Dunkles Schicksal
Kapitel 6
Eine Woche war vergangen seit Maria Arthur getroffen hatte. Sie wusste, das niemand sie gesehen hatte und doch fühlte sie sich unwohl. Sie mochte Merlin nicht anlügen, der sich diese Woche sehr mit ihr beschäftigt hatte. Dieses schlechte Gewissen nagte immer mehr an ihr, schließlich war sie sich sicher, das sie lieber Ärger mit Merlin bekam, als ihn anzulügen oder ihm etwas zu verheimlichten. Sie wusste, das Merlin sie nur beschützen wollte und er sie liebte. Sie fand, das hatte er einfach nicht verdient. Dazu kam, das sie nicht die Art von Mädchen war, die solche Geheimnisse hatte. Kurz gesagt, sie fand es einfach nicht richtig, das sie ihr Versprechen gebrochen hatte, trotz allem.
Diese Nacht mit Arthur war wundervoll gewesen. Sie hatte sich so amüsiert und schwimmen im See bei Mondlicht war so toll. Sie wusste, das es nie etwas mit ihm werden würde. Einerseits war sie enttäuscht, denn er war wirklich ein Traummann. Er hielt von der gesellschaftlichen Etikette so viel wie sie, gar nichts. Kein anderer Mann seines Standes hätte gewagt mit ihr in der Nacht schwimmen zu gehen. Er war schön und verwegen und das mochte sie sehr. Und natürlich elegant und wusste mit einer Dame umzugehen. Nun ja, es war nicht einfach, doch sie wollte keine Affäre sein und er wollte sich anscheinend nicht binden.
Sie musste jetzt Merlin gestehen, das sie ihr Versprechen gebrochen hatte. Er würde nicht erfreut sein, im Gegenteil. Sie nahm all ihren Mut zusammen, als sie die Treppe herunter ging.
Sie nahm Luft, als sie vor der Bibliothek stand und trat dann herein. Merlin saß an seinem Schreibtisch, erledigte seine Korrespondenz. Er sah auf und lächelte, als er sie sah. Maria kam wohl, um ihn abzulenken. Sie sagte immer das er soviel arbeitete, auf ihre liebenswürdige Art. Und man konnte sie nur lieben, sie war so anmutig und lieb und nicht falsch, so wie viele der verwöhnten Mädchen der oberen Schicht.
„Ich dachte gerade daran, das wir vielleicht später ausreiten, Maria. Ich habe dein tolles Pferd noch nicht bewundern können", sagte er, als sie langsam näher kam „Was hältst du davon?"
„Ja", sagte sie etwas abwesend „Sicher, wäre nett."
Merlin musterte sie jetzt aufmerksam. Normalerweise würde sie ihn jetzt freudestrahlend auf die Wange küssen und sich auf den Ausritt mit ihm freuen.
„Ist etwas?", fragte er schließlich.
Sie knetet unruhig ihre Finger, sie wusste er würde wieder ausrasten. War ja ihre eigene Schuld, doch sie würde das nicht missen wollen. Also würde sie seinen Zorn in Kauf nehmen und hatte sich geschworen nicht zu weinen. Doch sie wusste nicht, ob das so einfach war. Schon jetzt saß ein Kloß in ihrem Hals.
„Jaaa", sagte sie langsam und kam näher. Sie schaute ihn schon so schuldig an, das Merlin etwas beunruhigt war. Wenn sie ihn so anschaute, dann war definitiv was los. So war es schon, als sie noch ein kleines Mädchen war und etwas angestellt hatte.
„Ich..Ich muss dir etwas sagen, Merlin. Ich weiß, das es dir nicht gefallen wird und du sehr zornig wirst, aber ich will dich nicht hintergehen. Wir haben ja nur noch uns und...", sie seufzte leise „Ich denke, das wir uns nicht anlügen sollten."
Jetzt hatte sie seine volle Aufmerksamkeit und er legte die Feder weg, sah sie erwartungsvoll an.
„Was ist denn los, Maria? Du machst mir wirklich Angst."
„Ich...Ich habe dich angelogen, was Arthur betrifft. Ich...", sie nahm Luft „Ich habe ihn noch einmal getroffen."
Merlin fiel alle Farbe aus seinem Gesicht und er sprang von seinem Stuhl auf.
„Was? Wann?"
„Vor einer Woche", begann sie zögerlich „Er stand plötzlich unter meinem Fenster und rief mich. Er wollte noch einmal mit mir reden. Ich sagte ihm, das ich nicht kann, aber er gab nicht auf. Schließlich bin ich durch den Geheimgang im Keller nach draußen und traf ihn auf dem kleinen Friedhof."
