Dunkles Schicksal Kapitel 87

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Dunkles Schicksal


Kapitel 87



Serena ging in den Keller. Sie wollte nach Arthur sehen, bevor sie mit Merlin sprach. Der Hexer war immer noch nicht aufgetaucht, seit er sich in sein Zimmer zurückgezogen hatte. Sie klopfte leise an und trat ein. Noel saß auf einem Sessel neben Arthur. Dort hatte er etwas geruht und Trystan hatte ihm einen der Blutbeutel gebracht. Sie blieb neben dem Bett stehen.

„Wie geht es ihm?", fragte sie den Vampir.

„Unverändert. Er hat keinerlei Wunden und doch wacht er nicht auf", antwortete Noel „Zumindest ist er nicht mehr so blass wie zuvor. Das Blut hatte geholfen; er sah ja aus wie ein Toter."

Serena grinste.

„Du weißt, das du dir gerade widersprichst, Noel?"

Der Vampir winkte ab.

„Ja, ich weiß. Der Spruch kenn ich zu Genüge...Du bist tot. Doch wir Vampire sehen das etwas anders. Für uns ist ein untotes Leben auch ein Leben. Ich hoffe, er wacht bald auf."

„Er hatte für einen Vampir eine absolut tödliche Wunde", sagte Serena „Da ist es wohl klar, das er das nicht so locker wegsteckt. Wenn Merlin nicht gewesen wäre, dann wäre nur Asche von ihm übrig geblieben. Das alles grenzt an ein Wunder."

Noel sah sie an.

„Ist es nicht. Es hat etwas mit Magie zu tun. Kann Merlin jetzt Leute vor dem Tod retten? Was anderes kann ich mir nicht vorstellen."

„Wie es aussieht...Ja. Aber er sollte so etwas nie wieder tun."

„Warum?", fragte Noel erstaunt.

Serena sah ihn ernst an.

„Weil Magie und vor allem solche Magie nicht umsonst ist. Sie hat ihren Preis", sagte Serena und ging zur Tür, drehte sich nochmal um.

„Willst du mal abgelöst werden? Ich kann eines der Mädchen schicken."

Noel schüttelte den Kopf und sah zu Arthur.

„Nein. Arthur ist mein Freund und wir beide haben eine gemeinsame Vergangenheit. Ich ließ ihn damals nicht allein und werde es jetzt auch nicht. Erst wenn ich weiß, das er in Ordnung ist."

„Deine Loyalität ist beeindruckend, Noel. Du bist ein wahrer Freund", sagte sie und ging hinaus.

Sie hoffte, das Arthur Noel zu schätzen wusste. Serena wusste ja nicht im Detail, was Noel früher für den Vampir getan hatte. Noel schwieg über Moskau; es war eines der dunkelsten, schlimmsten Kapitel in Arthurs Leben und sehr persöhnlich, beschämend und intim. Das er jemals mit Sethos darüber sprach, war schon viel, zumal Noel wusste, das der ägyptische Vampir schwieg.

Er lehnte sich zurück und betrachtete schweigend und nachdenklich den blonden Vampir, der noch nicht aufwachte.



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Serena klopfte nach dem Besuch bei Noel an Merlins Tür. Sie musste mit dem Hexer reden und das sehr vertraulich. Natürlich würden auch alle anderen bald erfahren, was an diesen Abend passiert war, doch zuerst musste sie Merlin allein sprechen. Und noch hatten sie nicht alle Antworten.

„Ja?"

„Ich bin es...Serena", sagte sie.

Kurz darauf öffnete Merlin die Tür. Er trug nur ein T Shirt und Unterwäsche. Da er mit Serena schon sehr intim war, störte ihn das nicht wirklich, als sie eintrat.

„Hast du noch geschlafen?"

Er setzte sich auf sein Bett und fuhr sich über den leichten Bartwuchs; seine Haare waren unordentlich.

„Nein, doch ich habe sehr lange geschlafen und bin immer noch nicht auf der Höhe. Was immer ich auch getan habe, es hat mich ganz schön ausgelaugt."

Serena nickte ernst und er sagte.

„Du hast etwas gefunden, nicht wahr?"

Die Hexe kam näher und setzte sich neben ihn auf das zerwühlte Bett.

„Hast du?", fragte er wieder „Ich werde noch wahnsinnig, wenn ich nicht bald weiß, was ich da gehext habe. Diese Worte...Sie waren einfach in meinem Kopf, als wüsste die Magie, was ich erreichen wollte. Und diese Schatten und das Geflüster, das habe ich mir doch nicht eingebildet. Oder?"

Sie schüttelte den Kopf.

„Nein. Hast du jemals mal etwas über das Necronomicron gehört?"

Merlin schüttelte den Kopf.

„Klingt wie der Name eines magischen Hexenbuches."

„Ja, aber ist ist kein gewöhnliches Hexenbuch. In diesem Buch sind sehr schwere Zauber. Dunkelste Magie und es ist sehr gefährlich, nicht nur für die Opfer. Sondern auch für den Hexer oder die Hexe, die es benutzt. Und du bist sicher, noch nie in diesem Buch gelesen zu haben?"

„Nein, ich kenne das Buch nicht. Warum fragst du?"

Serena nahm Luft.

„Okay, was ich dir jetzt sage, kann ich fast selbst nicht glauben. Vor allem, weil du diesen Zauber noch nie gelesen hast."

„Du machst mir Angst, Serena", sagte Merlin.

„Die solltest du auch haben. Also gut, ich habe viele Bücher durchgesehen, doch ich dachte niemals an dieses Buch. Schließlich sah ich auch dort nach. Merlin, dieses Buch beinhaltet die dunkelsten, mächtigsten Hexenzauber, die ich kenne. Und auch das Siegel der Geister."

„Was heißt das?"

„Das du Geister anrufen kannst und ihnen ermöglichst, zum Teil in unsere Welt zu kommen. Dafür ist wirklich ein starker Hexer oder Hexe notwendig, um so etwas zu schaffen."

Merlin sah sie groß an.

„Willst du mir damit sagen, das diese...Schatten..."

Sie nickte.

„Es waren Geister aus der Geisterwelt, die sich zum Teil in unserer Welt manifestieren konnten, um etwas zu tun. Und du hast sie gerufen."

„He?", sagte Merlin verwirrt „Ich kann das nicht. Woher sollte ich das wissen?"

„Und da bin ich auch vollkommen verwirrt. Dieser Zauber steht in diesem Buch, in einer Sprache, die mir vollkommen unbekannt ist. Doch du sagtest mir, das du in einer Sprache gesprochen hast, die dir fremd war und du trotzdem verstanden hast, was du sagtest."

Merlin nickte.

„Ja. Ich sprach diese mir unbekannte Worte und doch wusste ich, was ich damit bezwecken wollte. Und ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was ich sagte. Ich reagierte nur. Als ich sah, wie Arthur zusammenbrach und ich wusste, das er aufhören würde zu sein, da fühlte ich mich, als würde ich sterben; als würde ich hier liegen. Und dann versuchte ich ihn zu retten. Irgendwie ist alles wie in einem Nebel. Ich weiß, was ich tat, doch nicht wie ich es tat. Hört sich doch verrückt an. Oder?"

