Minho trottete mit einer grauen plüschigen Katze auf dem Arm die Treppen in den Keller herunter. Hyunjin trommelte unruhig auf dem Bartresen herum. Ich schwenkte mich auf dem Barhocker, auf dem er mich abgesetzt hatte von rechts nach links und schob mich mit meiner gesunden Hand am Tresen ab.
„Ihr seid ja schon da." Bemerkte Minho begrüßend und setzte die Katze auf dem Tresen vor Hyunjins Nase ab.
„Wo hast du die schonwieder her?" fragte dieser und nahm schleunigst Abstand von dem kleinen anmutigen Tierchen.
„Jinji ist über die Rennstrecke marschiert. Bevor sie von einem der Idioten am Abend überfahren wird, hab ich sie mitgenommen."
Verständnislos glubschte Hyunjin zu Jinji, die sich auf den Weg zu mir machte und sich an meinen Gips kuschelte.
„Hallo Jinji, ich bin Cheonsa." Stellte ich mich der Katze vor, als wäre ich ein kleines Kind.
Hyunjin nieste dramatisch, während Minho die Schlüssel zum Wettzimmer zückte und es aufschloss.
„Cheonsa. Bitte rede nicht mit dem Ding. Es hat schon einen Namen."
Minho sah über seine Schulter und sah so aus, als würden seine Schlüssel in wenigen Sekunden in Hyunjins Hals landen.
„Das ist eine Katze." Versuchte Minho zu erklären. „Eines der anmutigsten und schlausten Geschöpfe der Welt." Betonte er jede einzelne Silbe.
„Das bin ich auch." Stellte Hyunjin über sich fest.
Ich prustete los, während Minho genau das aussprach, was ich dachte. „Du magst anmutig sein, aber über den Rest lässt sich diskutieren."
Hyunjin seufzte und schüttelte den Kopf, fertig mit den Nerven, noch bevor er überhaupt wirklich mit Minho reden konnte.
Minho zog die Tür zum Wettzimmer auf und enthüllte ein Dutzend Bildschirme und Tastaturen verteilt auf einer Handvoll von Schreibtischen.
„Übrigens, sobald Chan dich hier sieht, ist auch Kai klar, dass Cheonsa hier ist. Habt ihr Spatzenhirne, dass bei eurem Plan beachtet?" Minho deutete mit seinem Kinn zwischen Hyunjin und mir hin und her während im Zimmer hinter ihm das Licht anging.
„Oder ging es dir nur darum Felix zu sehen, dass du Cheonsa komplett außer Acht gelassen hast?" maßte er an und stackste zu mir an die Bar.
Hyunjin nieste erneut, verpasste es aber nicht Minho seinen Todesblick zukommen zulassen.
„Ich wusste nicht, dass er hier ist."
Wie wahnsinnig fuhr ich Jinji durchs Fell. Ich hoffte er würde nicht wissen, dass ich heute hier bin. Ich wäre Kai schutzlos ausgeliefert. In meinem Gipsbein konnte ich ihm schlecht davonlaufen.
„Han hat sich in der Werktstatt verraten. Ich bin aus freiwilligen Stücken hier." Erklärte ich Minho. Der nickte und stellte sich neben mich, um Jinji vom Tresen und auf seine Arme zu nehmen.
„Das ist leichtsinnig, von euch allen." Warf er vor und schleppte die Katze ins Wettzimmer.
„Kai will dich so oder so sprechen." Hing er beiläufig an.
Ich spürte meine Haut grün werden. Hyunjin ballte seine Hände zu Fäusten. „Du wirst nicht daran vorbeikommen ihm demnächst über den Weg zu laufen."
Ich beneidete Minho darum, wie leichtsinnig er über Kai reden konnte, als wäre er ein Arbeitskollege.
„Aber ich kann vor ihm weglaufen." Murmelte ich und wünschte Minho hätte sein neues Haustier nicht aus meiner Reichweite entfernt.
