Dunkles Schicksal Kapitel 36

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Dunkles Schicksal


Kapitel 36



Merlin bemerkte nicht, das er beobachtet wurde, als er am frühen Abend zu Lance ging. Er kam gerade von Maria, die besorgt war, um ihr zu zeigen, das es ihm gut geht. Flinn und seine Leute standen im Schatten auf der belebten Straße und beobachteten ihn. Sven sagte leise.

„Wir sollten ihn schnappen, jetzt."

Doch Flinn schüttelte den Kopf. Er hatte einen Tag zuvor einen Brief nach Helsinki g zu Tatjana geschickt. Er musste auf ihre Anweisungen warten. Sollte er vorschnell handeln und alles ging schief, würde das ihr gar nicht gefallen und er hätte das Nachsehen. Flinn schlief mit ihr, doch hatte einen Heidenrespekt vor Tatjana, sie konnte sehr grausam sein.

„Nein, wir warten auf Anweisungen von Tatjana. Ich weiß ja nicht, was sie vorhat, aber es würde sehr ungesund für uns sein, ihr vorzugreifen. Und wenn sie uns erst mal entdecken, ist der Überraschungsmoment dahin. Wir wissen jetzt, wer er ist, dank der bezaubernden Lady, die ihn uns so gut beschrieben hatte", sagte Flinn und warf Sven einen Seitenblick zu.

Der grinste, denn sie hatten sich köstlich in dieser Nacht amüsiert. Die feine Adlige machte alles mit und war sogar erregt, als Flinn Sven fickte und sie dabei zusah und an Svens mit dem Mund verwöhnte, während Flinn in ihn stieß. Sie würden das bei Gelegenheit wiederholen und wollten die anderen mit einbeziehen. Eine kleine Sexorgie ohne Tabus. Noch hatten sie Zeit, bis Tatjana entschied, wie sie weiter vorgingen. Da es ihr gefallen hatte, würde sie das nicht abschlagen.



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Merlin betrat das Haus, in dem Lance im Salon schon wartete. Er hatte wie immer einen Wodka in der Hand, als Merlin eintrat und sah gedankenverloren aus dem Fenster. Merlin wusste, das es auch für Lance nicht leicht war. Arthur war sein Freund über eine Zeitspanne, die für Menschen unmöglich nachvollziehbar war.

„Versuchst du deinen Kummer in Alkohol zu ertränken, dann einen guten Ratschlag von jemanden, der es weiß. Es funktioniert nicht", begrüßte ihn Merlin.

„Da Alkohol eine ganz andere Wirkung auf uns hat, müsste ich ihn flaschenweise konsumieren, bis die Wirkung einsetzt und auch dann würde es nicht lange anhalten", erwiderte er und fragte „Brandy?"

Merlin nickte und Lance schenkte ihm ein und gab das Glas ihm.

„Ich habe mir Gedanken gemacht", begann Merlin „Gäbe es eine Möglichkeit, ihn lahmzulegen, während wir im Bett sind?"

Lance schüttelte den Kopf.

„Nein und das wäre zu gefährlich für dich. Falls es nicht auf Anhieb klappen würde, würde er dich in einem Wutanfall töten. Von seinem Gefährten verraten zu werden ist auch für ihn nicht schön, nur das seine Wut tödlich ist. Abgesehen davon, das es so schon zu gefährlich für dich wäre. Denk an die Nacht, als er zu dem wurde, was er jetzt ist. Du hattest damals Glück, doch fordere es nicht heraus, Merlin. Er würde keine Rücksicht auf deine Verletzlichkeit und Sterblichkeit nehmen. Er würde dich so unkontrolliert ficken, das du an inneren Blutungen sterben würdest, glaube mir. Du wärst nicht die erste Leiche, die er quasi zu Tode fickte. Damals in Rom kam das öfter vor, bis ich ihn einsperrte."

Er seufzte.

„Doch nochmal wird er mir nicht auf den Leim gehen. Im Gegenteil, er wird mir den Kopf abreißen, wenn ich versuche, ihn wieder einzusperren."

Merlin breitete die Arme aus, verzweifelt fragte er.

„Und was tun wir dann? Ich halte das nicht mehr aus. Der Gedanke, das ich ihn verloren habe und nur die einzige Möglichkeit besteht, ihn zu töten...bringt mich um, langsam und sicher. Wir müssen doch etwas tun können?"

Merlins Herz war so schwer, voll Kummer und Trauer und Hoffnungslosigkeit. Auch Marias tröstende Worte halfen ihm nicht. Arthur war die Erfüllung seines Lebens und wenn er auch ein Vampir war, er könnte nicht mehr ohne ihn leben. Die Erinnerung an seine Zärtlichkeit, die sanften und leidenschaftlichen Küsse, ihr erstes sexuelles Erlebnis, als er ihn in Merlins Haus verwöhnte; das alles setzte ihm zu und der Gedanke, ihn verloren zu haben, bewirkte eine Leere in ihm, die nie wieder auszufüllen war.

„Ich weiß das alles", antwortete Lance „Glaube mir, ich weiß das, denn ich liebe ihn auch. Ein Leben ohne ihn wäre auch die Hölle für mich und das eine Ewigkeit. Ich habe schon unter Gwaines Tod so gelitten, nochmal würde ich das nicht aushalten. Und der Gedanke, Arthur zu verlieren, löst in mir eine Panikattacke aus. Deshalb habe ich einen Brief an Sethos geschrieben."

„Sethos?"

Er nickte.

„Sethos ist unser Ahnherr und wie du weißt, sehr mächtig. Er wäre in der Lage, Arthur aufzuhalten. Vorausgesetzt, das er es möchte."

„Vorausgesetzt, das er es möchte?", wiederholte Merlin fassungslos „Verdammt, er ist sein...sein Chef sozusagen. Er kann sich doch nicht abwenden."

Lance lachte, es klang bitter.

„Du hast keine Ahnung. Arthur ist einer unter Tausende, die Sethos im Laufe seines unsterblichen Lebens erschaffen hatte. Nicht nur er selbst, es zählen alle zu seinem Clan, die ein Vampir erschaffen hatte, der aus seiner Linie kommt. So wie bei uns. Diese Vampire im Wald stammten von Sethos ab, also gehören wir auch zu ihm. Arthur ist einer unter vielen und die meisten Ahnherrn können den Tod von einem verkraften. Abgesehen davon wird die Gilde hinter ihm her sein, wenn er es übertreibt und dabei erwischt wird oder nachgewiesen, das er es war. Und wenn er Vampire getötet hat, dann werden auf jeden Fall die Soldaten der Gilde hinter ihm her sein, um ihn zu fangen."

