Stay with me

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Seonghwa und ich fuhren für eine Weile im Schweigen zurück in die Stadt.
In der Luft hingen so einige unausgesprochene Gedanken und Tatsachen die Worte bedurften.
Genauso schwang die Atmosphäre im Wagen vor Spannung. Keiner wütenden Spannung, die erlosch mit seinem Versprechen.
Ich sah aus dem Fenster, sah wie das altbekannte Busan immer näher kam und wir die Strecke hinter uns ließen.
„Du hast ihrem Plan wirklich eingewilligt." Sprach Seonghwa den ersten der stummen Gedanken aus.
„Das ist das mindeste, dass ich tun kann, um mich wieder gut mit ihnen zu stellen." Murmelte ich und tippte gegen eine der Schneeflocken, die vom Himmel herabrieselten und sich an der Autoscheibe ablegten.
„Nachdem was sie dir angetan haben?" harkte mein neben mir wenig begeistert.
„Ich werde sie noch brauchen. Wenn sie mir bis dahin meinen Tod wünschen, dann habe ich ein Problem." Entgegnete ich schulterzuckend.
Wieder kehrte für einige Kilometer Ruhe zwischen uns ein in der keiner von uns so wirklich einen Plan hatte, sie zu brechen.
„Ist dir aufgefallen, wie Chan rumgehippelt ist?" sprach ich einen weiteren Punkt aus.
Seonghwa neben mir lachte leise und bog in den Stadtverkehr ein. „Denkst du ihm tut der Hintern weh, von wem auch immer er verwöhnt wurde?"
Ich stieg in sein Lachen ein, dann ging ich zurück zu dem Gedankenzug, den ich eigentlich verfolgte.
„San war genauso unruhig, als wir bei Charim gewesen sind."
Plötzlich verging Seonghwa das Lachen und er verschluckte sich.
Während ich mit Chan und Changbin die Details klärte, wie sie ihre Schulden abstotterten, blieb Chan nicht eine Sekunde sitzen. Er stand auf, ging durch die Küche, räumte Kleinigkeiten weg, die ordentlich aufgeräumt waren und wenn er mal saß, verschränkte er die Beine, öffnete sie wieder und stand dann erneut auf.
„Willst du damit sagen das...?" dämmerte es Seonghwa, was mir durch den Kopf ging.
„Ich weiß, es macht keinen Sinn aber..." begann ich.
„Cheonie, die beiden sind sich nie begegnet. Nicht unter meiner Fuchtel und San wird Chaerim nicht einfach so den Strays aussetzen." Redete Seonghwa mir aus, aber klang dennoch äußerst amüsiert über den Gedanken, dass Chan jener geheime Kerl war, der Chaerim aus der Bahn warf.
„Sie... sie sind sich einmal begegnet." Gestand ich Seonghwa.
„An dem Tag, an dem Kai mir die Verlobung und euch aufgedrückt hat." Erinnerte ich mich düster an jenen Tag zurück.
„Chaerim war hin und weg von ihm. Er hat sie gehasst und kurz darauf veranlasst das Felix und Han alles über sie herausfinden und direkt an ihn tragen."
Er wusste somit eine Menge über sie, vielleicht sogar mehr als ich.
„Das sind aber alles nur Vermutungen." Schob ich ab. „Aber so häufig passieren solche Poly-Beziehungen nicht. San hat außerdem sehr geschockt über Kais Strafe für ihn und Changbin reagiert und ist eingeschritten."
Seonghwa gab einen nachdenklichen Laut von sich. „Da dachte ich auch, dass etwas nicht stimmen kann. San hat alles schlimmer gemacht, aber das ist für ihn nichts neues." Murmelte er vor sich hin. „Er weiß manchmal nicht wann der Mund zu halten ist und entscheidet sich zu reden, wenn er lieber ruhig sein sollte." Seufzte er.
„Aber nochmal Kommando zurück, San, Chaerim und Chan." Setzte er die Bausteine nun alle in einem Rutsch zusammen. „Weißt du wie krass Chans Ego eingetrampelt werden muss, damit er die Beine für... Gott nein ich will mir das gar nicht vorstellen..." Seonghwa schüttelte sich und legte anschließend an einer roten Ampel eine Vollbremsung ein.