Während sie halblaut sprach, kam Merlin langsam näher und ging um sie herum, seine Augen untersuchten ihren Hals nach Malen. Sie hatte ein ausgeschnittenes Sommerkleid an und ihr Hals lag frei. Doch er konnte nichts finden, zumal sie heute Morgen im Garten in der Sonne Blumen pflückte. Vampire, auch noch in der Wandlung waren empfindlich gegen Licht aller Art. Wenn er sie verwandelt hätte, könnte sie nicht in die Sonne und Blumen pflücken.
Sie schaute ihn schuldig an.
„Sei nicht böse, ich wollte es nicht, aber er flehte so und..."
„Hat er dich angefasst?", herrschte sie Merlin an.
Okay, anscheinend wollte er sie nicht töten, aber er konnte sie auch anders ruinieren. Merlin kam ein furchtbarer Gedanke. Mädchen, die sich Männern hingaben, waren nicht sehr geachtet und erst recht nicht in seiner Gesellschaft. Kein angesehener Adliger würde sie je beachten oder heiraten, wenn sie nicht mehr unberührt wäre. Sie würde nicht sterben, doch es wäre ein gesellschaftlicher Tod und eine furchtbare Rache des Vampirs an ihm.
Sicher, es gab genug der sogenannten gehobenen Damen und Herren, die sexuell sehr ausschweifend lebten, aber eher im Geheimen. Er tat das ja auch, doch er war ein Mann, was in dem Fall egal war, doch bei Mädchen war das eine andere Sache.
Sie schaute ihn erschrocken an, weil er sie so anfuhr. Trotz das sie wusste, das er das alles nicht gutheißen würde, war sie doch über seinen Ausbruch erschrocken. Maria konnte sich keinen Reim aus seiner Ablehnung gegenüber Arthur machen. Es war ja nicht so, das sie sich im Garten trafen und unanständige Dinge taten. Er hat sie ja noch nicht mal geküsst. Sie schüttelte den Kopf, weil Merlin auf eine Antwort wartete.
„Nein, überhaupt nicht. Wir haben uns nur nett unterhalten und..."
„Was Maria...was?", jetzt schrie er sie an, er war wütend.
„Wir waren schwimmen. In unserem See und wir hatten unsere Kleider an. Was...Was denkst du denn von mir?"
Merlin hätte am liebsten laut geschrien. Sie war schwimmen; mit einem Vampir; mit einem Vampir schwimmen. War das zu fassen? Jeder, der Vampire kannte und wusste, das sie existierten, sprach mit Furcht über sie oder gar nicht. Und sie war mit einem schwimmen, einfach so. Er fuhr sich durch sein Gesicht. Das darf doch alles nicht wahr sein. Während er ihn in der Stadt suchte, ging er mal gerade eben so mit Maria schwimmen und hatte sich nett unterhalten. Wollte der Vampir ihn zum Narren halten?
„Schwimmen?", fragte er wieder nach, weil er das einfach nicht realisieren konnte. Sie nickte ernst.
„Ja, wir waren schwimmen in unserem See. Und bevor du fragst; wir haben nur geredet, nur geredet."
„Maria, ich sagte bleib weg von ihm, er ist ein..."
„Was?"
„Ein Mann, der mit vielen Frauen anbandelt, ein Casanova, ich sagte dir doch, das..."
„Das sagte ich ihm auch, das ich keine Liebschaft will und weißt du was", schrie sie ihn auch an, denn es reichte ihr jetzt „Das wollte er auch nicht. Er wollte nur meine Gesellschaft. Was...Was ist so falsch daran? Er hatte nichts Verbotenes getan, nichts und ich auch nicht."
Jetzt weinte sie doch, obwohl sie sich geschworen hatte, es nicht zu tun. Doch Merlin war wütend und schrie sie an, sie wusste das. Und doch fing sie jetzt an zu weinen. Sie konnte einfach nicht verstehen, warum Merlin ihn so ablehnte. Er war so nett und sie hatte ihre kleinen Treffen genossen.
Merlin glaubte in einem Alptraum zu sein, in einem nicht typischen Alptraum, indem ein Vampir mit seiner Schwester im Mondlicht schwimmen ging, anstatt ihr das Blut auszusaugen und sie zu töten. Irgendetwas lief da vollkommen aus der Bahn. Vampire waren keine Gesellen, die aus Spaß mit einem Mädchen schwimmen gingen und das Mädchen danach noch putzmunter war. Er wollte nicht darüber nachdenken, was sie eigentlich mit Menschen taten. Maria riss ihn aus seinen düsteren Gedanken.
