„Hongjoon schraub deine Leute zurück, ich mein es ernst!" ich fasste mir an die Nase und tigerte in meinem Zimmer auf und ab.
Er lachte belegt auf der anderen Seite der Leitung. „Das ist, als würdest du einem Fisch das Wasser nehmen. Seonghwa hat sich die Liste angeeignet."
Ich wusste nicht, ob ich auf seine Worte ruhig reagieren sollte oder Seonghwa durch das Telefon hindurch versuchen sollte klar zu machen, dass er sich einen Gang zurück nehmen musste. „Hongjoon... das geht zu schnell..." Er unterbrach mich.
„Hwa... er ist der Meinung je schneller die Liste ist...umso schneller kann er dich wiederhaben."
Ich presste die Lippen aufeinander. Seit dem Aufeinandertreffen mit Chaerim, ihrem Doppel und Seonghwa vergingen mittlerweile drei Wochen. Wir schrieben Februar...Ich log, würde ich sagen ich vermisste ihn nicht...Jede Info die Hongjoon mir von ihm vermittelte nahm ich auf wie ein Schwamm. Ich riskierte es nicht ihn nach dem Café nochmal aufzusuchen... Suho hatte seine Augen auf mich gerichtet. Ein Teil seiner Leute begleitete mich teilweise auf meine Aufträge.
„Er hilft mir damit nicht. Im Gegenteil. Kai fängt an unruhig zu werden." Was eine gewaltige Untertreibung darstellte.Kai wurde nicht nur langsam wahnsinnig, er begann mich wahnsinnig zu machen. Nicht im Positiven, verstand sich.
Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mir nicht Spaß machte seinen Wahnsinn zu zügeln. Das waren dennoch zu viele Namen, die von der Bildfläche verschwanden.
„Wie geht es Felix?" Wälzte Hongjoon das Thema plötzlich um. Ich nickte, blickte durch mein Fenster und sah wie Kai mit Suho durch den Garten spazierte. Kai hatte die Arme vor der Brust verschränkt, sein Blick ging herum. Hinter ihnen liefen Yunho und einer von Suhos Guerrillas.
„Gut." Antwortete ich knapp. Auch wenn es mehr oder weniger gelogen war. Felix wirkte in den letzten Wochen ruhiger... ausgeglichener als sonst. Das mochte gut sein, weil er aufhörte mich über meine Arbeit auszufragen. Auf der anderen Seite konnte es bedeuten, dass das Geschehene ihn innerlich aufaß. Dann konnte keine Therapie der Welt mehr helfen.
„Ändert trotzdem nichts daran, dass du Seonghwa zurückpfeifen sollst. Kai lässt mich sonst gar nicht mehr allein aus dem Haus."
Hongjoon schnaufte. „Ich versuche mein Bestes, Cheonsa."
„Ich besteh drauf." Mit den Worten legte ich auf und ließ mich auf mein Bett fallen.
Ich vermisste Seonghwa. So sehr, dass es weh tat, wenn ich in Momenten wie diesen daran erinnert wurde, dass er Amok lief.
Dass Chaerim über unseren Lebensstil wusste, machte es auch nicht besser. Noch weniger half sie mir, wenn sie mir Bilder von ihm schickte, wenn sie mit ihm und San unterwegs war.
Ich fühlte mich ausgeschlossen. In mir breitete sich ein Gefühl von Heimweh aus.
In einem Schwung rollte ich mich vom Bett auf und griff nach der Akte auf meinem Tisch.
Aron Chang. 43. Kopf eines Triadenclans, der sein Unwesen unter den Händen der Ssang Young Pa trieb.
Die Akte war voll von meinen Notizen geschmiert, die ich in den letzten Tagen sammelte.
Er zeigte sich nicht oft. Wenn dann war er bewacht. Schwerbewacht. Sein vergehen? Kai vermutete ihn hinter den Morden der letzten Wochen. Beweise? Die die er sich in seinem Wahn ausdachte und zurechtlegte.
Vorherige vergehen? Bis auf, dass er einmal neben eines des Pissoirs im Lotto gepinkelt hatte keine. Seine Zahlen waren grün. Sein Treiben, Menschen und Drogen. Sein Clan einer der unauffälligeren.
Noch lebte er. Kai missfiel es, dass ich ihn nicht ohne weiteres von diesem Planeten gehen lassen wollte.
In den letzten Tagen, wie ich Chang verfolgte kam er allen Voraussetzungen nach, um den Morden von der Schippe zu springen. Würde ich weiter wahllos Leute nach Kais Wunsch umbringen, zettelte er einen Krieg in den Straßen von Busan an.
