichen.

„War ja klar, das du das sagst", sagte er nun „Wieso habe ich das nur gewusst?"

„Weil es bestimmt gefährlich ist", zischte Arthur „Es mag sein, das ich von deiner Magie nichts verstehe, doch in der Geisterwelt als Lebender herumzuspazieren ist ja keine selbstverständliche Sache. Deshalb sind diejenigen, die dort sind...Tot und du lebst. Sag mir, das es nicht so ist?"

„Du hast vollkommen recht, Arthur. Ich will dich nicht belügen. Nie mehr. Es ist gefährlich. Aber es ist etwas, was ich tun muss."

„Und was genau willst du tun?"

„Meinen Vater finden. Ich brauche seine Hilfe."

„Für was? Wir kommen doch allein klar."

„Nein, werden wir nicht", sagte Merlin „Wir werden sterben. Du hast keine Ahnung, was diese Hexe tun kann. Viele von uns werden sterben; das ist Fakt. Und sag mir jetzt nicht, das es nicht wahr ist. Ich könnte sterben, denn ich kann sie nicht besiegen. Ich brauche meinen Vater. Es ist kein gewöhnlicher Kampf, so wie Sethos das sieht. Es geht hier um Magie, Arthur. Mächtige, böse, alles vernichtende Magie und sie wird sie anwenden. Ohne Reue, ohne Mitgefühl. Ich muss das tun, Arthur; für uns alle und ich frage dich nicht um Erlaubnis. Ich sage dir das jetzt, weil du mein Gefährte bist und ein Recht darauf hast, es zu wissen."

„Kann ich mit dir gehen?"

Merlin schüttelte den Kopf.

„Nein. Das ist etwas, was ich allein tun muss."

„Aber...", wollte er einwenden, doch Merlin hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.

„Arthur...Ich weiß, das du mich andauernd beschützen willst, aber du vergisst, das ich ein Hexer bin und keinen Schutz brauche. Ich habe all die vielen Jahre allein überlebt; ohne dich und glaube mir, ich war oft in gefährlichen Situationen. Du kannst mich nicht so einschränken, das ich das Gefühl habe, nicht atmen zu können. Wenn du das tust, hat Dante recht, als er sagte, das ich dein Sklave bin und ich dir versuche, alles recht zu machen. Du musst mir meine Identität lassen, sonst werden wir beide es nie schaffen."

Arthur starrte zu Boden und das Schweigen war entweder gut oder nicht gut. Doch dann sagte er, ohne Merlin anzusehen.

„Es ist nicht leicht für mich, das zu tun. Alles ist nicht so leicht für mich, als ich dachte. Ich will dich nicht verlieren, Merlin."

„Dann lass mich tun, was nötig ist", antwortete der dunkelhaarige Mann „Was wir haben, ist eine Partnerschaft, aber glaube mir, wir sind noch weit entfernt von der Beziehung, die wir beide anstreben."

Arthur sah ihn an.

„Wie meinst du das?"

Merlin lehnte sich zurück und legte seinen Arm über die Rückseite des Sofas.

„Ich meine, das wir wieder zusammen sind, aber auch wenn es im Schlafzimmer leidenschaftlich hergeht, haben wir noch genug Probleme. Ich sagte schon, das der Sex zweitrangig ist. Vertrauen, Zugeständnisse, Verständnis ist mir wichtig."

„Warum sagst du das?", fragte Arthur.

„Weil ich immer noch das Gefühl habe, das du mich als dein Eigentum siehst", antwortete Merlin „Was man deutlich sieht, was Dante angeht."

„Er hat dich nicht zu berühren, denn du gehörst..." Arthur schwieg, schaute ihn an und Merlin nickte.

„Das genau meinte ich damit. Sag mir, Arthur; was bin ich für dich? Ein Besitz?"

„Nein. Du bist mein Gefährte."

„Aber du vertraust mir nicht", sagte Merlin.

„Das ist nicht wahr."

„Warum reagierst du dann so bei Dante? Mir kommt es vor, als hast du Angst, das er dir deinen geliebten Mantel wegnimmt. Das bin ich nicht und du vertraust mir nicht."

„Nein. So ist das nicht."

„Dann hör auf, dich wie ein Arsch aufzuführen. Wenn ich mit Dante irgendwo stehe und du mich wirklich lieben und vertrauen würdest, hättest du nur ein müdes Lächeln übrig, wenn er sich mit mir unterhält. Aber anscheinend tust du das nicht."

„Merlin...Du weißt, das es nicht wahr ist, was du sagst."

Der Hexer seufzte.

