I wonder how you're still alive

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Montagmorgen aus dem Bett zu steigen, gestaltete sich unmöglich.
Es brauchte Felix und Changbin, um mich Samstagnacht in mein Bett zu katapultieren, dass ich am Sonntag nur mit Hilfe von Felix und Hyunjin verlassen konnte.
Die beiden mussten mir auf Toilette helfen, beim Anziehen und sogar beim Haare kämmen.
Seonghwas Treffer saßen perfekt.
Umgekehrt schrieb er mir gestern er spüre seine Nase nicht mehr und Hongjoon habe sie schief wieder eingerenkt. Das hatte mir ein Lachen entlockt, dass einem schmerzhaftem keuchen glich.
Hyunjin trottete in mein Zimmer, dicht gefolgt von Felix.
Sie sahen sich mit hochgezogenen Augenbrauen an, dann mich.
„Du willst wirklich zur..." begann Felix
„Ich kann nicht nochmal so viel fehlen wie letztes Semester."
Hyunjin und Felix zuckten mit den Schultern und suchten mir aus meinem Schrank etwas zum Anziehen heraus.
„Cheonsa, du kannst nicht mal allein pissen, wie willst du die Uni heute überleben?"
Gute Frage, schlechter Zeitpunkt um zu antworten.
„Ich schaff das schon." Ich schmiss die Decke weg und stellte fest, mit meinen Armen war heute mehr anzufangen als gestern.
Meine Fingerknochen, bis auf die Knochen aufgeschlagen, hatte Changbin noch in weiße Bandagen gehüllt, während Chan mich durch meine Kopfhörer fertig machte.
Ich konnte mich an keines seiner Worte erinnern. Wohl besser so.
„Han und ich können dich durchmogeln."
Ich schüttelte meinen Kopf. „Das fällt irgendwann auf."
Felix und Hyunjin seufzten und leisteten mir Beihilfe mich in mein heutiges Outfit zu schleusen. Es war mehr Flughafentauglich als schick und schlicht für die Uni, aber in Anbetracht meines verletzungsgrades gestalteten sich enganliegende Oberteile und Röhrenjeans nicht bequem.
Im Gegensatz zu gestern schaffte ich es selbstständig aus meinem Zimmer ins Bad. Toilettengang und Haare kämmen gelangen mir ebenfalls.
Felix tapte lediglich meine Knie zurecht, dass ich weniger schmerzen beim Gehen hatte.
Am Esstisch wartete bereits Frühstück auf mich, dazu ein riesiger Cocktail an Pillen, von denen ich die Inhaltsstoffe nicht wissen wollte.
„Changbin hat sie vorbeigebracht. Sollen unbedenklich sein." Bemerkte Felix und schob mir ein Glas Wasser hin.
In der Tat hatten Changbins Wunderpillen bis jetzt nie negativ durchgehauen. Vor allem nach durchgeschlagenen Nächten wirkten sie Wunder. Sie verballerten mein Hirn grade so, dass ich keine Schmerzen spürte und noch klar bei Sinnen blieb.
Hyunjin zögerte längst möglich heraus mich zur Uni zu bringen. Ich knickte nicht ein. Dass wir später kamen, bewirkte Chaerim am Morgen aus dem Weg zu gehen. Die Mittagspause konnte ich mich auch drücken.
„Du musst komplett bescheuert sein." Brummte Hyunjin, als er mich chauffierte.
Ich zuckte mit den Schultern und tippte Seonghwa eilig, dass er ins Gebäude verschwinden sollte, Hyunjin brachte mich.
„Das du erwartest, dass ich nach Samstag überhaupt stehen kann, ist beachtlich."
„Hab dich nicht so." Schrieb ich. „Du wurdest zum Kämpfen ausgebildet, wenn du ein paar kleine Weiberfäuste nicht aushältst, wie überlebst du dann deinen Job?"
„Für gewöhnlich kennen meine Jobs nicht den Solarplexus oder den Schlagwinkel, den es bedarf, meine Nase zu brechen."
Ich schmunzelte und sperrte mein Handy, bevor Hyunjin einen Blick auf meine Nachrichten erhaschte.
„Ich bin nicht bescheuert. Damals hat auch niemand eine Woche auf mich gewartet, bis ich wieder gehen und stehen konnte." Erinnerte ich meinen besten Freund.
Hyunjin stieß die Luft aus. „Damals warst du auch ein komplett anderer Mensch." Führte er auf.
„Und Changbin hat gesehen, dass es nicht du warst, die Seonghwa das Hirn rausgeprügelt hat."
Ich knirschte mit den Zähnen.
„Das war die alte Cheonsa." Sprach er aus was wir beide dachten.
Ich starrte auf meine Knie, als Hyunjin abbog.