„Ich habe nichts Verbotenes gemacht, mich nur nett unterhalten, Merlin."
Sie schniefte.
„Ich wollte dir...dir das ja sagen, aber du...du bist immer so...zornig", schluchzte sie zwischen den Tränen.
Merlin nahm Luft und er schloss einen Moment seine Augen. Er war zornig und erleichtert zugleich. Sie stand munter, wenn auch weinend vor ihm; er hatte ihr wieder nichts getan, in keiner Weise. Sie weinte und Merlin nahm sie letztendlich in seine Arme, weil er noch nie sehen konnte, das sie weinte. Er sollte glücklich sein, das sie lebte und das sie ehrlich zu ihm war. Er wusste, es war nicht Marias Art ihn zu hintergehen und das es nicht leicht war, ihm die Wahrheit zu sagen. Sanft strich er über ihr Haar.
„Ist ja gut, Maria, verzeih, das ich dich angeschrien habe. Natürlich würdest du nie etwas machen was unmoralisch ist, das weiß ich. Aber sich nachts mit Männer im Garten zu treffen ist nicht standesgemäß für junge Mädchen. Und ich mache mir Sorgen."
Sie nickte schniefend
„Das weiß ich; er hat versprochen nichts zu sagen und er sagte auch, er kommt nicht wieder."
Merlin nickte und er war mehr als verwirrt. Warum tat er Maria nichts, sie wäre das Druckmittel, um ihn in die Knie zu zwingen. Er verstand das alles nicht. Was hatte der Vampir nur vor? Er musste ihn ausschalten, bevor er sich es anders überlegen würde und Maria doch töten würde. Er beschloss heute Nacht zu jagen, ihn zu jagen.
„Bitte Maria, tu das nie wieder", sagte er sanft, obwohl er aufgewühlt war „Ich bitte dich. Bleib bei Dunkelheit im Haus."
Er wusste, sie konnten ohne Einladung nicht rein, also lockten sie ihre Opfer nach draußen, so wie Maria. Doch seltsamerweise rührte er sie nicht an. Das war mehr als seltsam.
„Ich werde es nie wieder tun, ich verspreche es bei meinen Eltern."
Er nickte wieder und ließ sie los, sie lächelte leicht als er ihr ein Taschentuch gab. Sie wusste, das er wütend werden würde, aber sie wusste auch, er konnte ihr nie lange böse sein. Und er schätzte wohl sehr, das sie ihm die Wahrheit sagte. Sie ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal herum.
„Was ist mit unserem Ausritt? Ich denke, du willst jetzt nicht mehr, oder?"
Er lächelte halbherzig, der Schock saß noch zu tief, doch er sagte.
„In einer Stunde, ich lasse die Pferde satteln."
Das er überhaupt noch mit ihr ausreiten konnte und sie nicht als blutleere Leiche auf dem kleinen Friedhof fand, konnte er fast nicht glauben. Was hatte sie an sich, das der Vampir sie verschonte? Immerhin war er ihr Bruder, der ihn töten wollte. Er verstand diese Handlungsweise gar nicht, denn er hatte schon gesehen, wie sie normalerweise mit ihren Opfern umgingen.
Sie lächelte und sagte.
„Ich liebe dich, Brüderlein, auch wenn du mich angeschrien hast."
„Jetzt geh endlich und mach dich fertig, brauchst sowieso wieder länger."
Sie lachte und ging hinaus und ließ einen ernsten, nachdenklichen Merlin zurück, der jetzt der Meinung war, das er einen Brandy brauchte.
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In dieser Nacht jagte er grimmiger als er schon war. Sie waren ihm zu nah gekommen, Maria zu nah gekommen und hatten ihn damit herausgefordert. Vielleicht wollte er über Maria an ihn, bevor er sie tötete. Oder er machte sich einen Spaß daraus, sie vorher zu besuchen. Merlin wusste es nicht, doch er würde ihr nie wieder so nah kommen, das schwor er sich.
Es war ruhig in den heruntergekommenden Vierteln, in denen sie bevorzugt jagten. Natürlich vergriffen sie sich nicht am Hochadel, so etwas würde Staub aufwirbeln. Arthur war zwar hinter Blut her, aber nicht dumm. Und hier in den zwielichten Vierteln, in denen jeden Tag Menschen starben, sei es wegen Krankheit oder wegen eines Überfalls, scherte sich niemand darum. Als wäre es an der Tagesordnung, nun ja, hier wurde man für ein paar Pesetas gekillt und niemand interessierte das wirklich. Hier lebten die Menschen nicht auf der Sonnenseite des Lebens. Elend und Armut herrschten hier und junge Mädchen und Jungs boten ihren Körper an, um zu überleben. Der ideale Ort für die Kreaturen der Nacht.
