Among the enemy

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Triggerwarnung: Gewalt gegen Frauen, unangebrachte Einschnitte in den Personal Space

Den Rest der Fahrt sprach Chaerin mit Takanashi durch die offene Luke auf japanisch. Ich hatte japanisch nie gelernt. Alle anderen im Wagen hingegen schienen alles Gesagte zu verstehen.
Soojin und Jinni warfen sich ab und an angespannte Blicke zu, als beunruhigte sie das gesagte.
Changkyun neben mir wurde beachtlich ruhig, seit er die Bombe endgültig fallen ließ, dass es wirklich er war.
Meine Hände waren zu Fäusten geballt. Ich saß mit gespannten Schultern und sturem Blick zu meinem Schoß neben ihm. Meinen Dämon hielt mich mit ach und krach im Zaun. Seonghwa war nicht hier, um mich zu besänftigen und selbst wenn, hätte er mir Changkyun noch festgehalten, im Gesicht das breite Grinsen seines Geistes.
Der Wagen hielt vor einem Grand Hyatt Hotel, in dem ich mal mit Kai übernachtet hatte.
Wenige Sekunden später zog der Fahrer die Tür auf.
Chaerin deutete uns mit einem Kopfnicken, dass dies unser halt sei.
„Denkt an den Plan." Erinnerte sie uns in koreanisch. „Wir sehen uns." Sie sah uns drei Frauen nacheinander an, dann je die Männer an unseren Seiten. „Changkyun, passt auf, dass sie keinen Rappel bekommt." Sie besah mich mahnend. Ich neigte den Kopf und ließ meinen Dämon lächeln.
Changkyun zog an den Handschellen und riss meinen linken Arm mit seinen hoch. „Ich habe sie an der Hand Chae. Sie ist n Kätzchen, nur Schnurr, kein Biss."
Ich biss die Zähne zusammen und versprach mir meine Faust später extra hart auf seine treudoofen Augen schnellen zu lassen.
Zweimal. Einmal für Changbin und einmal für diesen hässlichen Kommentar.
Wir stiegen aus. Changkyun und ich waren die letzten. Hinter uns reihten sich aus dem nichts weitere Wachen und behielten uns von allen Seiten im Auge.
Was für einen verdammten Einfluss musste Chaerin haben, dass sie in dieser kranken Szene so einen Namen besaß? Dass sie mit solchen widerlichen Leuten wie Takanashi verkehrte.
Takanashi sprach, als wir die Lobby betraten, und Changkyun zerrte mich unsanft zu eine der Sitzgruppen.
Sein Gesicht hatte sich verhärtet. Von dem jungenhaften frechen Welpen keine Spur mehr. Er war in die Rolle gefahren, die Chaerin ihm zuteilte. Bodyguard für eine ihrer zu versteigernden Edelhuren.
Nicht mehr waren Soojin, Jinni und ich nun. Frischware, die im Laufe des Tages potentiellen Kunden vorgestellt und am kommenden Abend verkauft wurde.
Die beiden kauerten mit ernsthafter Verängstigung auf ihren Plätzen.
Ich besah die Wachen nacheinander, fasste ihre Blicke und fragte mich, ob sie zu Chaerin oder Takanashi gehörten. Sie gaben kein Zeichen, verzogen keine Miene und besahen mich wie begehrenswerter Abschaum, wie die Büchse der Pandora.
Einer der Männer löste sich aus ihrer Formation und ging zur Rezeption zu.
Takanashi redete weiter, als verstünde ich ihn perfekt, sah ich ihn an. In seinem Blick lag Verwunderung, dass ich nicht zurückschreckte ihn anzusehen.
Ich prägte mir sein Gesicht ein. Eine Glatze, alte faltige Haut, kleine runzlige Augen, Altersflecken, die durch teureres, aber schlechtes Make-Up halbwegs verdeckt wurden. Sein Anzug war einmal maßgeschneidert, gier ließ ihn an ihm festhalten, obwohl er schon lange viel zu groß geworden war.
Ich hoffte seine grauen Zellen erinnerten sich nicht daran, dass wir uns schonmal begegnet waren.
Der Mann von der Rezeption kehrte zurück, in seinen Händen einige Zimmerkarten, die er an Changkyun und die anderen beiden verteilte, bevor wir unter der Eskorte in einen der verzierten Fahrstühle stiegen.
Der Weg bis auf die Zimmer verlief im Schweigen. Nacheinander reihte sich erst Soojin und dann Jinni ab.