„Und wenn das geschieht?", fragte Merlin. Er kannte noch nicht viel von ihnen und war neugierig, wie ihre sogenannte Gerichtsbarkeit funktionierte.

„Dann...Dann werden sie ihn hinrichten. Es steht die Todesstrafe auf Mord an seiner eigenen Rasse."

„Oh mein Gott", hauchte Merlin.

Es wurde immer schlimmer. Und er hoffte so, das er wenigstens seine Rasse in Ruhe ließ. Merlin erfuhr jetzt mehr über die Lebensweise der Vampire und das gefiel ihm gar nicht, was Lance erzählte.

„Und wenn er nur Menschen tötet?"

„Nur? Er wird nicht nur einen töten, glaube mir. Nun; er wird trotzdem verurteilt und da er nicht bei Sinnen ist, wird die Strafe umso härter ausfallen", antwortete Lance „Unser System ist viel schlimmer als bei euch Menschen, die Strafen für Vampire abartig hart. Und einerseits muss es so sein, sonst würde die Welt in Blut ertrinken, wenn jeder seinen vampirischen Gelüsten feien Lauf geben würde. So gesehen haben alle viel zu viel Angst, das sie bestraft werden. Die Elitetruppe der Gilde schnappt jeden, früher oder später. Wenn sie erst mal hinter ihm her sind, dann ist es eine Frage der Zeit, bis sie ihn haben. Und er hat keine Tatjana, die ihm den Rücken freihält. Alexej wäre längst fällig gewesen, wenn sie nicht im Hintergrund agiert und manipuliert hätte, um ihn aus der Schusslinie zu bekommen."

„Und dann? Was passiert dann, wenn sie ihn haben?"

„Es gibt so etwas, was einer Gerichtsverhandlung bei euch fast gleich kommt. Wir nennen es Tribunal. Er muss vor den Rat treten, das Tribunal ist öffentlich, sozusagen als Abschreckung. Er kann sich verteidigen und hat vielleicht auch Fürsprecher. Doch das endgültige Urteil fällt der Rat und wird dann unverzüglich vollzogen."

„Und was für Strafen, wenn er nur Menschen tötete?", Merlin hob die Hand „Warte mal, ich verstehe das nicht. Ihr tötet doch ständig Menschen, wenn ihr jagt."

„Sicher, selbst die Ratsmitglieder", klärte ihn Lance auf „Doch es besteht ein gravierender Unterschied, ob du dich nur ernährst oder ob du die Menschen abschlachtest. Es gab schon mal so einen Fall, vor ein paar Jahrhunderten. Dieser Vampir mordete zu seinem Vergnügen, schlitzte Menschen auf und entnahm ihre Innereien bei vollem Bewusstsein, die nicht Lebensnotwendigen zuerst."

Merlin schaute ihn entsetzt an.

„Und dann?"

„Die Elitetruppe schnappte ihn, weil diese Fälle zu viel Aufmerksamkeit erregten. Seine Strafe verursacht mir heute noch Panikattacken", erzählte Lance „Arthur und ich waren damals bei der dem Tribunal dabei. Der Typ war der Blutgier verfallen. Sie haben ihn nicht getötet, denn es waren nur Menschen betroffen, doch ich bin sicher, er würde lieber tot sein."

„Was haben sie getan?"

„Sie haben ihn eingemauert und das lebendig. Hast du nur ansatzweise eine Ahnung, was das bedeutet, Merlin? Er stirbt nicht, er trocknet langsam aus, die Schmerzen sind unbeschreiblich. Er sieht aus wie eine Mumie, doch er lebt und erlebt Höllenqualen an Schmerz. Bis sie sich entscheiden, ihn rauszuholen. Das kann hunderte, tausende Jahre dauern, je nachdem wie hoch die Strafe ist. Er wird sich schon hunderttausend Male den Tod gewünscht haben. Andere haben sie an den tiefsten Grund des Meeres gekettet und auch sie sterben nicht. Wir sind tot, wir können nicht ertrinken. Doch sie müssen über sich ergehen lassen, das sie langsam aufgefressen werden oder mumifiziert ihr Leben auf dem Meeresgrund fristen, gepeinigt von Schmerzen, die unvorstellbar sind. Sicher, sie erholen sich, wenn man sie befreit und ihnen Blut gibt. Doch diese Vampire sind traumatisiert und nicht mehr zu gebrauchen. Letztendlich töten sie sich selbst, weil sie diese ewig währenden Erinnerungen nicht mehr loswerden. Sie sind, wie ihr Menschen es ausdrücken würdet, verrückt. Sie verletzen sich selbst, klingen irre und können nur unter Aufsicht sein. Doch bis jetzt hatten sich alle getötet."

Merlin schluckte. Bei Gott, diese Strafen waren grausamer als der Tod, vor allem für Vampire, die nicht starben. Menschen würden eingemauert sterben und erst recht auf dem Grund des Meeres. Das war Folter und Strafe der feinsten Art. Dagegen war Alexejs Folter ein Spaziergang. Und trotzdem hatte diese auch Furchtbares angerichtet. Arthur hatte seine Folter überlebt.

Aber um welchen Preis?

Das er getötet wurde oder das er ein Schicksal erlitt, das grausamer nicht sein konnte? Merlin stellte sich Arthur auf dem Grund des Meeres vor und wie kleine Fische Fleisch aus ihm herausrissen oder in einer dunklen Mauer, wie er schrie und wimmerte vor Schmerzen, während seine Haut schrumplig wurde und knirschte, wenn er sich bewegte.

Er würde nie wieder ruhig schlafen können. Danke, Lance!

„Oh Gott, ich halte das nicht mehr aus", sagte Merlin „Denkst du, das Sethos hierher kommt?"

„Ich hoffe es, denn wenn er es nicht tut, dann ist ihm Arthur egal."

Merlin schüttelte entschieden den Kopf.

