Ich wachte eines morgens auf und spürte...irgendetwas stimmte nicht.
Dabei war nichts anders als sonst.
Die nun immer werdende Sommersonne schien direkt auf Kais und mein Bett. Die Klimaanlage in unserem Schlafzimmer verhinderte, dass ich schwitzte als gäbe es kein Ende.
Wie automatisch suchte meine Hand nach meinem... der Gedanke war noch immer nicht ganz greifbar... nach meinem Ehemann.
Ich fand keine Hand die nach meiner griff. Nur die zusammengelegte Decke auf seiner Seite des Bettes.
Vorsichtig hörte ich mich um. Da war nur mein Atmen.
An manchen Tagen wachte Kai setzte sich auf einen der Sessel am Fenster und beobachtete mich, bis ich wach wurde.
An anderen Tagen war ich vor ihm Wach und dachte daran wie leicht es wäre ihm eines der Kissen jetzt so lange ins Gesicht zu drücken, bis er aufhörte zu atmen. In den Schlafzimmern waren keine Kameras. Zu erklären, wie Kai starb und das obwohl ich direkt neben ihm lag, das wäre jedoch das größere Problem.
Lediglich die Herleitung sein Körper habe das Gefühl eines Orgasmus mit dem für einen tödlichen Herzinfarkt verwechselt schien mir logisch. Aber dass Kai einen Herzinfarkt erlitt war genauso unwahrscheinlich, wie dass ich ihn im Schlaf tötete.
Ich öffnete meine Augen und sah, dass Kai in der Tat nicht in unserem Zimmer war.
Über einem der Sessel hing mein Morgenmantel, über dem anderen eines von Kais Jacketts.
Alles war so, wie wir das Zimmer letzten Abend zurückgelassen haben.
Die leeren Weingläser und Salatschalen standen noch auf dem kleinen Tisch. Für gewöhnlich nahm Kai sie mit in die Küche, wenn er vor mir wach wurde.
Ich pellte mich aus dem Bett und kleidete mich für den Tag ein.
Als ich aus dem Zimmer und runter ins Erdgeschoss ging, fand ich niemanden.
Keine der Hausdamen. Nicht mal einen der Guerilla.
Ich schrieb Seonghwa und wollte wissen, ob Kai irgendwelche Sondersitzungen einberufen hatte, ob sich irgendjemand seiner Feinde oder Freunde einen Querschlag erlaubte.
Wo er sonst binnen Sekunden meine Nachricht beantwortete, kam sie nicht mal an.
Ein wenig wie in einem Paralleluniversum gefangen und verwundert darüber was hier anders war als in meinem Heimatuniversum, schlich ich durch das Anwesen.
Alles war mir so vertraut und plötzlich so fremd. Hier hatte mein Leben angefangen. Hier hatte es aber auch genauso viele Tiefpunkte erreicht.
Mein Weg führte mich zu Kais Büro.
Ich platzte herein, erwartete ihn umgeben von seinen Brüdern zu sehen, verblüfft darüber, dass ich so ungehalten hereinstürmte.
Es war leer.
Einige der Schränke waren aufgezogen, Papiere lagen quer verstreut über dem Schreibtisch.
Ich schloss die Tür hinter mir sowie die Schränke.
Dann ging ich die Papiere durch. Es waren Protokollen von Fällen aus den vergangenen Monaten, bei denen immer etwas schieflief.
Eine der Frauen oder eins der Kinder entkam, mehrere von ihnen oder alle entkamen. Oder ganze Aufträge wurden sabotiert.
Sie alle trugen die Handschrift von Chaerin und den Queencards.
Kai hatte aller Naselang diese Fälle auf dem Tisch liegen. Er musste Suho und denen die über der Ssang Young Pa standen, Rechenschaft über Verluste leisten.
