-Jamie-
Ich war gerade ein einziges Wrack.
Gestern Abend war ich nicht zum Abendessen runtergegangen, ich hatte mich in meinem Zimmer eingeschlossen und hatte nicht reagiert, als mein Vater oder meine Mutter gerufen hatten. Auch, als Sam dann vor meiner Tür gestanden hatte, hatte ich nicht reagiert. Es hatte mich geschmerzt meinen kleinen Bruder zu ignorieren, aber ich hatte geschwiegen.
Wahrscheinlich hatten sie irgendwann gedacht, dass ich schlief und mich deswegen in Ruhe gelassen.
Als ich dann heute Morgen fertiggemacht runtergekommen war, hatten meine Eltern schon auf mich gewartet. Ich hatte meinen Kaffee getrunken, was notwendig war, damit ich ansprechbar war. Sonst war ich morgens nicht wirklich gesprächig.
Danach ging es schon los.
Während ich mir Haferflocken mit Joghurt und Banane gemacht hatte, hatte meine Mutter mir mitgeteilt, dass sie mich heute in die Schule fahren würde und nicht Kyle. Ich hatte nur schweigend abgenickt. Dann hatte sie mir während ich gegessen hatte gesagt, dass sie mit der Schülersprecherin reden wollen würde, weil ich gestern geschwänzt hatte. Ich war nicht begeistert gewesen, hatte mich aber wegen gestern nicht getraut, zu widersprechen. Also hatte ich schweigend geschluckt und genickt.
Kaum war ich fertig mit dem Essen, hatte es geklingelt und ich hatte gewusst, dass es Kyle war. Doch mein Dad war an die Tür gegangen und hatte ihn weggeschickt.
Hätte ich gewusst, wie meine Mutter vorhatte, mit Masters umzuspringen, hätte ich es nochmal versucht zu verhindern, auch, wenn ich mich dann wieder mit ihr angelegt hätte, aber ich war einfach nur froh, dass sich Masters nicht hatte unterbringen lassen und meiner Mutter auf einer Augenhöhe entgegengetreten war, auch, wenn meine Mutter das wahrscheinlich nicht so sah.
Wahrscheinlich sah sie Masters als untergestellte, freche Göre, aber ich war irgendwie stolz auf sie.
Es war meine Rettung gewesen, dass Masters mich gefragt hatte, ob ich in der Pause etwas mit ihr essen wollte. Zwar wusste ich nicht, ob ich wirklich etwas erzählen würde, aber ich brauchte jetzt ihre ruhige Art.
Als sie mich dann geküsst hatte, hatte sie beinahe meine Mauer niedergerissen. Ich war kurz davor gewesen, die Tränen von gestern wieder rauszulassen, weswegen auch mein Körper so erzittert war. Ihr Kuss war eine kleine Heilung gewesen, weswegen ich es auch gleich nochmal wiederholt hatte.
Nun saß ich hier im Unterricht und wollte einfach nur, dass der Unterricht endete und ich zu Masters zum Haupteingang konnte.
Kyle hatte mir schon gesagt, dass er in der ersten Pause irgendwas erledigen musste, also würde ich mit Masters alleine sein.
Endlich klingelte die Schulglocke und ich erhob mich ruckartig. Ein stechender Schmerz schoss durch meinen Bauch und ich schnappte nach Luft. ,,Jamie, verdammt, sei vorsichtig. Sonst reißt deine Naht auf.", murmelte Kyle mahnend und ich nickte. ,,Und hey...", hielt er mich nochmal sanft vom Gehen ab. ,,Was?", fragte ich leise. ,,Du kannst Kaici vertrauen.", er klopfte mir kurz auf die Schulter und ich nickte wieder.
Schnell verließ ich das Kurszimmer und lief durch die Gänge.
Am Hauptausgang wartete Masters und ich lief auf sie zu.
,,Hast du es schon gesehen?", fragte sie mich mit einem Lächeln. ,,Was denn?", fragte ich mit leiser Stimme, als ich neben ihr stand. ,,Wir haben die dritte und vierte Stunde Ausfall, also haben wir jetzt erstmal alle Zeit der Welt.", entgegnete sie mit einem Lächeln. Ich nickte langsam.
Wir verließen zusammen das Schulgebäude und liefen langsam vor zum Bäcker. ,,Darf ich dir etwas kaufen, als Wiedergutmachung, sozusagen, dass ich dich habe sitzen lassen?", fragte ich Masters und sie sah mich überrascht an. ,,Du musst nichts wiedergutmachen.", lächelte sie. ,,Ich bezahle trotzdem.", schmunzelte ich leicht und Masters rollte die Augen. Doch scheinbar schien sie zu wissen, dass eine Diskussion nicht zu gewinnen war.
Beim Bäcker holten wir uns belegte Brötchen und Kaffee. Dann liefen wir zurück zur Schule und ließen uns auf der Mauer nieder.
Wir tranken unseren Kaffee und aßen unsere Brötchen. Ich genoss die Sonnenstrahlen, die meine schwarze Kleidung erwärmten. Bald würde es vorbei sein mit der Wärme, da es langsam Herbst und dann Winter werden würde.