„Dann such mir den Arthur, den ich damals in Sevilla kennenlernte. Diesen Vampir, der so zärtlich zu mir sagte, das er mich liebt, das mir ein Schauer über den Rücken lief. Den Vampir, der erhaben über solche Typen wie Dante stand, die versuchten, ihm etwas wegzunehmen. Den Vampir, der mich sein ließ, was ich bin. Merlin. Der mir Vertrauen, Liebe und Verständnis entgegenbrachte und mich nicht einengte. Weder bei meinen Entscheidungen, noch was meine Unabhängigkeit anging. Den Vampir, der wenn er zu mir sagt, ich liebe dich, ich nicht das Gefühl habe, das da noch was dabei kommt. Nämlich...Und du gehörst mir. Ich bin kein Gegenstand, Arthur. Ich bin ein fühlendes Wesen und ich liebe dich, doch du bist nicht mein Besitz, sondern mein Gefährte. Wir gehen zusammen durch die Ewigkeit und stellen uns Problemen und Entscheidungen. Und ich habe jetzt entschieden, das zu tun und erwarte, das du mich unterstützt und nicht mit dem Spruch kommst...Du gehörst mir und ich verbiete es."

„Du bist nicht glücklich mit mir", sagte er leise.

„Ich will dich nicht belügen, also...Nicht wirklich. Denn es hat sich nicht wirklich etwas geändert", sagte Merlin „Du hast dich nicht verändert. Nicht so, wie ich mir das wünsche und anscheinend willst du das auch nicht wirklich."

„Natürlich will ich das."

Merlin stand auf und sagte.

„Wir reden später weiter; ich muss jetzt zu Serena und mich vorbereiten."

Arthur sprang auf.

„Merlin, ich erlaube das nicht! Du bleibst hier; ist das klar?"

Es klang wie ein Befehl. Endgültig, zornig und unwiderruflich mit der Erwartung, das er eingehalten wurde.

Merlin trat einen Schritt auf ihn zu.

„Verflucht nochmal, Arthur. Was habe ich in der letzten halben Stunde zu dir gesagt? Hast du überhaupt zugehört?", schrie er aufgebracht.

„Und wenn schon. Ich verbiete dir, allein dorthin zu gehen."

Merlin lachte bitter.

„Weißt du was? Du kannst mich mal. Ich werde jetzt gehen."

Als Merlin sich umdrehte, griff Arthur so schnell nach seinem Arm und umfasste ihn grob, so das es schmerzte.

„Wirst du nicht. Du bleibst hier", zischte Arthur, seine Augen grünlich.

Merlin zerrte und wollte sich losmachen und der Vampir knurrte, als er den Hexer mit einer Bewegung herumschleuderte und losließ. Merlin flog in den gläsernen Tisch, der unter der Wucht seines Körpers mit einem Klirren zersprang und er hart zwischen den Scherben auf dem Boden aufschlug. Da er nur ein T Shirt trug, hatten die Scherben seine Arme zerschnitten. Nach einem Moment stand Merlin auf; sein Rücken schmerzte und Blut lief von seinen Armen, in seinem Blick Unglauben, als er seinen Gefährten ansah. Wortlos schaute er den Vampir an, der jetzt mit grünen Augen und ausgefahrenen Fängen dem Blut folgte, das an seinen Armen entlang lief.

Ohne Worte und ohne den Blick von Arthur zu nehmen, hob er seine Arme und hielt seine Hände abwechselnd über seine Arme, während er leise „Santris avende" flüsterte. Die Schnittwunden waren verschwunden und nur noch das Blut auf seinen Armen zeugte von Wunden. Er sah an Arthur vorbei, denn Noel stand seitlich hinter Arthur und schaute den Vampir fassungslos an. Nun zu Merlin und ein Blick des Bedauerns war in seinen Augen. Merlin ging ohne Worte an Arthur vorbei Richtung Haus. Allein das er nichts sagte, empfand Noel schlimmer, als würde er Arthur anschreien. Doch der blonde Mann stand bewegungslos, so wie es nur Vampire konnten, wortlos da. Merlin betrat die Terrasse, an dessen Tür Dante lehnte, sich jetzt abstieß und vor Merlin trat.

„Merlin..."

Der Hexer sah ihn an. In seinem Blick etwas, was Dante verstummen ließ.

„Nicht jetzt, Dante."

Dante trat zur Seite und ließ Merlin vorbei; er drehte sich um und schaute zu dem Vampir und sein Blick war düster und zornig. Doch er wandte sich wieder zur Tür und ging hinein.

Noel hingegen stand immer noch schräg hinter Arthur, dessen Augen jetzt wieder blau waren, doch er hatte sich nicht bewegt. Noel wusste, das der Vampir ihn bemerkt hatte, aber nicht reagierte.

„Was hast du getan, Arthur?", fragte Noel kaum hörbar.

Er registrierte, wie Arthur sich anspannte, bevor er sich langsam nach seinem langjährigen Freund umdrehte.

„Ich denke, das geht dich nichts an, Noel."

Noel trat auf ihn zu und blieb vor ihm stehen. Seine dunkelbraunen Augen schienen fast schwarz zu sein, als er ernst sagte:

„Ich denke doch."

„Lass mich allein und kümmere dich um deine Angelegenheiten."

„Genau das werde ich nicht tun."

„Noel!"

Noel kam noch näher und beugte sich etwas vor. Er war zornig, denn er hatte alles gesehen, sowie Dante.

