Be honest for once

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„Du" Chaerim deutete mit ihrem Zeigefinger auf mich. „Willst mir klarmachen..." sie deutete auf sich. „dass du Seonghwa..." sie zeigte auf ihn neben sich. „letzte Woche ganz intuitiv zusammengeschlagen hast?"
Sie bestand darauf Seonghwa und mich gemeinsam zu sehen.
Dem Unigelände durfte ich mich auf drei Kilometer nicht nähern, weshalb wir nun in ihrer Küche hockten.
San neben mir hoppelte die ganze Zeit voller Unruhe auf seinem Stuhl herum und machte mich damit fast wahnsinnig! Wahnsinniger als Seonghwa 24/7 an meiner Seite haften zu haben.
„Ich habe eine Tendenz dazu brutal zu werden." In betonter Eleganz griff ich nach meiner Kaffeetasse und nippte an dem mit Erdbeersaft verfeinerten Getränk.
San und Seonghwa grunzten im stummen Übereinkommen.
„Aber doch nicht so!" Chaerim fielen beinahe die Augen aus den Höhlen.
Seonghwa neben ihr zog eine Grimasse, die so viel aussagen sollte, wie oh, wenn sie nur wüsste...
„Bezeichne mich als Schlampe und ich werde zum Kung Fu Panda." Ich liebäugelte Seonghwa, der mich nun mit einem Blick zurück betrachtete, der mich am liebsten unter der Erde sah.
Sein linkes Auge leuchtete wunderschön in Lila. Über dem anderen klebte ein gigantisches Pflaster.
San neben mir verschränkte die Beine und löste sie wieder und das im Sekundentakt.
„Das war wirklich nicht okay, Seonghwa." Pflichtete San mir bei und tätschelte mir mitfühlend die Schulter.
Seonghwas Blick starrte auf den Tisch, als würde er ihn in Flammen setzen wollen und San gleich mit.
Der innerlich schon zu brennen schien, so wie er neben mir herumhampelte.
Eine Entschuldigung für seinen Ausrutscher von letzter Woche hatte ich noch nicht erhalten. Genauso wenig wagte ich es mit ihm das Gespräch zu suchen.
Wenn ich Seonghwa richtig einschätzte, würde ihn nichts so schnell aus seiner Einöde holen.
Er ähnelte mir. War ich auf jemanden wütend, dauerte es eine lange Zeit mich davon zu erholen.
Mein Gemüt stimmte sich genauso außer Rand und Band wie er.
Selbst die Spannung zwischen uns auf der Fahrt zu Chaerim hielt es kaum aus und versuchte auf dem besten Weg aus dem Wagen zu flüchten. Ohne Erfolg.
Sie hing an Seonghwa und mir wie ein stinkender ekeliger Kaugummi an Schuhen, die man das erste Mal trug.
Seit nun über einer Woche stellte sie einen ständigen Begleiter da. Nun wurde aus ihr ein widerlicher Stalker.
„Dann würde mich wirklich interessieren, warum ich dir anscheinend nicht genug bin."
Sein Blick pinnte mich an die Wand, so sehr durchdrang er meine Seele.
Ich wünschte er pinnte mich gegen die Wand, nicht in Chaerims Wohnung, in meinem Zimmer, in seinem, irgendwo unter uns und ohne diesen tiefsitzenden Hass in seinen Augen. Ich wollte, dass er mich wieder mit verlangen anblickte.
„Ich... ich..." stammelte ich und rang nach Worten und fand sie schließlich.
„Erinnerst du dich an den Job, den du mir zum Anfang des Semesters angeboten hast?"
Jener Job der mein Verhältnis mit Seonhwa überhaupt erst ins Rollen brachte, das Versprechen, dass er mir gab Kai selber den Arsch aufzureißen.
Seonghwas Blick wirkte kurz perplex, als lagen zwischen den letzten Monaten Ewigkeiten, doch er nickte.
„Du erinnerst dich auch daran, dass ich ihn angenommen habe?"
Wieder nickte er.
„Was für ein Job?" hing Chaerim sich rein, San psste sie zu Ruhe.
„Sei still, dass ist das erste Mal seit Tagen, dass sie sich nicht gegenseitig umbringen wollen" zischte er.
„Ich... nachdem du mich zurück gelassen hast... Ich habe angefangen ihn aus einer anderen Perspektive sehen zu wollen."
Chaerims Gesicht sprachen Fragezeichen, während Seonghwa nach Antworten suchte.
Nach nun fast zwei Wochen brach ich das Schweigen. Jetzt bat sich die beste Chance. Nochmal würde keiner von uns Riskieren unsere biestigen Gesichter vor Chaerim zu zeigen und San war zur Stelle, um einzuschreiten.
Ich hatte zwar nicht geplant die Bombe so fallen zu lassen, aber... Pläne waren da um über Bord geworfen zu werden.