Merlin hatte schon immer diesen Unterschied in der Stadt gesehen. Auf der einen Seite Hochadel und Reichtum, auf der anderen Seite Hoffnungslosigkeit und Armut. Maria war in einer Verbindung, die diesen Menschen mit Lebensmitteln und Medikamente halfen. Sie bezahlten auch einen Arzt, der durch diese Viertel ging. Sein Vater hatte dies ins Leben gerufen und Merlin war stolz auf ihn. Denn die meisten der sogenannten Adelsgesellschaft interessierten sich nur für eines...sich selbst. Aber Merlin und Maria waren nicht so erzogen worden. Sein Vater sagte immer, das es kein Privileg war, das man respektiert wurde, weil man aus reichem Hause kam. Er sagte, das Taten Respekt bringen und das Wichtigste war, das man nicht blind durch die Welt gehen sollte.
Er duckte sich in die Schatten, als er ein Geräusch hörte. Er saß auf einem Dach eines nicht so hohen Hauses und konnte gut in die Gasse sehen. Sie war nur mit einer Lampe beleuchtet und dementsprechend düster. Er sah zwei Gestalten herankommen, einer hatte die Hand an dem Rücken der anderen Person, die jetzt da sie näher kamen, eindeutig aus dem Viertel kam. Normal gekleidet, aber jung und männlich. Der andere allerdings nicht, elegante Kleidung und nicht hier zu Hause.
Merlin hielt die Luft an, hierher kamen nur feine Leute, wenn sie etwas wollten, das in ihrer Gesellschaft tabu war, wie Sex mit Gleichgeschlechtlichen oder leichten Mädchen, abartige Wünsche oder...ja, oder Blut. Vielleicht hatte er heute Abend Glück und erwischte einen von ihnen.
Die beiden kamen langsam näher und passierten das einsame Licht und Merlin zog die Luft ein.
Das war er, Conte Arthur Pendragon. Zumindest so hatte der Bankier ihn beim Frühlingsball Merlin vorgestellt. Und nun traf er ihn hier wieder, auf der anderen Seite der Stadt und anscheinend auf der Jagd nach Blut. Der junge Mann schaute den Vampir lächelnd an, als sie die Laterne passierten, anscheinend einer der Leute, die ihren Körper für Geld anboten. Doch er würde mehr nehmen als nur seinen Körper.
Merlin nickte grimmig, heute war sein Glückstag. Der Vampir, der ganz oben auf seiner Liste stand hatte seinen Weg gekreuzt und stand jetzt nicht weit von ihm entfernt in dieser Gasse. Vorsichtig griff er nach hinten und zog die Armbrust hervor, griff an seinen Gürtel zu den Pfeilen. Heute, heute würde er ihm nicht zurufen, das er nicht getroffen hatte. Heute würde er nie wieder etwas rufen, wenn Merlin fertig war. Er schaute sich um, suchte nach einer guten Schussposition, als er geräuschlos über die Dächer huschte. Es war verdammt dunkel und er sah nicht gut, was das Zielen erschwerte.
Als er in guter Lage sich wieder duckte und die Gasse absuchte, machte er einen erstaunten Gesichtsausdruck. Er musste sie einen Moment aus den Augen lassen, doch nun konnte er nicht glauben, was er sah. Arthur hatte den jungen Mann mit seiner Vorderseite an die Mauer gepresst und...
Er schaute gebannt dorthin. Der Mann hatte seine Hose unten und der Vampir nahm ihn hart und wild. Er hörte den Mann keuchen, als Arthur zustieß. Gebannt sah Merlin dorthin, wie er ihn nahm und seine Erlösung fand, indem er den Kopf zurückwarf, als er in dem Mann kam. Irgendwie lustig, dachte Merlin, als er den Pfeil in die Armbrust spannte. Anscheinend stand Conde Arthur Pendragon auf sein Geschlecht. Nun gut, das würde sein letztes Amüsement in dieser Art sein und insgeheim wünschte sich Merlin, das er ein Mensch wäre und kein Vampir.
Er musste zugeben, das er sehr attraktiv war und das Merlin ihn im Auge hätte, wenn er ein Mensch wäre und dies gewusst hätte. Doch die Wirklichkeit sah anders aus, denn jetzt, nachdem Arthur fertig war und der junge Mann seine Hose hochzog, würde er zum zweiten Teil kommen. Aber solange würde Merlin nicht warten.