„So hatte es bei ihm auch angefangen, Arthur. Mit dem ersten Blut, das bei seinen Geliebten floss. Ich brauche dir ja nicht zu sagen, wie es weiterging und wie es...Endete."

„Was willst du mir erzählen?", fuhr ihn Arthur an. Noel sah ihn einen Moment an, doch dann sagte er.

„Ich rede von Alexej. Und du bist auf dem besten Weg genauso wie er zu werden. Also hat er letztendlich doch gewonnen und seinen Protegé gefunden."

Mit diesen Worten drehte er sich um und ging zurück zum Haus. Er sah nicht mehr Arthurs entsetztes Gesicht, der ihm völlig fassungslos nachsah, als er ins Haus trat. Arthur wusste nicht, wie lange er dort stand. Unbeweglich, gelähmt und Noels Worte in seinem Kopf wie bei einem Echo nachhallten.

Du bist wie er...Sein Protegé...Du bist wie er...Protegé...Alexej...Du bist wie er...

Endlich drehte er sich um und starrte die Scherben auf dem Boden an, ging langsam auf die Sitzgruppe zu und setzte sich. Gedankenverloren und entsetzt stützte er seine Arme auf seine Beine und legte sein Gesicht in seine Hände.

Nein! Nein! Er wollte nicht wie Alexej sein...Niemals. Er hasste ihn abgrundtief und verachtete ihn mehr als alles andere. Er würde nie so sein wie Alexej und doch war da eine Stimme in ihm, die ihm andauernd zuflüsterte, das Noel recht hatte.

Was war nur aus ihm geworden?

Entsetzt und voller Abscheu vor sich selbst, stand er auf und erhob sich geräuschlos in die Luft und war im nachtschwarzen Himmel verschwunden.



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Merlin stand im Bad und starrte das Waschbecken an. Er war mehr als geschockt und jetzt, da er allein war, konnte er seine Fassung fallen lassen. Er hätte niemals gedacht, das Arthur dazu fähig war. Und es war kein Versehen; das war er sich mehr als bewusst. Obwohl auch Merlin ihn manchmal durch die Luft wirbelte, war das nicht annähernd so wie eben. Arthur hatte ihm befohlen nicht zu gehen und als er sich widersetzte, da wurde er in seinem unkontrollierten Zorn handgreiflich und hatte ihn verletzt.

Er drehte sich um und zog sein Shirt hoch; die Stelle wurde langsam blau. Dort, wo er hart aufgeschlagen war. Wieder stützte er sich auf dem Marmorbecken ab, das jetzt blutverschmiert war und schaute fassungslos in das Becken ohne es wirklich zu sehen. Zu allem Überfluss hatte Dante und Noel das auch mitbekommen und der Wolf war mehr als sauer. Das hatte er in seinen Augen gesehen, die mehr Wolf als Mensch gewesen waren. Während Noel eher total fassungslos und geschockt war, als er Arthur ansah.

„Es war eine Frage der Zeit", sagte jemand und der Hexer schreckte auf.

Sethos stand in der Tür, lässig angelehnt, wie es seine Art war. Und auch so ruhig, wie er gewöhnlich war. Und Merlin hatte ihn nicht gehört, als er die Tür geöffnet hatte. Verfluchte, scheiß anschleichende Vampire! Im Moment wollte er keinen sehen, obwohl Sethos ja nichts dafür konnte.

„Hätte nicht gedacht, das es sich so schnell herumspricht", sagte Merlin bitter.

Sethos Nasenflügel blähten sich etwas; er roch Merlins für Vampire verführerisches Blut, doch der Vampir hatte sich unter Kontrolle. Er war alt und erfahren, obwohl er nicht älter als Merlin aussah.

„Noel war bei mir. Nicht zu schweigen von einem wütenden Wolf, der die Treppe hoch stürmte, als wollte er jemanden in Stücke reißen."

„Ich weiß", sagte Merlin und öffnete den Wasserhahn, begann das Blut abzuwaschen, damit Sethos es leichter hatte. Obwohl auch sein T Shirt etwas abbekommen hatte.

„Weißt du; ich habe das Ganze beobachtet, seit du dich entschlossen hast, wieder mit ihm zusammen zu sein. Und ich habe befürchtet, das dies passiert."

„Und nun ist es passiert", sagte Merlin sarkastisch und doch niedergeschlagen „Ich hoffe, du kommst jetzt nicht mit dem Spruch...Ich habe es dir gesagt, denn das ist das Letzte was ich jetzt brauche. Mir reicht schon Dantes vorwurfsvolles Gesicht, in dem das gestanden hatte."

Der Vampir schüttelte den Kopf.

„Nein, werde ich nicht."

„Gut."

Sethos kam näher und reichte Merlin ein Handtuch. Seine Arme wiesen keinerlei Wunden vor und jetzt sahen sie aus wie immer.

„Arthur ist nicht..."

Merlins Kopf zuckte hoch.

„Auch das du ihn jetzt verteidigst, ist das Letzte, was ich brauche. Also lass es!", fiel er Sethos ins Wort.