„Er hätte dich umbringen können."
Laut Seonghwas Kampfstil hatte er bei den gleichen Leuten gelernt wie Minho. Diese Brücke behielt ich aber für mich. Es bedeutete nicht zwingend, was ich vermutete.
„Seonghwa hat aufgegeben, bevor ich ihm den Gnadenstoß..." Hyunjin griff mir strikt in Wort
„Hättest du es, wenn du am Boden liegst?"
Ich ja, mein Dämon wäre eher elendig unter Seonghwas Händen gestorben als aufzugeben.
Meine Antwort blieb ein Schweigen und die Temperatur im Wagen sank weiter.
Ich entsperrte mein Handy und huschte mit einem Blick über Seonghwas Nachricht.
„Sitze da, wo wir letzte Woche gesessen haben. Ich kann nicht glauben, dass ich meinen Arsch blau, wie ein Schlumpf in die Uni bewege."
„Hat Chan sich gestern nochmal bei dir gemeldet?" fragte Hyunjin mich aus dem Nichts heraus, als er an einer Ampel Halt machte.
Ich schüttelte den Kopf. „Kein Wort. Seine letzten Worte, an die ich mich erinnere, waren..."
Ich erinnerte mich nicht an sie. Changbins Pillen weckten ein paar der Erinnerungen nach dem Kampf, aber keine derer von Chan Standpauke.
„Sie waren, dass er sich ernsthaft Sorgen um dich macht und da stimme ich ihm zu."
Ich setzte an, dass ich kein Kind mehr sei. Ich hatte mich unter Kontrolle. Das letzte, dass ich brauchte, war der Sorgenfokus meiner Leute.
„Chan mag die falsche Herangehensweise haben, seine Sorge auszudrücken, aber..."
Jetzt unterbrach ich Hyunjin.
„Wir alle haben doch vereinbart, wenn ich die Kontrolle verliere, steige ich in den Ring. Lieber geht einer dieser Straßenaffen drauf, als ein unschuldiger oder jemand von euch!" hielt ich gegen Hyunjins anstoßende Beweggründe sich um mich zu sorgen.
Hyunjin seufzte lediglich und fuhr auf den Parkplatz zur Uni.
Mein Handy meldete sich und Chaerim hatte eine Nachricht hinterlassen.
„Bin heut erst zur Mittagspause da. Erste Vorlesung fällt bei mir aus. Ich muss dir dringend was erzählen später!"
Immerhin löste sich das Problem Chaerim meinen Status gleich am Morgen zu erklären.
„Cheonsa." Hyunjin parkte beiläufig ein.
„Ich will, dass du weißt. Dass ich es nicht böse meine. Kai ist aktuell eine Variable, die wir alle nicht vorhersehen können." Fasste er wunderbar zusammen. „Die Guerilla machen die ganze Gleichung auch nicht leichter." Seine Schultern fielen und er blickte mich aus einem ernsten und erwachsenen Gesicht an.
„Aber du hast immer meinen, Felix, Binnies, Han's und sogar... ich kann nicht glauben dass ich das sage, Minhos Rücken." Er griff zaghaft nach meiner einbandagierten Hand und drücke sie. „Durch was auch immer du gehst, verteile die Last auf uns alle. Du musst es nicht allein aushalten."
Ich verteilte Kai schon zu sehr auf alle. Ich musste mir da nur die Wette vom Wochenende ansehen, den Messerübergriff auf Hyunjin, die Tracht Prügel, die Chan eingesteckt hatte.
Mein Ziel war es die Last von ihnen weg zu nehmen, nicht sie ihnen aufzudrücken.
Seonghwa lebendig in der letzten Reihe sitzen zu sehen glich in der Tat einem Wunder.
Einige entsetzte Blicke im Saal hefteten sich an ihn, als ich mich zu ihm gesellte wurden sie nicht weniger.
Er zog seine aufgeschlagene und zusammengenähte Lippe zu einem schmerzhaften Grinsen, als ich mich neben ihn setzte.
„Ich habe dich gut erwischt." Lobte er sich selbst und richtete sich auf.
„Und dennoch hast du aufgegeben." Erinnerte ich ihn nonchalant und packte meinen Kram auf den Tisch.
„Du hättest mich kalt gemacht!"
Ich zuckte mit den Schultern. „Du hast von mir verlangt mich nicht zurückzuhalten. Ich garantiere für nichts."
Ich erinnerte mich daran, wie er fieberhaft versuchte mir meinen Dämon zu entlocken, seine Hand an meinem Hals, wie bestimmt er zudrückte. Den Blick, den er mir schenkte, als ich nachgab. Als lebe er dafür sich den Wahnsinn ins Haus zu holen. Er hatte den Kampf mehr genossen als ich.