Ich lachte, lachte wirklich. „Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass San sowas macht. Ich meine, Chaerim hat ihn im Griff." Spann ich den Bogen weiter.
„Grade deshalb kann ich mir das gut vorstellen. Beide Männer sind in ihrem Ego so angekratzt, dass sie für Chaerim alles machen würden. Wirklich alles... Chaerim will keinen der beiden abgeben und sie... hat oft genug verlauten lassen, dass sie kein Problem hätte, wenn San und der andere Kerl sich auch miteinander arrangieren." Wiederholte Seonghwa Chaerims Einstellung zu ihrem Doppel an Liebhabern.
Seonghwa bugsierte den Wagen mit der grünen Ampel weiter durch die immer weißer werdende und weihnachtlich strahlende Innenstadt.
„Was möchtest du zu Weihnachten?" Fragte er auf einmal ins Nichts hinein, während ich ihm davon erzählte, dass Chan nach jenem Tag begonnen hatte immer öfters und auffälliger zu verschwinden.
Seonghwas Hand löste sich vom Steuer und legte sich wie selbstverständlich auf meinen Oberschenkel.
Wenn mich seine Frage nicht zum Verstummen brachte, dann definitiv das Gewicht seiner Hand auf meinem Bein.
Ich brauchte einen Moment um meine Worte zusammenzusammeln.
Das fragte mich niemand mehr seit einer langen Zeit. Weihnachten schien in meinen Gedanken noch zu weit entfernt, als wirklich daran zu denken.
Von Hyunjin bekam ich jedes Jahr ein Gemälde geschenkt, dass das vergangene Jahr in einer Weise darstellte, wie nur wir sie verstanden. Felix schenkte mir einen Container voll mit seinen Brownies. Die anderen schenkten ebenfalls nur. An mich und untereinander, ohne je zu fragen.
„Ich... ich..." stammelte ich und konnte an nichts denken, dass Seonghwa mir noch schenken könnte.
„Was möchtest du?" sprang mein Dämon ein und antwortete Seonghwas Frage mit einer Gegenfrage.
Er durschaute mich auf der Stelle.
„Ich habe dich zuerst gefragt und ich möchte eine Antwort." Er fuhr in eines der Touristenviertel, in der der Straßenverkehr nur sehr schleichend voranging.
„Ich habe keine Idee." Gestand ich ein wenig zu schnell. „Zumindest keine realistische." Setzte ich hinterher.
Seine Hand auf meinem Oberschenkel strich sanft auf und ab über den Stoff meiner schwarzen Stoffhose. „Irgendwas wirst du doch haben wollen."
Die friedliche Cheonsa lenkte meinen Kopf nun. Sie sah zu ihm herüber und fasste seinen Blick auf der Stelle, auf ihren Lippen ein seliges lächeln.
„Seit heute habe ich wieder alles, was ich will."
Mein Dämon schlug meinen Kopf gegen eine Wand.
Was fiel mir ein so etwas widerlich kitschiges zu sagen?!
Meine Wangen liefen tiefrot an und ich versuchte mich auf dem Präsentierteller zu verstecken.
Ich brach den Blickkontakt zu Seonghwa und starrte auf seine Hand.
Instinktiv nahm ich sie in meine.
Seonghwa blieb sprachlos zurück.
Mir fehlten ebenfalls die Worte wie schnell die friedliche Cheonsa in die Lücke in meinem Hirn gesprungen und diesen Mist ausspuckte.
„Ich... was ich eigentlich sagen wollte ich..." stotterte ich durch die Hitze, die sich durch mein ganzes Gesicht zog und die nicht abklang, sondern nur noch schlimmer wurde. Fieber, ich musste Fieber bekommen.
„Ich brauche nichts, Seonghwa." Rang ich mich zu einem ganzen Satz durch.
Seonghwa neben kicherte, wie ein kleiner Junge, als er meine Hand drückte und den Mercedes über die Straße schleichen ließ.
„Du bist niedlich, wenn du verlegen bist." Grinste er zu mir herüber.
In mir faltete sich alles zusammen, gleichzeitig flogen die Schmetterlinge in meinem Magen doppelt so schnell wie noch vorhin, als er mich küsste. Ich wollte ihn für diesen Satz schlagen und gleichzeitig genauso dümmlich kichern wie er.