„Werde ich nicht. Was er getan hat, ist gelinde gesagt scheiße. Kein Vampir greift seinen Gefährten an; nicht so. Absichtlich oder unabsichtlich."

Merlin schnaubte abfällig.

„Ich könnte dir noch einige nennen."

„Ja. Kein Vampir, der seinen Gefährten liebt und etwas auf sich hält", verbesserte Sethos sich „Was er getan hat, ist in unseren Augen schändlich. Ich wollte eben sagen, das Arthur sich verändert hat. Er ist nicht der Vampir, den ich kenne."

„Nein. Ist er nicht", sagte Merlin und es klang traurig „Ich erkenne ihn selbst nicht mehr. Er ist wie...". Er sprach nicht weiter und der Vampir vervollständigte den Satz mit einer Frage:

„Wie Alexej?"

Merlin gab keine Antwort und doch hatte Sethos seine Antwort.

„Kanntest du ihn gut?", fragte der ägyptische Vampir.

„Gut genug, um zu wissen, das er ein sadistischer Psychopath war", sagte Merlin zornig. Er war daran schuld, das Arthur sich so verändert hatte, das diese Zeit in Moskau verheerende Konsequenzen mit sich zog, die er einfach nicht in den Griff bekam. Sethos nickte.

„Du kanntest nur die Spitze des Eisberges. So wie ich und alle anderen, die einmal Kontakt hatten. Außer Noel. Er kannte ihn sehr gut. Und er hat Arthur lange, sehr lange unter Kontrolle gehabt und ihm Dinge angetan, die unaussprechlich sind."

Merlin sah vom Spiegel zu dem Vampir.

„Jetzt verteidigst du ihn doch?"

„Nein", schüttelte der Vampir den Kopf „ Ich will damit sagen, auch wenn Arthur es nicht sehen will und verleugnet, hat Alexej ihm sein Zeichen aufgedrückt. Und so lange er sich dem nicht stellt, solange kann er nicht zurück."

„Was meinst du?"

Sethos lehnte sich an die Wand und stellte ein Bein hoch.

„Dieser Kontrollzwang und diese abartige Besitzgier, befehlen und erwarten, das derjenige kuscht, dem er etwas befiehlt sind die typischen Merkmale. Und auch der unkontrollierte Zorn spricht für sich, denn sein Meister war genauso. Wer ihm nicht folgte, spürte es schmerzlich."

„Ich dachte, das du das Arschloch gemieden hast", sagte Merlin „Wieso kennst du ihn so gut?"

„Ich kenne ihn nicht und ich habe ihn gemieden, bis zu dem Tag, an dem ich ihn getötet habe. Nein, Noel hat mir einiges erzählt, denn er kannte ihn wirklich gut. Und er kennt Arthur, als wäre er sein Bruder. Ich meine...Er kennt den Arthur, der dich liebt und dir das nie angetan hätte. Den Arthur, den wir alle kennen und der in ihm steckt; irgendwo."

Merlin nahm Luft.

„Mag sein. Aber er ist lange fort."

Er ging zur Tür und öffnete sie, nachdem Sethos sie geschlossen hatte.

„Was wirst du tun?", fragte Sethos. Merlin blieb stehen, doch er drehte sich nicht um, als er antwortete.

„Nichts. Ich muss jetzt zu Serena und wir müssen uns vorbereiten. Ich habe im Moment keine Zeit mir darüber Gedanken zu machen, denn ich habe eine Aufgabe. Meine Schwester retten und diese Hexe auszulöschen. Das hat jetzt Vorrang."

„Du wirst das wirklich durchziehen?"

Merlin nickte. Er wusste, das Serena alle anderen eingeweiht hatte. Und das war auch richtig so. Merlin würde versuchen sich Hilfe zu holen; von einer Seite, die dieser Hexe nie im Traum einfallen würde. Und ihnen allen das Leben retten würde.

„Ja, denn ich lasse mir nichts befehlen. Von niemanden."

Er ging hinaus und Sethos sah ihm nachdenklich nach.



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Als er zu Serena in den Keller kam, sah sie vom Tisch auf und schaute ihn einen Moment an, bevor sie sagte:

„Ich habe es schon gehört."

Merlin winkte ab.

„Ich will nicht darüber reden. Aber dafür über den Zauber. Hast du dich informiert?"

Sie nickte.

„Ja. Das Ganze läuft über ein Portal in die Geisterwelt. Nur jemand, der Portale öffnen kann, ist fähig dorthin zu gelangen."

„Ich kann das."

„Ja. Das Gefährliche daran ist, das du als ein lebendes Wesen dich nur eine begrenzte Zeit dort aufhalten kannst. Nach dieser Zeit wird es dir unmöglich sein, wieder in die Welt zurückzukommen. Die Gefahr dabei ist, das du kein Zeitgefühl dort hast, weil sie unendlich ist. Das Gesetz der Geisterwelt; die Umstände sind ganz anders. Und jemand, der lebt...Ist dort ein Eindringling. Etwas was nicht da hingehört. Wie ein Parasit in einem Körper, der versucht ihn loszuwerden."

