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Tausend überbelichtete Taschenlampen und das Klicken von weiteren Handfeuerwaffen begrüßten mich, als ich mit erhobenem Haupt aus dem Toyota stieg.
Er war nicht in Kais Sicherheitsüberwachung eingetragen. Sie mussten lange vorher gesehen haben, dass ich die Straße zum Anwesen langrollte und sich dementsprechend vorbereitet haben.
„Jeon Cheonsa!" bellte ich meinen Namen. Mittlerweile hatte es angefangen zu regnen.
„Wer mich als erster abschießt, macht sich Feinde mit der kompletten Ssang Young Pa!" Mein Dämon schüttelte ihre Federn im Rampenlicht, während ich mich vor meinem eigenen Plan im Hinterkopf verkroch.
Murmeln brach aus, unsicher wurden Waffen gesichert und Taschenlampen wieder heruntergenommen.
„Sie sind nicht angemeldet und der Wagen nicht registriert." Einer der Sicherheitsmänner wagte sich nach vorne.
Ich lachte auf und nickte mit geheucheltem Verständnis. „Natürlich. Weil ich mich auch anmelden muss, um meinen Verlobten zu besuchen?"
Ich kannte sein Gesicht nicht, dem Rang auf seiner Uniform nach zu urteilen war er neu in Kais Sicherheitsgarde, abgezwackt vom koranischen Militär.
„Lass mich durch." Beharrte ich und machte einen Schritt auf ihn zu.
Ich vergaß, dass ich die Waffe aus Changbins Zimmer noch an mir hatte und der junge Mann mir gegenüber seine wieder entsicherte und auf Kopfhöhe hielt.
„Mach das nicht, kleiner." Säuselte ich und griff nach der Waffe, er beobachtete jeden meiner Bewegungen, während ich Changbins Pistole vor mir auf den Boden legte und demonstrierend meine Taschen leerte, obwohl es da nichts mehr gab.
Die Strays stellten sicher, dass meine Kleidung nicht mal mehr einen Fussel an sich hatte, den ich gegen sie hätte verwenden können.
„Sie hat recht." Erklang eine mir gut bekannte Stimme inmitten der Wachleute.
„Cheonsa verwandelt deinen Kopf in ihre Kühlerfigur, noch bevor du den Abzug drückst."
Suho, Kais ältester Bruder bugsierte sich zwischen den Männern raus und schob den Neuling bei mir grob aus dem Weg.
„Dein Cornflakesschachtelauto hat mächtig für Theater gesorgt." Brummte er und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich hatte keine andere Option."
Die junge Cheonsa sprang aufgeregt und erleichtert ihn wieder zu sehen. Sie hielt damals viel von ihm.
Suho lachte mäßig amüsiert auf und nickte.
„Man nimmt, was man kriegen kann, hm?" er zog die Augenbrauen hoch, nun mischte sich wirkliche Belustigung in seinen Blick.
„Räumt die Einfahrt. Sie ist sauber!" befahl Suho dann schroff und marschierte auf den jungen Mann zu, der mich in die Mangel nehmen wollte. „Seh ich dich noch einmal ihr gegenüber eine Waffe oder auch nur einen Finger falsch zücken, stelle ich sicher, dass Cheonsa deinen Kopf zur Kühlerfigur für deine Mutter verarbeitet." Drohte Suho.
Ich bemühte mich mein Gesicht ernst zu behalten.
Suho trat zurück zu mir, während hinter ihm die Leuchten abgedimmt wurden und das Tor zur unendlich langen Kieseinfahrt aufging.
„Was hat mein Bruder angestellt, dass ich die Ehre habe, dich hier abzuholen?" wollte er von mir wissen und führte seine Hand sanft unter mein Kinn.
Suho machte große Augen, als er meinen misshandelten Hals sah, den gefärbten Schmetterling an meinem Hals und die Schnitte an meiner Wange.
In seinen Augen sah ich, wie er bereits die Menge an Kugeln kalkulierte die es bedarf meine Peiniger möglichst langsam und qualvoll in den Tod zu schießen.
Mein junges ich lehnte sich in Suhos Hand, wie eine Katze die am Kinn gekrault wurde.
Sie ließ mich die Augen schließen und schob mir jene Filme, die meine Erinnerungen mit Suho beherbergten. Brüderliche Tiraden über Fehlverhalten, rot anlaufende Köpfe, wenn er Kai und mich unverhofft irgendwo im Haus beim Vögeln erwischte, gut gemeinte Ratschläge um meinen Gegenüber möglichst einzuschüchtern.
„Kai hat ausnahmsweise gar nichts angestellt, aber sein bester Freund."
Suhos Augen wanderten erneut an meinen Hals. Sein Gesicht gefror.
„Kang, fahr meinen Wagen zurück und stell sicher, dass die Garage auf ist!" befahl er in die Nacht hinein. Ich hörte Füße über Kies knirschen.
„Steig ein, ich fahr dich die letzten Meter."
Widerwillig ließ ich Suho hinter Felix' heiligen vier Räder. Aber er bestand auf sein altmodisches Gentleman gehabe.
„Was hat Christopher angestellt?" fragte er mich und startete den Toyota.
„Was hat er in den letzten Monaten nicht angestellt." Entgegnete ich.
„Auch wieder wahr. Kai hat einen ziemlichen Hass auf ihn entwickelt, noch mehr als damals, nachdem du mit ihm durchgebrannt bist." Lachte Suho frei raus.