In der Nähe ihrer Wächter schienen sie entspannter. Sie schienen sie ebenfalls zu kennen, ihnen zumindest schonmal begegnet zu sein.
Changkyun und ich waren die letzten, die zu unseren Zimmern geführt worden.
Die Tür wurde uns aufgemacht und aufgehalten.
Changkyun besaß den Anstand, dass ich trotz aneinandergeketteter Hände, als erstes das Hotelzimmer betreten durfte.
Ich zog ihn hinter mir her, heftiger als nötig, er hatte Mühe mir nicht unbeholfen hinterher zu stolpern um vor Takanashis Leuten seine taffe Fassade aufrecht zu erhalten.
Die Tür fiel und Changkyun atmete erleichtert durch.
„Wir sind für die nächsten Stunden allein." Ließ er mich nüchtern wissen und führte mich mit sich zu dem gigantischen Bett.
Aus den Fenstern strahlte mir Tokyos nächtliche Skyline entgegen, wie aus einem cyperpunkangehauchtem Videospiel. Kunterbunt, verrückt, unbeschreiblich.
„Du kannst schlafen, duschen, dir etwas zu essen bestellen..." zählte Changkyun auf und griff mit seiner freien Hand in die Tasche seines Jacketts.
Er zückte einen Schlüssel.
„Einer der Männer kommt dann noch deinen Koffer hochbringen."
Meine Augen klebten sich an den silbernen Schlüssel in seiner Hand und wie sie an sein Handgelenk wanderte.
„Aber solange wir im Zimmer sind, darfst du auf eigener Faust laufen. Abartig wenn du mich fragst. Aber so besteht Takanashi auf seine Deals. Hat Chaerin ewig gedauert an ihn ranzukommen. Sie scheint n Händchen für so ne Mistkerle zu haben." Laberte Changkyun munter weiter, als habe er mit jeder Silbe vergessen, was er zurückgelassen hatte, wen er zurückgelassen hatte.
Mein Dämon zählte die Sekunden, bis die Handschelle von meinem Gelenk fiel.
Ich hatte mich die ganze Fahrt über zusammenreißen müssen. Der Plan? Den hatte ich fürs erste an den Nagel gehangen. Ich sah rot.
Wie konnte er nur? Warum? Ohne ein Wort?
„Als ich gehört hab, dass sie dich auf ihrer Seite hat, habe ich sie angebettelt mit dabei zu sein. Ich musste dich unbedingt wieder sehen." Beteuerte er und das erste Knacken des Schlüssels folgte. Er befreite sich zuerst.
Dann griff er sanft, ohne vorher darum zu bitten mich berühren zu dürfen, an mein Handgelenk.
Seonghwa vergewisserte sich mit jeder Berührung, dass sie mir genehm war, dass ich mich unter seinen Fingern wohlfühlte.
„Du weißt, dass du mit mir reden kannst." Schmunzelte er nebenbei und drückte mein Handgelenk sanft.
„Die ruhige störrische solltest du nur vor Takanashi spielen. Wir beide wissen, dass du Haare auf den Zähnen haben..."
Das zweite Knacken folgte und mein Dämon war entfacht.
Ich sah rot.
Sie griff nach den Handschellen zwischen uns auf dem Bett, drückte die Kette zwischen ihnen an Changkyuns Hals, presste ihn gegen die nächstgelegene Wand und kam seinem Gesicht so nahe, dass ich die goldenen Funken in seinen Augen erkannte.
„Gib mir einen Grund dich kein zweites Mal umzubringen." Zischte ich ihm ins Gesicht und drückte die Kette noch tiefer in Seinen Hals.
Er riss seine Augen auf und Rang nach Luft.
„Du hast Changbin zerstört. Anders als dein Tod, war seine Trauer echt!" Ich ersetzte die Kette durch eine meiner Hände.
Er rührte sich nicht, blickte mich nur voller Erwartung an.
„Du wagst es nach all den Jahren aufzutauchen und mit mir zu reden, als habe man dich nicht umgebracht? Als habe Changbin deiner Leiche nicht auf Nimmerwiedersehen gesagt?"
Ich ließ grade so viel Luft durch seinen Hals, dass er mir nicht blau Anlief.
Ich wollte das er spürte, wie es ihm die Luftwegschnürte, so wie Changbin als er von seinem Tod erfuhr, wie er vor Weinen auf seiner Beerdigung zusammenbrach, wie er Nacht für Nacht an zu viel Drogen und Alkohol versuchte seine Trauer zu ersticken.
Er musste nicht um sein Leben bangen, als er mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus beinahe starb. Changkyun hatte in sicherem Schutz Däumchen gedreht.