„Wie?"

„Du wirst sterben", sagte sie nüchtern „Und dich der Geisterwelt anpassen. Damit hat diese Ebene das Problem gelöst."

Merlin nickte. Das erschien ihm logisch.

„Wie lange habe ich Zeit?"

„Maximal zwölf Stunden", sagte sie und fügte warnend hinzu „Aber reize das nicht bis zum Äußersten aus. Je schneller du da wieder weg bist, umso besser. Und hüte dich vor dem dunklen Teil der Geisterwelt, denn dort sind die bösen Jungs. Und in diesem Teil wird sich dein Vater nicht aufhalten. Im Kleingedruckten steht, das du sehr intensiv an denjenigen denken sollst, den du herbei wünschst."

„Sie können Gedanken lesen?", fragte Merlin erstaunt.

„Ich weiß es nicht. Ich war noch nie dort, aber wie ich schon sagte...Die Geisterwelt hat andere Gesetze. Dort ist nichts, was du mit unserer Welt vergleichen könntest. Gib acht. Nehme eine Uhr mit und stelle sie auf elf Stunden, denn du wirst dich in der Zeit verlieren. Beherzige das, Merlin."

„Werde ich."

„Wann willst du es machen?"

Ohne ein Zögern antwortete Merlin.

„Jetzt!"

Serena schaute ihn einen Moment an.

„Wie eine Flucht?"

Der Hexer nahm Luft.

„Ich will jetzt nicht darüber reden. Ich konzentriere mich jetzt auf diese Sache. Gib mir das Buch, damit ich mir den Hexenspruch einprägen kann."

Serena reichte ihm das Buch, während sie fragte.

„Wo ist er?"

„Weiß ich nicht und ehrlich gesagt, interessiert es mich jetzt nicht. Im Garten oder sonst wo. Vielleicht hat ihn Dante auch verprügelt, denn er war richtig wütend. Was auch immer; ich bin gleich weg. Und es wäre mir recht, wenn du das Thema jetzt nicht mehr ansprichst."

„Ja, gut", sagte sie und reichte ihm eine Armbanduhr. Merlin stellte die Zeit ein und nickte, schaute sie an und meinte.

„Wünsche mir Glück."

„Viel Glück."

Der Hexer begann mit dem Zauber; er hob die Hände und sagte beschwörend die Wörter. Langsam formte sich ein Portal, wurde immer größer und größer. Doch im Gegensatz zu den gewöhnlichen Portalen, die Merlin hexte, war dieses nicht blau, sondern dunkel und machte einen bedrohlichen Eindruck. Als das Tor wallend auf der richtigen Größe war, drehte sich Merlin um und nickte der Hexe zu. Jetzt trat er auf das Portal zu und hinein. Er hörte noch Serena rufen.

„Sei vorsichtig und beachte die Zeit. Alles Gute."

Dann schloss sich das Tor hinter Merlin und er war weg. Serena starrte auf die Stelle, wo noch eben ein Portal war. Sie hatte ein mulmiges Gefühl, denn sie kannte Geschichten von anderen Hexen, die schon mal dort waren. Und was sie erzählten, klang nicht sehr erbauend und sie würden freiwillig nicht wieder dort hingehen.

Dazu kam, das sie sich um Merlin Sorgen machte; seine Emotionen. Denn wenn er Erfolg hatte, würde er seine Eltern wiedersehen und genauso wie sie ausgesehen hatten, als sie starben. Sie würden ihm in fester Form gegenüber stehen, könnten sich berühren. Durchsichtige Geister waren sie nur, wenn sie die Geisterwelt verließen und in die Welt der Lebenden eintraten. Doch dort konnten sie keine feste Form annehmen und blieben geisterhafte Erscheinungen, die sich nicht lange aufhalten konnten und zurück mussten.

Merlin könnte sie nicht mit zurück nehmen, so sehr er das auch wollte. Und er müsste sie wieder verlassen; für immer. Sie hoffte, das er das im Griff haben würde.



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Arthur saß an der Seine und starrte in das dunkle Wasser. Er war an einen einsamen Ort des Stadtflusses geflogen, um einfach nur weg zu kommen, denn er hatte das Gefühl, das ihn alle hinter den Fenstern anblicken würden. Und er musste das Entsetzen loswerden, das ihn gepackt hatte. Abscheu stand in seinen schönen Gesichtszügen; Abscheu vor sich selbst. Er hatte Merlin verletzt. In seinem unkontrolliertem Zorn hatte er ihn so verletzt, das er blutete, geschweige davon, das er ihn mit Absicht auf den Tisch geworfen hatte. In dieser unbändigen Wut, weil er nicht tat, was er wollte.

Doch nichts mehr war von dieser Wut geblieben, denn das Entsetzen über das, was er getan hatte, überstieg alles, so wie seine Abscheu vor sich selbst. Doch was noch viel viel schlimmer war, als alles was vorgefallen war...Noels Worte. Und er hatte sie nicht einfach nur so dahin gesagt. Nein; was er sagte, hatte er auch so gemeint. Panik stieg in ihm hoch, als sie wieder in seinen Gedanken hallten. Wie etwas, was nicht mehr gehen wollte und bestätigte, was Noel sagte. Er sprang auf in seiner Panik Attacke und ging hin und her.