„Mir bietet sich die Chance dich aus dieser Perspektive zu unterstützen."
Meine Hand zuckte wie von selbst in die Richtung von Seonghwas doch ich hielt mich zurück. Er bekam dies mit, setzte an sie zurückzuziehen, doch entschied sich um und ballte sie zur Faust.
Ich fing seinem Blick in meinem auf und versuchte ihm so gut es ging durch meinen klarzumachen, dass die Show die ich abzog nötig war, dass sie den Plan der Guerilla und der Queencards weiterbrachte.
„Es tut mir Leid, dass ich das hinter deinem Rücken durchgezogen habe und... und dass ich dir das vorher nicht gesagt habe. Aber ich wusste nicht wie."
In Seonghwas schwarzen Augen mischte sich wieder ein Hauch von Schokobraun, als ihm meine Gründe dämmerten.
Die friedliche Cheonsa sank vor Erleichterung in sich zusammen, als sie realisierte, dass sich sein Blick das erste Mal nach einer gefühlten Unendlichkeit wieder bewegte, dass das Eis in ihnen zu schmelzen begann.
Er blinzelte ein paarmal, als sei er zur Besinnung gekommen, öffnete seinen Mund, um nun vielleicht endlich die Beleidigung mir gegenüber zurückzunehmen, doch stattdessen begann sein Handy zu klingeln.
Wir vier am Tisch zuckten alle zusammen und nicht eine Sekunde später sprang Seonghwa auf die Beine, zückte sein Handy und sprintete aus der Küche.
„Willst du mir erklären, seit wann du arbeiten gehst und das Seonghwa dir das organsiert hat?"
San neben mir wurde unruhig, als sähe Chaerim ihn so vorwurfsvoll und aufmüpfig an.
„Und wie lange das mit ihm schon geht?" sie glotzte mich an wie ein Fisch. „Ich habe das Gefühl ich kenne dich auf einmal gar nicht mehr und Seonghwa auch nicht." Jetzt glänzten ihre Augen vor aufkommenden Tränen.
„Chaerie, nicht." San eilte auf den Stuhl den Seonghwa zuvor besetzt hatte und nahm ihre Hände in seine.
„Sogar du wusstest, dass die beiden im Bett waren und das vor mir!"
„Genau deshalb haben wir das ganze unter dem Tisch gelassen." Seufzte ich und trank meinen Kaffee aus. „Um Zusammentreffen wie diese hier zu vermeiden. Als das anfing..." Ich deutete auf den Gang zu Seonghwa.
„War und ist noch unklar in was für eine Richtung wir fahren. Ich... kann mir aktuell nichts Festes leisten. Das weiß Seonghwa und...das Ganze ist letzte Woche etwas eskaliert." Bezog ich mich auf meine Prügelei mit ihm in der Uni.
So wie San Chaerim die Tränen aus dem Gesicht wischte und ihre Stirn küsste und sie etwas zu meiner endlich ausgesprochenen Wahrheit sagen wollte, die dennoch nicht ganz der Wirlichkeit entsprach, raste Seonghwa mit nüchterner Miene wieder zurück in die Küche.
„San, Cheonsa, wir müssen los." Er nickte zur Wohnungstür.
„Oh nein!" Chaerim stand auf und lief an Seonghwa vorbei zur Tür. Sie stellte sich in den Weg und verschränkte die Arme.
„Ihr bringt mich auf den neuesten Stand, was genau in eurem Leben vor sich geht!" jetzt wurde sie wütend.
„Ihr könnt nicht einfach verschwinden und so wieder auftauchen, wie fremde, völlig andere." Spie sie Seonghwa und mir entgegen und stemmte den Fuß in den Boden wie ein kleines bockiges Kind.
„Chaerim..." setzte San an.
„Du hast deine Geheimnisse..." begann Seonghwa seinen Satz. Ich beendete ihn für ihn. „Wir haben unsere und glaub mir, es ist besser, wenn du nur die halbe Wahrheit weißt."
Es verletzte mich selbst meine beste Freundin, meine einzige Freundin von außerhalb meines dämlichen Lebens, so vor verschlossenen Tatsachen zu halten.
Aber es war zu ihrem besten. Ich wollte nicht, dass sie erfuhr was für eine Welt sich unter dem Glitzer und dem Glamour versteckte, in dem sie so hell lebte.
„Chaerim... wir müssen jetzt wirklich..." bat Seonghwa sie uns gehen zu lassen.
„San bleibt hier." Bestand sie. „Und er wird mich über ALLES auf den neusten Stand bringen."
San blickte herumtippelnd zwischen Seonghwa und Chaerim hin und her.
„Seonghwa bitte." Flehte sie.
Er nahm einen tiefen Atemzug und nickte.