„Du brauchst nur zu sagen, wenn du sie ans offene Messer laufen lassen willst." Grummelte Hyunjin. „Wir wissen alle, was er mit ihr machen lassen kann."
Mein Krankenhausfrühstück drehte sich in meinem Magen um.
Minho lachte auf und lehnte sich gegen den Türrahmen zum Wettzimmer. „Das wird er nicht. Sie ist in unseren Reihen viel zu angesehen, als dass er sie ungesehen verschwinden lassen kann." Vermutete er das gleiche wie Han vorhin in der Werkstatt.
Meinem Einfluss war ich mir nie wirklich bewusst. Die Momente, in denen ich mir am meisten Respekt verschafft hatte, waren Ausnahmezustände reinster Überlebensinstinkte.
„Aber wenn ihr wirklich so viel Angst habt, habe ich gern ein Auge über dich, Cheonsa."
Ein seltenes Lächeln schlich sich auf Minhos Lippen.
„Wenn nicht schlag ich dich im Ring zu Brei." Drohte Hyunjin und ließ seine Fäuste knacken.
Minho lachte und sah sich im Keller um, dann ging er in die Ecke in der Hyunjin meinen Rollstuhl abgestellt hatte, bevor er mich auf den Barhocker setzte.
Er rollte ihn an den Hocker auf dem ich saß, bevor er wieder im Zimmer verschwand.
„Du bist wie eine Katze, alles Miau, aber wenn es drauf ankommt hast du zwar 'nen schönen großen buschigen Schwanz, aber kratzen wirst du trotzdem nicht."
demonstrierend miaute Jinji aus dem Wettzimmer heraus.
„Vergiss nicht wie anmutend Hyunjin ist." Kam ich nicht daran vorbei die Spitze gegen meinen besten Freund zu werfen.
Hyunjin atmete schwer und ließ nun seinen Nacken knacken. Mit einer Hand fuhr er sich durch seine langen dunklen Haare. „Ich hoffe deine Katzen bringen dich irgendwann noch um."
Hyunjins Blick wurde wieder weich und liebevoll als er zu mir zurück sah.
„Ich geh jetzt wieder rüber, wenn irgendetwas ist, gib mir sofort Bescheid und ich bin hier."
„Schon klar, verschwinde. Du musst Seungmin schließlich davon abhalten, dass er was von Felix Körperwasser abbekommt." Winkte ich ab und scheuchte ihn mit einer losen Handgeste zu den Treppen.
„Was zum Teufel ist falsch mit euch?!" plärrte Minho angewidert und schüttelte den Kopf.
Hyunjin und ich mussten beide lachen, dann kam er auf mich zu und nahm mich in eine lose Umarmung.
Ich schmiegte meinen Kopf gegen seine Brust. Ich wollte nicht das er ging. Zwar traute ich Minho mehr oder weniger, aber ich würde mich nicht genauso sicher fühlen wie mit Hyunjin.
Er hatte damals sofort wortlos verstanden, dass ich nie wieder gut auf Kai zu sprechen sein würde und die anderen darauf sensibilisiert, ohne dass ich auch nur erwähnt hatte was vorgefallen war. Was ich auch nie habe.
„Ich weiß Chan schwört auf ihn, aber ich kann ihn nicht leiden." Flüsterte Hyunjin mir zu.
Ich nickte. Minho war nicht einfach im Umgang.
„Wenn wir nach Hause sollen, schreib mir sofort. Alles andere kann ich liegen lassen. Deine Sicherheit ist mir wichtig."
Ich schmunzelte.
„Minho wird dichthalten. Das hat er schon immer. Außerdem keiner, der Katzen so liebt wie er, kann bösartig sein."
Hyunjin legte seine Hand vorsichtig an meine Wange.
Als er merkte, dass ich nicht wegzuckte, brachte er mich sacht dazu zu ihm hochzuschauen.
„Wir werden ihn aber nicht mitnehmen, oder?" flüsterte er.
Ich sah in das Wettzimmer, in dem Minho an ein paar Computern herumdrückte und sich anmeldete.