Dass ein Hauptteil der High Society ohne Erklärung verschwand, hielt die Szene und das Land in Atem. Noch mehr die Gräueltaten, die über sie einbrachen.
Man sprach von einem zweiten Burning Solar, nur mit Vergeltung an den Tätern. Dazu kam... die Opfer der letzten beiden Wochen waren von meiner Liste. Die von Yeosang um die ich mich selbst kümmern wollte.
Ich griff nach meinem Handy.
„Han?" Er ging nach nichtmal einem Klingeln ran.
„Cheonie, hi." Ich hörte das breite grinsen in seinem Gesicht. Es steckte mich sofort an.
In seinem Hintergrund mauzte und rumpelte es. Dann fluchte Minho.
„Stör ich?" lachte ich und fuhr mir durch die Haare.
„Nope. Minho versucht die Katzen zu dressieren, klappt nur nicht so, wie er sich das vorstellt."
Seit die beiden wiedervereint waren, spiegelten sie das blühende Leben wider. Ich hatte Minho noch nie so viel lachen und reden und Gefühle durchleben gesehen seitdem.
„Kann ich dich mit etwas beauftragen?" fragte ich nun vorsichtig und einen Ton leiser.
Ich friemelte an einer meiner Strähnen herum, die sich aus meinem Dutt löste.
Erneut lärmte es im Hintergrund, diesmal fluchte Han. Eine der Katzen hatte seinen Fuß attackiert.
„Ich verbanne ab heute alle Laserpointer aus dieser Wohnung!" verkündete Han mit aufgestelltem Ernst in der Stimme, doch konnte den nicht lange halten, als ich Minho im Hintergrund brabbeln hörte.
„Gerne, Cheonie, um was geht es?" sprang er wieder zu mir zurück.
„Ich... Kai hat mir einen der Triaden an den Hals gehängt. Er vermutet ihn hinter dem Morden an seinen Kunden."
Han schnaufte.
„Du kannst nichts finden, wofür er Dreck am Stecken hat außer seine üblichen Geschäfte?" vervollständigte Han meinen Gedanken.
„Um wen geht es?" hörte ich Minho klar verständlich.
„Wir kümmern uns drum." Sagte Han mir daraufhin zu.
Ich gab ihm die nötigen Informationen am Telefon durch und sendete ihm anschließend die Akte von meinem Schreibtisch.
Ein ganzer Stapel türmte sich auf meinem Schreibtisch. Kai strich mehr Namen an, als ich abarbeiten konnte. Wenn es weiter so ging, stand er bis zu seiner offiziellen Einführung als Kopf für Busan allein da.
Zum Vorteil für mich...
Ich schnappte mir einen Teil des Stapels, griff mein Handy vom Bett und verbarrikadierte mich in den Wintergarten in der Mitte des Gebäudes.
Viele Interessante Namen tauchten nicht auf und bei noch wenigeren sah ich einen Grund wirklich einzuschreiten. Besorgniserregend, dass Kai die Gefahr witterte, war es. Doch die Leute aus seinen eigenen Kreisen, seine eigenen Wächter zu verdächtigen, daran dachte er nicht mal mit der kleinen Zehe.
Ich gab Han noch ein paar weitere Namen durch.
Da waren Gründe, weshalb der ein oder andere Kai in Zukunft noch gefährlich werden könnte. Aber keinen denen ich auf die Schnelle nachgehen musste.
Lieber waren mir die Aufträge mit handfesten Beweisen. Kai stellte für gewöhnlich nicht nur Vermutungen an. Er stand auf Tatsachen. Dass er so ins rote tappte... das war gut. Nur hatte ich keine Lust jeden einzelnen seiner angeblich verdächtigen zu Beschatten. Han hatte da mehr Zugänge und Wege.
„Hier bist du."
Ich zuckte aus meinem Gedanken hoch, als Hyunjins Stimme sich in meine Ohren schlich.
Zögerlich lehnte er an einer der Türen und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.
„Mir ist die Decke in meinem Kopf auf die Füße gefallen." Seufzte ich und klappte die Akte in meinem Schoß zu. Ich schmiss sie zu den anderen auf den Boden.
„Ist Fee noch nicht zurück?" Ich sah mich nach einer Uhr um, und blickte schließlich auf mein Handy.
„Nein. Das hätte er seit einer halben Stunde." Hyunjin wippte auf den Fußballen auf und ab und entschloss sich dann zu mir zu streifen.