Sie ging uns aus dem Weg. „Danke." Sagte Chaerim und meinte es auch so.
Als ich an ihr vorbeilief, zog sie mich überraschend in eine Umarmung, aus der ich selbst mit allem herumwinden nicht fliehen konnte.
„Was auch immer in den letzten Wochen mit dir passiert ist. Ich hoffe alles wird wieder gut." Flüsterte sie mir zu und drückte mich noch näher an sich.
Ich tätschelte ihr seltsam die Schulter und starrte auf irgendeinen Fleck an der Küchenwand.
„Ich werde mit meinen Eltern reden, dass deine Exmatrikulation gegen eine kleine Spende aufgehoben wird."
Ich machte den Mund auf um ihr vorzuwerfen, dass sie nicht einfach die Universität erpressen konnte.
Mir fiel ein, dass ich im Thema Moral absolut nichts zu melden hatte, wenn ich an meine aktuelle Lage dachte.
„Ich hoffe sie werden nicht zu zimperlich sein." Scherzte ich und rang mich dazu die Umarmung zu erwidern.
Chaerim lachte auf und schob mich vor sich.
„Wenn es um mich geht und um Dinge, die ich will, sind sie das nie." Rühmte sie sich und fächerte sich selbst wie eine Diva Luft zu.
Jetzt lachte ich und spürte für den Bruchteil einer Sekunde einige Steine von meinem Herzen fallen.
San würde sich hoffentlich eine humane falsche Wahrheit einfallen lassen.
So sehr ich sie in mein Leben einweihen wollen würde, einfach nur um nicht mehr zu lügen, meine Angst überwog, dass ich sie in Gefahr brachte. Für San sah das Ganze nicht anders aus.
„Cheonsa..." mahnte Seonghwa mich und tippte an die imaginäre Uhr an seinem Handgelenk.
Ich zog Chaerim in eine zweite, zügige Umarmung, sprach ihr leise meinen Dank aus und trottete dann hinter Seonghwa aus ihrer Wohnung.
„Sprich." Forderte er mich auf. „Du hast Zeit, bis wir da sind mir im Detail zu erklären, warum du Kai die Zunge in den Hals schiebst."
Ich sammelte mich ein paar tiefe Atemzüge lang.
„Ich habe ihn nur einmal gek..."geküsst... und das war an jenem Sonntag an dem die Strays auseinandergerissen wurden. Seitdem... verhielten wir uns eher distanziert zueinander. Zum Essen fragte er mich über die Akten und Informationen aus, die er mir regelmäßig zuschob, informierte mich über das aktuelle Geschehen in der Stadt.
„Ich will wissen warum, nicht wie oft." Fiel Seonghwa mir in meine Worte.
„Kai weiß, dass der Fahrer von damals nicht an einer normalen Überdosis gestorben ist. Er weiß, dass jemand hinter den Ssang Young Pa her ist." Fiel ich mit der ersten Tür ins Haus.
Seonghwa hielt mir die Tür nach draußen auf und führte mich dann zurück zu dem bonzig weißen Mercedes den ich Suho für meine Ausfahrten abschwatzte.
„Weiter?" beharrte Seonghwa.
„Minho weiß, dass ihr etwas im Schilde führt und Chan..." Chan mit seinem Hass gegen die Guerilla stand für sich.
„Jedenfalls..."
Ich stieg auf den Beifahrersitz ein und wartete bis Seonghwa auf dem Fahrersitz saß.
„Jedenfalls." Griff Seonghwa in monotoner Stimme auf und startete den Wagen.
„In der Nacht in der ich vor ihnen geflohen bin... ich wusste Chan, Minho, Han... sie würden mich jagen bis in die Enge, sie würden mich nie gehen lassen.
Mit Kai bestand noch immer der Faktor, dass er mir... euch... uns auf die Schliche kommt und... dann war da noch unser Plan ihn von innen heraus auseinanderzulegen."
Seonghwa schwieg, als er vom Parkplatz rollte, was ich als Zeichen sah weiterzureden.
„Ich versuche euch von innen den Rücken freizuhalten, Seonghwa. Noch lässt Kai mich nicht an seine Arbeit, aber das wird er ganz bald. Dann kann ich die Spuren verwischen und euch Informationen zu spielen."
Meine Blicke hafteten an Seonghwa, ich wartete auf irgendeine Reaktion. Ein Kopfnicken, ein leises okay ein wütendes Knurren, ein leises miau, nichts kam.
„Das ganze muss glaubhaft wirken. Was auch immer in Zukunft kommt, Kai muss glauben, dass... dass ich ihm in den Arsch krieche, wieder die alte bin. Wenn er vertrauen zu mir fasst kann ich die Schlinge nach und nach um seinen Hals legen und nach seiner offiziellen Aufnahme und der Hochzeit zuziehen."

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