„Nein. Du hast diesen Hexenspruch gesagt und deine Vorfahren angerufen, dir beizustehen und dir Macht zu geben. Damit hast du mit diesem dunklen Zauber einen Riss zur Geisterwelt geschaffen. Und deine Ahnen haben dich gehört und erhört. Diese Schatten, die du gesehen hast, waren die Schatten deiner längst vergangenen Vorfahren, die dir Macht und Kraft gaben, um Arthur zu heilen. Denn nur mit deiner Magie hättest du es nicht geschafft. Du hattest die Macht und Hilfe deiner Ahnen, die dir beistanden. Und auch das sie deinen Namen geflüstert haben, ist wahr. Sie wussten sehr genau, wer du bist. Sie wussten, das du ihr Blut warst, sonst hätten sie dir nicht geholfen. Dann verschwanden sie wieder, nachdem du erreicht hast, was du wolltest. Der Riss schloss sich wieder."

Merlin sah sie entgeistert an und sie lächelte einen Moment.

„Das ist kein Witz, Merlin. Allein das du sie rufen konntest, ist schon erstaunlich. Doch tue das bitte nie wieder."

„Und warum? Sie haben mir bei einem schwierigen Hexenzauber geholfen und Arthur geheilt. Sie sind nicht böse."

Serena seufzte.

„Du verstehst das nicht, Merlin. Es mag sein, das deine Vorfahren nicht böse waren, vielleicht nur einige. Doch in der Geisterwelt herrschen andere Gesetze als hier. Du kannst dich nicht an uralter Magie bedienen und nichts dafür geben. Jede Art von Magie hat ihren Preis und bei dieser uralten, sehr mächtigen Magie auch. Sie haben dich erhört und beschlossen, dir zu helfen, doch sie haben ihren Preis dafür verlangt, den sie sich genommen hatten."

„Und was?"

Serena nahm seine Hände und sprach beschwörend.

„Merlin, tue das nie wieder. Rufe sie nicht wieder. Denn für jede Hilfe die sie dir geben, verlangen sie etwas dafür. Das ist das Gesetz der Geisterwelt."

„Und was wollen sie?"

„Sie haben, was sie wollten. Der Preis für ihre Hilfe ist ein Stück deiner Seele, Merlin. Jedes Mal, wenn du sie rufst, werden sie ihren Preis verlangen. Du wunderst dich, das du nach so vielen Stunden noch nicht auf der Höhe bist? Du hast mehr gegeben, als nur deine Kraft, um Arthur zu retten."

Merlin schaute geschockt zu Boden. Für Arthurs Leben hatte er ein kleines Stück seiner Seele hergeben müssen. Doch das war es wert. Hätte Merlin das vorher gewusst; er hätte genauso gehandelt. Er schaute sie an.

„Hat das jetzt Auswirkungen auf mich?"

Sie schüttelte den Kopf.

„Du wirst wieder der alte sein. Es war das erste Mal. Aber das Gefährliche an dieser Sache ist, das du sehr viel Macht in diesem Moment hattest und du es wieder anwenden willst. Ich möchte nicht wissen, wie viele Hexen diesem Zauber verfallen waren."

„Wie meinst du das?"

„Wenn du diesen Zauber immer wieder anwendest, Merlin...Wird von deiner Seele nichts mehr übrig sein. Du wirst zu einem seelenlosen Hexer und ich muss dir nicht sagen, was das heißt."

Er nickte.

„Ich werde böse und grausam."

„Genau das. Ein seelenloses Geschöpf, das keine Reue, Mitgefühl oder Liebe kennt. Ich warne dich. Du hast gesagt, das du diese Macht gespürt hast; diese unglaubliche Macht in dir und du es toll fandest. Doch dieses Gefühl der Macht wird dich deine Seele kosten. Tu das nie wieder, Merlin."

Sie schwiegen einen Moment, dann sprach Serena weiter.

„Ein anderes Rätsel bleibt, wie du diesen Hexenspruch kanntest, um an diese Macht zu gelangen. Ein Durchgang zur Geisterwelt zu schaffen."

Merlin schüttelte den Kopf und sagte leise.

„Ich weiß es nicht, Serena. Die Worte waren einfach da. Und jetzt kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Sie sind weg. Was ist mit der Zeit? Hast du dafür eine Erklärung?"

„Nein, ein weiteres Rätsel. Du brauchtest Zeit und dann hattest du sie. Ohne das Anhalten der Zeit wäre Arthur unter deinen Händen dahin gewelkt."

„Das klingt alles sehr unheimlich", sagte Merlin „Wer hatte das ausgelöst? Und woher hatte ich diesen Spruch, denn ich nie gelernt oder gelesen habe?"

Serena seufzte und schüttelte den Kopf. Auch sie wollte Antworten, wenn möglich auf alle Fragen. Nach einem Moment sagte sie.

„Merlin...", sie suchte nach Worten, denn ihn auf seine Eltern anzusprechen, würde ihn daran erinnern, wie sie umkamen „Es geht um deine Eltern. Ich muss das ansprechen, denn ich glaube, darin liegen auch die Antworten."

Merlin sah sie an.

„Sie sind tot. Getötet von Vampiren und sie haben sich nicht gewehrt. Sie haben sich für mich und Maria geopfert", sagte er wehmütig. Noch immer tat es weh.

„Ich weiß", sagte sie nickend „Doch anscheinend haben sie euch beide sehr geliebt. Und dein Vater war sehr mächtig, wie auch deine Mutter, was Magie anging. Beide haben sie an euch weitergegeben."

„Sie haben nie darüber gesprochen, noch Magie angewandt."

Sie sah ihn an.

„Das weißt du nicht. Dieser Brand im Bürgeramt war vielleicht nicht natürlich. Und sie haben die Magie in euch gebannt, mit einem starken Hexenspruch. Sie haben Magie angewandt, vielleicht nicht sehr oft und ohne dein Wissen."

„Auf was willst du hinaus, Serena?"

Merlin", sagte sie wieder beschwörend „Dein Vater hat die Magie in euch beiden gebannt, doch sie war trotzdem stark genug, das ihr unsterblich sein würdet. Er wollte euch ein normales Leben ermöglichen, doch ich bin mir sicher, das dein Vater und deine Mutter sehr genau wussten, das ihr aufhören würdet zu altern, wenn ihr beide achtundzwanzig würdet. Spätestens dann hättet ihr gemerkt, das nichts an euch normal ist. Du sagtest mir, das deine Eltern euch sehr geliebt haben und ich kann mir einfach nicht vorstellen, das sie diese Welt verlassen haben, ohne eine Erklärung an ihre Kinder zu hinterlassen. Euch so im Ungewissen zu lassen, das würden Eltern, die ihre Kinder so liebten nicht tun."

