Did you really think that...?

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Am Morgen nach den Grauensnachrichten über die festgelegte Hochzeit, brachte eine der Hausdamen mir Frühstück ins Zimmer. Dazu ein Bündel an Papieren. Handbeschrieben.
Ich rechnete mit einem ausführlichen Auftrag und legte das Papier zur Seite.
Wenn Kai mir ein Frühstück im Zimmer vergönnte, konnte der Kram warten.
Ich schickte das junge Mädchen wieder aus dem Zimmer, doch fragte sie zuvor, wie sie es hier her verschlug.
Sie kam aus den Staaten, sei für ein Au Pair nach Korea geflogen, doch es gab ein Missverständnis. Kais Vater war jedoch zufrieden mit ihrer Arbeit, gewährte ihr eine Festanstellung und besorgte ihr ein Visum, um hier zu bleiben.
Bewusst für wen sie arbeitete, das war sie sich nicht und ich wollte ihr die Illusion nicht nehmen.
Ich schickte sie aus dem Zimmer und begann meinen ungewöhnlichen Morgen, bevor ich mich der Beilage widmete.

Fürs Erste verdrängte ich an diesem Morgen noch, was Xiumin mir gestern nach dem Essen zusteckte. Die Befürchtung, dass Chan demnächst einen weiteren Kopf kürzer durch Busan stackste.
Die Nachrichten vom Vortag saßen ebenfalls in meinem Magen. Seonghwa und ich... uns blieb weniger Zeit als erwatet. Bedachte man, dass Kai das mit dem Umzug für wirklich nahm.
Hyunjin und Felix blendeten diesen Fakt gestern gekonnt aus. Han... verschwand nach dem Abendessen wieder. Es war das erste Mal, dass ich ihn seit dem Vorfall im Lotto zu Gesicht bekam. Bevor er ging, verabschiedete er sich kurz und knapp von mir. Auf seinen Lippen dieses altbekannte Lächeln, das mir schwor, alles würde gut werden. Dieses Lächeln schuf damals, wie heute nur eine falsche Sicherheit. Nun noch mehr, wissend, dass sein Lebenssegen schief hing.
Ich verdrängte das anbahnende Gespräch mit Hyunjin und Felix, bannte Han's Lächeln aus meinen Gedanken und faltete die handbeschriebenen Blätter auf.
Kais grazile Handschrift zierte die Seiten in tiefschwarzer Tinte. Die Tinte, der dazugehörige Füller, damit ließ er sonst nur große, für ihn bedeutsame Aufträge unterzeichnen. Nie hatte ich ihn mit seinem Montblanc Füller mehr als nur ein paar Worte schreiben sehen. Dieser Brief musste wichtig sein. Das machte mir schwere sorgen.
Ich blickte mich im Zimmer um. Seonghwa stand in keine der Ecken, um mir den Brief mit gerunzelter Stirn aus der Hand zu nehmen. Vielleicht hätte er nur erstaunt geschnaubt.
In meinem Kopf wusste keiner meiner Einzelteile so richtig, wie sie den Brief aufnehmen sollten. Kai hatte sich nie die Mühe gemacht mit geschriebenen Worten zu kommunizieren. Er sprach seine Gedanken lieber aus. Flüchtig, vergänglich, aber nicht mehr zurückzunehmen.
Dass er sie in einem Brief festhielt... unüblich, sehr unüblich.
ich knirschte mit meinen Zähnen, zu wecken und ihn und Felix zu beobachten, wie sie reagierten, zu wissen wie ich den Brief einordnen sollte.
Das bedeutete jedoch ich müsste mit ihnen über Amerika sprechen, darüber sie hier allein zu lassen. Sie vielleicht nie oder kaum zu sehen.
Ich stellte die leeren Teller und das Tablett auf den Boden trat die Decke weg und entschloss mich mit einem Tiefen durchatmen Kais Brief in Angriff zu nehmen.
Kais Brief bestand aus einer eigens geschriebenen, seitenlangen Entschuldigung.
Beginnend von dem Moment an, an dem er seinen Rang gegen mich austauschte, nicht wahrnahm, wie ich begann zu zerfallen. Er nahm es Chan bis heute gleichzeitig übel mich aufgefangen zu haben, verstand doch aber gleichzeitig, dass er mich von schlimmerem abfing. Kai schrieb, er sei sich der Tatsache Bewusst nichts von dem geschehenen könne er ungeschehen und rückgängig machen, auch wenn er seine Seele dafür geben würde.
Der Anschlag auf Hyunjin, auf mich vor ein paar Monaten. Er wollte mich einschüchtern, mir einen Grund geben mich in meiner Haut unsicher zu fühlen. Das sollte der Weg sein mich wieder an ihn zu wenden. Da es nicht wirkte... die grausame Drohung die Strays zu verlieren, um mich in seine Arme zu treiben. Zerfressen vom Neid, wie sie mich aufrichteten, zu einem Menschen, keiner Waffe mehr, reifen ließen.