Mein Dämon hing mit dem Kopf über einer Schüssel, die friedliche Cheonsa himmelte auf ihren Füßen wie ein aufgeregtes Kind am Weihnachtsabend.
„Sag das nochmal und..."
Seonghwa führte meine Hand an seine Lippen und küsste sie, dann grinste er, wissend mich wieder komplett aus meinem Konzept zu schleudern.
„Und was Cheonie...?" forderte er mich heraus und bog ab in Richtung Strand.
Mir fehlten die Worte noch mehr...
Ich wollte ihn schlagen, küssen, ihm in die Wangen kneifen, ins Gesicht treten und das alles gleichzeitig!
„Wohin fährst du?" murmelte ich, versank in meinem Sitz und besah den eingeschneiten und vereisten Strand. Das kalte und weite faszinierende Meer dahinter in der Ferne.
Seonghwa steuerte weder die Halle noch das Anwesend an.
„Angst, dass ich dich entführe?" hielt er verschwörerisch sexy gegen meine Frage und küsste meinen Handrücken erneut.
Ich haderte mit meinen Beinen herum, der Beifahrersitz auf einmal mehr als nur unbequem und viel zu weit weg von Seonghwa.
„Über das Misstrauen sind wir schon lange hinweg." Lachte ich leise und sah eine Litanei an hohen Wolkenkratzern und Hotels an uns vorbeiziehen.
Es begann bereits zu dämmern. Über dem Meer stand die abgehende Sonne feuerrot über dem Horizont. Über ihr ein Gemisch aus gelb und rot und Lilatöne die alle ineinander übergingen.
„Freut mich, dass ich dein Vertrauen habe." Seonghwa führte unsere Hände zurück auf meinen Oberschenkel.
Ich fühlte mich auf einmal ganz hippelig werden neben ihm.
„Du hast zwei Nächte, die du außerhalb des Anwesens verbringen darfst." Erinnerte Seonghwa mich an meine Abmachung mit Kai.
Ich nickte. „Ich nehme an eine davon wirst du mir rauben?" harkte ich nach und war nun die, die seine Hand auffordernd drückte.
Mein Blick ging zu ihm herüber, als er eine der Hotelauffahrten ansteuerte.
„Und in der werde ich eine Menge Dinge wieder gut machen, die ich bei dir verbockt habe." Er blieb an der Schranke zum Parkplatz stehen und lehnte sich zu mir herüber.
Ich griff nach seiner Wange und führte sein Gesicht näher an mich heran, meine Lippen seinen vollen und sinnlich geschwungenen ganz nahe. Sein Parfüm hing in der Luft, nahm meine Sinne ein und brachte mich dem Wahnsinn nahe.
„Ich hoffe du hast einen Plan, wie du das anstellen willst." Flüsterte ich seinen Lippen nahe, berührte sie kurz mit jeder Silbe und hielt mich zurück ihn hier und jetzt zu küssen, wie er mich auf der Fahrt zur Strecke.
Seonghwas Augen funkelten vor düsterer Vorfreude. „Oh glaube mir, den habe ich mir über die Fahrt hierher ausgiebig überlegt." Seine Hand löste sich von meiner und wanderte an die Innenseite meines Oberschenkels.
Ich zog an meiner Selbstbeherrschung nicht hier und jetzt meinen Verstand zu verlieren, sondern kopierte Seonghwas freches funkeln.
„Ach wirklich?" säuselte ich unschuldig und neigte den Kopf zur Seite.
Er setzte an mir einen Kuss zu klauen, ich wehrte ihn ab, ließ zu dass er meine Wange küsste und spürte ihn gegen meine Haut lächeln.
„Mhm..." machte er und küsste sich von meiner Wange herab an meinen Hals, seine Hand quälend langsam über meinen Oberschenkel streichend.
„Was genau hast du denn im Sinn?" hauchte ich und griff mit meiner freien Hand in seine Haare um seinen Kopf von mir weg zu ziehen und ihn anzusehen.
Seine Augen waren von einer schweren, verführerischen Wolke verhangen, die langsam bei mir ankam.
„Das wirst du schon noch früh genug heraus finden, Cheonsa." Er schaffte es sich bei mir seinen Kuss abzuholen, kurz und aufbrausend, meinen ganzen Körper zum Zittern bringend.