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Arthur gab dem Mann sein Geld, er würde es nicht ausgeben können. Es war schon eine Weile her, das er sich sexuell amüsiert hatte und hatte das irgendwie gebraucht. Es war zwar nur ein kleiner Fick, aber besser als nichts. Mit seinem Favorit Merlin würde er sich viel mehr Zeit lassen. Oh ja, das würde er geniessen und er malte sich das manchmal aus. Doch nun musste er seinen Hunger stillen. Der Mann lächelte und nickte dankbar, als er auf das Geld schaute. Er war nicht besonders gutaussehend, aber das spielte hier keine Rolle, er war Mittel zum Zweck, in jeder Hinsicht. Als er gehen wollte, hielt ihn der Vampir fest.
„Wir sind noch nicht fertig", sagte er, ohne den Blick zu heben.
„Nochmal? Das kostet aber extra", antwortete er.
Doch Arthur gab keine Antwort. Da er zu Boden schaute, sah der Mensch erst jetzt seine Augen, als er den Blick hob. Sie leuchteten grün, als er den Mann an die Mauer presste, der jetzt ein erschrecktes, angstvolles Gesicht machte.
„Was...nein, bitte nicht, Senior", stammelte er. Doch Arthur riss sein Hemd herunter, um besser an seinen Hals zu kommen, er beugte sich langsam vor...
Doch er kam nicht mehr dazu, das zu tun was er wollte, denn er bäumte sich auf, als der Pfeil in seine Schulter drang. Merlin spannte nach, verfluchte Katze, die ihm vor die Nase gesprungen war und er eine Millisekunde abgelenkt war. Es war so schon schwer, exakt zu treffen und der Vampir würde nicht warten. Dieser wirbelte herum, alles musste jetzt schnell gehen.
Merlin hatte seine Taktik, er verletzte sie so schwer, wenn er nicht gerade ins Herz traf, das sie eingeschränkt waren. Manchmal auch nicht mehr in der Lage sich zu bewegen. Eichenpfeile hatten da so eine Wirkung, wie Silber für Werwölfe. Sie lähmten den Vampir vor Schmerzen.
Arthur drehte sich um, während der Mann rannte wie der Teufel, als er ihn losließ. Der Schmerz zuckte durch seine Schulter, denn Eiche tat besonders weh. Er suchte die Gegend ab, als der zweite Pfeil ihn traf und verdammt, verdammt knapp neben seinem Herzen. Er zuckte zusammen, der Schmerz sehr präsent, krümmte sich einen Moment und straffte sich wieder. Es tat verflucht weh, doch er war kein gewöhnlicher Vampir, er war ein Meistervampir, zu alt um an so etwas zu sterben. Eichenpfeile hatten Wirkung auf Vampire, doch nicht so schlimm auf ihn wie bei einem jungen Vampir.
In unmenschlicher Geschwindigkeit lief er um die Ecke in Deckung, als er das Zischen des dritten Pfeils hörte. Er lehnte sich seitlich an die Wand, als der Pfeil ohne Ziel auf dem Boden aufschlug. Er hielt sich die Brust, indem der Pfeil noch steckte, so wie in seiner Schulter. Arthur griff den Pfeil in seiner Brust vorne und zog ihn unter Schmerzen heraus, warf ihn keuchend mit den Worten auf den Boden.
„Verdammte Ratte."
Er war sauer und es reichte ihm jetzt. Er verzog das Gesicht vor Schmerzen, die Wunden taten weh und er heilte schlecht, weil er noch nicht getrunken hatte. Blut hatte sein weißes Hemd rot gefärbt, als er an die feuchte Stelle griff. Vorsichtig spähte er um die Ecke, zuckte zurück, als ein Pfeil an seiner Nasenspitze vorbeizischte. Na warte, dachte Arthur grimmig.
Er hatte genug davon, das er nicht das Haus verlassen konnte, ohne von Pfeilen getroffen zu werden. Genug war genug.
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Merlin spähte aufmerksam in die Gasse. Er wusste, er hatte ihn getroffen, aber nicht wo und wie. Es war still, der Vampir ließ sich nicht mehr sehen. Entweder war er am Boden oder Asche oder er hatte das Weite gesucht. Merlin wartete noch einen Augenblick, entschloss sich dann nachzusehen; er musste wissen, was los war. Geschmeidig huschte er über das Dach und sprang auf ein tieferes Dach, das dort angrenzte. Fast lautlos sprang er in die Gasse, zog sein Schwert und seinen Pfahl. Wenn der Vampir am Boden war und zu verletzt, würde er ihm den Rest geben. Langsam schlich er äußerst wachsam zu der Stelle. Er lehnte sich an die Wand und spähte um die Ecke. Es war niemand zu sehen, doch er sah dunkle Flecken auf dem hellen Steinboden. Also doch, er hatte ihn getroffen, aber anscheinend nicht richtig.