Die waren zwar nicht so gravierend, da Kai sich auch noch mit anderen Mitteln über Wasser hielt, aber sie waren stetig zu beobachten und zogen Aufmerksamkeit auf sich. Noch mehr als beinahe die Hälfte seiner Kunden von der Bildfläche verschwand.
Ich sortierte die Unterlagen in die Schränke zurück, schrieb Chaerin eine kurze Information darüber, dass Kai die Queencards wieder im Blick hatte, wenn auch nur aus Routine, und verließ das Büro.
Noch immer kam mir niemand entgegen. Alles wirkte verschoben und verzerrt.
Ich beschloss frische Luft zu schnappen.
Im Foyers standen nun zwei der älteren Guerilla.
Leibwächter, die bereits Kais Vater dienten.
Ich begrüßte sie mit einem Lächeln, ließ mir meine Irritation nicht anmerken und lief auf sie zu. Eher auf die Massive Tür zwischen ihnen, zu der sie mir in einem Schritt den Weg versperrten.
„Würdet ihr mich bitte durchlassen?" innerlich ging ich hunderte Szenarien durch in denen Kai irgendetwas passiert war. Man hatte ihn gefasst, er wurde von einem seiner Feinde erledigt. Machte mir die Arbeit leichter die Ssang Young Pa an die Wand zu fahren, aber...Kai tot zu wissen bekam mich mit Unbehagen.
„Wir haben die Anweisung bekommen, dich nicht rauszulassen."
Ich riss die Augen auf.
„Bitte was?" ich versuchte amüsiert zu klingen, während im inneren meine Zahnräder drehten.
„Mr. Kim hat uns heute Morgen den Befehl erteilt, bevor er in die Stadt gefahren ist."
Kai war also gar nicht im Haus.
„Und Mrs Kim sagt euch jetzt, dass ihr Mr Kims Befehl an den Nagel hängen könnt." Säuselte ich und versuchte erneut näher an die Tür zu kommen.
Sie versperrten mir den Weg noch immer.
„Mrs Kim...wir dürfen sie nicht rauslassen." Beharrte der zweite, ein bedauernder Blick auf seinem Gesicht.
Ich atmete tief durch.
„Was ist passiert?"
„Nichts, was sie in Angst und Schrecken versetzen sollte." Bekam ich sofort eine Antwort von dem streng klingenden Mann.
„Und warum werde ich dann in meinem eigenen Haus festgehalten, wie eine gefangene?" forderte ich und zog eine Augenbraue hoch. Ich stemmte meine Hände in die Hüften und richtete mich auf.
Der freundlichere der beiden wurde ein wenig unruhig.
Ich beschloss mich auf ihn zu fokussieren.
„Sie wissen, wer ich bin oder? Ich stehe auf demselben Rang wie euer Boss. Wenn ich euch die Anweisung gebe, mich rauszulassen. Ist die Anweisung von meinem Mann, mich hier drin zu halten, nichtig." Wenn nichts war sollten sie mich doch auch ohne Probleme gehen lassen.
„Mrs Kim... ich... wir..."
Ich sprang in eine Diskussion.
Kai hatte sie vor diesem Argument gewarnt. Ich erinnerte sie erneut daran, wer eben ihre Jobs an den Eiern hatte.
Sie eierten herum sie können mich nicht rauslassen.
Warum?
Weil nichts Erwähnenswertes vorgefallen war.
Kai gab nicht aus langerweile den Befehl mich abzuschotten. Und so sehr ich versuchte mir das alles nicht anmerken zu lassen, innerlich drehte ich daran durch.
Von Seonghwa gab es immer noch keine Rückmeldung. Sonst hatte drei Nachrichten und vier Bilder von seinem Frühstück und seiner Morgenroutine an mich gesendet.
Etwas stimmte nicht.
Im Endeffekt lief es darauf hinaus, dass ich raus durfte.
Jedoch das Gelände nicht zu verlassen hatte.
Einer der Guerillas klebte mir während meines Spazierganges am Bein.