Ich sehnte mich nach mehr, aber er ließ mich wartend zurück, als er sich in seinen Sitz zurücklehnte, das beschlagene Fenster herunterfuhr und einen Pin in die Schrankenanlage eintippte.
Sie ging auf der Stelle auf und ließ uns auf den Parkplatz dahinter.
Ich inspizierte sein Gesicht. Die Augen konzentriert nach vorn gerichtet, kleine Blicke zu mir an die Seite.
Mein ganzer Körper fühlte sich an, wie aus meiner Macht gerissen, wie der eines Teenagers, unfähig über ihre eigenen Gefühle zu verfügen.
Ich biss mir auf die Unterlippe und unterdrückte ein mädchenhaftes, aufgeregtes kichern. Als es mir in Form eines Lächelns entwischte, hielt ich meine Hand vor meinen Mund.
Seonghwa griff in seinem Parkvorgang nach meiner Hand und nahm sie in seine.
„Ich mag dein Lächeln." Gestand er und blickt zu mir herüber, während er einhändig rückwärts den Mercedes zum Stehen brachte.
Ich wich seinem Blick aus, meine Wangen pink.
Seonghwa lachte leise, fuhr sich mit seiner Hand durch die Haare und stieg dann aus.
Ich schnallte mich ab, so wie ich mich aus dem Gurt löste, ging meine Tür auf.
Er hielt mir einen Arm hin, wie ein altmodischer Gentleman.
Neben dem Mercedes wartete geduldig ein Concierge, bereit sofort unsere Koffer in die Hände zu nehmen.
„Wir haben kein Gepäck." Scheuchte Seonghwa ihn im freundlichen Ton weg. Er nickte und stolzierte zurück zu dem Posten, von dem er kam.
„Wann zum Teufel hast du Zeit gehabt das zu buchen?" fragte ich ihn, als ich mich bei ihm unterharkte.
Er schmunzelte und zog mich an seine Seite. „Während ich interessiert so getan habe, als mache ich mir Notizen zu Chans Plan." Im Gehen küsste er meine Schläfe.
Jetzt entwich mir mein kindliches Kichern.
Ich wusste nicht was mir widerfuhr. Da bahnte sich so eine komische Front an Glücksgefühlen an, die sich ganz lange im Dunkeln meines Kopfes versteckt hielt.
Meine friedliche Cheonsa ging darin auf, sprang begeistert durch den Rosenregen in meinem Hirn.
Der Dämon in mir hing mit flauem Magen über der Kloschüssel, ganz und gar nicht im Einklang.
Die kleine Cheonsa war wieder still geworden. Zum Glück.
„Setze das mit auf die Liste an Dingen, die du Gut machen musst." Ich zwickte in seinen Arm und was auch immer ich ihn danach an den Kopf werfen wollte, verfiel, als uns die Tür zur Lobby aufgehalten wurde und ich mich in einer anderen Welt wiederfand.
Das Hotel befand sich in einem Wolkenkratzer und dennoch fand ich mich in dem Foyer eines Schlosses wieder.
Alles war in weißem Marmor gehalten. Von der Decke baumelte ein gigantischer Kronleuchter aus Glas, der das Licht nur verstärkte.
„Whoa!" entfuhr es mir, als ich mich umsah.
Seonghwa neben mir lachte über meine Reaktion und drückte sanft meine Hand.
„Schau dich um, ich besorge uns die Schlüssel und hole dich dann." Er fuhr durch meine Haare. Legte seine anderen Hand an meine Wange und küsste mich federleicht.
Da merkte ich es zum ersten Mal.
Seonghwa fehlte sein linker Ringfinger.
Ich griff nach seiner Hand an meiner Wange und blickte ihn an, versuchte zu lesen, ob er in meinem Blick erkannte was ich bemerkte.
Seonghwa mied meinen Blick, sein Lächeln erlosch und er wandte sich ab, ging zur Rezeption.
Ich holte tief Luft und seufzte.
Aus meiner Hosentasche zog ich mein Handy.
Als ich Kai schrieb, dass ich morgen zurück käme, um den Abend mit einer Freundin zu verbringen verspürte ich nicht einen Hauch an Schuldgefühlen.
Er und ich waren nichts. Bis auf Mittel zum Zweck. Ich müsste früh genug damit anfangen ihm von Gegenteil zu überzeugen.