„Sie haben nie etwas gesagt", sagte Merlin „Und dann kamen sie nie wieder nach Hause."

„Sicher. Sie rechneten vielleicht an diesem Abend nicht damit, das sie nicht mehr nach Hause kommen. Doch dein Vater war kein Dummkopf. Er war auf der Flucht, untergetaucht. Er musste damit rechnen, das sie ihn fanden. Er musste immer damit rechnen, das er eines Tages nicht mehr hier wäre, um euch zu erklären, warum ihr unsterblich seid. Ich kann mir nicht vorstellen, das er euch ohne ein einziges Wort über euch allein ließ."

Merlin starrte wieder zu Boden, er sagte nichts. Serena sprach weiter.

„Ich kannte ihn nicht, aber du, Merlin. Was hätte dein Vater getan, wenn er damit rechnen musste, das er nicht mehr da wäre, wenn du achtundzwanzig geworden wärst?"

Merlin starrte sie wortlos an, doch dann nahm er Luft.

„Mein Gott. Er hätte es aufgeschrieben. Einen Brief an uns."

„Und hast du so etwas gefunden?"

„Nein."

Serena nahm Luft.

„Er würde so etwas nicht öffentlich liegen lassen. Ich würde das nicht tun. Ich würde so einen Brief an einer Stelle hinterlegen, von der ich wüsste, das mein Sohn ihn finden würde, wenn die Zeit gekommen ist. Hast du eine Idee, wo dein Vater so ein wichtiges Dokument verstecken würde, mit der Absicht, das sein Sohn es finden würde?"

Merlin dachte nach, doch dann versteifte er sich. Er erinnerte sich an etwas, was sein Vater mal gesagt hatte.

„Weißt du, Merlin. Auf einem Dachboden kann man die tollsten Sachen finden. Etwas aus der Vergangenheit, aus dem Jetzt und manchmal auch etwas, was die Zukunft verändern kann. Es ist wie eine Schatztruhe oder vielleicht ein Familiengeheimnis, wenn man darin stöbert."

Das hatte er gesagt, als Merlin mal sagte, das da oben ja nur Kram herumstand. Dinge, die man nicht mehr brauchte. Oder...Dinge, die man dort versteckte, damit sie niemand fand. Wie ein Brief an sie beide. Er schaute Serena erstaunt an.

„Der Dachboden. Er hat mir durch die Blume gesagt, das dort oben mehr ist, als ich jemals vermutete. Und ich habe es nicht verstanden."

„Das Haus in Sevilla?"

Merlin nickte.

„Hast du es noch?"

Wieder nickte er.

„Es war eine Hazienda. Eigentlich wollte ich sie verkaufen, aber Maria wollte nicht. Sie sagte, das sie dort sehr glücklich war. Und sie an die gemeinsamen Jahre mit unseren Eltern erinnerten. Ich schenkte ihr die Hazienda und Maria ließ sie renovieren und achtet seitdem, das sie erhalten bleibt."

„Und alles ist noch dort wie es war?"

Er nickte.

„Ja, sie hat sie nicht modernisiert und auch die Möbel aus dem achtzehnten Jahrhundert sind noch da. Sie ließ sie im Orginal Zustand, als wollte sie die Erinnerungen erhalten. Wenn Vater dort etwas versteckt hat, dann ist es immer noch da."

„Du musst nachschauen, Merlin. Es gibt soviel, was du und ich nicht klären können. Woher du diese Macht hast und auch das mit der Zeit. Vielleicht liegen dort alle Antworten auf unsere Fragen."

Merlin nickte und stand auf.

„Ich werde nach Sevilla reisen, wenn ich weiß, das es Arthur gut geht. Was ist mit ihm?"

„Ich war eben dort. Er sieht besser aus, aber ist noch bewusstlos. Noel wacht bei ihm."

Merlin lächelte leicht.

„Noel, er kann nicht aus seiner Haut. Arthur ist und bleibt sein bevorzugter Vampir."

„Er sagte, er hatte eine gemeinsame Vergangenheit mit ihm."

„Ja", sagte Merlin „Aber keine schöne. Man kann sagen, das sie beide eine schlimme Vergangenheit hatten."

„Weißt du davon?"

Merlin nickte.

„Es war schlimm. Doch ich möchte nichts erzählen. Für ihn ist es etwas, was er vergessen will, denn es war wirklich..."

Serena hob die Hand und stand auf.

„Lass es. Ich will es nicht wissen. Versprich mir, das du diesen Zauber nie wieder anwendest. Es wird dich auf Dauer zerstören. Kontakt mit der Geisterwelt ist immer sehr gefährlich, Merlin. Dort herrschen andere Gesetze. Also halte dich davon fern."

Merlin breitete die Arme aus.

„Selbst wenn ich es wollte, ich weiß die Wörter nicht mehr. Keine Panik."

„Doch", sagte Serena „Es ist in dir. Arthurs Tod hatte das ausgelöst. Deine Verzweiflung, Panik, ihn zu verlieren, hat das ausgelöst. Es ist in dir, nur kannst du so nicht darauf zugreifen. Zum Glück nicht oder noch nicht. Und ich hoffe, das du nie wieder in so eine Lage kommst."

„Das hoffe ich auch", antwortete er leise „Denn das war die Hölle. Arthur so zu sehen...", er nahm Luft „Ich weiß, wir haben Probleme, doch so etwas will ich nie wieder erleben."

„Jemand zu sehen, den du liebst und der vor dir stirbt, würde jeden umhauen", sagte Serena „Und ihr beide mit eurer unmöglichen Liebe erst recht. Du hast instinktiv gehandelt und dabei Kräfte geweckt, die besser verschlossen bleiben."

Serena ging zur Tür, drehte sich noch einmal herum.

„Sag noch nichts zu den anderen, erst wenn wir sicher sind. Du solltest duschen und dich rasieren. Hast du Hunger?"

„Ja, sehr."

„Dann mach dich fertig und komm herunter. Es gibt bald Abendessen."

Er nickte und Serena ging. Merlin starrte noch nachdenklich die Tür an. Er hatte mit Geister zu tun gehabt. Nicht irgendwelche, sondern mit seinen Ahnen. Und sie hatten für ihre Hilfe einen Preis verlangt. Serena hatte recht. Dieser Hexenspruch würde ihn auf Dauer zerstören und übrig bliebe nur ein böses, seelenloses Geschöpf. Doch er musste zugeben, wenn er sich an dieses berauschende Gefühl von Macht, die durch ihn floss erinnerte, war da tief in seinem Inneren diese Gier, das wieder zu fühlen.

Er schüttelte den Kopf und zog sich aus. Danach sprang er unter die Dusche. Er würde, bevor er zum Essen ging, nach Arthur sehen.



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Noel schreckte in seinem Sessel auf, als er ein leises Stöhnen hörte. Er beugte sich über Arthur, der sich bewegte und die Augen öffnete. Noel grinste.

„Willkommen zurück, Vampir."

„Noel? Wo...Wo bin ich?"

„Bei Serena im Keller. Hast fast zwei Tage geschlafen."