Unter Beobachtung schickte ich eine Litanei an Nachrichten an alle raus.
Keine Antworten, der Internetempfang entpuppte sich ebenfalls als gedrosselt...Das obwohl Kai einen Tobsuchtsanfall bekam, sobald er nur einen Balken weniger als den vollen Ausschlag hatte. Es war selten, dass wir hier draußen keinen Empfang hatten.
Ich versuchte Hyunjin zu erreichen. Die Leitung stellte mich nicht durch. Gleiches galt für jeden anderen, den ich versuchte zu erreichen.
Der Spaziergang, der mich entspannen sollte, machte, dass meine Gedanken überquollen. Kai verschwand nicht einfach so. Kai hielt mich auch nicht einfach ohne Grund in seinem Zuhause...unserem Zuhause fest.
Das passierte nie. Wir hatten darüber gesprochen, dass er mich in Ausnahmesituationen isolieren wollte. Dass er mich vor allen anderen schützen wollte.
Nach einer kurzen Runde an der frischen Luft kehrte ich zurück ins Gebäude, durch die Hintertür des Gebäudes.
Ein Blick zu den Garagen, entpuppte sich als fatal.
Sie waren wesentlich strenger bewacht als die Vordertür. Keines der Fahrzeuge stand draußen.
Neben den alten Guerilla, befanden sich ein paar meiner Leute unter ihnen.
DK und Jeonghan sahen sich unschlüssig an, als sie mich in ihre Richtung gehen sahen.
Seungcheul wandte sich einem der älteren zu und stakste dann eilig auf mich zu, nachdem er besprochen hatte was er besprechen wollte.
Seine gerunzelte Stirn und das Gesicht, dass klar signalisierte ihm nicht auf die Nerven zu gehen, ließ mich noch fahriger werden.
„Was ist passiert?" fragte ich ihn und nickte der Armee an der Garage zu.
Seungcheol presste die Lippen aufeinander und sah sich um, dann griff er an sein Ohr.
„Das will uns keiner sagen." Erneut sah er hinter sich und fuhr sich dann durch die Haare.
„Wir bekommen aus keinem der alten Wachen etwas heraus, aber die Scheiße ist mächtig am Dampfen."
„Wo ist Kai?" harkte ich nach, langsam ein wenig zu besorgt um meinen Ehemann.
„Er ist mit Sehun und Suho unterwegs. Er hat von einem der beiden in den frühen Morgenstunden eine Nachricht bekommen. Seitdem ist er weg."
Erklärt weshalb seine Seite so sehr verlassen wirkte.
„Seonghwa und Hong..." Seungcheol wippte auf seinen Zehenspitzen auf und ab und fuhr sich erneut durch die Haare.
„Von ihnen ist keiner erreichbar. So wie Kai uns den Befehl gegeben hat dich von der Garage fern und im Grundstück zu behalten, hab ich keinen von ihnen ans Telefon bekommen."
„Chaerin..:"
„Weiß Bescheid und sitzt auf heißen Kohlen, bis du dein Zeichen gibst."
Ich nickte bedenklich und friemelte an meinem Handy zurück.
„Ihr wisst von dem Plan von Minho und mir? Chaerin hat euch instruiert?"
Seongcheil nickte bestätigend. „Bis ins kleinste Detail."
Ich atmete tief durch, dreimal, bevor ich mich erneut umsah.
In dieser gigantischen Gartenanlage hatte ich mit Minho schießen gelernt. Mit Kleinkalibern, sowie mit Scharfschussgewehren. In allem war ich miserabel. Nahkampf lag mir um einiges besser.
„Ich verspreche euch nichts, aber haltet euch bereit. Was auch immer heute noch passiert... versucht mir so schnell wie möglich über alles Bescheid zu geben." Verlangte ich.
Der Anführer meiner Guerillas nickte.
„Weißt du etwas von Hyunjin und..."