Aber nicht heute und nicht morgen.
„Ich dachte du wolltest nur zum Kaffee bleiben." Antwortete Kai.
„Wollen noch ins Kino, dann was Essen."
„Was ist mit Seonghwa?"
„Schläft vor der Tür wie ein Wachhund."
Ich wartete nicht mehr auf eine weitere Rückmeldung und verließ den Chat.
Ich sah, dass Changkyun mir geschrieben hatte.
Changbin nahm es auf sich den Kontakt nach seinem Brief zu ihm zu suchen.
„Hab gehört du brauchst meine Hilfe, Cheonie-Honey."
Ich schmunzelte und nickte vor mich hin.
Mein Blick ging vom Handy hoch durch die pompöse Lobby und zu Seonghwa, der mit dem Mann an der Rezeption sprach.
„Chan und Binnie planen was, wie in alten Zeiten. Ich brauche Leute die wetten, eine Menge wetten."
„Wegen der Sache, weshalb er in der Klemme steckt?"
„Er hat dir davon erzählt?"
„Die Lieferung die verschwunden ist, der tote Fahrer, jup. War nicht grade gut auf dich zu Sprechen deshalb."
„Kannst du Leute organisieren die bereit sind eine Menge Geld zu verlieren?"
„Chaerin hat nen ganzen Katalog voll an solchen Schnöseln, ich schick die Liste an Binnie.
Sonst noch was?"
„Grad nicht, bin unterwegs, meld mich, wenn noch was ist, Danke."
Ich beendete den Chat, schloss die App und lief zu eine der Sofagruppen in der Lobby.
Sie bestanden aus edel verzierten Loungesofas und Glastischen mit vergoldeten Standbeinen.
Alles wirkte wie aus Versailles gestohlen.
Die Hotelbar ähnelte dem Spiegelsaal des Barockschlosses.
Ich lief zu ihr herüber, der Barkeeper besah mich mit einem freundlichen Lächeln und wartete geduldig, für den Fall dass ich etwas bestellen wollte.
Mein Outfit dagegen schrie nicht grade danach so in einem sündhaft teurem Hotel angelächelt zu werden.
Ich trug eine dieser langen Schwimmringmäntel in schwarz. Meine Haare waren zerzaust und hingen mir um den Kopf. Meine Wangen von der Winterkälte und vor Verlegenheit gerötet.
Seonghwa hingegen entsprach dem Dresscode schon eher. Er trug einen eleganten winterlichen Mantel. Darunter einen Anzug, wie Kai ihn zum Dresscode für meine Guerilla machte.
Nicht das es mich an Seonghwa störte. Er fand seinen Weg sie ansehnlicher und interessanter zu machen.
„Zwei Flaschen Champagner, auf Zimmer 1117."
Zwei Arme schlangen sich von hinten um mich, noch während Seonghwa bestellte.
Der Barkeeper lächelte uns beide nun aus geübter Höflichkeit an und nickte.
„Auf Rechnung." Setzte Seonghwa nach.
„Selbstverständlich. Die Flaschen sollten sofort auf Ihrem Zimmer sein Mr. Park."
Verwundert blickte ich hoch zu Seonghwa.
Er grinste mich an, wirbelte mich dann in seinen Armen herum und zog mich hinter sich zu den Fahrstühlen.
„Mr. Park?" harkte ich nach und besah ihn von oben bis unten.
Er nickte, als wäre es nichts und kratzte sich mit der Hotelkarte am Hinterkopf.
„Das Hotel gehört Chaerin. Wir bringen hier nicht selten ein paar der Mädchen unter, die wir retten." Setzte er mich in Kenntnis.
Ich formte meinen Mund zu einem Stummen Oh und warf einen letzten Blick in die Lobby, bevor ich vor Seonghwa in den vergoldeten Fahrstuhl stieg.
„Sie hat es einem Immobilienmogul aus Dubai abgekauft, nachdem sie ihm mit den Widerlichkeiten erpresst hat, die Yeosang und Wooyoung auf seinem Laptop ergaunert hatten."
Seonghwa besah den Fahrstuhl ebenso im Verwundern wie ich während er weitersprach.
„Er hat es ihr, ohne zu zögern überlassen. Yeosang und Wooyoung haben das Material kurz danach an die koreanische Behörde und die Emirate übergeben. Der Mogul hat versucht sie zu erpressen, mit weiteren Hotels und Gebäuden."