„Ich habe ihn nur kurz in dieser Bar getroffen, aber wenn Arthur ihm egal wäre, dann hätte er ihn doch nicht aus Moskau herausgeholt. Arthur wäre dort gestorben, wäre er nicht gekommen. Und dann hat er ihm von seinem Blut gegeben. Ich denke mal, das es nicht selbstverständlich für Ahnherren ist, ihr Blut so leichthin zu geben, oder?"

„Nein", antwortete Lance „Das ist alles andere als selbstverständlich. Viele der Ahnherrn hätten nicht mit der Wimper gezuckt, das einer ihrer Blutlinie stirbt. Sethos hingegen hat ihn raus geholt und uns von Alexej befreit. Ihn mit nach Hause genommen und gepflegt, sein Blut gegeben. Ich hoffe doch sehr, das ihm immer noch was an Arthur liegt, sonst sehe ich keine Zukunft für ihn. Das ist so schon schwer, denn je länger er dieser Bestie verfallen ist, umso schwerer wird es, ihn da wieder rauszuholen."

Er ging auf Merlin zu und blieb vor ihm stehen.

„Merlin, ich will, das du dir nicht zu große Hoffnungen machst. Ich bin nicht sehr überzeugt, das wir es schaffen. Und dann bleibt uns nur eine Alternative...ihn töten."

Merlins Augen füllten sich mit Tränen, doch er würde nicht weinen, nicht vor Lance.

„Was haben wir denn noch, außer unserer Hoffnung, Lance", sagte er erstickt „Willst du mir das auch noch nehmen? Dann kannst du deine Fänge in meinen Hals schlagen und mein Blut trinken, bis mein Leben zu Ende ist. Wäre dann keine Verschwendung."

Lance drehte sich um und ging zur Bar mit den Worten.

„Oh, Merlin. Das alles tut mir so leid. Und nein, ich werde nicht von dir trinken, denn wenn Arthur zurückkommt zu uns, würde er mir den Kopf abreißen, auch wenn er wieder normal wäre. Gefährten sind tabu für andere und glaube mir, er wüsste es. Selbst wenn die Male verheilt wären."

„Dann bete ich, das Sethos kommt. Er ist unsere einzige Rettung. Ich gehe ins Hotel, bin erledigt. Ich schlafe nicht sehr gut", sagte Merlin.

Er wandte sich zur Tür, doch Lance rief.

„Warte! Was ist mit Maria und nein, sage mir nicht, wo sie ist. Doch ich kann es mir denken. Will...Will sie mich nicht sehen?"

„Doch, sie sagt, das sie mit dir reden muss. Ich habe gesagt, das es im Moment zu gefährlich ist."

Lance trat ein paar Schritte vor.

„Merlin, bitte. Ich muss sie sehen. Du weißt, das ich ihr nie etwas antun würde. Dazu hätte ich genug Gelegenheiten gehabt. Aber ich muss wissen, was sie von mir denkt und ob sie mich noch liebt."

Merlin sah ihn einen Moment an. Er war versucht, Maria von ihm fernzuhalten, um sie zu schützen. Doch er erinnerte sich an diese forsche Frau, die wusste, was sie wollte und sich nichts mehr sagen ließ. Sie waren überein gekommen, das Maria ihre eigenen Entscheidungen und Meinungen hatte. Und ja, sie war kein naives sechzehnjähriges Mädchen mehr. Merlin wollte das zwar nicht, schließlich würde sein Vater erwarten, das er sie beschützte, doch sie hatte recht. Es war ihr Leben. Er würde sich auch nicht sagen lassen, das er Arthur nie wiedersehen dürfte. Vielleicht der erste Schritt einer Frau in die Unabhängigkeit. Er nickte.

„Ich werde mir etwas einfallen lassen, auf keinen Fall hier. Arthur könnte zurückkommen."

„Danke", sagte Lance und Merlin ging.


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Maria wartete in Merlins Hotelzimmer auf Lance und sah die Sonne untergehen. Er würde bald kommen. Merlin hatte ihnen das Zimmer überlassen, wartete an der Hotelbar. Keine Dummheiten, hatte er gesagt und zum Bett geblickt. Maria hatte ihm einen Stoß gegeben und gesagt, das hätte sie schon tun können, als er in Moskau war. Nun wartete sie auf...verdammt, auf einen Vampir. War das zu fassen?

Sie hatte viel nachgedacht und in sich hineingehorcht. Doch ihre Liebe war nicht ins Schwanken gekommen, jetzt, da sie wusste, was er war. Von wegen Sonnenallergie. Sie hatte all die Geschichten über Vampire gelesen. Doch sie wusste nicht, ob das auch alles stimmte. Sie hatte Fragen, eine Menge und er kannte die Antworten. Dazu musste sie wissen, wie es um beide stand. Sie war nervös, rieb ihre Hände und ging auf und ab. Es klopfte und sie hatte nicht bemerkt, das es inzwischen dunkel war.

„Ja, bitte."

Die Tür ging auf und Lance trat ein. Bei seinem Anblick machte ihr Herz einen Sprung. Gott, konnte man so verflucht gut aussehen? Er trat ein und schloss die Tür, unschlüssig blieb er stehen und schaute sie an. Maria hätte fast gelacht. Er war ein Vampir und stand hier wie ein Junge bei seiner ersten Verabredung. Niemand sprach und Maria suchte verzweifelt etwas, mit dem sie anfangen könnte. Doch er nahm es ihr ab.

„Es ist nett, das du mich sehen willst."

„Warum? Weil du ein Vampir bist? Denkst du, das ich dich deswegen nicht mehr mag?"

„Ist es denn so?"

„Würdest du es denn verstehen?", antwortete sie mit einer Gegenfrage.

„Ja, natürlich. Obwohl ich immer noch der bin, der ich immer war", antwortete Lance.

Der Gedanke, das Maria ihn nicht mehr wollte, verursachte in ihm ein Chaos. Er liebte diese Frau, so sehr, das er nicht wusste, wie er es beschreiben könnte. Doch wenn sie ihn nicht mehr sehen wollte, würde er gehen und sie nie wieder behelligen. Es würde ihm sein totes Herz brechen, doch er würde es tun.

„Ja, du bist immer noch der Selbe, abgesehen von deinen Essgewohnheiten", sagte sie „Und so einiges mehr, was ich nicht mit Bestimmtheit weiß. Sonnenallergie also, wirklich?"

„Nun ja...", er wand sich sichtlich, was sie amüsierte, doch sie zeigte es nicht „Was sollte ich denn sonst sagen? Hallo, ich kann nur am Abend, da die Sonne mich zu Asche verbrennt?"