Nein...Nein und nochmal nein; er wollte nicht ein zweiter Alexej sein. Nie und er hatte sich so sehr dagegen gewehrt. All die vielen Jahre des Schmerzes und der Erniedrigung hatte er sich gewehrt, die Lehren seines Meisters anzunehmen. Und je mehr er sich dagegen wehrte, umso grausamer war er gewesen. Ja; er sagte oft, das Arthur alle Voraussetzungen für einen Protegé hatte und er stolz wäre, wenn er eines Tages ihm nacheifern würde.

Doch er hatte sich gewehrt und umso blutiger und abartiger war Alexej geworden.

Hatte er letztendlich gesiegt? Arthur schaute verzweifelt in den dunklen Himmel und schüttelte den Kopf.

„Nein, nein", sagte er leise „Niemals."

Und doch hatte Noel mit diesen Worten in ihm Entsetzen und Panik ausgelöst. Die Panik Attacke verstärkte sich, als er an Merlin dachte. Er würde ihm nie mehr verzeihen und ihn verlassen. Dieser Gedanke schnürte ihm die Brust zu und er griff danach, als wollte er sein totes Herz beruhigen. Er musste zurück und Merlin um Verzeihung bitten. Bevor es zu spät war. Ohne weitere Verzögerung erhob er sich in die Luft und flog zurück. Ein paar Straßen weiter landete er und ging mit großen Schritten Richtung Haus. Doch als er die Veranda betrat, kam jemand aus dem Schatten. So schnell und völlig unsichtbar und zerrte ihn abseits in den dunklen Garten vor dem Haus. Arthur machte sich los und sah denjenigen an, der ihn weggezerrt hatte. Es war Noel.

„Noel. Was soll das?", herrschte er den Vampir an.

„Ich muss mit dir reden. Bevor das Ganze eskaliert."

„Inwiefern?" Arrogant und abweisend hob er etwas den Kopf, als er die Frage stellte.

„Hör auf, mich von oben herab zu behandeln, du Arschloch", zischte Noel „Bevor ich etwas tue, was mir später leid tut. Du bist ein völliger Arsch und Vollidiot und solltest eigentlich wie ein geprügelter Hund dich durch den Hintereingang schleichen. Obwohl dort drin eine Menge Leute sind, die diese Prügel gerne übernehmen würden; mich eingeschlossen. Also halte deinen saudummen Mund, wenn nur Scheiße herauskommt. Und hör auf, den arroganten Vollarsch zu spielen, sonst prügele ich diesen Mist jetzt und hier aus dir heraus."

Arthur sah ihn überrascht und fassungslos an. So hatte er Noel noch nie erlebt; diesen sanften Vampir, der fast nie seine Stimme erhob. Ach was. Er hatte noch nie erlebt, das Noel so zornig war wie im Moment. Er schickte in Gedanken ein Memo an sich selbst, den ruhigen, sanften Noel nicht zu unterschätzen. Er sah kurz zum Haus, das hell erleuchtet war, dann wieder zu dem zornigen Noel, doch er sagte nichts.

„Können wir jetzt reden?"

„Was willst du?", fragte Arthur; jetzt nicht mehr so von oben herab.

Er traute Noel durchaus zu, das er keine leeren Drohungen machte. Noel war eigentlich sanft und nett, doch anscheinend konnte er auch anders.

„Ich möchte wissen, was mit dir los ist? Was hast du dir dabei gedacht, als du das Merlin angetan hast?"

Arthur gab keine Antwort. Noel trat näher auf ihn zu und fragte aggressiv.

„Was ist? Hat es dir jetzt die Sprache verschlagen; du Arsch?"

„Hör auf, mich so zu nennen."

„Ich könnte dir noch viel schlimmere Namen geben, doch eigentlich will ich eine Antwort. Also?"

Arthur nahm Luft.

„Nichts. Ich hatte nichts gedacht. Es...Es ist einfach passiert. Ich war so zornig und..."

„Warum?"

„Merlin wollte in diese Geisterwelt und ich war dagegen. Doch er hörte nicht zu und war meiner Bitte nicht gefolgt."

Noel lachte auf. Es klang bitter.

„Bitte? Du willst mich wohl verarschen."

Arthur schwieg und Noel nickte grimmig.

„Eher ein Befehl."

Da der blonde Vampir nicht antwortete, bestätigte er eigentlich damit Noels Vermutung, der jetzt weitersprach.

„Seit ihr hier in Paris seid, hast du Merlin nachgestellt, ihn kontrolliert und ihm deine Befehle aufgezwungen. Ihn mit deiner maßlosen Besitzgier in den Wahnsinn getrieben und ihm keinen Freiraum gelassen. Und zum Schluss ihn angegriffen und ihn verletzt, weil er es gewagt hatte, dir zu widersprechen. Und das war erst der Anfang. Sag mir. Kommt dir das bekannt vor?"