Als Masters auch fertig war, zögerte ich einen Moment, bevor ich mich dann drehte und auf die Mauer legte. Mein Kopf fand Platz auf Masters Schoß. Sie wirkte überrascht, doch dann streichelte sie mir beruhigend mit der Hand durch die Haare und schwieg einfach nur.
Sie wartete, ob ich reden wollte und wenn ja, was ich sagen würde.
Ich zögerte einen Moment, doch dann drehte ich den Kopf, sodass mein Gesicht zu ihrem Bauch gerichtet war und schloss die Augen. Mit geschlossenen Augen und ihrer Hand, die beruhigend durch meine Haare strich, begann ich ganz langsam zu erzählen.
Ich erzählte davon, dass mein Vater Leiter einer Firma war und meine Eltern wollten, dass Sam und ich irgendwann als Brüder diese Firma leiteten. Ich erzählte ihr, wie versessen meine Mutter darauf war, dass ich direkt nach meinem Abschluss in die Firma einstieg und dementsprechend ich jetzt schon die Leistungen erlangte, die Firma irgendwann zu leiten. Außerdem erzählte ich ihr auch von meinem Vater, der das alles ein wenig entspannter sah und meinte, dass ich noch jung war und mein Leben genießen sollte, schließlich würde er noch ein paar Jahre in der Firma arbeiten und ich würde die Leitung erst nach seinem Abtreten übernehmen.
Ich erzählte ihr von den hohen Erwartungen von meiner Mutter und wie wenig ich mir erlauben durfte. Auch davon, weswegen dieses Abendessen stattgefunden hatte und dass ich deswegen das Buch lesen musste, um die Kollegen meines Vaters zu beeindrucken. Ich erzählte ihr auch nochmal ausgiebig von der Tochter der Kollegen und dass meine Mutter die Hoffnung hatte, dass sie später meine Seelenverwandte sein würde, damit die Zusammenarbeit für später gesichert war.
Schlussendlich erzählte ich ihr davon, wie wütend meine Mutter gewesen war, weil ich von dem Abendessen abgehauen war, sie ihr nicht vorgestellt hatte, als sie bei uns war und ich meinen Eltern vergessen hatte zu sagen, dass ich Sam von der Schule abholte.
Ich erzählte ihr von dem Hausarrest und dass meine Mutter mir meine Auto- und Motorradschlüssel abgenommen hatte und ich ab sofort immer zur Schule gefahren werden würde und wieder abgeholt werden würde. Dass ich mit niemandem raus durfte, niemanden als Besuch empfangen durfte, samstags mit meinem Vater zur Arbeit musste und sonntags für die Schule lernen musste und meinem Bruder helfen musste. Zumindest für die nächsten zwei Wochen.
Als ich geendet hatte, drehte ich langsam wieder den Kopf und sah vorsichtig zu ihr hoch. Sie wirkte geschockt.
,,Ich dachte immer, du hast so ein perfektes Leben und bekommst alles von deinen Eltern in den Arsch geschoben, aber das... Es ist schrecklich...", wisperte sie dann kopfschüttelnd. ,,Ich wollte ja auch, dass das jeder denkt...", entgegnete ich mit einem schmerzvollen Lächeln.
,,Jeder hat sein Päckchen mit sich zu tragen...", hauchte Masters und ich nickte langsam. Denn, auch, wenn sie immer so tat, als würde sie klarkommen und alles würde in Ordnung sein, wusste ich, dass auch sie ihr Päckchen mit sich zu tragen hatte. Wäre alles in Ordnung in ihrem Leben, würde sie sich nicht von morgens bis abends den Arsch abschuften. Sie hätte keine Geldsorgen. Und die hatte sie eindeutig.
Genauso, wie Kyle sein Päckchen mit sich zu tragen hatte. Seine Mum war gestorben und sein Vater seitdem kaum mehr nüchtern. Er schaffte Kyle etliche Sorgen, genauso, wie seine Grand, aber Kyle hatte dennoch Unterstützung und definitiv keine Geldsorgen. Ich fragte mich, ob Masters keine Unterstützung hatte, so sehr wie sie schuftete und so versessen wie sie darauf war, alles alleine zu schaffen.
,,Du bist die erste Person, mit der ich darüber geredet habe, außer Kyle...", murmelte ich und setzte mich langsam auf. ,,Oh...", hauchte Masters und ich musste leicht lachen. ,,Kann ich irgendwas für dich tun?", fragte sie nun sanft und griff vorsichtig nach meiner Hand. Ich sah sie langsam an und erwiderte ihren Handdruck. Dann zog ich sie an mich, legte meine Hand an ihre Wange und legte meine Lippen auf ihre.
Ich brauchte ihre Heilung.
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Soulmates - eine etwas andere Jamie Campbell Bower Fanfiction
FanfictionSie leben in einer Welt, in der jeder Mensch, an seinem 18. Geburtstag einen Seelenverwandten bekommt. Doch diesen Seelenverwandten müssen sie erstmal finden. Kaici Masters ist eine ganz normale 17-jährige Schülerin. Alle Mädchen in ihrer Stufe red...