„Zum Beispiel. Zumindest wäre es die Wahrheit gewesen. Zu Asche?"

Er nickte und kam einen Schritt näher. Sie wich nicht zurück, ein gutes Zeichen für ihn. Anscheinend war sie nicht ängstlich, oder doch?

„Hast du Angst vor mir?", fragte er, um Gewissheit zu haben.

„Nein, du hättest hundert Gelegenheiten gehabt, mir etwas anzutun. Ich denke nicht, das du das jemals vorgehabt hattest. Und deshalb habe ich keine Angst, abgesehen davon, das Merlin dich umbringen würde."

Er hob die Hände, fast eine verzweifelte Geste.

„Maria, ich wollte es dir sagen, glaube mir. Ich wollte es mehr als alles andere. Doch ich hatte panische Angst davor, das du schreiend wegrennst oder mich angewidert ansiehst. Ich wollte dich nicht verlieren. Ich liebe dich."

Einen Moment musterte er sie, doch er musste es wissen. Angst schien sie nicht zu haben. Also fragte er.

„Bist du angewidert?"

„Nein. Warum? Weil du Blut trinkst, anstatt dich mit Kuchen vollzustopfen? Ich hörte, es soll eine eiweißreiche Nahrung sein und eisenhaltig. Und man nimmt nicht davon zu, praktisch."

Lance sah sie verständnislos an. Machte sie Witze? Vielleicht hatte sie den Sinn eines Vampirs nicht begriffen. Also versuchte er es noch einmal. Lance wollte, das sie wirklich verstand, wer er war.

„Maria, ich ziehe nachts durch die Straßen, beiße Menschen in den Hals und trinke ihr Blut. Und meistens sterben sie daran, wenn es auch Halunken sind. Und ich lebe schon so lange und habe oft getötet. Ich kann nur nachts heraus, weil die Sonne tödlich ist und ich bin unsterblich."

„Ich weiß. Und wie lange lebst du schon?"

Verdammt, sie war so locker drauf, stand mit verschränkten Armen da und stellte ihm Fragen. Kein angewiderter Ausdruck in ihren Augen. Was war das? Ein Test?

„Siebenhundert Jahre, mehr oder weniger", sagte er.

„Hhm, dagegen sehe ich mit meinen fünfundzwanzig Jahren armselig aus. Ich muss sagen, das du dich gut gehalten hast."

„Verdammt, Maria. Was soll das?", sagte er jetzt unwirsch.

Es wäre ihm fast noch lieber, wenn sie schreiend fortrennen würde. So stand sie hier vor ihm und er konnte nicht ansatzweise sagen, was sie dachte oder vorhatte.

Sie fing an zu lachen. Jetzt war er ganz neben der Spur. War sie jetzt verrückt geworden? Anscheinend lachte sie ihn aus, gab es das?

Lance schaute sie verwirrt an, dann winkte er ab.

„Ich sehe schon. Du hast dich entschieden. Okay, ich werde gehen und dich nicht mehr belästigen."

Er wollte sich umdrehen, um zu gehen, doch sie sagte.

„Du bist ein Idiot."

„Wie bitte?"

„Ich sagte, das du ein Idiot bist."

Er drehte sich wieder zu ihr um.

„Und warum bin ich das?"

„Weil du wirklich denkst, das ich dich gehen lassen werde. Du bist ein Vampir. Okay, ich denke, es gibt Schlimmeres. Und mein Bruder ist ja auch nicht besser, auch wenn seine Liebe jetzt der böse Mann spielt. Aber ich glaube, das ich nie wieder jemanden so lieben werde wie dich. Und deshalb ist es mir egal, was du bist. Ich liebe dich, Lance."

„Sicher?"

„Ich war mir noch nie über so etwas so sicher", antwortete sie und hob die Arme.

„Komm her, Vampir."

Lance stürzte in ihre Arme, zog sie an sich und küsste sie. Nachdem er sie losließ, sagte er.

„Du hast mir eine scheiß Angst gemacht."

„Das war meine Rache, weil du mich angelogen hast." Sie schaute ihn prüfend auf den Mund.

„Was ist?"

„Zeig sie mir, Lance. Zeig mir deine Fänge."

„Meine Augen, sie..."

„Ich weiß, Merlin hat mir das schon gesagt. Zeig her."

Lance fletschte die Zähne und sie fuhr mit dem Daumen darüber. Sie waren spitz und scharf. Und weil er das so erregend fand, färbten sich seine Augen und die Fänge wurden länger. Sie betrachtete ihn und fühlte nichts als Liebe zu dem Mann, der ein außergewöhnliches Wesen war.

„Wirst du mich beißen?"

„Niemals."

„Und warum nicht?"

„Weil dein Bruder dann seine Silberwaffen auspackt. Er sagte, er würde das noch mit mir regeln, das mit uns. Was meinte er damit? Wird er mich umbringen?"

Sie lachte.

„Dummkopf. Er bringt dich genauso wenig um wie Arthur. Du hast wirklich Angst, ja?"

„Nun ja, ich wäre glücklicher, wenn er für mich wäre, anstatt gegen mich. Seine Silberwaffen sind schon beeindruckend."

„Du gehörst zu mir, Lance. Und Merlin wird das dulden, also keine Panik. Ich habe das im Vorfeld schon geklärt. Ich liebe dich und das weiß er."

Er küsste sie wieder und ein Stein fiel ihm von seinen Schultern. Blieb nur noch die Frage, was sein Schwager regeln wollte. Und vor allem wie?

Maria liebte ihn und sonst war ihm nichts wichtig, außer seinen besten Freund zu retten.

Denn wenn Arthur fiel, dann würde Merlin mit ihm fallen. Er liebte Arthur so sehr wie er Maria. Und er würde ihn niemals aufgeben.


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Sethos brach das Siegel und schaute zu Anchar, die ihn gespannt ansah. Er öffnete das Pergament und las die elegante Handschrift. Anchar kam näher zu ihm und er hielt den Brief so, das sie auch lesen konnte.