„Cheonsa..." krächzte er und zwang sich meinem Blick Stand zu halten.
Ich hob meine andere Hand zur Faust und ließ sie erst auf seinen Magen und dann in sein Gesicht schnellen. Immer und immer wieder.
Mein Dämon rächte sich an ihm, bis ich irgendwann die Kraft verlor ihn mit meiner Würge an der Wand zu halten und ihn zu schlagen.
Changkyun wehrte sich nicht. Schlag für schlag sah er mich an, als verdiene er, was ich tat, als täte ich das Richtige.
„Ich musste gehen." Hauchte er, als ich von ihm abließ und auf Achtung ging, dass er nicht drohte mich auseinander zu nehmen.
Er ließ sich an der Wand sinken und hustete heftig.
„Ich... ich habe zu viel gesehen, von ...den Queencards mitbekommen, als dass... Chaerin mich leben... lassen hätte." Raspelte er, unterbrochen von starken schmerzenden Atemzügen und Hustenanfällen.
An der Tür klopfte es. Changkyun bellte etwas auf japanisch, die Tür öffnete sich, der Koffer wurde durch einen kleinen spalt hereingerollt, ohne dass ich jemanden sah und schon war der Wächter von Takanashi wieder weg.
„Ich... Changbin ist total... total abgestürzt."
Dass er sich dem auch noch bewusst war.
„Ich... ich hab ihn damals im Krankenhaus besucht als.. als er..."
Changkyun presste die Lippen zusammen und sah von mir weg. In seinen Augen sammelten sich Tränen.
„Als er was...?" zog ich ihm aus der Nase. Ich wollte das er aussprach, was er anstellte, die Hölle durch die er Changbin jagte.
„Als er im Koma lag." Seine Stimme zitterte, als wolle er die Worte selbst nicht glauben.
„Dreimal darfst du raten, wer ihn gefunden und am Leben gehalten hat, bis der Notruf da war." Ich blickte auf Changkyun herab. Mein Rot wich aus meinem Blick und mein Dämon übergab mir langsam wieder meine Kontrolle.
„Du. Du. Und Du." Riet er richtig und zog die Knie an.
„Ich habe ihm gesagt, er soll die scheiße lassen und gebetet, dass er mich hört und die Hände von den Drogen lässt."
Ich nickte und erinnerte mich an die fürchterlichen Wochen in denen keiner von den Strays und ich wussten ob wir Changbin je wieder lebendig zu Gesicht bekamen.
„Seine ersten Worte, nachdem er wach wurde waren, dass du ihn im Jenseits zusammengeschissen hast, du würdest ihn auf die Erde zurück prügeln um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen." Ich lachte ungläubig auf und schüttelte den Kopf.
Changkyun hatte Changbin in der Tat ins Gewissen geredet. Ab diesem Tag rührte er keine einzige Droge zu seinem eigenen Konsum an. Viele von ihnen vertickte er unter der Hand auf Events an der Strecke im Namen der SSang Young Pa. Andere stellte er selbst her und verteilte sie an die Verkäufer der Organisation. Aber keine einzige gelangte nach seiner Überdosis in seinen Körper.
Ich glaubte es grenzte an ein Wunder. Changbin klammerte sich daran, Changkyun habe ihn überzeugt wieder grade zu laufen.
„Kannst du ihm das geben, wenn du ihn das nächste mal siehst?" Changkyun kramte in seinem Jakett nach einem Briefumschlag.
„Ich... ich will, dass er weiß, warum ich gehen musste und... und dass ich ihn nicht vergessen habe."
Er sah aus der Fensterfassade in die Stadt und lächelte müde.
„Er wird mich umbringen." Vermutete er, als ich den Brief betrachtete und ihn auf den Nachttisch legte.
„Ich werde ihn nicht aufhalten." Ich hob meinen Blick.
„Darum will ich dich auch nicht bitten." Er wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht und belud ihn mit einer Nase voll Blut, die er an dem weißen Hemd seines Anzugs abwischte.
„Ich sage, du wolltest abhauen und bist doch kratzbürstiger als gedacht." Nichtssagend zuckte er mit den Schultern. „Takanashi profitiert an meisten von widerspenstigen Frauen."
„Nur leider hatte bisher keine von ihnen das Vergnügen ihn umzubringen." Brummte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Genau der Teil des Plans, weshalb ich mit nach Tokyo sollte. Wie auch immer er endete, es würde ein Blutbad geben, eines das meinen Dämon vor Entzücken auf dem Rücken kugeln ließ.

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