Arthur sah ihn etwas verwirrt an.

„Was ist passiert?"

Doch er hatte die Frage noch nicht richtig ausgesprochen, als seine Erinnerungen sich meldeten. Erschreckt griff er sich an seine Brust. Doch da war nichts. Er schaute Noel fragend an.

„Ich bin nicht tot", stellte er so sachlich fest, das Noel lachen musste.

„Doch, das bist du", sagte er amüsiert „ Mausetot. Mann, Arthur...du bist ein Vampir und somit tot."

„Das meinte ich nicht", sagte er und wollte sich aufsetzen, doch Noel verhinderte es.

„Liegenbleiben. Du warst ganz schön verletzt, wenn ich den Ausführungen von Lance und Sethos glauben kann. Was wohl stark untertrieben ist, denn das war mehr als nur eine Verletzung."

„Ich weiß. Ich sollte nicht mehr hier liegen", sagte Arthur „Der Pfeil...Er traf mich in mein Herz und er war aus Silber. Ich fühlte, wie ich starb."

Noel nickte.

„Ja, du Volltrottel. Eigentlich dürfte nicht mehr als ein Häufchen Asche von dir übrig sein. Irgendetwas ist dort vorgefallen, denn Sethos wie auch Lance können sich das nicht erklären, wieso du noch unter den Lebenden weilst. Besser gesagt...Unter den Untoten."

„Was ist passiert?", fragte er wieder.

„Weiß ich nicht. Niemand weiß etwas Genaues. Selbst Merlin hüllt sich in Schweigen. Aber was immer es war, es hat dir deinen Arsch gerettet."

„Hat Merlin mich gerettet? Mit Magie?"

„Auch das weiß ich nicht", antwortete Noel „Das fragst du ihn lieber selbst."

Arthur setzte sich wieder auf und stöhnte, denn alles drehte sich vor ihm.

„Was ist mit mir los?"

„Du solltest langsam machen", sagte Noel „Schließlich hattest du einen Silberpfeil im Herz und das ist tödlich. Ein Wunder, das du hier noch liegst. Lance erzählte mir eine unglaubliche Geschichte von einem Vampir, der tödlich getroffen wurde und das überlebt hat. Also mein Lieber, mach langsam."

Arthur nickte und legte sich wieder zurück, als die Tür aufging und Merlin hereinkam. Er lächelte, als er sah, das Arthur wach war.

„Wie geht es unserem Patient?", fragte er.

„Ein wenig verwirrt, aber munter", sagte Noel „Und es ist ihm etwas schummrig. Wenn man bedenkt, was er erlebt hatte, ist das im grünen Bereich."

Merlin kam näher und Arthur griff nach seiner Hand, die der Hexer nicht wegzog. Er sah Merlin mit seinen blauen Augen an und der Hexer wusste, das er Arthurs Tod nicht verkraftet hätte. Und trotz das er jetzt wusste, was ihn das gekostet hatte, würde er wieder so handeln. Und ja, er liebte diesen sturen, arroganten Vampir. Mehr als alles andere. Dante hatte es nie gesagt, nicht direkt, doch er wusste es auch.

„Danke", sagte Arthur.

Merlin lächelte leicht, er wirkte verlegen, als er antwortete.

„Warum?"

„Du hast mich gerettet. Hast du?"

„Wir sollten ein andermal darüber reden", sagte Merlin ausweichend „Jetzt solltest du dich ausruhen.

Was er gerade von Serena erfahren hatte, musste er selbst erst verdauen. So wie es aussah, hatte er einen Hexenspruch aus dem Hut gezaubert, von dem er null Ahnung hatte. Und der so mächtig war, das er Hilfe aus der Geisterwelt bekommen hatte. Hilfe von seinen vergangenen, mächtigen Ahnen, die ihm Macht gaben, Arthur zu heilen. Doch ihre Macht zu geben hatte Merlin etwas gekostet, ohne das er das wusste. Ein sehr hoher Preis.

Merlin wollte seine Hand zurückziehen, doch Arthur hielt ihn fest. Er schaute Merlin intensiv an, so das der Hexer wegschauen musste. Gott nein, er hätte es nicht ertragen, nie wieder in diese Augen sehen zu können.

„Wirst du mit mir essen gehen?"

Merlin entzog ihm seine Hand. Es machte ihn nervös und verschiedene Emotionen tobten in ihm. Erleichterung, Liebe sowie Abwehr, die sich in all den Jahren schon fast normal anfühlte. Freude und Stolz, das er den Mann, den er liebte gerettet hatte, auch wenn der Preis hoch war.

„Übertreib es nicht", sagte Merlin und ging zur Tür.

„Merlin."

Er drehte sich um zu Arthur und sah ihn an.

„Bitte, Merlin. Nur ein Essen."

Er sah zu Noel, der ihn abwartend ansah, dann wieder zu Arthur, der ihn genau so ansah. Er hatte nicht vorgehabt, seiner Einladung nachzugeben. Merlin kannte sich inzwischen gut genug, um zu wissen, das er Arthur nicht lange stand halten konnte, wenn er ständig um ihn war. Und noch immer war Merlin nicht bereit, sich auf ihn einzulassen. Zu groß war die Angst, das er wieder enttäuscht wurde. Doch jetzt hätte er Arthur beinahe verloren, für immer. Mit ihm essen zu gehen, war ja eigentlich unverfänglich, zumal er kurz davor war, nie wieder in seiner Nähe zu sein. Also antwortete er.

„Mal sehen. Werde erst mal richtig fit."

Dann war er fort und Arthur lächelte. Er hatte erreicht, was er wollte. Merlin ging mit ihm essen. Er fand, das war ein Silberpfeil im Herz wert.



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Eine Woche später war Arthur wie zuvor. Bekleidet mit seinem dunklen, langen Mantel war er wieder der arrogante Vampir, der Merlin nachstellte. Langsam zog der Alltag wieder in das Hexenhaus ein. Sethos war abreist nach Italien. Anchar würde sich Sorgen machen, wenn er sich nicht meldete. Obwohl er sehr mächtig war, würde sie sich immer Sorgen machen, wenn er auf so einer Mission war. Und Sethos hatte miterlebt, wie schnell sein Dasein vergehen konnte, mächtig oder nicht. Auch sein Leben wäre mit einem Silberpfeil zu Ende. Noch immer wusste er nicht, was im Detail geschehen war, doch Serena sagte, das sie ihm Bescheid sagen würde, wenn sie alle Antworten hatten.

Lance genoss in der Zeit New Orleans mit seiner Gefährtin, die ihm all das Schöne in New Orleans und ihm alles Tolle zeigen wollte. Und abends mit ihm ausging, denn jetzt im Sommer war viel los. So auch Noel, der sich wieder voll Trystan widmen konnte, nachdem seine Dienste nicht mehr gebraucht wurden. Er saß mit dem gutaussehenden Hexer in einem Straßencafe und lauschte der kleinen Jazzband, die heute Abend hier spielte. Er mochte diese Musik. Als die Rechnung kam und der Kellner sie auf den Tisch legte, griffen beide danach und Noel berührte Trystans Hand, der sie ruckartig zurückzog und verlegen in die andere Richtung sah.