Mein sehr verehrter Ahnherr,

ich schreibe diese Zeilen, weil ich wirklich verzweifelt bin und mir kein Ausweg mehr bleibt. Arthur hat sich drastisch verändert. Er ist absolut bösartig geworden, ich vermute, das diese Bestie, die nach Blut schreit und Alexej in ihm geschaffen hat, ihn vollkommen übernommen hat. Er hatte Merlin angegriffen und sehr verletzt. Den Göttern sei Dank, das er lebt. Mich selbst hat er fast umgebracht, bevor er spurlos verschwand. Ich vermute, das er irgendwo da draußen ist und seiner Bestie freien Lauf lässt.
Merlin und ich versuchen ihn aufzuhalten und zu fangen, doch wissen wir nicht, wo er sich zur Zeit aufhält. Außerdem will er seinen Gefährten holen und wir wissen beide, was dann passiert. Ich bitte dich flehend um Hilfe, denn wir wissen uns keinen Rat mehr. Und ich selbst bin nicht stark genug, um ihn aufzuhalten. Merlin will nicht aufgeben und ich befürchte, das er bei dem Versuch, seinen Gefährten zu retten, sterben wird.

In tiefster Hochachtung

Lance DuLac.

Anchar sah entsetzt Sethos an, der den Brief jetzt zusammenfaltete.

„Du lieber Gott, Sethos. Was ist ihm nur passiert?"

Sethos legte den Brief auf den Tisch.

„Alexej ist ihm passiert. Der Mann hat Unvorstellbares ertragen und musste auch Unvorstellbares tun. Ich hatte gleich den Verdacht, das er instabil ist. Allein schon, das er nur mit Frauen schlief, als er hier war. Und oft so grüblerisch."

„Und wieso jetzt?"

Er schüttelte den Kopf.

„Ich weiß es nicht. Irgendetwas war der Auslöser. Etwas, was ihn in die Vergangenheit zurückwarf. Er ist verschwunden. Wahrscheinlich macht er da draußen Jagd auf alles und er ist absolut bösartig."

Anchar griff ihn am Arm und schaute ihn erschreckt an.

„Mein Gott, Sethos. Vielleicht war das Arthur in Prag. Überlege doch mal, wie schlimm die Leichen ausgesehen haben. Und sagte er nicht, das Prag einer seiner Lieblingsstädte ist?"

Sethos nickte grimmig. Wie immer hatte sie recht. Das passte alles zusammen, Arthur böse und verschwunden und kurz danach diese Leichen.

„Ja und ja. Ich denke auch, das Arthur dahintersteckt, denn so wie er tötet, das war ganz Alexejs Spezialität. Er riss auch seinen Opfern die Herzen heraus und köpfte sie, um möglich viel blutigen Schaden zu hinterlassen. Er ist in die Rolle, die sein Meister ihm aufgezwungen hatte, zurückgefallen. Er ist jetzt genau das, was dieser Bastard damals aus ihm gemacht hatte. Ein bösartiger Vampir mit Blutgier."

„Was wirst du tun?"

„Arthur ist außergewöhnlich. Das sagte ich schon immer und deshalb rettete ich ihn in Moskau. Und ich habe nicht Alexejs getötet, um ihn jetzt doch an ihn zu verlieren. Dieses Monster darf nicht gewinnen. Arthur hat nicht verdient, vom Rat zu Tode verurteilt zu werden. Er hat genug gelitten."

Sie lächelte.

„Du magst ihn sehr, nicht wahr? Ich auch und ich möchte, das du ihm hilfst. Und vor allem dem jungen Mann, den er liebt. Er war endlich einmal glücklich und dann so etwas. Wir werden ihm auf jeden Fall helfen."

Sethos nahm sich noch etwas zu trinken.

„Das ist nicht einfach, Anchar. Ja, ich bin ihm überlegen, doch wenn er mit seinem Zeittrick anfängt, sehe selbst ich dumm aus. Diese Kraft ist wirklich einzigartig und verdammt effektiv. Egal wie stark ich bin, wenn er mich in der Zeit einfriert, sehe ich alt aus und er könnte mich dann sogar töten. Wenn er die Zeit anhält und mir den Kopf abschlägt, kann ich gar nichts dagegen tun."

„Dann nimm mich mit. Ich werde seine Kraft aufhalten."

„Anchar..."

Sie hob den Finger gegen sein Gesicht.

„Fang bloß nicht wieder damit an, wie gefährlich es ist. Verdammt, Sethos...ich bin dreitausend Jahre alt und kein junger Vampir, der noch grün hinter den Ohren ist. Und wenn ich dir helfen kann, dann tue ich das gefälligst. Ich bin ein Vampir und kein Hausmütterchen, verstanden?"

Er hob die Hände.

„Okay, okay, ich hab es kapiert. Und wenn ich ehrlich bin, kann ich deine Kräfte gut gebrauchen."

„Meine Worte. Wann brechen wir auf?"

„Morgen nach Sonnenuntergang. Wir werden noch in der gleichen Nacht in Sevilla ankommen."

Sie nickte.

„Gut, dann werde ich eine kleine Tasche packen."

Damit verschwand sie und Sethos blickte auf den Brief. Er hatte von Anfang an, als er von den Morden hörte, ein schlechtes Gefühl. Und das Arthur dahinter steckte, überraschte ihn nicht. Es war nicht sehr viel Zeit vergangen, da er so schlimm gefoltert wurde. Doch das Schlimme daran war, das diese letzte Folter der Bestie, die in ihm weggesperrt war, die Türen öffnete. Er würde diese Dunkelheit ein für alle mal aus Arthur herauszerren. Es war schwierig, das zu vollbringen, aber er kannte noch andere Mächte, die auf Erden wandelten. Vampire waren nicht die Einzigen, die anders waren.

Damals, als er eines dieser Wesen gerettet hatte, ohne zu wissen, was sie war. Doch diese Geste brachte ihm eine Freundschaft, die schon verflucht lange existierte. Sie lebten im absoluten Verborgenen, selbst die Vampire waren offener und das hatte auch einen Grund. Sethos hielt Stillschweigen, doch nun brauchte er ihre Hilfe.

Er setzte sich an den Schreibtisch und begann einen Brief zu schreiben. Er brauchte die Hilfe einer sehr alten Freundin. Und sie würde ihm helfen, wenn es möglich war.

Aber dazu brauchte er Arthur.