Verdammt, er war ihm schon wieder entwischt. Merlin nahm Luft und...
Bevor er es überhaupt realisieren konnte, war der Vampir da, schlug ihm das Schwert aus der Hand und drehte seinen Arm, bis er den Pfahl fallen ließ. Das alles ging so schnell, das sein Verstand nicht darauf reagieren konnte und sein Körper dementsprechend auch nicht. Er spürte, das er mit Wucht mit dem Rücken gegen die Mauer geschleudert wurde und jemand seine kalte Hand an seinem Hals hatte. Durch den Aufprall blieb ihm einen Augenblick die Luft weg und es tat weh, doch nun sah er, wer ihn an der Mauer hielt. Kein anderer als der Vampir hatte ihn angegriffen und er war in Schwierigkeiten, in erheblichen Schwierigkeiten.
Arthur kam nah an sein Gesicht, als er ihn mit unmenschlicher Kraft an der Mauer hielt, noch immer seine Hand an Merlins Hals.
„So sieht man sich wieder, Conde del la Vega. Hast du noch etwas zu sagen, bevor ich dir deine Kehle herausreiße, Jäger?"
Merlin funkelte ihn voller Abscheu an. Er war sich sehr wohl bewusst, das dies nun das Ende war. Der Vampir hatte ihn ausgetrickst und er war anders. Ja, er war anders als alle andere Vampire, schneller, klüger, stärker und gerissener und...verletzt. Aber anscheinend reagierte er anders darauf, als er aus Erfahrung wusste.
Und er hatte den Jäger erwischt, was anderen nie gelang. Er war sich sicher, das er nicht der Erste war, denn er los geworden ist.
Arthur keuchte vor Schmerz und sein Hemd war voller Blut, was Merlin registrierte, da ein großer, dunkler Fleck sein Hemd verfärbte. Und der Pfeil in der Schulter war immer noch zu sehen, anscheinend wollte er ihn nicht herausreißen oder kam nicht heran. Also hatte er ihn getroffen, dachte er mit Genugtuung. Wenigstens hatte er Schmerzen.
„Was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen?", fragte Arthur gefährlich leise.
Noch immer war er dicht vor Merlins Gesicht und seine Augen leuchteten smaragdgrün und der Conde sah seine langen, spitzen Fänge, als der Vampir ihn böse angrinste. Und er war in die persöhnliche Anrede gefallen, wohl normal bei Todgeweihten, dachte er flüchtig. Merlin wunderte sich, was er für Gedanken hatte, denn ein Ruck von dem Vampir würde seine Kehle herausreißen, dessen war er sich sicher. Immer noch gab er keine Antwort.
Er dachte an Maria und das sie jetzt schutzlos war, wenn er hier und jetzt starb. Was würde ihn aufhalten auch sie zu holen? Nichts. Maria würde zusammenbrechen, wenn sie ihr die Nachricht brachten, das sie ihn tot in einer Gasse gefunden haben. Und er das gleiche Schicksal teilte wie seine Eltern. Sie würde daran zerbrechen und er käme, um ihr Trost zu spenden und...
Er wollte das nicht zu Ende denken.
„Hey? Kein letzter Wunsch? Du redest wohl nicht mit mir", riss ihn der Vampir aus seinen Gedanken „Bist dir wohl zu fein dafür, was?"
Merlin hörte jetzt bewusst seinen Dialekt. Also war er kein Spanier, sondern kam von einem anderen Land. Er konnte nicht mit Bestimmtheit sagen aus welchem. Egal, er musste fliehen, allein schon wegen Maria.
Merlin strampelte, versuchte sich zu befreien, doch Arthur lachte.
„Du denkst, das du hier weg kommst?", er schüttelte den Kopf „Nein, du hast so viele von meinen Leuten getötet und wolltest mich auch töten. Ich hatte recht, als ich sagte, du triffst dein Ziel fast immer, heute nicht."
Merlin hielt inne und schaute ihn an.
„Sehe ich nicht so", sagte er mit Schwierigkeiten, weil der Vampir ihn am Hals hatte und schaute auf den dunklen Fleck. Arthur legte leicht seinen Kopf schief, es sah fast sexy aus und schnaufte abfällig.
„Hhm...das tötet mich nicht, leider doch verfehlt. Vielleicht sollte ich ein Kreis um mein Herz malen, damit du triffst", er lachte, wurde aber wieder ernst „Nur wirst du keine Gelegenheit mehr haben; es endet heute Nacht, hier und jetzt."
„Warte! Ich habe einen Wunsch", sagte Merlin schnell.