Er nickte erneut. „Die beiden sind sicher. Wir haben ihnen Bescheid gegeben, dass sie sich aus der Schusslinie bringen sollen. Gleiches gilt für den Rest deiner Freunde."
„Weißt du ob San bei..."
„Wir können ihn ebenfalls nicht erreichen, als denke ich nicht, dass er bei Chan und seiner Freundin war."
Dann traute ich mich gar nicht danach zu fragen wo Wooyoung war und wie es Soojin gehen musste.
„Es wird alles gut." Versicherte mir Seungcheol wenig überzeugen.
Ich lächelte seicht. „Ich hasse diesen Satz. Immer wenn ihn jemand zu mir sagt, passiert danach etwas schreckliches."
„Deshalb sind wir da um genau das zu verhindern." Grinste Seungcheol nun. Umstimmen tat mich dies nicht sonderlich.
Ich verabschiedete mich von ihm, erinnerte ihn nochmal eindringlich daran mir bei jeder kleinen Neuigkeit eine Information zukommen zu lassen und verzog mich zurück ins Anwesen.
Auf Zehenspitzen lief ich das ganze Gebäude ab.
Bis auf die Guerilla war keiner da.
Früher hätte ich mich über die einsamen Unweiten dieses Anwesens gefreut. Jetzt ließ es mich wahnsinnig werden.
Ich beschloss meine Zeit in der Küche zu vertreiben. Die Kühlschränke waren immer voll. Ich fand ohne Probleme etwas zum Kochen und versuchte aus dem Kopf eine abgewandelte Version von Minhos Limettenhähnchen. Für gewöhnlich war es nicht erwünscht, dass ich mich selbst in die Küche stellte, Kai bezahle die Hausdamen und -herren nicht umsonst. Ich würde sie nur in ihrer Arbeit beleidigen, stellte ich mich selbst in die Küche und kochte mein eigenes Essen.
In der Zeit, wie das Hühnchen ziehen musste, piekte ich mir ein Buch aus meinem alten Schlafzimmer und setzte mich zurück in die Küche.
Der Tag schritt dennoch nicht wirklich voran.
Auf das Hähnchen hatte ich Stunden später keinen Hunger mehr, in meinem Buch las ich die Worte, aber sie ergaben keinen zusammengereimten Sinn.
Mein Essen verfrachtete ich mit einer freundlichen Notiz und nachdem es abgekühlt war in den Kühlschrank, machte mit einen Tee und zog mich auf mein und Kais Schlafzimmer zurück.
Bei jedem kleinsten knacken und rascheln drehte ich mich um. In Erwartung auf eine Information zu der aktuellen Lage. Wo Kai blieb, und was vorgefallen war.
Nichts kam. Selbst als es draußen begann zu Dämmern war von Niemanden eine Spur zu sehen.
Seungcheol meldete sich kein einziges Mal und auch keiner meiner anderen Guerilla kam vorbei, um mir ein Update über alles zu geben.
Mich dem Kampf zu stellen nochmal in den Garten zu dürfen, dafür hatte ich keine Nerven.
Die waren bereits genug bis zum Reißen gespannt.
Ich versuchte mich mit einem weiteren Tee und einem meiner damaligen Lieblingsbücher zu beruhigen. Doch meine Gedanken drifteten immer und immer wieder ab. Alles konnte passiert sein.
Am Ende war es nur eine reine Vorsichtsmaßnahme und alles würde morgen wieder verhältnismäßig normal bleiben.
So hoffte ich es zumindest.

DU LIEST GERADE
God's Menu
FanfictionIch hörte das klicken einer Waffe und haschte mit meinem Blick zu Chan. Nicht nur mein Arsch ging mir plötzlich auf Grundeis, Chan wurde sichtlich unruhig und fuhr herum. Einer von Kai's Leibwächtern hielt ihm eine Pistole direkt an die Schläfe. Pa...