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Lance kam aus dem Untergeschoss, es waren jetzt zwei Wochen vergangen, seit Arthur verschwunden war. Merlin wartete schon im Salon. Inzwischen ging er in dem Vampir Cover ein und aus. Die anderen zwölf Vampire sahen ihn immer noch mit Skepsis an, schließlich war er der Jäger, der einige von ihnen zur Strecke brachte. Doch inzwischen war das Verhältnis schon nicht mehr so angespannt. Zumindest grüßten sie ihn, wenn sie ihn sahen, am Anfang gingen sie mit grimmigen Gesichter an ihm vorbei. Er war Arthurs Gefährte, das wussten alle und würden ihn nie angreifen.

Außerdem konnten sie jetzt mit ruhigen Gewissen auf die Jagd gehen, denn Merlin hatte ihnen gesagt, das er die Vampire seines Gefährten nicht angreifen würde. Inzwischen wussten alle, was mit ihrem Meister war und hofften mit ihm. Arthur war sehr beliebt, er war hart aber gerecht und kümmerte sich um seine Leute. Da Lance sie jetzt führte, gehorchten sie ihm genauso und waren ihm loyal. Eigentlich führten sie zusammen, doch Arthur war darin einfach besser. Doch Lance hatte im Moment keine Wahl.

„Langsam scheinen unsere Vampire dich zu akzeptieren", sagte Lance, als er herein kam „Sie hegen nicht mehr so viele Mordgedanken. Manche leiden sogar mit dir. Arthur ist ihr Meister und sie lieben ihn."

Merlin drehte sich um. Er hatte am Fenster gestanden und auf Lance gewartet. Die Sonne war jetzt verschwunden und es wurde langsam dunkel.

„Man kann es ihnen nicht verübeln, schließlich bin ich ein Jäger und eigentlich immer noch. Nur das dieser sich in einen Vampir verliebt hat, der jetzt mordend durch die Welt zieht und seinen Gefährten aus Versehen beim vögeln töten wird. Und sein Schwager wahrscheinlich auch ein Vampir ist, den meine Schwester auserkoren hat und wir demnächst eine Vampir-Jäger Familie sein werden und meine Jägerfreunde mich töten werden, weil ich mit dem Feind kollaboriere. Aber ansonsten ist alles in Ordnung."

Lance sah ihn einen Moment sprachlos an, dann grinste er.

„Ich wusste gar nicht, das du so sarkastisch sein kannst."

„Nennen wir es schwarzen Humor, von der schwärzesten Sorte. Ich glaube, ich würde verrückt werden, wenn ich es nicht mit etwas Sarkasmus sehen würde. Wenn mir das jemand vor einem Jahr prophezeit hätte, den hätte ich in die Klapsmühle geschickt."

Lance hob die Hand. Erst jetzt fiel ihm auf, das er ihn seinen Schwager genannt hatte.

„Warte mal, heißt das, das du mich an der Seite deiner Schwester duldest?"

„Warum fragst du?"

„Nun, ich dachte eher, das du mir ein Silberschwert durch mein Herz stoßt und somit das Problem erledigt ist", sagte Lance ehrlich und so abwegig war das ja nicht.

Doch die ganzen Umstände hatten alles irgendwie verändert. Arthur hatte trotz das er sich negativ verändert hatte, auch etwas Gutes bewirkt. Sie arbeiteten zusammen und waren sich näher gekommen.

Merlin kam auf ihn zu und blieb vor ihm stehen, sah ihn finster an.

„Du bringst mich wirklich auf Ideen."

„Was?" Es klang bestürzt und so sah Lance auch aus. Ein flüchtiges Lächeln huschte über Merlins Lippen und der Vampir sagte.

„Du verarscht mich, ja?"

„Noch, aber stellen wir einiges klar, mein Freund. Wenn du sie beißt, ohne das sie das will oder sie zwingen wirst, ein Vampir zu werden, dann werde ich deinen Vorschlag, was das Silberschwert angeht, in die Tat umsetzen. Sie ist meine Schwester und ich kann ihr nicht verübeln, das sie dich liebt. Du siehst heiß aus. Aber wenn du sie jemals verletzt, körperlich oder seelisch, werde ich dein totes Herz noch toter machen und mit ihm dich auch. Haben wir uns verstanden?"

Lance schluckte. Eine eindeutige Drohung.

„Vollkommen. Du findest mich heiß?"

Merlin hob drohend den Finger.

„Kein Wort mehr. Und wehe, du sagst ihr das."

„Nein, natürlich nicht."

Lance atmete auf, er hatte das Okay von Merlin, was Maria anging. Er hatte Respekt vor Merlin, aber keine Angst in dem Sinne. Er war ein Meistervampir und Merlin haushoch überlegen. Doch er wollte ungern den Bruder seiner Gefährtin töten. Maria würde ihn dafür hassen. Und es überraschte ihn selbst, doch ihm lag viel daran, das Merlin ihn an der Seite seiner Schwester akzeptierte. Er wusste ja noch nicht, das Maria für ihre Partnerschaft hart gekämpft hatte und Merlin ihr schließlich gestattet hatte, ihr eigenes Leben zu leben wie sie es möchte.

Es war schon spät, als es an der Tür klopfte und Merlin wechselte die Farbe. Was wäre, wenn das Arthur ist. Verstecken würde nichts nützen, denn er würde ihn riechen und sein Herzschlag hören. Doch Arthur würde nicht anklopfen, eher hineinstürmen. Beide sahen sich einen Moment an, dann ging Lance langsam an die Tür und horchte. Kein Herzschlag, verdammt.

Denn es stand definitiv jemand vor der Tür und dieser war nicht menschlich. Es nützte nichts, nicht zu öffnen. Arthur käme auch so in sein eigenes Haus. Also wappnete sich Lance, warf noch einen Blick zurück zu Merlin, der in der Tür zum Salon mit dem Schwert in der Hand stand und Lance öffnete die Tür. Und erlebte eine Überraschung, denn niemand anderes als Sethos stand vor der Tür, in Begleitung einer schönen Frau. Er atmete sichtlich auf und so klang er auch und überrascht.

„Sethos?"

Er verbeugte sich leicht, als er wieder klar denken konnte und machte eine einladende Handbewegung, als er deutlich sagte.

„Bitte, ihr habt die Erlaubnis einzutreten, beide."