Er setzte sich zu mir auf die Bank und lehnte seinen Kopf an meine Schulter.
„Weißt du irgendwas?" flüsterte er, als wolle er, dass ich ihn nicht hörte.
Ich wusste zu viel. Felix' Fragen, sein leerer Blick so bald Hyunjin aus dem Raum schwand. Seine Bitte ihm den Umgang mit meinen Waffen beizubringen.
„Ich weiß viel, nur musst du definieren, was du wissen willst." Ich lehnte mich gegen ihn und schmunzelte.
Hyunjin holte tief Luft. „Fee... redet er mit dir über... über das, was ihr mit JYP gemacht hat? Wie er damit umgeht?"
Das hatten wir. Felix fühlte sich ungewöhnlich ruhig, befreit, leer und sicher mit dem Wissen etwas Gutes getan zu haben. Verstörend, beachtete man wie sehr er sich bis dato gegen Gewalt sträubte.
„Nein. Er meinte nur mal... dass es ihm jetzt besser geht." Eine halbe Lüge und eine halbe Wahrheit. Genug damit Hyunjin keinen Rauch schnupperte.
„Wieso habe ich dann das Gefühl, dass es nicht so ist?" Hyunjin hob seinen Kopf und sah mich aus glasigen Augen an.
„Cheonie er... er ist grober geworden... wenn wir unter uns sind. Er... er fasst mich anders an. Nicht dass mich das per se stört, aber so war er sonst nicht."
„Vielleicht fühlt er sich sicherer? Das... kann ihn experimentierfreudiger machen." Zwinkerte ich ihm zu und zuckte mit den Augenbrauen. Hyunjin schlug mir drucksend gegen die Schultern.
„Ich mein das ernst, Cheonsa..." Der Schalk sprang aus seinem Nacken und lief aus dem Raum. Hyunjin krempelte seinen losen luftigen Pullover bis zur Armbeuge hoch.
An seinem Handgelenk, deutlich und tiefblau, Griffspuren.
„Das ist nicht das erste Mal." Hyunjin zog sein Oberteil am Bauch hoch.
Da waren Bissspuren. Keine der lieblichen Sorte.
„Ich glaube nicht, dass es ihm gut geht." Aus Hyunjins Augen quollen Tränen hervor.
„Ich kann aber auch nicht mit ihm darüber reden... ich... ich habe Angst ihn zu verlieren. Er merkt es nicht mal. Also... also ist er doch auch gar nicht Schuld, oder?"
Meine Augen hingen an Hyunjins Handgelenk.
„Angestaute Aggression." Murmelte ich. Hyunjin blinzelte verdattert.
„Hm?" machte er und riss die Augen auf.
Ich suchte nach den richtigen Worten, um meinen Gedanken umzusetzen.
„Erinnerst du dich daran als ich dem Jungen im Kinderheim damals den Arm mit dem Stuhl püriert habe?" Hyunjin nickte und runzelte die Stirn, suchte nach dem Zusammenhang.
„Oder..."Ich suchte nach einem besseren Beispiel und sah mich im Garten um.
„Mein Schwur mit Changbin. Wann auch immer ich begann, rot zu sehen, dass ich entweder in den Ring steige oder mit ihm ins Bett?" In Hyunjins Gedanken schien es zu klicken.
„Du hast versucht deine Gewaltausbrüche unter Kontrolle zu bekommen bevor sie zu schlimm werden."
Ich nickte nun über Hyunjins Worte. „Das Ganze ist an Anzeichen von unverarbeitetem und immer wieder aufgewirbeltem Trauma. Während wir damals bei den Ssang Young Pa waren, konnte ich das im Training und den Prüfungen abstottern, später in meinen Jobs."
Hyunjin besah seine Handgelenke schweigend und hörte mir weiterhin zu.
„Nach dem Überfall und nachdem wir zu den Strays sind..."
„Hattest du nichts mehr und es kam noch mehr dazu über das du nicht reden wolltest." Vervollständigte Hyunjin.
„Aber Felix hasst Gewalt! Sogar in seinem Training wurde, das berücksichtigt. Cheonie, er liebt mich."

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God's Menu
FanfictionIch hörte das klicken einer Waffe und haschte mit meinem Blick zu Chan. Nicht nur mein Arsch ging mir plötzlich auf Grundeis, Chan wurde sichtlich unruhig und fuhr herum. Einer von Kai's Leibwächtern hielt ihm eine Pistole direkt an die Schläfe. Pa...