Noel bemerkte es und bezahlte die Rechnung für ihre Drinks, die draußen vor der Tür sofort beglichen werden mussten. Sonst würden einige einfach verschwinden. Der Kellner ging und es herrschte Schweigen. Trystan schaute ihn immer noch nicht an, bis Noel lächelnd sagte.

„Weißt du; wir sind Freunde. Und Freunde können sich ruhig mal berühren; das muss ich dir doch nicht sagen. Doch du ziehst deine Hand zurück, als hättest du dich verbrannt. Ich mag ja keine normale Körpertemperatur haben, aber so schlimm kann das doch auch nicht sein."

Trystan sah ihn immer noch nicht an.

„Trystan? Ich bin nicht beleidigt oder sonst was. Ich sagte das eigentlich im Scherz."

„Das ist es nicht", antwortete der Hexer jetzt, doch schaute Noel nicht an.

„Was dann?"

Trystan schwieg. Noel seufzte und beugte sich etwas vor.

„Jetzt komm schon. Wir sind beide erwachsen und wir konnten uns immer gut unterhalten. Über alles. Fangen wir jetzt nicht damit an, uns bei brisanten Themen in Schweigen zu hüllen. Wir sind beide keine Teenager mehr, sondern weit darüber hinaus. Oder?"

„Es...Es ist kompliziert", sagte der Hexer jetzt „Zumindest für mich."

„Und was ist kompliziert?", fragte Noel „Jetzt rede doch. Ich weiß ja, das du dich für Mädchen interessierst, aber trotzdem können wir uns umarmen oder mal berühren. Das tun Freunde eben. Und es ist kein Grund, verlegen zu sein."

Trystan sah ihn jetzt an. Und wieder fiel ihm auf, wie gutaussehend Noel war. Doch das Ausschlaggebende war seine Art. Er war freundlich und lustig. Was man von Arthur nicht sagen konnte. Er hatte mit dem schönen Vampir vielleicht mal drei Worte gewechselt, eigentlich sah er ihn nicht wirklich, wenn er an ihm vorbeiging. Er hatte nur Augen für Merlin, der ihn seinerseits mit Nichtbeachtung strafte. Natürlich wusste Trystan über ihre Probleme Bescheid, denn Merlin sagte es ihm. Die beiden waren verrückt. Sie konnten sich nicht sehen ohne Stress und auch nicht voneinander wegbleiben. Dagegen war Noel ein Schatz. Man konnte sich sehr gut mit ihm unterhalten und Trystan imponierte seine Loyalität zu seiner Vampir Familie; seine Opferbereitschaft, als er tagelang bei Arthur wachte. Das war nicht selbstverständlich.

„Ich glaube...", begann er und nahm Luft, als bräuchte er Mut. Doch er sprach nicht weiter. Noel hakte nach.

„Was?"

„Ich weiß nicht wie ich es sagen soll, Noel. Aber in diesen vier Wochen sind wir Freunde geworden. Du warst mir auf Anhieb sympathisch."

„Gut", antwortete Noel „Du mir auch. Und wo liegt jetzt das Problem?"

„Das Problem ist..."

Wieder nahm er Luft. Noel sah, das er sich sichtlich unwohl fühlte.

„Trystan, egal was es ist. Spuck es jetzt aus", sagte der Vampir.

„Ich glaube..."

Noel machte eine auffordernde Handbewegung und lächelte.

„Ich glaube...Was? Weiter. Kann ja nicht so schlimm sein."

Trystan sagte nichts, schaute auf sein Glas, als er wieder sprach.

„Ich glaube, ich sehe in dir mehr als einen Freund."

Stille.

Trystan schaute ihn nicht an und wenn er es getan hätte, dann wäre ihm Noels Lächeln aufgefallen, das ihm gerade aus dem Gesicht fiel. Nach einer Unendlichkeit sagte Noel leise.

„Wie soll ich das verstehen?"

Trystan zuckte mit den Schultern.

„Nun ja, kann sein, das ich mich in dich...", er schaute wieder weg „Das ich mich in dich verliebt habe. Etwas, was ich nicht verstehen kann und noch weniger glauben. Aber alles spricht dafür."

„Zum Beispiel?", fragte Noel nach.

Er musste es genau wissen, denn er selbst hatte sich oft vorgestellt, das er Trystan küsste. Im Gegenteil zu Merlin oder Arthur machte sich der Vampir nichts vor. Er spürte schon einige Zeit, das der junge Hexer ihn mehr ansprach als nur ein Freund. Doch aus Respekt vor seiner Neigung zu dem weiblichen Geschlecht hatte sich Noel zurückgehalten. Er wollte Trystan nicht verschrecken oder enttäuschen, wenn er sich ihm auf eine andere Weise genähert hätte. Obwohl er sich sicher war, das er dem Hexer mehr entgegen brachte, als gut für ihn war, hätte sich Noel auf eine Freundschaft beschränkt. Aber nun schien sich etwas geändert zu haben und der Vampir war alles andere als unglücklich darüber. Sollte es so sein.

„Ich..." Wieder brach er ab. Noel seufzte.

„Also wirklich, Trystan. Stellst du dich bei den Mädchen auch so an? Dann wundert es mich wirklich, das du so erfolgreich mit ihnen warst. Mädchen mögen es nicht wirklich, wenn der Mann hilflos herum stottert."

„Ich bin nicht hilflos und ich stelle mich nicht so trottelig an", antwortete Trystan jetzt etwas unwirsch „Für mich ist das etwas vollkommen Neues und damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Ich hatte noch nie wirkliches Interesse an einem Mann...Bis du kamst. Ich fand dich von Anfang an nett und ich bin immer gerne mit dir zusammen gewesen. Doch dann fing ich an, immer über dich nachzudenken. Und ich war auf eine seltsame Art aufgeregt, dich zu treffen. Und wenn du mich angesehen und angelächelt hast, wurde mir ganz anders. Oder wenn du mich flüchtig berührt hast. Spätestens dann wusste ich, das es mehr war als eine Freundschaft. Ich habe viele Freunde, doch die bewirken nicht das in mir, was du tust, wenn du mich ansiehst oder anlächelst. Und ich stelle mir auch bei ihnen nicht vor, wie sie mich küssen."

Noel schaute ihn einen Moment sprachlos an. Doch dann lächelte er und sagte.

„Nun sieh mal. Geht doch. War doch jetzt nicht so schwer."

„Wirklich lustig", sagte er immer noch etwas unwirsch „Für mich ist das absolutes Neuland. Ich brauche wohl doch nicht Jahrhunderte, um mich den Gebräuchen der Mythenwelt anzuschließen. Ich habe nur keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll."

Noel legte seine Hand auf seine und diesmal zog Trystan sie nicht weg.