„Ich bin nicht wie er", zischte Arthur ihn jetzt an. Noel lachte sarkastisch.

„Nein? Weißt du; ich kannte ihn viel länger als du. Da wusstest du noch nicht, das er überhaupt existiert, als er mich verwandelt hatte. Ich war von Anbeginn meines Daseins als Vampir in diesem scheiß Loch mit diesen scheiß Vampiren und Alexej. Und kurz nach meinem Tod als Mensch hatte er damit angefangen. Zuerst hat er seine derzeitigen Geliebten kontrolliert, beherrscht und ihnen seinen Willen aufgezwungen. Doch irgendwann war das ihm nicht mehr genug. Er wurde so unkontrolliert zornig wie du, wenn sie sich widersetzten; wenn sich jeder widersetzte. Ich habe ihn Vampire grausam und langsam töten sehen, nur weil sie es gewagt hatten, anderer Meinung zu sein. Und mit jedem Liebhaber wurde er grausamer und hatte eine perfide Freude daran, wenn er sie so verletzte, das Blut floss. Und er wollte mehr von diesem Rausch, diesem Rausch, sie zu quälen und zu dominieren. Er wurde erregt, wenn sie sich verletzten und bluteten und er wollte mehr. Der Anfang einer sadistischen Bestie , die sich daran ergötzte, ihre Partner zu foltern oder sonst jeden, der ihm die Stirn bot. Es wurde so schlimm, das er nur noch erregt war, wenn sie stöhnend und blutend vor ihm lagen und er sich an ihnen verging. Mehr brauch ich dir nicht zu sagen, denn dann kamst du und hast seine Aufmerksamkeit erregt. Doch du warst stark, hast nicht aufgegeben, wie andere die sich umbrachten, weil sie diese Qual und Erniedrigung nicht mehr ertragen konnten. Ich habe Vampire gesehen, die sich in vollem Bewusstsein in die Sonne stürzten, nur um ihm zu entkommen."

„Warum erzählst du mir das jetzt?", fragte Arthur „Du hast nie darüber geredet."

„Nein, weil es schlimm war und ich es nie ändern konnte. Und weil ich es vergessen wollte. Doch jetzt hast du die selben Anzeichen und ich habe...Angst. Angst, das du so wirst wie er."

„Nein", schrie Arthur fast „Ich werde nie wie er sein."

„Das bist du schon", sagte Noel leise.

Arthur schaute ihn entsetzt an und auch ein Anflug von Panik in seinem Gesicht, als er vehement den Kopf schüttelte.

„Nein...Nein."

Noel nahm untypisch Luft.

„Arthur. Alle Anzeichen sind da. Wut, Kontrolle, Besitzgier und auch den Hang Merlin sein Leben zu befehlen. Was er tun und lassen soll und vor allem die Erwartung von dir, das er dir gehorcht. Diese unkontrollierte Wut und der Hang, dich auch schmerzhaft durchzusetzen. Die Lust, als er blutend vor dir stand. Die Lust, von ihm zu trinken und ihn dabei zu vögeln. Sag mir, das es nicht stimmt, was ich sage."

Arthur starrte ihn immer noch wortlos und entsetzt an, bis Noel leise sagte.

„Du bist wie er, Arthur. Und solange du dir nicht eingestehst, das ich recht habe; solange wirst du daran nichts ändern. Noch ist es nicht zu spät; noch kannst du zurück. Aber du denkst, das du alles richtig machst und verleugnest, was du tust. Du gestehst dir nicht ein, das du auf einem Weg ins Verderben bist. Und du rutscht immer weiter ab. Merlin ist Gott sei Dank keiner von der schwächlichen Sorte, die sich damals nicht wehren konnten, so wie du oder ich. Doch er wird dich verlassen und er wird diesmal nicht wiederkommen. Du wirst ihn verlieren; endgültig."

„Was soll ich nur tun, Noel?", fragte er verzweifelt.

Nichts mehr war von dem arroganten, überheblichen Vampir im Moment übrig und im Moment stand der verletzliche Arthur vor ihm, den Noel so oft in den Armen gehalten hatte. Er hatte alle Tarnung fallen gelassen und übrig blieb der verletzliche Vampir, der er damals war.

„Stelle dich deinen Fehlern. Gefahr erkannt; Gefahr gebannt. Der Spruch kommt nicht von ungefähr", antwortete Noel „Und lass Merlin sein Leben leben. Nicht alles, was du tust oder er tut, muss dir oder ihm gefallen. Akzeptiere seine Entscheidungen und passe dich an. Hör auf, ihn ständig zu kontrollieren und ihm dieses und jenes zu verbieten. Wie den Umgang mit dem Wolf."

„Die Töle will ihn mir ausspannen", sagte Arthur genervt. Noel zuckte die Schultern.