Er beschrieb seine Sicht der Dinge, wie er mich damals das erste Mal sah. Im Unglauben darüber ein Mädchen in den männlichen Trainingslagern der Ssang Young Pa. Sein Wille, mich da rauszuholen, wie es ihn alles an Mühe und Stolz kostete mich davon zu überzeugen mit ihm zu gehen, wie er es nie bereute, selbst heute nicht. Obwohl wir Leben auseinander stehen.
Das absolut traurigste an dem Brief?
Kai meinte jedes einzelne Wort. Teilweise waren ganze Zeilen durchgestrichen. Neu begonnen, Tränentropfen auf den Seiten, zerknüllte Papiere, Worte, die ich nie lesen sollte.
Worte, die in seinem Kopf bleiben sollten, die er für sich zurücknahm. Ein Mensch vieler Worte war Kai nie. Der Brief ein Zeichen, wie klar und ernst ihm die Sache mit mir war.
Er endete mit den Worten. „Selbst wenn wir bis zum Mai nicht mehr zu zusammenfinden sollten, wie damals. Ich will dich trotzdem aus Überzeugung heiraten. Überzeugung eine Partnerschaft mit dir zu führen, die nicht nur aus bösem Blut und Drohungen aufbaut."
Kai... so wahnsinnig, krank und kalt wie er war, schrieb solche Briefe nicht aus dem Nichts. Er war manipulierend, doch nicht den Leuten in seinem nahen Kreis gegenüber. Kämpfte man um sein Vertrauen und gewann es, wurde er Loyal, zeigte seine wahre, verkommene Seite. Nicht mal sein Vater kannte sie, kaum einer seiner Brüder.
Aber ich. Deshalb sahen uns so viele damals als die perfekten Erben.
Ich hatte Kai an den Eiern. Wusste so gut wie alles über ihn, weil er mich an sich heranließ.
Ich legte den Brief Wortlos weg.
Wartete darauf, dass irgendeine meiner Cheonsas zuschlug, ausrastete, tobte. Dieser Brief brachte alle Teile in mir zum Schweigen. In meinem Kopf herrschte eine seltsame Funkstille.
Wieder ertappte ich mich nach Seonghwa zu schauen. Abwesend und unter seinen Leuten.
Versuchte meinen Atem unter Kontrolle zu halten, mich in Balance zu bekommen.
Ich wollte irgendjemand, der mir sagte, zeigte, wie ich mich nach diesem Brief zu fühlen hatte.
Zerriss ich ihn und tat, als habe ich ihn nie gelesen? Sollte ich zu Kai rennen und seine Entschuldigung annehmen? Schob ich die Blätter unter mein Kopfkissen und erinnerte mich Tag für Tag daran, dass er in der Tat menschliche Züge besaß?
Ich war verwirrt. Niemand hatte mich auf so etwas vorbereitet.
Gefühle, eine Mischung aus Hass, wenig Verständnis und Mitgefühl, den Drang seinen Worten zuzustimmen.
Wir liebten aneinander, vor einiger Zeit. Aber er war meine erste Liebe, wenn auch mein größter Verlust reflektiert auf so viele andere Sachen.
Er war verantwortlich, dass ich nie Kinder bekam. Diese Nacht im Lotto erwähnte er kein einziges mal. Das eine Mal, als er mich zwang zu sagen, was er mir angetan haben sollte... war es wirklich möglich, dass er von nichts wusste? Dass es alles auf seinem Vater basierte? Aber was hätte er davon gehabt, wenn er mich immer als seine perfekte Schwiegertochter sah?
Meine Wangen fühlten sich Feucht an, mein Atem schnappte los, die Briefe in meiner Hand, ich krallte mich an den Seiten fest. Meine Tränen mischten sich mit Kais auf dem Papier.
Ich wusste nicht, wie lange ich so auf meinem Bett saß. Gefangen in meiner eigenen Schockstarre. Mich nicht bewegend, bis es an der Tür klopfte.
„Cheonie?" drängte Felix stimme von außen zu mir durch.
Ich reagierte nicht, versuchte mein Atmen zu drosseln, aus meiner Starre zu finden, mich zurück ins Hier und jetzt zu atmen.
„Bist du schon wach?" folgte Hyunjin.
Tränen fanden ihren Weg zurück in meine Augen. Ich wollte sie sehen, gleichzeitig wollte ich nicht, dass sie sehen, wie ich über einen Brief von Kai weinte.
Ich hielt mir den Mund zu, bevor ich etwas rufen konnte, ohne nachzudenken.
Sie würden von allein weggehen. Redete ich mir ein.
„Cheonie?" Hyunjin klang besorgt. Ein Blick auf die Uhr verriet mir warum.

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