„Es ist nicht anders, als was du sonst auch getan hast", sagte Noel „Zuneigung ist Zuneigung und Liebe ist Liebe. Egal, wer dein Partner ist. Es macht nicht wirklich einen Unterschied. Nun ja...in manchen Dingen schon, aber soweit sind wir ja noch nicht."

„Ich weiß noch nicht einmal, ob du mich auf diese Weise überhaupt magst", sagte Trystan.

„Glaube mir", lächelte Noel „Ich würde dich sehr auf diese Weise mögen. Ich hielt mich nur zurück, weil ich dir nicht zu nah kommen wollte. Doch wenn ich ehrlich bin, dachte ich des öfteren über diese Art der Beziehung nach."

Trystan lächelte halbherzig.

„Ich...Ich habe keinen Schimmer wie es jetzt weitergehen soll. Wenn wir das jetzt tun und...Ich möchte dich nicht als meinen Freund verlieren, falls es..."

„Nein, wirst du nicht. Ich werde auch noch dein Freund sein, wenn du entscheiden würdest, das du dich geirrt hast", unterbrach ihn Noel „Doch wir werden es nie wissen, wenn wir das jetzt ignorieren, Trystan."

„Du denkst...Wir sollten dem nachgeben?"

„Scheiße nochmal...Ja. Ich will dich, Hexer."

Trystan nickte zögernd und Noel lehnte sich zurück. War das zu fassen? Er dachte, das er sich wieder einmal unglücklich verliebt hatte, doch nun hatte das Ganze eine wirklich überraschende, freudige Wendung genommen. Sie kannten sich ja noch nicht so lange, doch Noel hatte ein seltsames Gefühl bei Trystan.

Ein Gefühl, als wäre seine Suche zu Ende.

Doch er wollte nicht soweit vorgreifen. Trystan war verunsichert. Für ihn war das wohl noch überraschender als für Noel, der nicht mehr damit gerechnet hatte, den Hexer auf dieser Weise näher zu kommen. Und er musste bei ihm vorsichtiger sein, als bei Männer, die diese Neigungen schon hatten.

Spät in der Nacht gingen sie schweigend zurück zum Haus und Noel nahm seine Hand in seine, als sie durch das inzwischen ruhige French Quarter spazierten. Trystan schaute ihn lächelnd an und umfasste die Hand von Noel fester.

Als sie vor Noels Tür zu seinem Zimmer standen, sagte Trystan.

„Okay dann...Gute Nacht."

Er wollte gehen, doch Noel zog ihn zurück und sah ihn an. Er beugte sich vor und küsste Trystan zärtlich auf die Lippen.

„Wie fühlt sich das an?", fragte er danach.

„Schön", war des Hexers einfache Antwort „So wie ich es mir vorgestellt habe."

Noel küsste ihn etwas länger und Trystan seufzte, als er mit seiner Zunge über die Unterlippe des Hexers leckte. Er öffnete den Mund und der Vampir wagte einen kleinen Vorstoß. Da Trystan keine Anstalten machte, das zu beenden, wurde Noel forscher und der junge Mann schmolz in seinen Armen. Noel ließ ihn los und sah in seine dunklen, glänzenden Augen.

„Schlaf schön", sagte Noel und ließ ihn los.

Er schaute dem Hexer nach, als er in seinem Zimmer verschwand und seufzte.

„Nur nichts überstürzen, Vampir", sagte er leise zu sich selbst und ging in sein Zimmer, machte die Rollläden herunter.

Er hätte Trystan am liebsten in sein Bett gezerrt, doch bei ihm wollte er nichts falsch machen. Er schüttelte lächelnd den Kopf, als er sich auszog.

Er hatte sich verliebt. Wieder einmal. Und hoffte, das diesmal niemand kam und ihm das wegnahm.



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Arthur betrat mit Merlin das exklusive Restaurant in New Orleans. Er hatte keine Kosten und Mühe gescheut, um Merlin auszuführen. Das hier war das angesagteste Restaurant unter der High Society in New Orleans. Reservierungen waren Monate schon ausgebucht. Doch für Arthur war das kein Problem gewesen, als er dem Empfangschef tief in die Augen geschaut hatte und einen Tisch für zwei verlangt hatte.

Er trug einen verflucht teuren, schwarzen Anzug mit einem weißen Seidenhemd, der ihm hervorragend stand. Merlin in einem dunkelblauen Anzug sah neben ihm nicht minder schlecht aus. Er hatte schließlich eingewilligt, die Einladung dieses Nerves zum Abendessen anzunehmen. Blicke der Frauen folgten ihnen auf dem Weg zu ihrem Tisch, an den sie sich jetzt setzten. Merlin nahm nickend die Speisekarte, während Arthur dankend ablehnte und sich einen Bourbon bestellte.

„Du solltest ihm sagen, das du schon gegessen hast", sagte Merlin, während er die Karte studierte. Die Preise waren, gelinde ausgedrückt astronomisch.

„Sehr komisch", sagte Arthur.

Merlin sah ihn über die Karte an und schmunzelte.

„Wenn du die Preise sehen würdest, dann würdest du wieder gehen."

Er zuckte mit den Schultern.

„Na und? Was ist schon Geld? Ich hatte Jahrhunderte Zeit, mir das anzuhäufen."

„Das sag mal den Armen in der Straße."

„Willst du dich jetzt über die Sozialzustände in Amerika unterhalten?", fragte er unwirsch.

Merlin legte die Karte weg und nickte.

„Okay, fünf Minuten, bevor wir anfangen zu streiten. Ich hatte damit schon nach drei gerechnet."

Arthur seufzte und lehnte sich zurück.

„Tut mir leid. Ich will doch nur hier mit dir sitzen und mich normal unterhalten, ohne das du immer weg rennst."

„Das kann ich hier auch", antwortete der Hexer. Arthur beugte sich vor und zischte.

„Aber diesmal kommst du nicht weit, denn ich werde die Zeit anhalten und dich irgendwo hin schleppen, wo du nicht abhauen kannst."

„Das sind Arthurs miese Tricks."

„Ach? Und du hast keine?"

Merlin lächelte ihn an. Natürlich hatte er so etwas auch, wie einfach zu verschwinden, vor Arthurs Augen.

„Willst du streiten? Ich dachte, du willst mir etwas erzählen. Was denn?"

„Etwas über mich, was du nicht weißt."

Und warum sollte mich das interessieren?", fragte Merlin.

Arthur sah hoch und ihn an. Und Merlins Herz fing an zu klopfen. Er hatte noch nicht herausgefunden, wie Arthur es schaffte, ihn so einzunehmen. Eigentlich müsste er ihn hassen, denn sie hatten wahrlich keine angenehme Vergangenheit zusammen gehabt. Doch er fühlte nur eine unmögliche Liebe für den Vampir, gegen die keiner ankam. Dante hatte es versucht und war gescheitert.

„Ich sagte, das ich Dinge erlebt habe, die mich verändert haben", antwortete Arthur, doch schwieg, als der Kellner die Bestellung aufnahm. Er sprach weiter, als der Kellner ging.