Seonghwa lachte an den Gedanken der Geschichte.
„Chaerin hat die Angebote angenommen und weitere dunkle Geheimnisse über ihn aufgedeckt. Letztendlich besitzt sie einen wahnsinnigen Wert an Immobilien und er hat sein Leben der Todesstrafe übergeben."
„Sie ist beeindruckend." Schmunzelte ich.
Die Tür zu unserer Etage öffnete sich.
„Ich würde sie als gefährlich einschätzen. Aber nur gegenüber derer die auf ihrer roten Liste stehen.
Chaerin wurde von Männern in den Boden getreten und klettert über ihre Köpfe wieder zurück nach oben."
Ich stutzte.
„Weißt du, wie sie zu den Queencards kam?"
Sie hatte mir gesagt, kaum jemand wusste über ihre Geschichte Bescheid, sie hatte sie mir im vertrauen erzählt.
Dennoch streckte ich vorsichtig die Fühler aus, ob Seonghwa Bescheid wusste.
„Hat sie es dir erzählt? Die Geschichte mit ihrem Verlobten?"
Ich nickte. „Sie hat viel aus sich gemacht." Flüsterte ich.
Der Fahrstuhl sprang zu unserer Etage auf, auf welcher es nicht weniger royal aussah.
„Mhmm..." machte Seonghwa und harkte sich bei mir unter, als er mich den Gang entlangführte.
„Cheonsa..." sprach er mich direkt an und hielt vor einer der Zimmertüren, jener mit der Nummer, auf die er den Champagner bestellte.
„Wir... wir haben eine Menge zu besprechen." Wurde er plötzlich ernst und sah zu mir.
„Das haben wir, Seonghwa." Stimmte ich ihm zu.
„Ich... ich will, dass wir... das wir uns in Ruhe durch die letzten Wochen wühlen bevor wir..."
Ich nahm seine Hände in meine, spürte, wie er sie wegziehen wollte doch behielt sie in meinen.
„Ich verstehe." Lächelte ich zu ihm hoch und küsste sanft seine Wange.
„Ich verspreche dir, wenn wir fertig sind, mit reden, lass ich dich mit mir machen, was du willst." Raunte er mir zu und küsste meine Stirn.
Mein Dämon hob ihr Haupt und ließ mich teuflisch grinsen.
„Versprich nichts, das du nicht einhalten kannst. Du bist unausstehlich, wenn ich die Zügel zu lange in der Hand habe." Neckte ich ihn und stupste mit meiner Nase gegen seine.
Seonghwa lachte auf. „Nur weil du mich zu lange hinhältst." Jammerte er und zog die Zimmerkarte, um die Tür zu aktivieren.
Er klinkte sie auf und ließ mich als erste eintreten.
„Ich kann nichts dafür, wenn du nicht solange durchhältst." Ich zog meinen Wintermantel auf und sofort stand Seonghwa hinter mir, um ihn mir von den Schultern zu nehmen.
„Vielleicht sollten wir das Reden verschieben und ich zeige dir auf der Stelle, wie lange ich wirklich durchhalte." Seonghwas Lippen legten sich an meinen Hals, an die Stelle knapp hinter meinem Ohr. Sanft, ganz sanft küsste er mich genau da.
Ich wurde zu Wasser in seinen Armen. Mein Bauch begann zu kribbeln, mein Verstand schwand, wie mein Wille erst zu reden und mich dann mit ihm ins Vergnügen zu stürzen.
„Du hast den Vorschlag gemacht, dass wir uns erst durch unsere Unstimmigkeiten reden." Erinnerte ich ihn.
Seonghwa ließ meine Jacke auf den Boden fallen. Sofort legten sich seine Arme um mich. Er zog mich fest zu sich.
„Und du hast die Wahl Cheonie..." Nach jedem Wort küsste er liebkosend meinen Hals, seine Hände wanderten forschend an meinen Seiten auf und ab.
Ich schloss meine Arme und lehnte mich gegen ihn.
„Ich hole mir jetzt meine hundert Küsse und mehr zurück und wir reden danach oder..."
Ich biss die Zähne zusammen und griff in seine Haare als seine Hand zu meinem Reißverschluss wanderte.