„Nicht, dass mich das stört. Ich war nur... überrascht, dass hinter dir so eine Kraft steckt."
„Mein Name und mein Ruf kommen nicht von Nichts."
Ich setzte mich.
„Das ist mir bewusst. Nur ranken sich um dich zahlreiche Gerüchte. Zumindest wenn es um deine Kampfkunst geht, wurden sie bestätigt. Du kämpfst genauso unritterlich blutig wie ein Guerilla."
Ich verkniff mir meine Erkenntnis vom Samstag und hob stolz darauf ihn in die Knie gezwungen zu haben, den Kopf.
„Ich kann mir übrigens definitiv vorstellen, dass du es im Bett sehr sehr..."
„Sprichst du diesen Satz aus, schlage ich dich KO. Du siehst nicht aus, als würdest du viel vertragen."
Seonghwa lachte, fluchte vor Schmerzen und lachte dann erneut.
Changbins Pillen bewirkten, dass ich mich einigermaßen fühlte wie ein normaler Mensch. Auch wenn ich deutlich spürte, dass ich körperlich nicht so wollte, wie ich es geistig verlangte.
„Übrigens, San hat Chaerim gestern angeschrieben." Wechselte Seonghwa das Thema und tat als würde ihn die Vorlesung ernsthaft interessieren.
„Sie hat nen neuen." Enthüllte er mir und zückte sein Handy um mir den Chatverlauf zu zeigen, den San ihn geschickt hat.
Es fing mit einem einfachen Hallo wie geht's an. San versuchte eine normale Unterhaltung aufzubauen, wollte wissen, wie es Chaerim ging, was sie machte und dass sie sich ja mal treffen könnten, nur so zum Reden.
Sie blockte alles ab, wider ihrem sehnlichen Gesichtsausdruck von letzter Woche, der deutlich machte, dass sie mit San noch nicht fertig war.
Die Kirsche auf dem Eisbecher war ein Bild, dass sie ihm Schickte, dass nicht für Seonghwas oder meine Augen bestimmt war. Ihr Hals war geziert von zahlreichen Knutschflecken und Bisspuren. Darunter stand, dass San sich nach jemanden anderen umsehen sollte. Ihre Bedürfnisse seien mehr als aktuell erfüllt.
„San wird nicht aufgeben, bis er ihren Hals so aussehen lässt oder er sich den Hals mit dem Kerl teilt." Stellte Seonghwa nüchtern fest, als er die Screenshots schloss. Das Bild von dem Hals meiner besten Freundin zu sehen verstörte mich ziemlich. Die Vorstellung dann auch noch zwei Kerle daran herumnuckeln zu haben, das machte es nicht besser.
„Er ist gestern durchgedreht. Wooyoung musste ihm Boo in die Hände drücken, damit er nichts auseinandernimmt." Seonghwa fuhr sich durch die Haare.
„Aber dieser Kerl muss Komplexe haben, wenn er sie so markiert." Er zoomte das Bild heran und zeigte mir eine der Bisspuren. „Ich meine Schau mal, das muss doch geblutet haben! Was ist der Kerl? N Fucking Werwolf?!" Seonghwa hielt mir den ran gezoomten Ausschnitt belustigt vor die Nase.
Ich rümpfte diese und blickte weg. „Ich will das nicht sehen. Es reicht schon, dass du mir das gezeigt hast." Schüttelte ich mich und drehte meinen Blick vom Bild weg.
„Wie auch immer, Sans Krallen sind gewetzt."
„Er kann aber nicht erzwingen, sie wieder zu bekommen." Schon gar nicht, nach diesem Bild. Es gab Phasen, da sah mein Hals nicht besser aus, aber ich schickte niemandem solche Bilder und versteckte mit allen Mitteln was nicht gesehen werden sollte.
„Was ist aus Kai am Samstag geworden?"
Seonghwas Blick traf mich, als habe ich eben ein Kleinkind ins Haibecken geschubst.
„Wieso interessiert dich das?"
„Wieso sollte es mich nicht interessieren? Es kann gut sein, dass er es leid ist mich zu Foltern und sich aus dem Leben geschossen hat."
Seonghwa schüttelte den Kopf. „Dafür ist er zu Machtbesessen und zu besessen von dir."
Überraschte mich nicht im Geringsten.
„Jeder von uns hat eine Notfallspritze dabei, wenn wir mit Kai unterwegs sind." Seonghwas Ton nahm einen ernsten Klang an.
„In seinem Kopf laufen viele Dinge nicht richtig, aber so richtig wissen davon nur sein ältester Bruder. Er hat uns die Dinger zugesteckt, als er einen seiner weiblichen Trainees vor versammelter Menge..." Seonghwa suchte nach Worten die Kais Grausamkeiten Ausdruck verliehen.