„Ich will damit nicht sagen, das ich ein vollkommen anderes Wesen bin, aber in mancher Hinsicht sehe ich einiges anders."

„Zum Beispiel?"

„Uns?"

„Es gibt kein uns. Nicht mehr", sagte Merlin.

Arthur wollte darauf etwas antworten, doch erinnerte sich an Serenas Worte.

Setze ihn nicht unter Druck, indem du darauf pochst, das ihr zusammen gehört. Sprich nicht von Liebe oder sag es andauernd.

„Das meinte ich nicht", sagte er jetzt „Ich rede von der Sache damals und was danach geschah."

Merlin trank einen Schluck des Rotweines, bevor er antwortete.

„Du meinst, als du eine Nummer mit Sethos auf dem Tisch geschoben hast."

„Wo hast du nur solche Sprüche her?", fragte Arthur „Eine Nummer auf dem Tisch? Weißt du eigentlich, wie lange das schon her ist?"

„Einhundertachtunddreißig Jahre zweihunderteinundfünfzig Tage und sechs Stunden", antwortete Merlin ernst. Arthur sah ihn sprachlos an, doch dann sagte er.

„Du hast das gezählt?"

Merlin beugte sich ernst vor.

„Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an diesen Abend denke. Dieser Abend, indem du mich betrogen hast und das auch noch mit einem Freund von mir. Dieser Abend, als du mein Herz in tausend Stücke zerrissen hast und darauf herumgetrampelt bist. Dieser Abend, als ich endlich von meiner Naivität befreit und erwachsen wurde und den furchtbaren Tatsachen ins Auge sah. Das der Mann, den ich so liebte, mich wie eine Hure behandelt hatte und es mit anderen getrieben hat, obwohl er mir Treue geschworen hatte."

Arthur starrte ihn schweigend an, Merlin sprach weiter.

„Hast du nur die leiseste Ahnung, was ich in dem Moment gespürt habe? Hast du dich jemals gefragt, was ich fühlte?"

Arthur fühlte sich sichtlich unwohl, als er sagte.

„Müssen wir darüber reden?"

„Du wolltest reden. Also...Reden wir. Oder ich gehe jetzt."

„Merlin...", er holte Luft, was so untypisch für ihn war „Ich wollte das alles nicht. Ich war nicht in Ordnung, was sich viel später herausstellte. Aber da warst du schon weg."

Merlin lehnte sich ärgerlich zurück.

„Komm schon, Arthur. Das ist wohl die blödste Ausrede, die ich je hörte. Du hast mich nicht nur einmal betrogen. Ich weiß, das du mit meinen Schwestern geschlafen hast und diese Monate in Sethos Haus mit ihm. Du kannst nicht treu sein. Was willst du mir erzählen?"

„Du hast recht", antwortete Arthur „Ich dementiere das auch nicht, aber das alles hatte einen Grund und Maria hat es ausgelöst."

Merlin wurde hellhörig.

„Sag mir jetzt nur nicht, das du mit Maria..."

„Nein! Nein, natürlich nicht. Doch sie hatte mich verhext."

„Maria? Wann?"

„Nachdem du weg warst. Sie war so böse und hat mir die Beulenpest angehext. Ich kann dir nicht sagen, wie furchtbar das war und wie ich ausgesehen habe. Ich konnte mich nicht mehr sehen lassen , da die Beulen aufplatzten und ich roch nach Fäulnis. Acht Monate ließ sie mich in meinem Zimmer vor mich hin verrotten, bevor sie mich erlöste. Viel Zeit, um darüber nachzudenken, was ich falsch machte."

„Das hat sie mit keinem Wort erwähnt."

„Nein. Ich wollte dir das schon lange sagen, aber du hörst mir nie zu. Danach fiel ich in eine tiefe Depression."

„Wie das?"

Arthur erzählte von der Zeit, als die Erinnerungen an Alexej ihn heimgesucht hatten. All das Schreckliche, was er durchmachen musste. Von Lance und Maria, die einen Menschenarzt aufgesucht hatten, um sich Rat zu holen. Die vielen Aussprachen mit Lance und das Bewältigen des Traumas, das immer noch in Arthur saß. Und Merlins Verlust. Reue, Verzweiflung und Trauer.

Merlin hörte zu, unterbrach ihn nicht einmal, bis Arthur endete.

„Ich schwor mir, sollte ich noch einmal die Chance haben, dich zurückzubekommen, dann würde ich dich nie wieder verletzen. Und ich schwor dem Sex ab, doch Lance überredete mich, es nicht zu tun. Ich will dich nicht belügen, Merlin. Ich hatte regelmäßigen Sex in all der Zeit."

„Na sicher."

Arthur schüttelte den Kopf.

„Nein, du verstehst das nicht, obwohl Lance sagte, das du es verstehen würdest. Ich musste das tun."

Merlin lächelte sarkastisch.

„Oh, eine ganz neue Art, Sex Affären zu beschreiben. Verzeih mir, Merlin, aber ich musste vögeln. Sehr einfallsreich."

„Verdammt, hör mir zu. Vampire müssen sich beim Sex ausgleichen. Tun sie das nicht, werden sie aggressiv. Ich war auf dem besten Weg dorthin, nachdem ich über ein Jahr abstinent lebte. Bis Lance mich beschwor, es nicht mehr zu tun. Ich wollte dich nie wieder betrügen, doch ich musste es tun. In all den Jahren. Frag Lance, Sethos oder jeden Vampir, den du triffst. Sie alle werden dir das bestätigen."

„Und was willst du nun von mir?", fragte Merlin „Absolution?"

„Nein, ich wollte nur, das du das weißt. Ich habe dich belogen und betrogen und ich möchte das nicht wieder tun. Und das wollte ich dir sagen."

Merlin sah ihn einen Augenblick an. Er wollte das so gerne glauben, aber er konnte nicht. Zu groß war die Angst, das er ihm das wieder antat. Merlin war durch die Hölle gegangen. Verletzt, erniedrigt und so voller Kummer hatte er Mailand verlassen und war ziellos durch die Welt geirrt. Immer dieser wahnsinnige Schmerz und die Erinnerung an Arthurs Verfehlungen vor sich. Dazu kam, das er seine Liebe zu dem Vampir einfach nicht abstellen konnte.

Er hatte sich danach in Affären gestürzt und schließlich sich an Dante geklammert. In der Hoffnung, endlich von dem Vampir loszukommen. Doch auch der sanfte, liebevolle, schöne Wolf konnte diese Liebe nicht auslöschen und gab letztendlich auf.

„Hast du Dante geliebt?", fragte jetzt Arthur.

„Nicht genug, um sein Gefährte zu werden. Dante hatte immer gewusst, das er in deinem Schatten lebte. Und letztendlich hatte er eingesehen, das er keine Zukunft mit mir hatte. Er hat das Verhältnis zwischen uns aufgelöst."

Und nicht Negatives über Wölfe sagen!

Serenas Stimme hallte in Arthurs Kopf.

„Ach? Wusste ich nicht. War ein feiner Zug von ihm."

„Hör auf, mir mit Dante zu schmeicheln", sagte Merlin „Ich weiß, das du ihm immer noch gerne den Kopf abschlagen willst."

Das stimmte allerdings. Er hatte sich an seinem Gefährten vergriffen.

„Ja...Gut. Ich mag ihn nicht", gab er zu.

„Natürlich nicht. Ich habe mit ihm geschlafen."

„Musst du mir das jetzt auf die Nase binden?", zischte Arthur „Ich bin ja nicht blöd und wusste, das ihr nicht nur Händchen gehalten habt."

„Touche, mein Lieber."

„Ist ja toll", sagte Arthur leicht verärgert „Wollen wir die Unendlichkeit damit verbringen, uns gegenseitig unsere Eroberungen vorzuhalten?"

„Wäre doch lustig. Oder?"

Arthur atmete durch. Nur nicht ausrasten. Er wechselte das Thema, das nicht weniger brisant war.

„Sag mir, Merlin. Was ist in der Nacht in Schottland geschehen?"

Merlin wurde todernst. Es erinnerte ihn wieder an diese schreckliche Szene, in der Arthur tödlich getroffen zusammenbrach und begann zu erlöschen. Und an seinen Zauber, um ihn zu retten, der sich als sehr gefährlich herausgestellt hatte. Und Merlin hat mit einem kleinen Teil seiner Seele für Arthurs Leben gezahlt. Doch er bereute es nicht.

„Ich...Ich weiß es noch nicht."

„Hast du mich gerettet?"

Merlin wand sich, doch er sagte, denn es würde kein Geheimnis bleiben.

„Ja."

„Warum?"

Eine verdammt gute Frage. Die Antwort war leicht, aber Merlin wollte es nicht sagen. Obwohl Arthur es nur zu genau wusste.

„Warum, Merlin? Du hast mich verlassen und ich habe dich verfolgt. Du wärst jetzt frei, wenn ich nicht mehr wäre."

„Ich fand es nicht richtig", versuchte er sich aus der Affäre zu ziehen „Kannst du es nicht als gegeben sehen und einfach nur danke sagen?"

„Okay...Danke."

Das Essen kam und es sah sehr lecker aus. Merlin probierte es und sagte.

„Mhm...sehr gut. Es ist wirklich schade, das du das nicht essen kannst."

Arthur lächelte.

„Es reicht mir, wenn ich dich genießerisch essen sehe. Willst du nachher noch in einen Club?"

Merlin sah von seinem Essen auf.

„Ja. Warum nicht. Ich bin ja froh, das wir uns nicht anschreien."

„Ja. Ich auch."

Arthur beobachtete Merlin, während er sein Essen genoss. Er liebte den Hexer von dem Tag an, an dem er in diesen Ballsaal in Sevilla kam. Damals, als er noch Vampire jagte und glaubte, ein ganz normaler Mensch zu sein. Arthur kam es so vor, als wäre das ein anderes Leben gewesen. Er hatte Merlin und ihn wieder verloren. Beide waren durch die Hölle gegangen. Arthurs schlimme Vergangenheit hatte auch an ihrer Beziehung genagt. Alexej hatte ihm einmal prophezeit, das er nie wieder in Frieden leben könnte, wenn er ihn jemals verließ. Es schien, das er aus der Hölle noch Arthur quälte.



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Nachdem Arthur bezahlt hatte, führte er Merlin in den Club, in dem er damals Lian traf. Sie saßen an der Bar, sprachen über dies und das. Der Club war voll und sie mussten einige Frauen und auch Männer abwimmeln, die tanzen wollten. Schließlich sagte Arthur.

„Willst du tanzen?"

Merlin sah zur Tanzfläche. Sie spielten etwas Schnelles und er nickte. Beide gingen zur Tanzfläche und begannen zu tanzen. Doch Merlin beobachtete nur Arthur; seine geschmeidigen Bewegungen und wie er die Hüften bewegte. Gott, er hatte eindeutig ein Defizit an Sex und zwang sich wegzusehen. Dann spielten sie etwas Langsames und Merlin wollte gehen, doch Arthur zog ihn an sich.

„Geh nicht. Lass uns tanzen."

Merlin sagte nichts, doch als Arthur ihn an sich zog, erschauerte er innerlich. Er nahm jedes Körperteil von Arthur an sich wahr und schloss seine Augen. Gott, es fühlte sich gut an, ihn so nah zu spüren und doch gab er dem drang nicht nach.

Was siehst du nur in Arthur?

Das hatte ihn mal Dante gefragt. Merlin konnte ihm darauf keine eindeutige Antwort geben. Arthur war arrogant, überheblich, aggressiv. Und er konnte nicht treu sein. Doch er war schön und konnte charmant sein. Merlin kannte ihn auch anders. Damals in Sevilla, als er Arthur seine Liebe gestand und sie Hand in Hand spazieren gingen. Die zärtlichen Küsse und Arthurs zärtliche Art, bis seine Vergangenheit ihn eingeholt hatte. Ausgelöst durch Merlins stures Verlangen nach Moskau zu reisen, um Alexej zu töten. Und damit begann die Katastrophe, die beide ins Unglück stürzte.

Arthur strich ihm zärtlich über den Rücken, während er mit Merlin tanzte und sah ihn an. Merlin nahm Luft, als er in diese blauen Augen sah, die Zärtlichkeit und Verlangen reflektierten. Arthur sagte nichts, sah ihn nur an, bis Merlin es nicht mehr aushielt.

„Lass uns gehen."

Arthur nickte und kurz darauf verließen sie den Club. Sie sprachen nicht viel auf dem Weg nach Hause, bis Merlin im Foyer sagte.

„Es war ein schöner Abend. Danke."

„Ja...War es."

Ich gehe dann hoch. Gute Nacht."

„Ja. Gute Nacht", sagte Arthur und ging in den Keller.

Merlin sah ihm nach, als er auf der Treppe stehen blieb. Er hatte nicht einmal von Liebe geredet, noch versucht Merlin zu küssen. Und er hatte in einer Nacht mehr mit Merlin unternommen, als in den Monaten in Mailand, als sie Gefährten waren. Vielleicht hatte er sich wirklich geändert.

Doch Merlin wusste aus Erfahrung, das Vampire Meister in Täuschung waren. Er wünschte sich wirklich, er könnte Arthur wieder vertrauen. Er liebte diesen Vampir, der ihm eigentlich nicht gut tat. Er würde alles für ihn tun...Hatte es getan, als er ein Stück seines wertvollsten Besitzes opferte, um ihn zu retten.

Er musste morgen mit Maria reden, denn ihre Magie ging sie beide etwas an. Sie würde mit ihm nach Sevilla reisen, um etwas zu suchen, an das Merlin nicht wirklich glaubte. Doch Serena hatte recht. Ihre Eltern wären nicht gegangen, ohne ihnen eine Erklärung zu hinterlassen, was sie waren und vor allem...

Was sie in der Lage waren zu tun.


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