„Ich höre?"
„Du lässt die Finger von meiner Schwester. Sie hat ein Leben verdient. Töte mich, aber verschone Maria."
Arthur grinste ihn an, aber insgeheim bewunderte er ihn. Er war kurz vor seinem Tod und dachte nur an seine Schwester. Doch das zeigte er Merlin nicht und sagte spöttisch.
„Was hält mich davon ab, es doch zu tun, wenn du tot bist."
„Fahr zur Hölle", schleuderte er dem Vampir entgegen.
„Da bin ich schon."
Arthur musterte ihn einen Moment, er wollte es wissen.
„Wieso bist du so erbittert hinter uns her, Merlin? Das würde ich doch gerne noch wissen, bevor du stirbst. Schließlich bist du nicht einer der typischen Jäger, aber du wirst gleich ihr Schicksal teilen."
Merlin machte ein abfälliges Geräusch. Also hatte er recht, er war nicht der Erste. Er hielt ihn am Hals, aber nicht so eng und mit sehr viel Kraft. Er könnte sich nie befreien.
„Das weißt du wohl schon nicht mehr, was? Du", er funkelte den Vampir an „Du hast meine Eltern getötet, du oder einer deiner Gesellen, was keinen Unterschied macht."
Arthur hob überrascht die Augenbrauen.
„Deine Eltern? Wann soll das denn gewesen sein?"
„Vor drei Jahren. Sie fanden sie in einer Gasse, ausgesaugt und getötet von Deinesgleichen oder dir selbst."
Arthur schaute ihn sprachlos an. Also das war der Auslöser gewesen, das er zum Jäger wurde. Doch Arthur hatte damit nichts zu tun gehabt, auch nicht Lance oder die anderen. Denn Arthur war vor drei Jahren erst in die Stadt gekommen und hatte gleich festgelegt, das niemand die Adligen anfasste. Er wollte hier wohnen und nicht gejagt werden. Und Merlins Vater war einer der Adligen, auch seine Frau. Also waren sie für die Vampire tabu, aber anscheinend nicht für alle. Arthur hatte seine Vermutungen, die er aber nicht laut aussprach.
Ein anderer Clan hatte hier gewütet und sie hatten Mühe sie loszuwerden, als sie in Sevilla ankamen. Denn er wollte hier in Ruhe leben. Arthur und Lance kannten diesen Clan, der teilweise durch anderen Länder zog, doch in Russland zu Hause war. Sie hatten schon vor drei Jahrhunderten Ärger mit diesen Vampiren in Prag gehabt. Sie waren absolut bösartig, verschonten niemand, ob Mann, Frau, Kind oder Adlige. Damals waren viele Jäger in der Stadt gewesen, weil sich die Leichen nur so ansammelten. Schließlich waren Lance und er gezwungen gewesen, Prag zu verlassen, bevor sie auch ein Opfer von Jäger wurden. Und dort hatten sie Gwaine verloren, der das immer locker genommen hatte, was die Jäger anging. Und schließlich waren sie eines nachts in Prag sein Verderben. Danach verließen Lance und er Prag und zogen nach Paris.
„Ich habe deine Eltern nicht getötet und auch niemand von meinen Leuten. Wir waren zu dieser Zeit noch gar nicht da."
„Du lügst!"
„Nein, das kann ich beweisen. Ich kaufte das Haus im August, aber kam erst im Dezember. Wann starben deine Eltern?"
„Juli achtzehnhundertdreiundvierzig."
Arthur nickte bestätigend.
„Da waren wir noch nicht hier. Wir kamen im Dezember und zogen dann in das Haus. Da waren erst die Bauarbeiten fertig. Ich habe sie nicht getötet oder was denkst du, warum ich hier jage? Ich könnte das feine, aristokratische Blut der Damen und Herren trinken. Doch wir wollen nicht auffallen und Adlige zu töten würde Fragen aufwerfen. Ich habe sie nicht getötet, Jäger."
„Wer dann? Du lügst doch, es waren Vampire. Wenn nicht du, wer waren sie?"
Arthur lachte wieder.
„Was hat dich das zu interessieren? Du wirst jetzt und hier sterben."
Merlin wehrte sich wieder und keuchte.
„Nein, ich...ich muss ihre Mörder finden, ich muss."
„Warum? Dadurch änderst du nichts, sie bleiben tot."
„Sie waren meine Eltern und ich habe an ihrem Grab geschworen nicht zu ruhen, bis ich ihre Mörder zur Strecke gebracht habe. Und wenn ich dabei sterbe, ich muss sie suchen und töten", er schaute Arthur an „Euch alle töten."