Da nur der Besitzer des Hauses eine Einladung aussprechen konnte, war Lance auch berechtigt, denn das Haus gehörte beiden. Selbst andere Vampire konnten nur eintreten, wenn die dort lebenden Vampiren es gestatteten, außer sie lebten in öffentlichen Behausungen, so wie Alexejs Unterschlupf, das eigentlich der Regierung gehörte und verlassen wurde. Sethos nickte und trat mit der Frau ein und Lance führte sie in den Salon, wo Merlin wartete. Er hatte das Schwert wieder zurückgesteckt. Da Arthur jederzeit zurückkommen konnte, war er immer bewaffnet.

Mehr zu seiner Verteidigung. Er wusste, das er ihm mit Sicherheit unterlegen war, allein schon, da Merlin nie vorhatte, ihn zu töten. Das hieß bei einem Kampf, selbst wenn Merlin die Oberhand hätte, das er trotzdem scheitern würde, da er ihn nicht töten konnte. Das war ihm bewusst, doch er konnte es nicht ändern. Arthur mit seinem Schwert zu töten, sein Herz zerfetzen? Da konnte er sich gleich selbst töten. Das käme auf das Gleiche raus.

„Merlin", sagte Sethos und Merlin nickte. Er war kein Vampir und musste ihm nicht den Respekt erweisen, den seine Leute tun mussten. Der ägyptische Vampir zeigte auf die schöne Frau.

„Das ist Anchar, meine Gefährtin. Sie wird uns helfen, was Arthur betrifft."

„Du wirst uns helfen?", fragte Lance hoffnungsvoll.

„Natürlich wird er das", antwortete Anchar „Wir beide mögen Arthur sehr."

Lance bot den beiden etwas zu trinken an, was ein menschlicher Diener brachte. Sie setzten sich auf das große Sofa.

„Okay", sagte Lance „Wir wissen nur noch nicht, wo Arthur ist. Er ist, seit er mich angegriffen und Merlin verletzt hatte, nicht mehr nach Hause gekommen."

Sethos hob eine Augenbraue und schaute zu Merlin.

„Er hat dich verletzt? Wie?"

Oh Gott, das durfte doch jetzt nicht wahr sein, dachte Merlin. Er konnte unmöglich das vor einer Frau erzählen. Doch Sethos bestand wohl auf einer Antwort, so wie er ihn ansah.

„Ich...Ich...", er sah zu Anchar, die das natürlich schneller schnallte, als ihr Gefährte und sagte lächelnd.

„Okay, an deinem Stottern entnehme ich mal, das das Ganze im Bett stattgefunden hatte. Merlin, ich bitte dich. Ich bin dreitausend Jahre alt. Was willst du mir vormachen?"

„Anchar.", knurrte Sethos „Menschen sind in solchen Dingen spießig."

„Das bin ich ganz und gar nicht", verteidigte sich Merlin, weil er sich minderwertig fühlte und leicht zornig wurde. Na gut.

„Er ist während des Geschlechtsakts..."

„Oh, wie formell ausgedrückt", unterbrach ihn Anchar amüsiert und das brachte ihr einen bösen Blick von Sethos ein.

„Also gut", zischte Merlin aggressiv „Er ist, während er mich fickte zur Bestie geworden, hat mir in den Hals gebissen und mein Blut getrunken, während er zu grob war und mich verletzte. Ich hatte blaue Flecken und andere Körperteile bluteten. Zufrieden?"

Anchar grinste und schaute zu ihrem Gefährten, nach dem Motto...Siehst du, so geht das. Lance sah Merlin mit offenen Mund an, so hatte er den Jäger noch nie sprechen hören. Lance wusste, das dieses Jahrhundert nur so vor Anstandsregeln strotzte. Die Vampirin wandte sich an Merlin, der doch verlegen unter sich schaute. Soviel zu nicht spießig. Für Merlin war es tatsächlich gewöhnungsbedürftig, so offen zu sprechen. Er war in einer Zeit geboren worden, wo solche Dinge, was Sex anging nie offen ausgesprochen wurden. Es war seine Erziehung und die Anstandsregeln, die ihm das erschwerten. Doch für Vampire war Sex etwas Normales, was man durchaus ansprach. Sie gingen so wahnsinnig locker damit um, das er sie beneidete.

Natürlich gingen sie nie ins Detail, selbst für Vampire war das geschmackslos. Doch sprachen sie munter aus, was sie wollten oder was sie sich vorstellten. Merlin fand das nicht verwerflich, doch es war gewöhnungsbedürftig. Vor allem für Menschen, die so erzogen wurden, das dieses Thema tabu war und nur hinter verschlossenen Türen mit dem Partner angesprochen wurde.

„War doch nicht so schlimm, oder? Du wirst dich daran gewöhnen."

„Super", knirschte Merlin. Sethos wandte sich an Lance, der ihm zuvor kam.

„Mich hatte es schlimmer erwischt und ich wäre tot, wenn ich kein Vampir wäre. Aber nichts, was ich mit Blut nicht kurieren konnte. Er ist völlig durchgeknallt, als ich sagte, das Merlin weg sei. Ich riet Merlin zu verschwinden, bevor er wach wird. Er hätte ihn getötet, wenn auch unbeabsichtigt."

Sethos nickte und schaute den Jäger an.

„Lance hat recht und trotzdem sitzt du hier. Er könnte zurückkommen, denn er sieht in dir sein Gefährte, auch jetzt noch. Er würde dich niemals aufgeben, denn Vampire wählen mit Sorgfalt und das für immer. Das heißt, das du aus dieser Verbindung nicht so einfach herauskommst, es sei denn, du tötest ihn."

„Wer sagt denn, das ich aus dieser Verbindung heraus will?", fragte Merlin „Und töten werde ich ihn auf keinen Fall, egal was er tut oder mir antut. Ich liebe ihn und ich kann ihn nicht töten. Und ich werde meinen Gefährten nicht einfach dem Schicksal überlassen, ich werde um ihn kämpfen. Und wenn das bedeutet, das ich mich in Gefahr begeben muss, dann werde ich das tun", antwortete Merlin, froh darüber, das sie das Thema wechselten.

„Arthur hat gut gewählt", sagte Anchar und Sethos pflichtete ihr bei. Sein Respekt für diesen Menschen wuchs und bei Gott; es gab nicht viele, denen Sethos Respekt zollte. Trotz allem war Merlin menschlich und sehr gefährdet. Der alte Vampir, der die Pharaonen kannte, sprach weiter.