„Er ist einer von Kai's Leuten, natürlich bleibt er hier."
Hyunjin nickte, ließ meine Wange los und wuschelte mir kurz durch die Haare.
„Wir sehen uns, aller spätestens morgen Früh. Han fährt dich, wenn ich es nicht schaffe."
Er lächelte mich brüderlich zum Abschied an, küsste meine Wange, drückte mich erneut und verschwand mit zügigen eleganten Schritten aus dem Keller.
Hyunjin sah in seinem Outfit aus wie ein Prinz auf der Flucht. Sein luftiges Hemd und die weite Leinenhose waberten im Gehen um ihn.
„Nach all den Jahren traut er mir immer noch nicht über den Weg." Minho sah Hyunjin mit gerunzelter Stirn hinterher und machte sich dann auf dem Weg zu mir.
„Du hast ihm nie erzählt was damals wirklich passiert ist." Stellte Minho fest und hob mich vorsichtig aus dem Barhocker und in den Rollstuhl.
Ich sagte nichts zu Minhos Bemerkung und ließ mich schweigend von ihm ins Wettzimmer hinter der Bar fahren. Er schob mich an dem Tisch, an dem seine neuste Adoptivkatze sich breitmachte.
„Was ist es eigentlich, dass dich an Katzen so sehr fasziniert?" fragte ich Minho, um vom Thema abzukommen. Er zog die Tür zum Zimmer hinter sich zu und sah mich verdutzt an. Dann schüttelte er den Kopf und lief zum Tresor neben den Aktenschänken.
„Wie einnehmend sie sind." Verriet er mir nach einigem Überlegen.
„Egal wo sie sind, sie kümmern sich nicht darum, wen oder was sie um sich haben, sie nehmen es sich einfach. Sie sind auf ihre eigene Art frei." Beschrieb er.
Ich kraulte Jinji hinter ihren fluffigen Ohren und sie fing sofort an zu schnurren.
„Sie sind unabhängig und der Meinung die Welt erobern zu können, und das mit einer peinlichen Selbstverständlichkeit."
Jinjis große grüne Augen sahen mich liebreizend an. In der Tat besaßen diese Wesen ein Talent dafür alles in Blitzschnelle zu erobern.
„Außerdem nervt es Han, wenn ich jede Woche eine neue Katze mitbringe, und das ist mir mehr als genug." Die Tiefgründigkeit, mit der er eben noch gesprochen hatte, wich aus seinem Blick und hervor trat eine Seite, die wenige unserer Gruppe an ihm jemals zu sehen bekamen. Minhos Lippen wurden von einem Lächeln eingenommen, das bis in seine Augen überging.
Ich schmunzelte.
„Und es hält mir Hyunjin fern." Hing Minho an und setzte sich mit der Teilnehmerliste neben mich an den Computer.
Die Teilnehmer der Rennen, so wie der heute ebenfalls stattfindenden Kämpfe wurden immer erst am selben Abend veröffentlicht, wie sie stattfanden. Das Ganze beugte vor, dass andere Gruppen oder Besucher anderer Art niemanden der Teilnehmer bestechen konnten zu verlieren oder gewinnen zu müssen.
Chan kümmerte sich für gewöhnlich um die Registration der Teilnehmer, Minho um die Erstellung der Rennen- und Kampfreihenfolgen, so wie um die dazugehörigen Wettlisten.
Bei dem Rennen, das mir zum Verhängnis wurde, war es jedoch extern organisiert worden. Wir beherbergten nur die Teilnehmer und schauten nach dem rechten, alles andere wurde von Kais Leuten gestellt.
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God's Menu
FanfictionIch hörte das klicken einer Waffe und haschte mit meinem Blick zu Chan. Nicht nur mein Arsch ging mir plötzlich auf Grundeis, Chan wurde sichtlich unruhig und fuhr herum. Einer von Kai's Leibwächtern hielt ihm eine Pistole direkt an die Schläfe. Pa...