„Wir brechen, was wir grade so schön angefangen haben und machen uns erst an die Arbeit."
Mein Körper wand sich gegen Seonghwa. Es war klar, dass er meine Entscheidung versuchte zu manipulieren.
Ich wollte wissen, wie weit er ging und schob mich ihm provozierend entgegen.
Er sog die Luft ein, biss sanft in meinen Hals und entlockte mir ein überraschtes aufstöhnen.
Seine Hand zog den Reißverschluss an meiner Hose quälendlangsam auf. Mein Hirn verhangen von aufkommender Lust und der Sehnsucht danach Seonghwa an mir, in mir zu spüren. Ihn so nah zu haben, wie es das Universum zuließ.
„Cheonsa." Erinnerte er mich raunend daran, dass ich eine Entscheidung zu fällen hatte.
Ich lächelte träge und drehte meinen Kopf zu ihm, ahmte nach seinen Lippen, doch er verwehrte mir meinen Kuss.
Seine Hand an meinem Schritt, meinem Reißverschluss hielt inne.
Ich spürte seinen Atem, sein Parfüm betörend süß und herb in meiner Nase, spürte wie sehr er mich wollte, wie sehr ich ihn wollte. Hier und jetzt.
Reden konnten wir später. Auch wenn dies die erwachsenere Entscheidung wäre mein Verlangen, unser Verlangen hinten anzustellen.
Zu wissen uns wieder hin an diesen Punkt voller Leidenschaft zu bringen, nachdem wir Klartext sprachen... das klang so rational.
Eben war ich keine rationale Erwachsene.
Ich war ein Teenager, gesteuert voller wilder Instinkte.
„Später..." ich zwang Seonghwa meine Lippen auf und drehte mich zu ihm um, griff nach seinem Mantel und knöpfte ihn auf.
„..reden... jetzt..."
Ich sog die Luft ein, als er mich stürmisch küsste, die Hände an meinen Hüften und mich Richtung Bett lotsend.
„Genau das war... mein Plan." Grinste er laszessiv und zog mir zwischen weiteren immer wilderen, veworreneren Küssen mein Oberteil über den Kopf.
Unelegant stieg ich aus meinen Schuhen, griff nach Seonghwas Händen und schubste ihn aufs Bett.
Ich überfiel ihn, setzte mich auf seinen Schoß, die Beine verschränkte ich hinter ihm.
Gierig, als würde ihn mir sofort jemand wegnehmen, riss ich ihm seinen Jacket von den Schultern, knöpfte sein Hemd auf, fuhr über seine Tattoos, küsste ihn und küsste ihn.
Ich verlor mich im Moment, in Seonghwa und wie sehr ich das mit ihm vermisst hatte.
Das herumtollen im Bett, wer wem zuvor kam, sein Blick, kurz bevor wir beide die Realität verließen, in unserer eigenen Blase verweilten, in unserer eigenen Welt.
Doch etwas war diesmal anders.
Seonghwa berührte mich so sanft, als sei ich zerbrechlich, als würde ich jede Sekunde zerfallen.
Ich hielt an ihm fest, in mir Verankert die Angst, dass man ihn mir in jedem Moment wieder wegnahm. Ich wollte ihn nicht loslassen. Ich wollte ihn nicht hergeben. Um nichts in der Welt.
Dieses Gefühl pflanzte mir eine schwere Erkenntnis ein, eine die ich für den Moment verdrängte.
Ich wollte nur Seonghwa spüren. Seine Haut an meiner, seine Lippen an meinem Hals, auf meinen, entlang zwischen meinen Brüsten, an meinem Bauch, zwischen meinen Beinen.
In der Art wie wir in dieser Nacht miteinander umgingen stand so viel mehr als nur pures Verlangen und den Drang dieses abzubauen. Plötzlich tat sich dieses Band zwischen uns auf, eines vor dem ich mich noch vor kurzer Zeit sträubte und dass ich nun zuließ.
Ich ließ zu mich in ihn verliebt zu haben. Ich ließ zu, dass ich mir nach all dem mit Kai mehr als das vorstellen konnte.
Das erfüllte mich in genau dem richtigen Moment mit schierem begeistern.
Die Erkenntnis, auf ein Leben hinzuarbeiten, wieder lieben zu können überkam mich ohne jede Warnung und voller Euphorie.

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