Arthur lachte und doch hatte er Respekt vor Merlin. Er war hier in der Falle und würde sterben, denn er war nicht annähernd so stark wie Arthur. Er war ein Mensch und doch kämpfte er hier für was auch immer. Arthur dachte an Maria und wie unglücklich sie wäre, wenn er Merlin hier tötete. Sie hätte dann niemanden mehr und er erinnerte sich an diese Nacht am See. Dort war er wirklich glücklich gewesen und hatte sich wie ein Mensch gefühlt. Maria hatte ihn wie einen Menschen behandelt und sie war so...
Er seufzte, das würde wieder Diskussionen mit Lance geben, der ihn für verrückt erklären würde, das er den Jäger frei ließ. Er wollte ihn küssen und unter sich stöhnend liegen haben und nicht töten. Doch er beugte sich noch etwas weiter zu Merlin und fuhr mit seinen Lippen über seinen Hals. Merlin erstarrte und er sagte leise an seinem Ohr.
„Mmh, du riechst so gut wie deine Schwester, gute Blutlinie. Was hält mich davon ab, von dir zu trinken? Schließlich hast du mein Abendessen verjagt."
Seine Lippen waren kalt, als er wieder über seinen Hals strich, doch Merlin antwortete grimmig.
„Ich bevorzuge lieber, das du mir die Kehle herausreißt. Geh weg von meinem Hals, Blutsauger."
Er sagte das drohend und Arthur lachte leise. Ja, er hatte sich auf dem Ball nicht getäuscht. Er war anders wie alle, die er getroffen hatte. Die anderen Jäger hatten Angst, teilweise flehten sie um ihr Leben; er nicht. Immer noch dominant, obwohl er eindeutig im Nachteil war und damit rechnete, das Arthur ihn tötete. Wieder sagte er ganz dicht an Merlins Ohr, nicht bevor er noch einmal mit seinen Lippen über Merlins Hals strich. Es war fast eine erotische Berührung.
„Um meinen guten Willen zu zeigen und das wir nicht die Monster sind, die du dir vorstellst, werde ich dich gehen lassen. Doch sei gewarnt. Solltest du weitere meiner Leute angreifen, werde ich die Jagd auf Maria freigeben, verstanden? Ich hatte sie zwei Mal bei mir und werde sie auch ein drittes Mal bekommen. Tu etwas Sinnvolles und überprüfe meine Angaben. Ich habe nicht gelogen, wir töteten deine Eltern nicht."
Und dann war Merlin frei und der Vampir verschwunden. Er griff sich an den Hals, noch immer fühlte er seine kalte Hand darauf.
Er lebte.
Der Vampir hatte ihn nicht getötet. Merlin lehnte sich an die Mauer und atmete durch. Was war nur los? Er hatte ihn nicht getötet und wollte das Merlin seine Angaben überprüfte. Warum? Warum zum Teufel lebte er noch? Und wieso war es ihm so wichtig, das Merlin herausfand, das Arthur nicht der Mörder seiner Eltern war?
Fragen, auf die er keine Antwort hatte.
Er hatte ihnen zugesetzt, viele getötet und doch ließ er ihn gehen. Erst Maria und nun ihn. Etwas ging hier vor sich und er wusste nicht was. Und er sagte mit Bestimmtheit, das er seine Eltern nicht getötet hatte. Und Merlin wusste, das niemand aus seiner Gesellschaft jemals den Tod fand, sei es aus Altersschwäche oder Krankheit. Wer dann hatte seine Eltern getötet?
Merlin bückte sich, nahm sein Schwert und seine Armbrust und er hatte das Gefühl, das Arthur mit Sicherheit wusste, wer seine Eltern auf dem Gewissen hatte. Es war nur so ein Gefühl; der Vampir wusste mehr als er preisgab.
Er nahm wieder Luft und schaute zum Himmel. Es wurde langsam hell, der Morgen kam und somit die Sonne. Die Gefahr war vorüber, zumindest bis Sonnenuntergang.
Merlin verließ das Viertel und steuerte den Stall an. Er sattelte sein Pferd, stieg auf und ritt aus der Stadt. Doch seine Gedanken drehten sich um Arthur. Wer war er und wo kam er her?
Dieser Vampir war nicht wie die anderen. Er war...
Merlin hatte keine Worte, außer...
Anders.
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Dunkles Schicksal
FantasyNach dem Tod seiner Eltern, die von Vampiren getötet wurden, wird der junge spanische Graf Merlin del la Vega zum Jäger. Sein Hauptmerkmal ist ein vermögender, hoch angesehener Vampir, den er für den Mörder seiner Eltern hält. Erbittert jagt er ihn...