Ich sank auf meinem Sitz zusammen.
„Größter Fehler meines Lebens." Brachte die kleine Cheonsa über meine Lippen, bevor ich sie zurückhalten konnte.
Suhos Augen landeten anmaßend auf mir. „Hat nicht lange gehalten hm?"
„Nur so lange wie es sollte." Murmelte ich und verkroch mich in mir selbst.
Suho verkniff sich weiteren Smalltalk.
Die Stimmung im Wagen balancierte zwischen purer gelassener Ausgeglichenheit seinerseits und Angst vor dem was mir bevorstand.
In den letzten Jahren begab ich mich nicht einmal freiwillig hier her. Immer auf Zwang, in den letzten Montan öfters als manche Jahre.
Mein Auftauchen würde unter der Scharr an Brüdern für mächtig Furore sorgen und Minho, als jemand der direkt verwandt mit ihnen war, dürfte nicht lange im Unwissen über meinen Verbleib bleiben.
Suho neben mir lümmelte in Felix Fahrersitz, als gehöre ihm der Wagen. Wenn man bedachte, dass sein Vater den Strays die Strecke als Geldquelle übergab, tat er dies indirekt auch.
Felix und Hyunjin hatten unzählige Stunden und Liter an Schweiß und Lack in diesen Wagen investiert, um ihn heute so laufen zu lassen, dass Felix ein Rennen nach dem anderen gewann.
Ich erinnerte mich an die erste Fahrt in diesem Monster, nachdem sie mit Han's hilfe alle Kanten und Ecken beglichen hatten. So wie ich nach Felix' rasanter Fahrweise aus dem Wagen flüchtete, kotzte ich Querbeet über den Rasen an der Strecke.
Suho ließ den Toyota über den Kies schleichen, bis hin zur Garage.
Das letzte Mal, als ich hier unten war, floh ich vor Kai jetzt lief ich ihm direkt in die Arme.
Meine Persönlichkeiten gingen aufeinander los, ich schaltete innerlich ab und überließ mich meinen minimalsten Instinkten. Atmen, einen Fuß vor den anderen zu setzen, als Suho mir die Tür vom Wagen aufhielt und mir auf die Beine half.
Ein Trupp seiner persönlichen Wachen befand sich sofort um uns herum.
Sicherer fühlte ich mich dadurch nicht. Das wäre der Fall, hätte Seonghwa mit San, Mingi und Wooyoung hier auf mich gewartet.
„Wo... wo sind meine Guerilla?" wagte ich die Frage zu stellen, vor dessen Antwort ich mich fürchtete.
Suho zuckte mit den Schultern, als er mich durch die Labyrinthartigen Gänge des Anwesens führte.
„Sie wohnen nicht hier." Erklärte Suho mir. „Da du dich vorher nicht angekündigt hast, treiben sie, was auch immer sie für Kai zu erledigen haben."
Sie wussten nichts von Minhos Razzia.
„Darf ich fragen, was dir zugestoßen ist, Cheon?" hartke Suho sachlich und fachlich nach und führte mich in eine der Loungeecken in den Gängen.
Der Garten im Herzen des Hauses wäre mir Lieber, aber ich befand mich nicht in der Position, um mich zu beschweren.
Ich war dankbar, dass mein Auftauchen bis her noch nicht zu sehr hinterfragt wurde.
„Ich..." Meine Hand glitt zu dem Schnitt an meiner Wange. „Lange Geschichte." Ich starrte auf meine Schuhe.
„Soll ich mich um Diejenigen kümmern, die meiner zukünftigen Schwägerin zu nahegekommen sind?" Suho setzte sich neben mich auf das Sofa und ich spürte seinen durchdringenden Blick. Ein Wort und Seungmin und Jeongin könnten ihre Eingeweide vom Boden fressen.
Ich schüttelte den Kopf und legte die Arme um mich. Das Haus wurde mir auf einmal viel zu groß. Ich schrumpfte dagegen. Ich fühlte mich wie Alice im Raum vor dem Wunderland.
„Möchtest du etwas essen oder trinken, bis mein Bruder...?"
„Nein." Murmelte ich und sah den hellerleuchten Gang entlang, den ich vor einigen Wochen entlang sprintete.
Meine Augenlider fühlten sich schwer an.
„Soll ich dir einen Arzt rufen, der sich..." beharrte Suho sich um mich zu kümmern.
Ich schüttelte stumm den Kopf und lehnte mich auf dem Sofa an.
Ich wollte schlafen, nur schlafen. Den Mangel an Ruhe der letzten Tage aufholen und wissen, dass ich hier nicht mitten in der Nacht mit einem der Strays auf mir aufwachte.
Den Schmerz in meinen Gliedern von Seungmins und Jeongins übergriff kehrte jetzt erst so richtig in mir ein.
Mein Hals fühlte sich geschwollen an, es grenzte an ein Wunder das ich noch redete. Jeder einzelne der Kratzer und Rückstände vom Elektroschocker spannten und zogen an meiner Haut und das in jede Richtung.
Ich hörte Suho weiter behutsam und fürsorglich auf mich einreden.
Das letzte von ihm, dass ich ihm halbwachem Zustand mitverfolgte, war wie er mir meine Schuhe auszog und mich auf das Sofa bettete.

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