„Suho hat ihr das Leben gerettet, nachdem Kai einen unschönen Anfall hatte seine Macht zu demonstrieren. Das war kurz nachdem du ins Exil bist."
Seonghwas Blick wanderte durch den Saal, dann wieder zum mir zurück. Zum ersten Mal an diesem Tag blickte er mir wirklich in die Augen. „Suho hat uns allen den Befehl gegeben, sollte so etwas nochmal passieren, in den Spritzen ist ein Nervengift, wenn Kai sich nicht beherrscht, sind wir eingeladen es zu benutzen, um ihn zu beruhigen."
Suho als ältester der Brüder würde alles daran setzen das Image seiner Brüder perfekt zu halten. Beinahe wirkte es so, als sorge er sich mehr um sie, als um das Geld was sie alle einbrachten.
„Mingi hat ihm eine dieser Spritzen ins Blut gejagt. Deshalb hat er sich so schnell abreagiert."
Seonghwa nickte. „Wir werden dir in Zukunft auch noch eine zukommen lassen, für den Fall dass keiner von uns in Reichweite ist."
Keine Dumme Idee, dass musste ich ihm lassen.
„Und was ist mit der Lieferung, den Mädchen, die er Minho gegenüber erwähnt hat?" Sicherlich hatten Yunho und Mingi ihm das zu sickern lassen.
„Der Kerl quartiert sich bei euch im Haus ein richtig?" Ich nickte.
„Fällt es auf, wenn du ohne weiter Gründe bei den Jungs da übernachtest?"
ich zuckte mit den Schultern. „Changbin sicherlich nicht, er würde..." Seonghwa verzog sein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, als ich Changbins Namen in den Mund nahm.
„Er würde sicherlich viel Spaß mit dir haben."
Ich rollte mit den Augen. „Vielleicht bist du ja derjenige, der Chaerim so übel markiert hat und versuchst dein schlechtes Gewissen..."
„Ich würde meinen besten Freund nie so hintergehen!" knurrte er und machte ein Gesicht so deutlich angepisst über meine Äußerung, dass klar wurde er würde nie eine böse Sache oder Äußerung über sich oder San dulden. Ähnlich reagierte ich auf Hyunjin.
„Verstanden und jetzt zurück zum Thema." Säuselte ich.
„Ich kann bei ihnen Schlafen, wie es passt. Ist unüblich aber passiert gelegentlich aus legitimen Gründen." Ich betonte die letzten beiden Worte besonders. Seonghwa druckste wenig begeistert.
„Ich müsste mir einen guten Grund überlegen, da wird sich aber etwas finden."
Der Grund sammelte sich eben in meinen Gedanken zusammen. Ich schloss mein Worddokument und öffnete mein To-Do Programm, das ebenfalls mit meinem Handy verbunden war und tippte mein To-do eilig ein.
Seonghwa besah meine Notiz verwundert, aber kommentierte zur Abwechslung nichts.
„Der Lieferant wird in einem der Gästezimmer schlafen." Bemerkte ich um zum Grundthema zurück zu kommen.
„Minho wird ihn zu uns bringen, Chan und Changbin werden sich um ihn kümmern."
„Ich kann herausfinden wo genau der Container geparkt wird." Schlug Seonghwa vor.
„Den Kerl kann ich mir vornehmen. Die Gästezimmer haben zwar alle Schlösser, aber ich weiß sie zu knacken."
Seonghwa nickte und zog mein Laptop zu sich herüber, um eine Liste an To-Dos einzutragen.
„Kannst du das alles so für mich abarbeiten?" harkte er nach, als er mit seinen Aufgaben fertig war.
Ich besah seine Liste.
„Prinzipiell schon. Wenn sich was ändert, gebe ich dir Bescheid."
Seonghwa nickte, zog sein Handy und fotografierte die Liste von meinem Laptop ab.
„Irgendwelche bevorzugten Waffen, die du brauchst?" Frage er mich nebenbei, als er das Bild an seine Leute verschickte.
„Nicht das du eine Schusswaffe oder so nötig hättest." Er sah an sich herunter und zwinkerte mir zu.
Ich schmunzelte und öffnete meine Aufzeichnungen für die Vorlesung, von der ich erstaunlich wenig mitbekam. Schien so, als würde mir meine Anwesenheit in Organisation nicht wirklich beim Bestehen dieses Kurses helfen.
„Ich mag Nahkampfwaffen." Offenbarte ich.
„Schwerter, Schlagstöcke, Messer, Dolche, alles, was aus Nähe Schaden anrichtet."
Seonghwa zuckte anerkennend die Augenbrauen.
Bis zum Ende der Vorlesung steckten wir die Köpfe zusammen und besprachen nochmal im Detail das To-Do für die anstehende Woche.

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