„Na und? Wenn du dir der Liebe und Vertrauen von Merlin nicht sicher bist; dann lass ihn gehen. Merlin liebt dich; er hat dich immer geliebt. Was mir jetzt manchmal wirklich ein Rätsel ist. Selbst ich weiß, das er nie mit Dante ziehen wird und ich liebe ihn nicht. Vertrau ihm und bleib erhaben, was den Wolf angeht. Hör auf, ihm ständig etwas zu befehlen. Frag ihn, aber befehle nicht. Ihr seid gleichgestellte Partner...Gefährten. Wenn du zornig bist, dann tobe dich mit einem anderen Vampir aus oder kämpfe mit dem Wolf, um dich abzureagieren. Doch noch wichtiger ist, das du deinen Zorn kontrollierst und nicht der Sklave deiner Emotionen bist."

Arthur sagte nichts, hörte aber aufmerksam zu.

„Lance erzählte mir, das früher deine menschliche Partner dich geliebt haben. Du warst nie aufbrausend, hast sie nie kontrolliert, sondern warst aufmerksam, liebevoll und treu. Was ist nur geschehen, Arthur?"

Er schnaubte abfällig.

„Diese Eigenschaften hat mich Alexej ausbluten lassen und sie mir heraus gefickt."

„Nein", sagte Noel sanft „Du hast sie nur in den hintersten Winkel verbannt, weil sie dich schwach machten. In dieser Zeit brauchtest du Stärke, Härte und Gefühllosigkeit, um das...Um ihn zu überstehen. Doch Alexej ist tot; er kommt nie wieder. Es wird Zeit, das du den Arthur, der all diese lobenswerte Eigenschaften hatte, wieder zum Leben erweckst. Sei wegen mir arrogant, überheblich und manchmal grausam. Du bist ein verfluchter Vampir, doch nie zu deinem Gefährten. Nie. Sonst wirst du wieder allein sein...Einsam und Merlin weg. Für immer."

„Denkst du, das er mir verzeiht?", fragte Arthur.

„Ich weiß es nicht", antwortete Noel „Doch wenn du Merlin liebst und ich sage liebst und nicht das Wort, das er dir gehört...Dann kämpfe, mit allem was du hast. Doch bevor du in den Kampf um Merlin ziehst; bekämpfe dich selbst. Denn wenn du dich nicht besiegen kannst, ist alles andere umsonst."

Arthur starrte zu Boden und es entstand Schweigen. Er musste sich ändern; er konnte sich ändern. Er musste den Arthur finden, den alle gerne sehen wollten. Noel hatte recht. Gott, wie sehr hatte er recht und er hatte das gebraucht. Er hatte Noel gebraucht, der ihm zuvor unverblümt ins Gesicht gesagt hatte, was er nicht sehen wollte und was ihm mehr Angst und Panik machte, als einen Sonnenaufgang.

So zu werden und zu enden wie sein sadistischer Meister. Ex Meister.

Nein. Er würde kämpfen und Merlin die Liebe geben, die er verdiente. Diese Liebe, die tief in ihm war, begraben unter den bösen, schlechten Eigenschaften, die im Moment dominierten.

Wenn es nur nicht zu spät war.

„Ist er drin?", fragte er jetzt Noel leise. Dieser schüttelte den Kopf.

„Nein. Merlin ist in der Geisterwelt und wir alle hoffen, das er Erfolg hat und zurück kommt."

Arthur nickte leicht.

„Das hoffe ich auch. Für uns alle und für...Mich. Danke, Noel. Danke für deine harten, lieblosen Worte und das du mich nicht aufgibst."

„Dieser arrogante, selbstsüchtige Vollidiot würde mir fehlen und ich hätte keinen mehr, dem ich in den Arsch treten kann", lächelte Noel leicht „Und an deiner Stelle würde ich im Keller verschwinden, denn im Moment sind sie nicht gut auf dich zu sprechen. Lexi will dir das Gesicht zerschneiden; Siton seine Bodys auf dich hetzen und Serena dich verhexen. Ganz zu schweigen der Wolf; er würde dir gerne die Kehle raus reißen. Und Sethos..."

„Sag es nicht. Ich werde heimlich ins Zimmer verschwinden."

Noel sah zum Himmel.

„Es ist bald Sonnenaufgang."

„Ich kann nicht ruhen; erst wenn ich weiß, das Merlin zurück ist. Aber ich werde auf unserem Zimmer warten."

Noel nickte und Arthur flog hoch zum großen Balkon hinter dem Haus. Er öffnete die Tür und trat in ihr gemeinsames Zimmer. Es wirkte so leer ohne Merlin. Arthur verschloss die Tür, ließ die Läden herunter und zog seinen Mantel und Schuhe aus. Er hatte nicht gejagt, aber das war egal. Nachdenklich legte er sich auf das große Bett, das immer noch nach Merlin roch und starrte zur Decke.

Und wartete. Wartete, das die Tür aufging und Merlin hinein kam. Lebendig und munter und keine Probleme hatte, die verschlossene Tür aufzumachen.

Und ihm verzeihte. Ein letztes Mal, denn so wollte Arthur nicht weitermachen.

Nie mehr.

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