„Ich gehe davon aus, das der körperliche Kontakt mit Merlin und auch der Sex der Auslöser war, der die Dunkelheit ans Licht brachte. Arthur war lange bei uns und ich hatte damals schon das Gefühl, das er nicht in Ordnung ist. Das zeigte sich auch, das er nur mit meinen menschlichen Frauen schlief und nicht mit meinen Männern. Er hatte wirklich Panik davor."

Merlins Herz verkrampfte sich. Arthur hatte mit mehreren Frauen geschlafen? Eifersucht machte sich bemerkbar, obwohl sie zu dem Zeitpunkt ja noch nicht zusammen waren. Arthur wusste damals noch nicht, das Merlin ihn liebte. Trotzdem tat es Merlin weh, das er sich bei Sethos so vergnügte. Dieser sprach weiter.

„Die letzte Folter von diesem Bastard liegt noch nicht lange zurück und ich vermute, das dieses Erlebnis ihn dermaßen instabil machte, das sich das Böse wieder erheben konnte. Doch wir werden ihn einfangen und dann werde ich das Böse ein für alle Mal aus ihm herausholen."

„Wie"?, fragte Lance „Wir wissen ja nicht einmal, wo er sich aufhält."

„Er ist in Prag", antwortete Sethos „Noch oder er ist weitergezogen. Wir hatten in Prag vier ermordete Vampire. Alles vier starben grausam. Man hatte ihnen das Herz bei lebendigen Leibe herausgerissen und sie anschließend geköpft. Dabei wurden die Köpfe abgerissen und nicht abgeschnitten. Daraus folgere ich, das dies nur ein Vampir tun konnte und bin mir ziemlich sicher, das es Arthur war."

„Oh mein Gott, er hat vier Vampire getötet?", fragte Lance geschockt.

„Neben mehreren Menschen, die man verstümmelt in Parks fand. Und die Gilde hat schon ihre Soldaten und Spurensucher darauf angesetzt. Ich brauche dir ja nicht zu sagen, was passiert, wenn sie Arthur vor uns bekommen, Lance."

„Nein", sagte Lance und sah zu Merlin, der an die Strafen dachte, von denen Lance erzählt hatte. Arthur hatte Vampire getötet und würde hingerichtet werden. Sie mussten schneller als die Soldaten sein.

„Wir müssen abwarten, wo er jetzt zuschlägt und dann handeln. Es kann sein, das er Prag verlassen hatte, als die Soldaten der Gilde kamen. Wir haben Augen und Ohren in der Menschenwelt, falls er dort wieder Leichen hinterlässt. Und das wird unsere Spur sein."

„Sethos", sagte Lance jetzt, der sich anscheinend Gedanken über Arthurs Kräfte gemacht hatte „Arthur ist jetzt so viel mächtiger. Ich weiß, das er dir an Telekinese und vielleicht in der Luft unterlegen ist, doch was ist mit seiner Fähigkeit, die Zeit anzuhalten? Versteh mich nicht falsch, doch diese Fähigkeit macht mir Angst. Wir sind ihr hilflos ausgeliefert."

„Ich weiß und deshalb wird Anchar uns helfen, denn ihre Fähigkeiten sind auch außergewöhnlich."

Alle sahen sie nun an, doch sie lächelte nur, als Sethos sie preisgab.

„Anchar hat Macht über Eis. Sie kann dich in eine Eisstatue verwandeln und auch Eis als Waffe einsetzen. Doch zu dieser Eigenschaft kommt noch eine ganz Besondere hinzu. Sie kann, wenn sie sich darauf konzentriert, die stärkste Kraft eines Vampirs außer Kraft setzen, auch alle, doch das ist sehr anstrengend."

„Was?", fragte Lance und sah sie ungläubig an, was sie dazu animierte, es ihm zu beweisen.

„Okay, was ist deine Eigenschaft?", fragte sie Lance.

„Wasser."

Lance konnte das Wasser manipulieren. Er könnte am Meer eine riesige Welle erschaffen oder in einem See. Es war eine Urgewalt, die Elemente zu beherrschen. Und Disziplin, denn man konnte sehr großen Schaden anrichten.

„Oh, auch nicht zu verachten", meinte sie und grinste „Versuch sie mal einzusetzen."

Lance schaute auf die Wasserkaraffe, die vor ihnen auf dem Tisch stand und versuchte es. Normalerweise müsste jetzt das Wasser wie eine Blase aus der Karaffe schweben...doch nichts geschah. Lance probierte es wieder, doch gar nichts passierte. Er schaute ungläubig zu Anchar, die grinste. Anscheinend schien sie das nicht anzustrengen.

„Versuch es wieder", sagte sie und ließ ihn aus ihrer Kraft.

Das Wasser formte sich zusammen und schwebte wie eine Wasserkugel aus dem Krug, verweilte in der Luft, bevor Lance es wieder in die Karaffe gleiten ließ. Merlin verfolgte das alles hoch interessiert. Sie waren außergewöhnliche Wesen, obwohl er es nicht so toll fand, das ausgerechnet Alexej mit Feuer ausgestattet gewesen war.

„Sie wird ihm seine Zeitkraft außer Gefecht setzen, alles andere wird einfach werden. Er kann mir aus Erfahrung, was Telekinese und Fliegen angeht nicht das Wasser reichen, noch nicht. Arthur lernt sehr schnell und ist geschickt. Er wird keine Jahrtausende brauchen, um seine Kräfte auszufeilen. Deshalb müssen wir uns beeilen und auch um weitere sinnlose Morde zu verhindern und...das wir schneller als die Gilde sind."

Lance nickte und sah zu Merlin. Sie konnten wieder hoffen, das alles doch noch gut ausgehen würde. Zumindest das sie ihn vor der Gilde schnappen konnten, ihn wieder normal zu bekommen war wesentlich schwerer.

Merlin hatte recht. Die Hoffnung war noch das letzte Stück, an das sie sich alle festhielten. Und würde man ihnen das nehmen, dann würden sie aufgeben.

Doch jetzt, da Sethos hier war und Anchar die Überraschung des Abends war, flammte die Hoffnung wieder auf und loderte wie eine Flamme in jedem Einzelnen.

Doch zuerst mussten sie Arthur fangen und ihn außer Gefecht setzen und sehen, das er diese Dunkelheit besiegte.

Und was zum Teufel meinte Sethos damit, das er das Böse aus Arthur herausholen wollte und vor allem...

Wie?

Dunkles SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt