Dunkles Schicksal
Kapitel 58
Mailand....
Maria betrachtete das regen Treiben auf der Straße, als sie mit der Kutsche am frühen Abend die Stadt erreichten, noch wenige Tage bis zum Ball. Sie waren vor drei Tagen von Rom aufgebrochen und hatten unterwegs übernachtet. Obwohl sie fast die halbe Welt bereist hatten; gab es noch viele Orte, wo sie nicht waren. Maria war immer wieder erfreut und aufgeregt, wenn sie irgendwo ankamen. Merlin sah nachdenklich aus dem Fenster, denn er war hier schon einmal gewesen. Mit Arthur und es kam ihm vor, als wäre das schon einhundert Jahre her.
Damals hatte er sich noch so sehr gegen diese unmögliche Liebe gewehrt. Damals, als sie auf dem Weg nach Moskau waren, bevor all das Drama begann. Und bevor er eine kleine Weile den Mann lieben durfte, den er immer noch nicht vergessen konnte. Merlin hatte ihn tausend Mal verflucht, für das was er ihm angetan hatte und doch konnte er ihn nicht hassen. Nein, er liebte dieses Wesen, immer noch. Der Schmerz saß in seinem Herzen und würde nie vergehen, doch es war mit den Jahren erträglich geworden. Wahrscheinlich würde er ihn nie wieder sehen.
„Merlin, wo bist du denn schon wieder?", fragte Maria „Schau dir doch die Stadt an. So viele Menschen hier, scheinbar ist hier viel los."
Merlin lächelte.
„Es ist Sommer und der Opernball steht an. Natürlich kommen viele Leute deswegen, zumindest diejenigen, die sich das leisten können. Ich dachte über ein Hotel nach und hoffe, wir bekommen noch Zimmer."
„In den sehr teuren Hotels bestimmt", antwortete sie.
„Täusche dich nicht, der Hochadel ist im Moment sehr präsent und ich denke nicht, das sie in Tavernen übernachten. Dazu sind sie zu arrogant und wollen zeigen, was sie haben", antwortete Merlin etwas spöttisch.
Er war eigentlich nie so gewesen. Er hatte jede Menge Geld, doch prahlte nicht damit. Er kaufte Maria sündhaft schöne Kleider, weil er ihr eine Freude machen wollte. Er konnte in sehr vornehmen Hotels schlafen oder in Tavernen, auch auf dem Boden einer Höhle, wenn es sein musste. Merlin war es egal, wo er schlief, Hauptsache ein Platz zum schlafen. Doch Maria hatte recht, wenn sie ein Zimmer fanden, dann wahrscheinlich nur noch in den teuren Hotels. Die kleinen Pensionen und Tavernen waren wahrscheinlich hoffnungslos von den Touristen belagert.
Nach dem dritten Anlauf hatten sie Erfolg. Der Mann an der Rezeption des luxuriösen Hotels sagte.
„Sie haben wirklich Glück. Ich bekam vor zehn Minuten eine Stornierung von zwei Zimmern. Ansonsten hätte ich ihnen absagen müssen. Wir sind im Sommer immer ausgebucht und so kurzfristig vor dem Opernball sowieso."
Merlin lächelte und unterschrieb die Papiere.
„Wie lange werden sie bleiben?"
Merlin sah zu Maria, die die Schultern zuckte. Er wandte sich wieder zu dem Mann, der mit ihm in englisch sprach.
„Wir wissen es noch nicht. Ist das ein Problem?"
„Nein, kein Problem. Dann wünsche ich ihnen einen angenehmen Aufenthalt", sagte er freundlich und gab dem Hotelboy die Schlüssel. Er würde sie zu ihren Zimmern führen und ihr Gepäck tragen.
Maria hängte sich bei Merlin ein.
„Siehst du, klappt doch wunderbar und fängt gut an. Es scheint so, als würde der Aufenthalt in Mailand eines unserer schönsten Erlebnisse werden."
„Na, hoffentlich", meinte Merlin nur „Bei den Preisen der Zimmer. Ich vermute, das sie ganz schön erhöht haben, wegen dem Ball."
„Ist das ein Problem?", fragte sie, denn was die Finanzen anging war das Merlins Sache. Er schüttelte den Kopf.
„Nein, aber solltest du dich dazu entschließen, etwas hier zu bleiben, dann kaufe ich uns lieber ein kleines Haus."
„Oh ja, dann kann ich wieder kochen", sagte sie begeistert.
Sie mochte das sehr und es schmeckte auch gut. Maria war eigentlich nie eine Contessa gewesen, eher liebte sie es die Dinge zu tun, was eine hochnäsige Contessa nie tun würde, zum Beispiel kochen. Doch früher zu Hause musste sie die Etikette einhalten und Bedienstete haben.
Die Zimmer lagen im obersten Stock und waren den Preisen gemäß sehr komfortabel. Aber das interessierte Merlin nicht wirklich. Sie hatten in normalen Tavernen übernachtet und auch in Hotels der gehobenen Klasse. In manchen Ländern, in denen sie längere Zeit geblieben waren, teilweise ein Haus gekauft. Was wichtig war, das sie eine Übernachtungsmöglichkeit hatten.
Maria hatte das Zimmer neben ihm und als der Boy gegangen war, schaute Merlin seinen Koffer an. Seine Kleidung hatte sich verdoppelt und er machte eine Handbewegung. Der Koffer sprang auf und diverse Kleider schwebten zum Schrank und ordneten sich ein. Merlin grinste. Ein Hexer zu sein, hatte auch seine angenehmen Seiten.
Maria nahm ihr schönes Ballkleid mit der Hand aus dem Koffer und schüttelte den Kopf.
„Oh nein, das sieht ja schlimm aus", sagte sie „Verdammt." Sie nahm das Kleid und hängte es an die Tür, überlegte einen Moment, sprach einige Worte und das Kleid sah aus wie neu.
Sie lächelte und räumte die anderen Kleider in den Schrank. Danach trat sie auf den großen Balkon und sah über die Stadt und auf die Straße. Es war viel los und der Abend angenehm warm. Sie zog die Luft ein und sah zur Seite, als Merlin auf seinen Balkon kam.
„Es ist sehr schön hier, nicht?"
Merlin nickte.
„Ja, gehen wir noch etwas essen? Ich bin ziemlich müde und möchte mich früh schlafen legen."
„Okay, ich habe auch Hunger und schlafen finde ich nicht schlecht. Es war eine lange Reise."
Merlin nickte.
„In zehn Minuten gehen wir."
Maria ging hinein und machte sich etwas frisch. Noch ein Tag bis zum Ball und sie freute sich sehr darauf.
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Arthur stand vor dem Spiegel und begutachtete seine neue Kleidung. Schwarze Hose, elegante Schuhe, ein weißes Stehkragenhemd mit einem schmalen schwarzen Schal, der elegant gebunden war. Das Highlight, ein langes Jackett, das einen hohen Kragen hatte und schwarz wie die Nacht war, allerdings mit glänzenden, abgenähten Streifen an den unteren Ärmeln und Kragen. Auch die Hose hatte einen durchgehenden, schicken Streifen, der die elegante Garderobe betonte. Er nickte zufrieden, als der Schneider noch dieses und jenes änderte.
Lances Kleidung war ähnlich, doch in dunkelblau mit einem dunkelblauen feinen Schal zu seinem weißen Hemd. Natürlich hatte der beste Schneider in Mailand jede Menge Aufträge, so kurz vor dem Ball, doch zu dem Batzen Geld, das Arthur ihm angeboten hatte, konnte er nicht nein sagen. Menschen waren ja so leicht zu manipulieren, nicht nur was ihre Fähigkeiten anging, auch mit Geld. Die Gier nach Geld beherrschte sie, so wie bei den Vampiren die Gier nach Blut.
„Morgen ist ihre Garderobe fertig, Conte", sagte der Schneider auf italienisch „Ich werde sie von meinem Burschen liefern lassen."
Arthur nickte. Er hatte ihn schon bezahlt.
„Ich danke ihnen, das sie noch so kurzfristig unseren Auftrag angenommen haben."
Er verbeugte sich.
„Ich habe zu danken", sagte er, als Arthur sich auszog und ihm die Kleidung gab. Er packte alles zusammen und lächelte.
„Dann wünsche ich ihnen einen angenehmen Abend auf dem Ball. Auf Wiedersehen."
Er ging hinaus, als Lance herein kam. Er hatte seine Anprobe schon hinter sich. Arthur zog sich gerade sein Jackett an.
„Und? Alles zu deiner Zufriedenheit?"
Arthur nickte, goss ihnen etwas zu trinken ein und ging zum Fenster, nachdem er Lance sein Glas gab.
„Verdammt viel los in der Stadt. Das Jagen ist im Moment nicht so einfach. Zu viele Zeugen, es gibt kein Plätzchen, das einsam ist. Ich denke, ich gehe aus und werde mir jemand mit nach Hause nehmen", er lächelte „Das Unausweichliche mit dem Angenehmen verbinden."
Er war gestern nicht jagen und er brauchte Blut. Es war unausweichlich, wie er so schön sagte, das sie es brauchten, denn sonst würden sie unter großen Schmerzen zugrunde gehen. Arthur seufzte.
„Ich denke, Mailand war keine so gute Idee."
„Und warum?", fragte Lance und trat neben ihn, schaute sich den Betrieb in den Straßen an.
„Das letzte Mal war ich mit Merlin hier. Nun ja, auch als ich so durchgedreht war und hier gewütet hatte. Aber das zählt nicht."
„Ich weiß."
„Und nun ist er ein alter Mann und wird bald sterben. Warum konnte er sich nicht dazu überwinden, ein Vampir zu werden? Wir wären jetzt jung und glücklich."
„Arthur, ich bezweifle, das er als Vampir glücklich geworden wäre. Das war auch der Grund, warum er es nicht getan hatte. Und auch Maria; sie hatte auch gezweifelt, diesen Schritt zu gehen. Sieh mal, all unsere Menschen konnten nicht erwarten, das diese zehn Jahre vorbei gehen und sie verwandelt werden. Sie haben nie gezögert."
Arthur seufzte wieder und trank seinen Bourbon.
„Ja und nun ist es eh egal. Die Zeit wird uns die einzigen Menschen nehmen, die wir jemals so geliebt haben. Ich bete wirklich, das du recht hast und ich ihn nach Hunderte von Jahren vergessen werde."
Lance sagte nichts. Er legte eine Hand auf Arthurs Schulter und hoffte, das er recht hatte, auch für sich selbst. Denn Maria war jetzt auch verloren für ihn. Noel kam herein.
„Was ist denn so traurig, das ihr kein Wort redet?"
Lance drehte sich um.
„Nichts. Willst du auf die Jagd gehen, Noel?"
„Wäre nicht schlecht."
Lance trank aus und stellte das Glas auf den Tisch.
„Wir sehen uns später oder auch nicht, da du ja Gesellschaft haben wirst", sagte er zu Arthur „Sei vorsichtig, was die vielen Menschen angeht. Und versuche, morgen früh keine Leiche zu haben, so kurz vor dem Ball."
Arthur nickte und die beiden gingen. Morgen war der Ball und Arthur drehte sich um, stellte das Glas ab und verließ das Haus. Er steuerte eine Taverne an, auf der Suche nach einem Mann, der ihn heute Abend begleiten und nach Lance Wunsch auch wieder am Morgen ihr Haus verlassen würde.
Er hatte keine Bedenken, das er nicht erfolgreich war.
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Samstag, der Tag des Opernballs...
Maria stand vor dem Spiegel und begutachtete ihre Frisur. Die Frau, die dieses Kunstwerk auf ihren Kopf gezaubert hatte, was gerade gegangen. Marias dunkle Haare waren kunstvoll frisiert und doch natürlich. Locken fielen ihr weich über ihre Schultern. Im Haar glänzte sehr schick und schlicht ein schmales, funkelndes Diamanten Diadem, schlicht und doch edel. Sie lächelte und ging zu der Kommode, legte etwas Rouge auf und betonte ihre Lippen.
Maria liebte es natürlich auszusehen und nicht so grell wie die anderen Frauen auf dem Ball, die über und über mit Schmuck bedeckt waren und so zeigten, was sie haben oder waren. Manche grell geschminkt, so das es völlig unnatürlich aussah. Sie war eine junge, schöne Frau und brauchte nicht viel, um das zu betonen. Danach zog sie ihr Kleid an, konnte es aber nicht vollständig schließen. Sie trat vor den Spiegel und nickte.
Das Kleid war traumhaft schön. Obwohl die momentane Mode auch enge, lange Kleider trug, liebte sie die Weite. Ihr Kleid war nachtblau mit sehr viel Stoff, das diese Weite gab. Man trug keine Reifröcke mehr, das war außer Mode. Aber dafür sehr viel Schichten von Stoff, der wundervoll um sie fiel bis zum Boden und doch ihre schlanke Gestalt betonte. Natürlich war ihr Kleid sehr weiblich, etwas ausgeschnitten und zeigte einen leichten Ansatz ihrer Brüste. Die Zeiten der Züchtigkeit waren schon lange, sehr lange vorbei. Sie war kein unschuldiges Mädchen mehr, das rot wurde, wenn ein Mann etwas Anzügliches sagte. Diese Zeiten hatten sich verabschiedet, seit sie ihre sexuelle Freiheit lebte, natürlich mit diesem Zauber, der eine ungewollte Schwangerschaft vereitelte. Abgesetzt war ihr Kleid mit Silberfäden, die sehr schön aussahen.
Es klopfte und Maria machte die Tür auf. Merlin stand draußen, sehr schick und elegant. Auch er trug seine festliche Kleidung in Nachtblau. Sie ließ ihn hinein und sagte.
„Sehr gut, das du kommst. Kannst du mir das Kleid schließen? Ich komme nicht heran. Du siehst wirklich umwerfend aus, Merlin."
Merlin trat lächelnd hinter sie und tat, was sie verlangte. Er strich ihr über ihre Oberarme, als er fertig war.
„Du auch. Du siehst wirklich hinreißend aus und wenn du nicht meine Schwester wärst, würde ich mir wirklich überlegen, ob ich nicht die Seiten wechsle."
Sie lachte.
„Eine seltsame Art, mir Komplimente zu machen, Bruderherz. Aber ich weiß, was du meinst und ich danke dir. Kann ich nur zurückgeben und pass auf, das die Herren dich nicht zu sehr umgarnen."
„Nicht auf so einem Ball und nicht öffentlich. Ich vermute eher, das die Damenwelt auf mich aufmerksam wird", antwortete er.
„Und? Das ist doch auch geklärt, dank Serena. Oder?"
Er seufzte.
„Ja, sicher. Ich könnte auch mit einer Frau schlafen, doch ich ziehe die männliche Gesellschaft vor. Das mit Serena war eine Ausnahme."
„Wie du willst. Es ist deine Entscheidung."
Er küsste sie auf die Wange und reichte ihr das passende Cape zu ihrer Garderobe. Es war bestickt mit Silber und reichte bis zum Boden. Sie drehte sich um.
„Fertig, der Ball kann beginnen."
Als sie die Treppe herunterkamen, sahen sie viele an. Die meisten dachten eh, das sie ein Paar wären. Da sie sich mit dem gleichen Nachnamen in den Hotels eintrugen, dachte man des öfteren, das sie verheiratet waren. Die beiden dementierten das nicht, es gab oft Ehepaare, die in verschiedenen Zimmern wohnten und es kam ihrem Image nah. Niemand vermutete, das Merlin andere Interessen hatte, als seine wunderschöne, angebliche Frau. Maria glich ihm zwar etwas, aber man musste schon genau hinsehen, was die meisten nicht taten.
Sie stiegen in die Kutsche, die vor dem Hotel immer warteten und ließen sich zu der Adresse bringen, wo der Ball statt fand. Es war ein pompöses Haus, in der Nähe der Oper, in dem all die Feste während eines Jahres stattfanden. Ein großer Bankettsaal, elegant und edel gehörte dazu. Der Ball war sehr luxuriös, was das Ambiente anging. Die Karten sehr teuer und Hochadel wie sehr betuchte Geschäftsleute tummelten sich dort in dem Highlight des Jahres in Mailand. Viele profitierten davon, wie Hotels, Kutscher und besagte Schneider, Friseure und Schmuckhändler.
Die Kutsche hielt vor dem großen Gebäude und Merlin stieg aus, half Maria beim Aussteigen. Es herrschte schon sehr viel Betrieb, viele standen noch draußen, unterhielten sich. Andere Kutschen fuhren durch das Tor, warteten, bis die Gäste ausgestiegen waren und die Kutsche weiterfuhr. Sie waren früh da und gingen jetzt die Treppe hoch. Lakaien standen an den Türen, hielten sie geöffnet, während ein anderer die Karten kontrollierten. Merlin drehte sich um, Schaulustige standen an dem Zaun, Frauen tuschelten. Wahrscheinlich wegen den Kleider, die die Damen trugen.
Merlin und Maria traten ein, indem der Mann ihnen einen schönen Abend wünschte und sie hineinließ. Sie gingen durch das Foyer und Maria gab ihr Cape ab, bevor sie dann den festlichen Saal betraten und stehen blieben. Es war umwerfend, der schönste Ballsaal, den Maria jemals sah. Alles war sehr prunkvoll, auch die Kronleuchter an der verzierten Decke, der Boden aus weißem Stein. An den Fenstern hingen Brokatvorhänge in weinrot mit Gold. Eine Musikkapelle saß auf der Empore und spielte Musik. Viele der Gäste waren schon da, standen um die Tanzfläche und tranken Champagner. An den Wänden lockten weinrote Sofas und Sesseln zum Sitzen ein. Auch dort saßen schon Leute, überwiegend Frauen, die Ausschau nach attraktiven Männern hielten, zwecks tanzen oder was auch immer. Alles auf höchsten Niveau edel; die Einrichtung wie auch das Publikum. Es war perfekt.
„Merlin, das ist so toll hier", sagte Maria, als sie ein Glas Champagner angeboten bekamen, von den vielen Bedienstete, die mit Tabletts durch den Saal gingen „Kein Vergleich zu den Bällen früher in Sevilla. Alles ist hier so vornehm."
Er nickte, sich bewusst, das einige Damen ihn beobachteten und tuschelten. Wahrscheinlich fragten sie sich, ob er adlig war oder einer der reichen Geschäftsleute, die auch hier vertreten waren. Auch Maria war einigen jungen Herren aufgefallen. Sie trug eines der schönsten Kleider hier, abgesehen davon, das sie eine Augenweide als Frau war.
„Mischen wir uns unter die Leute", sagte Merlin und sie gingen nickend grüßend durch die Reihen. Maria wurde bald angesprochen zu tanzen und ließ Merlin in der Obhut einiger Herren zurück, die ihn angesprochen hatten.
Es stellte sich heraus, das die drei Herren aus Madrid waren und betuchte Geschäftsleute waren, außer einer, der ein Conte aus Sevilla war. Merlin glaubte sich zu erinnern, das er der Sohn eines Conte war und zu dieser Zeit noch ein Kind war. Doch es tat gut, sich mal wieder in spanisch zu unterhalten und sich auszutauschen. Merlin war vorsichtig, erzählte ihnen nicht, wo er her stammte. Er erzählte, das er überwiegend im Norden von Spanien gelebt hatte.
Als einer der Geschäftsleute ihm seine Tochter vorstellte, forderte Merlin sie zum Tanzen auf. Seltsam, normalerweise amüsierte er sich nicht so auf diesen Bällen, doch heute schon. Er genoss es hier zu sein und stellte verwundert fest; er hatte sich verändert. Sah vieles aus einem anderen Blickwinkel.
Nun, er würde sich heute Abend amüsieren. Maria tat es schon, plauderte angeregt mit einigen Männern, die bei ihr standen. Als ein Walzer gespielt wurde, winkte sie ihm zu und Merlin forderte sie zum Tanzen auf.
„Ein Walzer und den tanze ich am liebsten mit meinem Bruder", sagte sie lächelnd.
„Da werden die Herren aber eifersüchtig werden", antwortete er, während er sie auf die Tanzfläche führte.
„Na und? Du bist für mich immer das Wichtigste und meine einzige Liebe; was Geschwisterliebe angeht."
Er lachte leise, als er sie in den Arm nahm und Maria elegant über die Tanzfläche führte. Merlin war schon immer ein guter Tänzer und nun hatte Maria das Gefühl, das er so gut tanzte wie Vampire. Vielleicht die Magie; sie bewirkte vieles bei ihnen, oft unbewusst.
„Du sollst nicht lügen. Wir wissen beide, wer...deine einzige Liebe war."
Maria schwieg einen Moment, dann sagte sie lächelnd.
„Lass uns an so einem schönen Abend nicht davon reden. Tanz mit mir."
Und Merlin tänzelte mit ihr über die Tanzfläche, als wäre die Schwerkraft kein Problem für ihn.
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Lance stand genervt und festlich angezogen im Foyer ihres Hauses und wartete auf Arthur. Wie immer war der Vampir nicht fertig. Arthur brauchte immer sehr viel Zeit. Jede Strähne seines Haares musste perfekt sein; als würden sich die Damen und Herren für seine Haare interessieren. Er ging auf und ab, die Hände hinter seinem Rücken, als Arthur endlich kam, gefolgt von Noel, der grinste.
„Na endlich. Bis du fertig bist, ist der Ball vorbei."
„Es ist gerade mal acht Uhr abends und falls es dir nicht aufgefallen ist, früher hätten wir nicht raus können; es war gerade erst Sonnenuntergang. Oder wolltest du etwas angebrannt auf den Ball gehen?"
„Ja, schon gut. Können wir dann?", fragte Lance und musterte Arthur.
Er sah so verdammt gut in diesem seiner Zeit modischen Anzug aus. Elegant und so verdammt attraktiv wie er eben war, was Lance kalt ließ, aber ihm durchaus bewusst war. Er selbst sah nicht minder schlecht aus; seine langen Haare hatte er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er war halt ein ganz anderer Typ wie Arthur; in allem.
„Dann mal los und lass uns die Damen und Herrenwelt aufmischen. Gehen wir zu Fuß?"
Lance schüttelte den Kopf.
„Nein, ich werde doch auf dem angesagtesten Ball des Jahres nicht zu Fuß gehen. Draußen wartet eine Kutsche; ich wusste ja nicht, das du solange für deine perfekte Frisur brauchen würdest."
„Neidisch?"
„Nein. Blond steht mir nicht. Lass uns gehen."
„Viel Spaß", rief Noel, der ihrem Wortaustausch schmunzelnd gefolgt war.
Die Fahrt mit der Kutsche dauerte nicht lange und sie stiegen vor der Treppe aus. Noch immer fuhren Kutschen vor und elegant gekleidete Herrschaften stiegen aus. Nachdem der Lakai ihre Karten überprüft hatte, nickte er lächelnd und sagte.
„Ich wünsche einen schönen Abend."
„Danke", sagte Lance und sie traten ins Foyer.
Damen gaben ihre Capes ab, manche Herren ihren Umhang. Andere standen noch dort in Gruppen und unterhielten sich. Es kamen meistens immer die gleichen Leute zum Ball und kannten sich von früher. Lance und Arthur hatten nichts abzugeben. Es war ein warmer Abend und sie hatten darauf verzichtet; zumal Vampire selten froren.
Sie wurden gemustert, als sie durch das Foyer zum Ballsaal gingen. Etwas, was sie gewohnt waren, denn sie waren beide überaus attraktiv. Manche Frauen lächelten ihnen flirtend zu und sie neigten leicht den Kopf und lächelten.
„Lange werden wir wohl nicht allein sein", sagte Lance leise.
„Das willst du ja auch nicht. Du willst ja tanzen und ich auch; abgesehen davon, was sie uns zwischen den Zeilen anbieten. Leider fällt das Tanzen mit Männern hier aus", antwortete Arthur lächelnd.
„Sehr witzig."
„Ich sag es ja nur, da du dich anscheinend ihnen zugewandt hast."
„Wenn ich auch ab und zu mit Noel schlafe, heißt das ja nicht, das ich ausschließlich jetzt nach Männern schaue."
„Ab und zu?"
Lance seufzte.
„Lass es gut sein; du weißt was ich meine."
Sie erreichten den Ballsaal, der jetzt sehr voll war. Musik spielte und viele tanzten auf der großen Tanzfläche. Klassische Tänze waren hier angesagt und sie spielten jetzt einen Walzer. Viele andere standen in Gruppen zusammen, unterhielten sich und lachten leise; andere wiederum saßen auf den eleganten Sofas mit Damen und schienen zu flirten oder einfach nur zu reden.
Beide blieben auch am Eingang stehen, um sich erst mal umzublicken. Hier tummelten sich Hochadel und reiche Geschäftsleute. Alle sehr elegant gekleidet; die Damen in festlichen Abendkleider und mit Schmuck behangen. Hier galt das Motto...sehen und gesehen werden. Vor allem zu zeigen, was man hatte. Eine schöne Frau oder den tonnenschweren Schmuck, die diese Frauen trugen; nichts davon unecht. Außer vielleicht ihr Lächeln.
Natürlich fielen die beiden der Damenwelt auf und sie musterten die beiden Männern versteckt und doch offensichtlich. Sie lächelten und tuschelten mit anderen Frauen. Und beschlossen wohl, mit beiden heute Abend zu tanzen.
„Na denn", sagte Lance „Lass uns mal den Saal abchecken."
Sie begangen langsam durch den Saal zu gehen. Arthur sah sich um, sein Glas Champagner in der Hand. Langsam ging er an der Tanzfläche entlang, nickte hier und da mal lächelnd einer Dame zu, die ihn anlächelte. Lance ging hinter ihm. Arthur blieb stehen und beobachtete die tanzenden Paare und...
Er erstarrte und starrte wie gebannt auf die Tanzfläche. Er war sich sicher, das er Merlin gesehen hatte, durch all die drehenden Paare. Doch dann war ihm die Sicht versperrt und er starrte weiterhin auf die Tanzfläche, versuchte bessere Sicht zu bekommen. Nein, das konnte nicht sein. Wurde er jetzt verrückt? Einige Paare verließen die Tanzfläche, als ein neuer Walzer gespielt wurde. Nun hatte er etwas freiere Sicht auf die Tanzfläche und sein Blut würde ihm in den Adern stocken, wenn er noch einen Kreislauf hätte.
Dort, mitten auf der Tanzfläche tanzte Merlin und hatte niemand Geringeren in den Armen als Maria, seine Schwester. Nein, das konnte nicht sein. Zittern stellte er das Glas ohne hinzusehen auf den Tisch hinter ihm, verfehlte ihn und es fiel zu Boden, zersprang in mehrere Teilen, was er gar nicht mitbekam. Lance sah ihn verwirrt an, als schon ein Lakai heran gesprungen kam, um den Schaden zu entfernen. Doch Arthur bekam das alles gar nicht mit.
Denn da tanzte Merlin. So jung und so attraktiv, wie er ihn in Erinnerung hatte. Nein...unmöglich. Merlin müsste jetzt ein Greis sein und Maria auch. Nein; er bildete sich das ein; es musste so sein.
„Arthur!"
Er fühlte, wie ihn jemand am Arm nahm und intensiv an ihm rüttelte. Er schaute verwirrt und total abwesend Lance an.
„Ich habe dich jetzt viermal angesprochen. Was ist denn los?", fragte Lance etwas besorgt.
„Ich...", er schluckte und sah wieder zur Tanzfläche „Ich glaube...ich werde jetzt verrückt."
„Was? Von was redest du?"
„Ich...", wieder stockte er und schaute zur Tanzfläche, auf der Merlin sehr elegant mit Maria tanzte. Er sagte etwas zu ihr und sie lachte.
„Arthur? Was ist denn verdammt nochmal los?", fragte Lance wieder, etwas leise, um nicht aufzufallen „Was ist denn in dich gefahren? Hast du einen Geist gesehen?"
„Vielleicht...ich weiß es nicht. Doch ich sehe Merlin...und Maria. Dort drüben."
„Was? Wo?"
„Sie tanzen", sagte er und schloss seine Augen „Sag mir, das du sie nicht siehst, denn das bestätigt mir, was ich vermute. Ich werde jetzt verrückt."
Lance suchte die Tanzfläche ab und erstarrte, als sich Merlin gerade mit Maria drehte. Das war eindeutig Merlin, er trug sein Haar etwas länger und sah männlicher aus. Doch sein Hauptmerkmal war die Frau in seinen Armen. Maria. Sie war so jung und schön, wie sie Lance immer in Erinnerung hatte. Das konnte nicht sein und doch tanzten sie dort.
Arthur hatte immer noch die Augen geschlossen. Er hatte Angst, wenn er sie öffnete, das sie weg wären und ein anderes Paar würde dort tanzen, trotz das er dachte, das er verrückt wurde. Jetzt stellte er wieder fest, wie sehr er Merlin vermisste, so das er ihn schon sah. Gott, es wurde schlimmer statt besser.
„Arthur", sagte Lance atemlos „Du hast keine Halluzination. Das sind Merlin und Maria; ich sehe sie auch. Das kann doch nicht sein."
Arthur öffnete seine Augen und starrte den Mann an, der sein ganzes Leben verändert hatte und es gleichzeitig in eine Hölle verwandelt hatte. Da tanzte er, elegant und fast schwerelos, so schön, so jung und so verdammt attraktiv. Aber wie war das möglich?
„Sind sie Vampire?", fragte Lance „Denn das würde erklären, das sie so jung sind."
Arthur schüttelte den Kopf.
„Nein, er würde das nie tun. Es sei denn, man hat sie beide gezwungen, so wie bei uns. Doch wir würden spüren, wenn sie Vampire wären."
„Nicht wirklich, denn sie wären sehr junge Vampire, ohne wirkliche Macht", schlussfolgerte Lance.
Arthur konnte nicht den Blick von Merlin lassen. Er atmete tief ein und aus und das mehrmals. Völlig untypisch für einen Vampir, der kurz davor war zu hyperventilieren. Das konnte nur ein Traum sein und gleich würde er aufwachen und der Ball wäre erst morgen. Doch er stand hier in all dem Trubel, der irgendwie in weite Ferne gerückt war. Arthur hörte nur Musik und sah Merlin. Merlin, den Mann, den er wirklich und wahrhaftig liebte und nie damit aufgehört hatte. Er hörte Lance sagen.
„Ich glaub es nicht. Sie sind es wirklich und wahrhaftig und keinen Tag älter. Was passiert hier?"
Arthurs Gehirn nahm endlich wieder seine Tätigkeit auf und ließ ihn denken.
„Wir müssen näher ran, um uns ganz sicher zu sein und ich möchte ihn sprechen."
Lance nickte und reichte ihm ein Glas Champagner.
„Trink, wir werden es brauchen, denn das hier ist ein...Wunder? Oder das Seltsamste, was mir je widerfahren ist. Wir müssen herausbekommen, wieso sie nicht gealtert sind. Wir wollten uns hier auf dem Ball überraschen lassen, aber wenn das keine Überraschung ist, weiß ich es auch nicht. Und doch etwas Unmögliches. Ich fasse es nicht."
Arthur sah immer noch zur Tanzfläche, während er mit Lance sprach. Er konnte den Blick nicht lösen.
„Aber sie sind keine Halluzination?"
„Nein, Arthur. Ich sehe sie auch."
Arthur nahm wieder Luft, seine Gehirnzellen arbeiteten auf Hochtouren, um zu erklären, warum dort Merlin tanzt und keinen Tag älter aussah. Er sagte.
„Vielleicht sind es seine Kinder oder die von Maria. Könnte ja möglich sein."
Lance schüttelte den Kopf, als er die beiden Geschwister beobachtete. Das war eindeutig Maria, seine wunderschöne Maria.
„Das glaube ich nicht. Obwohl Kinder ihren Eltern gleichen, sehen sie doch nicht exakt genau wie sie aus. Nein, das hier sind eindeutig die Geschwister. Maria, mein Gott", sagte Lance „In meinen Träumen hätte ich nicht gewagt zu denken, sie noch einmal so zu sehen. So jung und so schön."
Arthur sagte nichts. Er war gelinde gesagt, geschockt. Der Tanz endete und Merlin führte Maria auf die andere Seite. Dort angekommen, forderte ein anderer Maria auf und sie ging zurück zur Tanzfläche, während Merlin sich bei eine Gruppe junger Männer stellte. Da sie schon länger hier waren, hatte er schon einige Bekanntschaften gemacht. Einer der Männer beugte sich vor und schien Merlin etwas leise zu sagen, denn er lachte und der junge Mann legte eine Hand auf Merlins Schulter, als er auch lachte und Merlin ein Glas Champagner gab.
Arthur knirschte mit den Zähnen, anscheinend schien sich Merlin bestens zu amüsieren und dieser Typ hatte wohl ein Interesse an ihm, denn so wie er Merlin ansah.
„Ich werde den Typ aussaugen, bis kein Tropfen Blut mehr in ihm ist", sagte er leise.
Lance schaute entsetzt zu ihm.
„Arthur, fang jetzt nicht an durchzudrehen. Bleib ruhig, er unterhält sich ja nur", sagte Lance warnend „Das fehlte noch, hier einen Aufstand zu machen. Behalte die Nerven, denn die werden wir noch brauchen."
„Noch unterhält er sich mit ihm", sagte der blonde Vampir entschlossen „Aber er wird keine Gelegenheit für mehr haben."
Lance verdrehte die Augen und sah zu Maria, die lächelnd tanzte.
Maria, seine Maria. Auch er hatte nie aufgehört, sich nach ihr zu sehnen und nie aufgehört sie zu lieben.
Doch jetzt musste er auf Arthur achten, der kurz vorm Durchdrehen war, weil dort wahrhaftig Merlin war. Nach so langer Zeit sahen sie die beiden wieder und das mit einer wirklichen Überraschung.
Doch Lance war anders als Arthur, der unüberlegt handelte. Er musste mit Maria reden; sie anfassen, um festzustellen, das er vielleicht eine zweite Chance bekam.
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Merlin schaute gutgelaunt über die Tanzfläche zu Maria, die sich bestens amüsierte. Seit sie Magie hatten, war er nicht mehr so besorgt um sie. Maria hatte schon mehrmals eindeutig demonstriert, das sie sich verteidigen konnte. Wie damals der aufdringliche Typ in der Taverne, der sie begrabschte und plötzlich schreiend davon rannte. Merlin hatte sie gefragt, was sie getan hatte und sie hatte lächelnd geantwortet.
„Das willst du nicht wissen."
Seit dem hatte er keine Sorgen mehr. Amüsiert über diese Gedanken schweifte er mit seinem Blick auf die andere Seite und sein Lächeln verschwand augenblicklich. Wie gebannt starrte er auf die andere Seite, denn da stand...Arthur. Er schaute zurück und einen Moment war niemand mehr in dem Saal; nur Merlin und er. Arthur, so wundervoll attraktiv und jung stand er auf der anderen Seite. Sie blickten sich an, nichts schien im Moment real zu sein, nur sie beide. Merlins Herz begann hektisch zu schlagen, was er nicht aufhalten konnte. Denn dort stand der Mann, den er so viele Male verflucht hatte und den er nie aufgehört hatte, zu lieben.
Nach all der Zeit, standen sie sich nun gegenüber, getrennt von ein paar tanzenden Paaren. Merlin konnte nicht wegsehen, auch nicht als der junge Mann etwas sagte. Erst als er Merlin am Arm zupfte, sah Merlin ihn an und sagte etwas, nur um wieder eine Sekunde später zu Arthur und Lance zu sehen, die ihn immer noch anstarrten. Merlin sah zu Maria, die tanzte, als Arthur sich in Bewegung setzte und langsam durch die Reihen ging, mit der Absicht auf die andere Seite zu kommen.
Merlin schluckte, doch dann nahm er einen leicht grimmigen Gesichtsausdruck an. Wenn er dachte, das Merlin sich in seine Arme warf oder ihn anhimmelte, hatte er sich geschnitten. Er hatte nicht vergessen, was Arthur getan und ihn behandelt hatte, an diesem letzten Abend als sie sich sahen.
Trotz allem klopfte sein Herz wild in seiner Brust, als er Arthur beobachtete, der so elegant und leicht auf ihn zu kam, wie nur es Vampire konnten. Doch er schwor sich, nicht nachzugeben. Arthur dachte vielleicht, das er sich jetzt überglücklich ihm zuwandte, so arrogant wie er war. Er versuchte seinen Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen, während er beobachtete, wie die beiden Vampire geschmeidig auf ihn zukamen.
Gott, er hatte das vermisst. Er hatte ihn vermisst. Und doch würde er nicht nachgeben. Lance folgte ihm und Arthurs Gesicht war angespannt, als er Merlin musterte, während er auf ihn zu kam. Merlin sah sehr elegant in dem nachtblauen Anzug aus und so viel männlicher, als er ihn in Erinnerung hatte. Aber so jung? Etwas Unmögliches.
Arthur gesellte sich mit Lance zu der Gruppe von Männern, nicht ohne dem jungen Mann, der sich so vertraut mit Merlin unterhalten hatte, einen kurzen, aber vielsagenden Blick zuzuwerfen. Merlin gehörte ihm, schon immer. Und er sollte besser von ihm weg bleiben. Arthur setzte ein charmantes Lächeln auf, als er sagte.
„Darf ich mich vorstellen? Ich bin Conte Arthur Pendragon."
„Conte Lance DuLac", stellte sich Lance vor und verneigte sich leicht.
„Angenehm", antworteten die Männer, doch Arthur hatte nur Augen für Merlin und sagte jetzt zu ihm.
„Kennen wir uns nicht?"
Merlin nickte.
„Kann sein. Vielleicht aus Sevilla? Ich war mal geschäftlich dort. Ich bin Conte Merlin del la Vega."
„Ach ja, ich erinnere mich", antwortete Arthur „Doch...verstehen sie das nicht falsch, sie sehen überhaupt nicht älter aus. Ich möchte ihnen nicht unbedingt ein Kompliment machen, aber es scheint mir so. Haben sie einen Rat, wie wir das alle auch anwenden können?"
Die Männer lachten.
„Ja, wäre nicht schlecht, Conte. So etwas könnten wir alle gebrauchen."
Merlin lächelte charmant. Verfluchter Vampir. Er spielte doch direkt auf sein Alter an. Merlin war nicht dumm, er wusste, das dies für die Vampire ein Rätsel war, zumal er kein Vampir war und eigentlich schon alt sein müsste. Na gut, Rache ist süß und er mochte Süßes. Er würde ihn weiter rätseln lassen.
„Nein, ich verstehe das nicht falsch. Und ich danke ihnen für das Kompliment, hört man doch sehr gerne. Ich war damals jünger, aber anscheinend habe ich mich gut gehalten. Man sollte nicht meinen, was manche Salben so alles bewirken können, vor allem, was das altern angeht. Finden sie nicht auch, Conte? Ein guter Lebensstil und viel frische Luft kann auch so manches bewirken."
„Natürlich", sagte Arthur charmant, doch seine Augen sagten was anderes.
Salben und frische Luft. Er wollte ihn wohl veralbern. Er wäre jetzt fast siebzig und es gab keine Methode, so etwas aufzuhalten; erst recht keine Salben und frische Luft. Arthur schaute kurz zu Lance, der ihm das auch auf keinen Fall abnahm. Merlin sah kein Stück älter aus wie damals in Sevilla.
Nach einem Augenblick und weil Arthur ihn unentwegt ansah, sagte Merlin.
„Entschuldigen sie mich bitte."
Mit einer eleganten Verbeugung und Drehung ging er auf die Tanzfläche und löste den Mann ab, der mit Maria tanzte. Sie hatte das alles noch nicht mitbekommen. Merlin nahm sie lächelnd in den Arm und tanzte mit ihr. Sie runzelte die Stirn.
„Was ist los?"
Denn Merlin löste sie nie beim Tanzen aus, das war nicht seine Art. Immer noch lächelnd sagte er leise.
„Ich will, das du jetzt nicht ausflippst. Denke daran, was Serena über unseren Gefühlszustand sagte und das wir diesen Ballsaal in ein Flammenmeer aufgehen lassen können. Bleib ruhig."
„Merlin", sagte sie besorgt „Du machst mir Angst. Was ist denn los?"
Er schaute sie an.
„Arthur und Lance sind hier."
„Was?", fragte sie atemlos und suchte mit ihren Augen den Saal ab.
Lance, ihr Lance war hier? Das war ein Traum. Wie oft hatte sie sich vorgestellt, das sie ihn durch Zufall in einer Taverne traf oder er ihr auf der Straße in die Arme lief. Und jetzt war er hier auf dem Ball in Mailand? Merlin riss sie aus ihren Gedanken.
„Maria, sie dürfen nicht wissen, was wir sind. Noch nicht."
„Warum?"
„Hast du vergessen, was Serena sagte? Vampire und das Blut von Hexen? Ich hab nicht vergessen, was Arthur damals sagte, als er mein Blut trank. Es wäre wie Nektar für ihn. Zu dieser Zeit gab ich dieser Aussage keine Bedeutung, dachte eher, ich habe eine gute Blutgruppe. Doch das liegt daran, das unser Blut generell Nektar für Vampire ist und deshalb unsere Eltern starben, weil ihr Blut diese Vampire anlockte."
„Heißt das, das du ihnen nicht traust?"
Merlin gab keine direkte Antwort, sagte.
„Es ist viel Zeit vergangen. Menschen ändern sich; warum nicht auch Vampire? Doch wir beide sind alt genug, um nicht wie zwei liebeskranke Menschen ohne Vorbehalt uns in Gefahr stürzen, oder? Es hat sich viel verändert, wir sind Hexen und wissen, das Vampire und Hexen nicht gut miteinander auskommen. Sie sind scharf auf unser Blut, das anscheinend eine Delikatesse für sie ist."
„Das glaubst du doch selbst nicht. Arthur liebt dich und du ihn auch. Und ich liebe Lance und er hat mich bestimmt nicht vergessen. Sie würden uns nie etwas tun."
Merlin machte eine schwungvolle Drehung und schaute sie wieder an.
„Verwettest du dein Leben darauf?"
Sie gab keine Antwort, doch dann nickte sie.
„Du hast recht, aber sind wir nicht in der Lage uns zu verteidigen? Du weißt, das unsere Eltern sich nicht verteidigten, um uns zu schützen. Doch Serena sagte, das sie die Vampire hätten locker auslöschen können. Sie wollten nicht. Und wir wissen beide, das sie keine ernste Gefahr für uns sind. Erinnere dich an diese zwei Vampire, die uns in Ungarn aufgelauert hatten."
Es war nicht gut für die beiden ausgegangen. Merlin hatte sie schneller in Asche verwandelt, als sie sehen konnten. Er hatte sie mit seinem Flammenschwert geköpft und danach in Brand gesteckt, während Maria sie mit Telekinese unbeweglich machte. War keine große Sache gewesen und in ein paar Minuten vorbei.
Merlin seufzte.
„Natürlich können wir uns verteidigen, aber willst du es darauf anlegen, Lance zu töten? Bevor wir uns nicht sicher sind, werden wir vorsichtig sein und sie im Dunkeln tappen lassen", er grinste „Wieso wir immer noch so aussehen wie vor vierzig Jahren. Ich möchte Arthur nicht verletzen, so wenig wie du Lance. Also?"
Sie schaute ihn einen Moment an, denn sie wusste, das Merlin eher den Rückzug antreten würde, als Arthur zu töten. Maria war sich sicher, sollten die Vampire etwas im Schilde führen, würde Merlin es nie über das Herz bringen, ihm etwas zu tun.
„Nein. Du hast recht. Wir werden abwarten", sie schloss einen Moment ihre Augen „Gott, nach so langer Zeit werde ich Lance gegenüber stehen. Mein Herz klopft wie verrückt."
Merlin drehte sich wieder mit ihr. Er konnte sie gut verstehen, denn sie beide liebten unglücklich und jeder von ihnen wusste, wie schwer das war. Doch all diese Jahre konnten diese primäre Liebe nicht auslöschen. Er sagte.
„Der Tanz ist gleich zu Ende. Bist du bereit, ihm gegenüberzutreten, ohne das etwas passiert? Und denk daran, verrate dich nicht, bis wir wissen, was los ist. Lass sie ruhig rätseln, wieso wir keinen Tag älter sind. Das haben sie verdient, zumindest Arthur, der allemal."
Sie lächelte.
„Du bist rachsüchtig, Merlin. Ein ganz neuer Zug an dir."
Er lächelte zurück.
„Ein wenig und zum Teufel nochmal, er hat es verdient. Wenn ich daran denke, wie arrogant er an diesem letzten Abend war, fast herablassend. Also lass mir doch den Spaß."
Maria lachte.
„Was für eine Überraschung, das wir sie hier treffen. Ich wusste, das der Ball etwas ganz Besonderes ist."
„Das kannst du laut sagen", grinste Merlin.
Er wusste, ohne hinzusehen, das Arthur ihn keine Minute aus den Augen gelassen hatte und sein schönes Köpfchen zerbrach, wieso sie keinen Tag älter waren. Arthur hatte ja schon mit unsterblichen Hexen zu tun gehabt. Serena war eine dieser Hexen, wie auch ihr Clan. Doch er war sich ziemlich sicher, das Arthur nie im Leben darauf kam, das Merlin ein Hexer war. Er konnte es ja manchmal selbst noch nicht glauben.
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Als der Tanz zu Ende war, ging Merlin absichtlich auf die andere Seite und gab Maria ein Glas Champagner. Er beobachtete, das Arthur etwas zu Lance sagte und sie beide jetzt wieder Anstalten machten, zu ihnen rüber zu kommen. Merlin schmunzelte; Arthur und Lance liefen ihnen nach wie Hündchen. Das würde dem arroganten Vampir gut tun, denn Arthur war vieles, doch was herausstach war seine Arroganz. Er dachte immer, wenn er kam, fiel jeder in atemlose Bewunderung. Doch das würde er ihm nicht gönnen; nicht bei ihm.
„Sie kommen, Maria."
Sie legte ihre Hand auf ihre Brust.
„Oh Gott, ich bin ganz zittrig."
„Keine Panik, Maria. Denk nicht mal daran, dich aufzuregen."
Sie schubste ihn an.
„Hey, du machst ja gerade, als hätte ich meine Magie nicht unter Kontrolle. Hör auf, ich weiß, was ich tue."
„Ist ja gut", antwortete er „Sie sind gleich da", sagte Merlin, der sie nicht aus den Augen ließ. Er trank einen Schluck von seinem Champagner, als die beiden Vampire sie erreichten. Lance starrte Maria wortlos an; sie sah keinen Tag älter aus, höchstens noch reizvoller und weiblicher.
„Maria", sagte er leise und so viel Zärtlichkeit lag in diesem einen Wort, so das sie ihm fast, aber nur fast in die Arme gestürzt wäre. Gott, er sah so umwerfend aus.
„Darf ich um den nächsten Tanz bitten", fragte er höflich.
Maria sah zu Merlin, der fast unmerklich nickte. Hier auf dem Ball war das in Ordnung, denn kein Vampir würde hier etwas riskieren. Vor allem nicht, wenn sie, wie Merlin vermutete, hier wohnten. Und Maria konnte auf sich aufpassen; er hätte keine Chance. Sie nickte und Lance führte sie zur Tanzfläche. Merlin sah ihnen nach. Arthur hatte ihn unentwegt angesehen und sagte jetzt.
„Merlin, ich kann es nicht glauben. Sag mir, bist du ein Vampir?"
Merlin schaute ihn an, was fast unerträglich für ihn war. Er war so schön und er hatte den Blick in seine so blauen Augen vermisst. Er hatte vermisst, diesen sinnlich schönen Mund zu küssen. Er lächelte leicht.
„Du weißt genau, wie ich über das Vampirdasein denke, das hat sich nicht geändert. Denkst du, ich würde dir sagen, das ich nie ein Vampir werde und dann mich von irgendwelchem verwandeln lasse? Das wäre doch bescheuert, oder?"
„Ich dachte eher an keine Wahl haben; nicht das du es freiwillig tun würdest."
Merlin sah ihn wieder an und gleich wieder weg, streifte mit seinem Blick über die Tanzfläche, als er antwortete. Es tat so weh, ihn anzusehen und daran zu denken, das er wahrscheinlich immer noch mit Sethos schlief. Und von den Hexen ganz zu schweigen.
„Nach dem, was ich erlebt hatte, hielt ich mich von Vampiren so weit wie möglich entfernt."
„Was hast du denn schon Schlimmes erlebt, Merlin?"
Merlin sah ihn an, sein Gesicht jetzt etwas grimmig.
„Das fragst du wirklich? Ich schlage vor, das du mal darüber nachdenkst, bevor du weiter redest."
Merlin stellte das Glas ab und forderte eine der Damen, die in der Nähe stand zum Tanzen auf. Arthur sah ihm nach, als er zur Tanzfläche ging und fluchte leise. Hat ja sehr viel gebracht, dieses Gespräch. Merlin war aus einem Grund sauer und er wusste nicht warum. Über was sollte er nachdenken? Schließlich hatte Merlin ihre Beziehung beendet, nicht er.
Währenddessen tanzte Lance mit Maria, ohne einmal den Blick von ihr zu lassen. Maria lächelte, doch sie fühlte sich unwohl, weil er kein Wort sagte. Doch in seinen Augen lag Unglauben und Zärtlichkeit.
„Sag doch was", begann sie „Das ist sonst wirklich komisch."
„Wieso bist du so jung?"
War ja klar, wieso er diese Frage stellte. Sie lächelte.
„Weiß nicht. Vielleicht habe ich gute Gene."
Er lachte leise.
„Willst du mich für dumm verkaufen? Es sind vierzig Jahre vergangen, selbst wenn es so sein sollte, dann aber nicht über solch eine Zeitspanne. Also?"
Sie machte ein grimmiges Gesicht.
„Okay, wir sehen uns vierzig Jahre nicht und du hast nichts anderes zu sagen als das? Ich denke, dieser Tanz ist beendet. Du solltest dich mal hören. Interessiert dich sonst nichts?"
Maria ließ ihn stehen und gesellte sich zu Merlin, der inzwischen wieder an der Seite stand. Ohne Worte führte er Maria wieder zum Tanz.
„Gehe ich in der Annahme, das er wissen wollte, wieso wir nicht alt sind?", fragte er.
„Ja", sagte sie etwas frustriert „Ich glaube es nicht. Er sieht mich so lange nicht und ist nur an dem interessiert? Warum sagt er nicht, das es schön ist, mich zu sehen oder das er mich nie vergessen hat und mich liebt. Oder das ich schön bin. Aber nein, er stellt mir nur Fragen...Idiot."
„Es ist für sie beide ein Schock, uns so jung zu sehen und natürlich wollen sie wissen, wieso. Arthur fragte mich, ob wir Vampire sind", sagte Merlin.
„Echt?", sie schnaubte „Typisch, als ob es sonst nichts gibt, als ein blutsaugendes Wesen zu sein."
„Du und ich wissen, das sie irgendwann dahinter kommen, vor allem, weil Arthur schon mit Serena zu tun hatte. Doch bis dahin werden wir sie schön auflaufen lassen", sagte Merlin „Und sie werden uns jetzt nicht mehr vom Haken lassen. Es wird bestimmt noch lustig."
„Ja, sie haben es beide verdient, mal nicht zu wissen, was Sache ist. Wenn auch nur eine Zeit lang."
Merlin nickte und führte sie elegant über die Tanzfläche. Er war innerlich sehr aufgewühlt, das er Arthur wiedersah. Trotz allem würde er nicht wieder bedingungslos sich in eine Liebe stürzen, die so unglücklich geendet hatte. Er wollte Arthur, doch nicht so, wie er sich das vorstellte. Er war kein naiver Mensch mehr; Merlin war so viel mehr.
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„Sie weichen uns ständig aus", sagte Arthur, als Lance wieder zu ihm trat „Als hätten sie ein Geheimnis und wollen nicht, das wir es wissen. Merlin ist charmant und distanziert. Ich werde noch verrückt."
„Was hattest du erwartet? Das er sich in deine Arme stürzt? Mit Sicherheit haben sie ein Geheimnis und das sind nicht gute Gene.. Vor allem...wo sind sie die letzten vierzig Jahre gewesen. Sie verschwanden spurlos und tauchen jetzt genauso wieder auf und das mit einem Knaller."
„Doch wir lassen sie nicht mehr weg. Wäre doch gelacht, wenn wir das nicht könnten. Sie sind Menschen, keine Vampire. Ihre Herzen schlagen", antwortete Arthur „Und ich will Merlin und werde ihn nicht wieder gehen lassen. Ich hätte ihn nie gehen lassen sollen, aber das passiert mir nicht wieder."
Lance nickte entschlossen.
„Wir werden sie kein zweites Mal verlieren, das ist sicher. Auch ich hätte Maria nicht gehen lassen sollen. Und ich werde sie jetzt festhalten."
„Wir müssen auf Tuchfüllung gehen. Lass uns tanzen und das in ihrer Nähe."
Lance nickte und hielt Ausschau nach einer Tanzpartnerin.
Arthur kam wenig später mit einer Dame auf die Tanzfläche, so wie Lance auch. Sie tanzten in unmittelbarer Nähe von Merlin und Maria und ließen beide nicht aus den Augen. Das hieß zwischen den Zeilen für die Geschwister, das sie nicht locker lassen würden. Merlin grinste, als er kleine Rachegelüste verspürte. Er sah kurz zu Arthur und flüsterte etwas. Da Arthur gerade eine schwungvolle Drehung machte, kam er aus dem Rhythmus, als er ausrutschte und...rums, lag er auf der Tanzfläche. Seine Tanzpartnerin sah ihn brüskiert an, so wie andere und Lance schüttelte leicht den Kopf.
Arthur stand sehr schnell auf, entschuldigte sich und tanzte weiter. Eine Minute später lag er wieder, er war ausgerutscht und plumpste sehr unsanft vor die Füße seiner Tanzpartnerin. Die Dame, die er zum Tanz aufgefordert hatte, sagte schnippisch auf italienisch.
„Lernen sie erst mal tanzen, Seniore", und ging hochmütig weg. Arthur, der inzwischen wieder aufgestanden war, schaute verwirrt zum Boden, bückte sich und fuhr mit der Hand über die Oberfläche. Es war ein normaler Boden. Dann ging er zur Seite und wäre beinahe wieder gestürzt. Er fing sich und hielt sich an einer der Tische fest, schaute sich unsicher seine Schuhe an. Merlin grinste breit.
„Merlin; was tust du denn?", fragte Maria belustigt.
„Upps, war wohl Eis unter seinen Füßen. Kann passieren."
Sie schüttelte lachend den Kopf.
„Bei vierundzwanzig Grad? Ich denke eher, das du deine kleine Rache willst. Doch die Nummer mit dem Eis war nicht schlecht."
Er lachte leise.
„Jetzt habe ich die Möglichkeit dazu. Ich bin kein schwacher Mensch mehr, was er wohl denkt in seiner Arroganz. Pass auf."
Lance kam zu Arthur, nachdem er seine Tanzpartnerin verabschiedet hatte und zischte leise.
„Was tust du denn, Arthur?"
„Ich weiß es nicht. Ich bin ausgerutscht."
„Und das zweimal? Wir sind Vampire und wohl sehr ausgeglichen, was unsere Balance angeht. Wir tänzeln durch die schwerfällige Menschheit wie Balletttänzer und du liegst zweimal flach auf der Tanzfläche?"
„Ja, ich weiß. Aber es fühlte sich wie Eis unter mir an...spiegelglattes Eis. Ich schwöre es, aber als ich nachschaute, war da nichts."
„Du spinnst doch", sagte Lance „Wir sind hier ja nicht in der Antarktis und es ist Sommeranfang."
Ein Lakai mit einem Tablett Champagner kam entlang, doch auf der Höhe von Arthur, der sich gerade umdrehte, stolperte er und das Tablett flog aus seiner Hand auf Arthur zu. Nur der schnellen Reaktion seiner Vampirinstinkte hatte dieser zu verdanken, das er nichts über bekam. Er sprang blitzschnell zurück und das Tablett fiel mit einem Scheppern auf den Boden, die Flüssigkeit auf dem Boden.
Lance zog Arthur weg und ging ein paar Schritte.
„Was tust du denn?", fragte Lance „Du benimmst dich wie ein Volltrottel. Was rempelst du denn diesen Mann an? Die Leute sehen uns schon an."
Arthur antwortete und es klang etwas verzweifelt.
„Ich tue doch nichts. Ich weiß nicht, was los ist. Ich habe ihn nicht mal berührt."
Merlin drehte sich mit Maria und lachte leise. Sie schüttelte den Kopf, doch sie lachte auch.
„Du bist ja so gemein. Er macht sich hier zum Trottel."
„Er ist einer", antwortete er amüsiert.
Nachdem noch einige dekorative, große Kerzenständer umfielen, nachdem Arthur daran vorbei ging und die Gesellschaft ihn brüskiert ansah und tuschelten, bewegte er sich eine Zeit lang gar nicht mehr.
„Arthur, verdammt nochmal. Kannst du nicht in einem Abstand an den Dingern vorbeigehen?", fragte Lance „Wenn ich nicht genau wüsste, das du nur zwei Gläser Champagner getrunken hast, würde ich sagen, das du betrunken bist."
Arthur seufzte und sagte leise.
„Lance, ich schwöre dir, ich habe sie nicht mal berührt. Und auf der Tanzfläche stolpere ich nicht herum wie ein schwerfälliger Mensch. Auch dieser Vorfall mit dem Lakai war ich nicht. Und ich bin nicht betrunken. Ich bin vollkommen nüchtern. Ich kann mir das nicht erklären."
„Du hast ihn angerempelt, als er mit dem Tablett kam."
„Nein, ich schwöre", beteuerte er „Es ist wie verflucht. Ich konnte nichts dafür, für gar nichts."
Lance sah ihn einen Moment an, dann meinte er.
„Das soll mal einer verstehen. Am besten bleibst du hier stehen oder setzt dich auf eines der Sofa, bevor wir noch das Gespött des heutigen Abends werden. Ich versuche uns etwas Stärkeres zu besorgen als Champagner. Irgendwie habe ich das Gefühl; wir werden es brauchen."
Dann verließ er den verwirrten Arthur, der zu Merlin sah, der amüsiert mit Maria tanzte. Es war noch nicht vorbei. Er hatte Merlin gefunden und würde nicht ruhen, bis er sein Geheimnis wusste.
Und diese Liebe, die nie vergehen wollte, fing an neu aufzulodern. Er würde ihn nicht noch einmal verlieren. Arthur war sich sicher, das das Schicksal ihm noch eine Chance gab. Er bewegte sich und fühlte, das er auf rutschigen Untergrund war. Wieder blieb er stehen und schaute zu seinen Schuhen. Verdammt, er hatte ganz normale Schuhe an und der Boden war nicht rutschig, denn dann hätten noch andere Probleme. Langsam und unsicher kämpfte er sich durch die Leute Richtung Sofa. Dort angekommen, setzte er sich und betastete seine Schuhe und den Boden. Alles normal.
Einige schauten zu ihm und tuschelten und lächelten. Wahrscheinlich machten sie sich lustig über ihn. Doch Arthur traute sich nicht aufzustehen und zu ihnen zu gehen, um seinen Standpunkt klar zu machen. Langsam und sicher wurde er zornig. Er war ein Vampir und konnte jeden in diesem Raum in einer Sekunde töten. Und niemand würde ihn als einen Trottel bezeichnen. Er war ein Meistervampir und sehr gutaussehend und diese Menschen liefen ihm nach. Aber heute nicht; heute schauten sie ihn anders an und das störte ihn gewaltig. Niemand durfte ihn belächeln; er war ihnen allen überlegen.
Er versuchte aufzustehen, nur um mit einem Fuß wegzurutschen. Verdattert setzte er sich wieder. So eine Scheiße!
Was zum Teufel war heute Nacht los? Er konnte ja schlecht durch den Saal fliegen und fragte sich ernsthaft, wie er es jemals schaffte, zum Ausgang zu kommen. Er würde den Schuhverkäufer auf tausend Arten töten, sollte er ihm schlechte Schuhe verkauft haben.
Und ein Hexer tanzte vergnügt auf der Tanzfläche und lachte leise vor sich hin, während Maria leicht und belustigt den Kopf schüttelte und leise sagte.
„Du bist ein ganz gemeiner Hexer."
„Nein, ich bin eigentlich sehr nett. Zumindest habe ich nicht mit anderen geschlafen, während ich in einer Beziehung war und ich war auch nie arrogant. Er wird lernen müssen, das er auch Schwächen hat und das fängt heute an. Denn heute ist er nicht der elegante, gutaussehende Herr, dem jeder zu Füßen liegt, sondern der Trottel des Balls."
Sie lachte und Merlin drehte sie schwungvoll nach dem Walzer, der jetzt spielte.
Rache war süß und Merlin hatte noch eine Rechnung mit ihm offen.
Und er liebte den Trottel des Balls immer noch, das war er sich mehr als bewusst.
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Dunkles Schicksal
FantasyNach dem Tod seiner Eltern, die von Vampiren getötet wurden, wird der junge spanische Graf Merlin del la Vega zum Jäger. Sein Hauptmerkmal ist ein vermögender, hoch angesehener Vampir, den er für den Mörder seiner Eltern hält. Erbittert jagt er ihn...