Kapitel 89

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Ireens POV

Durch die Fenster des Warteraumes linsen die ersten Sonnenstrahlen des nächsten Tages. Noch immer warten wir darauf, etwas neues über Ians Zustand zu erfahren. Da nachts die Kantine geschlossen ist, war die Schwester so freundlich und hat uns immer wieder mit Kaffee versorgt. Erneut kommt die Schwester auf mich zu und bleibt vor mir stehen. Erwartungsvoll schaue ich zu ihr auf. Sie schüttelt den Kopf.  " Tut mir leid aber ich habe noch keine neuen Nachrichten. Mein Nachtdienst endet gleich aber ich werde meine Kollegin bitten, Sie sofort zu informieren, wenn der Junge aus dem OP kommt. "  Ich lächel sie freundlich an.  " Danke für Ihre Hilfsbereitschaft und auch für die Decke. "  Ich werfe einen Blick zur Seite, wo mein Mann auf der Bank leise vor sich hinschnarcht.    > Wie er da so friedlich schläft, ähnelt er Aiden um so mehr. < Ich beuge mich zu ihm runter und gebe ihm einen leichten Kuss auf die Wange. Die Schwester nickt mir noch aufmunternd zu und geht dann. Um meinen Mann nicht zu wecken, stehe ich leise auf. Ich stelle mich ans Fenster und beobachte, wie die Sonne immer weiter über den Horizont steigt. Je heller es wird, desto lebendiger wird es hier. Inzwischen sind wir nicht mehr die einzigen im Warteraum. Durch den steigenden Geräuschpegel wacht Scott auf. Verschlafen setzt er sich auf und betrachtet das ganze Treiben um sich. Ich setze mich wieder neben ihn und drücke ihn an mich.  " Gibt es schon Neuigkeiten? "  fragt er leise nach, doch ich kann nur den Kopf schütteln. Mit einem Seufzer steht er auf und reckt sich durch.  " Ich glaube, ich hole uns noch einen Kaffee, "  zwinkert er mir aufmunternd zu und ich schenke ihm ein Lächeln. Gerade als er sich umdreht, sehe ich, wie eine Schwester den Raum betritt und sich suchend umschaut. Als sie uns sieht, kommt sie direkt herüber.  " Warte Schatz! "  halte ich meinen Mann zurück. Er bleibt sofort stehen und schaut mich etwas irritiert an.   " Mr. und Mrs. Warren? "  steht die junge Frau nun vor uns. Erwartungsvoll springe ich von der Bank auf.   " Ist die Operation vorbei? Wie geht es Ian? "  fragt Scott sofort.  " Ja, die OP ist beendet. Der Junge liegt jetzt erst mal zur weiteren Beobachtung auf der Intensivstation aber Sie können einen Moment zu ihm.  Der Doktor wird Ihnen dann alles weitere erklären. "  Damit führt sie uns durch einen der Gänge, bis wir vor der Intensivstation stehen. Eine andere Schwester bringt uns zu Ian. Der Junge liegt alleine im Zimmer. Ganz blass liegt er da in dem Bett. Um ihn herum sieht man Schläuche und eine Menge Apparate, die blinken und leuchten. Langsam nähere ich mich dem Bett und fasse vorsichtig seine kleine Hand. Sie fühlt sich ganz kalt an. Er sieht so blass und verloren aus. Um seinen Kopf liegt ein dicker Verband. Dort wo ein Teil seiner weißen Haare hervorkommen sieht man noch getrocknetes Blut. Ich merke, wie mir die Tränen in die Augen steigen. Hilflos schaue ich mich zu Scott um. Er kommt sofort an meine Seite und nimmt mich in den Arm. So stehen wir in den nächsten Minuten nur stumm an Ians Bett. Irgendwann hören wir ein Räuspern und wir drehen uns beide um. Ein älterer Mann in weißen Kittel lächelt uns freundlich an.   " Guten Morgen, ich bin Dr Thomas, der derzeit behandelnde Arzt von Ian. "  Er reicht uns beiden die Hand.  " Wie geht es ihm jetzt? "  frage ich sofort.   " Nun, er ist wirklich auf dem allerletzten Drücker zu uns gebracht worden. Noch etwas länger und er wäre uns innerlich verblutet. "  Ich schlage mit einem kleinen Aufschrei die Hände vor den Mund und schaue zu Scott. Er drückt beruhigend meine Schultern und ich richte meinen Blick wieder auf den Arzt. Dieser schaut rüber zu den Jungen. " Er hat eine Gehirnerschütterung und mehrere Frakturen erlitten, die wir aber alle soweit gut versorgen konnten. Im linken Arm und rechten Bein haben wir Platten eingesetzt. Zum Glück wurden die Knochen schon vorher gut reponiert und fixiert, so dass da wohl keine Folgeschäden zu erwarten sind. Am Kopf hat er eine recht große Platzwunde und sein Nasenbein ist angebrochen. Außerdem hat er mehrere Rippenbrüche. Das Schlimmste waren aber die inneren Verletzungen. Die Milz mußten wir entfernen aber den Leberriss konnten wir wieder schließen. "  Er macht eine Pause und schaut uns beide an.   " Sein Zustand ist im Moment stabil aber es gilt abzuwarten, wie sein Körper dies alles verkraftet. Wir haben ihn erst mal in ein künstliches Koma versetzt, um ihm die nötige Ruhe zugeben. Die nächsten 24 Stunden sind entscheidend. Überlebt er die, können wir zuversichtlicher sein, dass alles gut wird. "  Ich kann es nicht vermeiden, dass mir die Tränen übers Gesicht laufen, doch ich richte mich gerade auf und danke dem Arzt für seine HIlfe.   " Das ist doch wohl selbstverständlich, " lächelt er mich freundlich an.  " Und es freut mich, auch mal Aidens Eltern kennen zu lernen. Grüßen Sie ihn doch ganz herzlich von mir und ich wünsche ihm noch gute Besserung. "  Ich nicke und bedanke mich.  " Sie können noch einen Moment bei dem Jungen bleiben aber dann sollten Sie sich auch erst mal ausruhen. Wir melden uns, sobald sich etwas Neues ergibt. " Damit verabschiedet er sich von uns und ich richte meinen Blick wieder auf Ian. Scott stellt mir einen Stuhl neben das Bett. Ich setze mich, halte wieder Ians Hand und streichel ihm mit der anderen vorsichtig über die Wange. Nach etwa zehn Minuten kommt eine Schwester ins Zimmer und bittet uns zu gehen. Bevor wir die Intensivstation verlassen gibt sie uns noch eine Karte mit, auf der die Nummer der Abteilung steht.  " Sie können jederzeit anrufen und sich nach dem Jungen erkundigen, "  erklärt sie uns freundlich. Wir verabschieden uns und gehen langsam, uns an den Händen haltend, zum Auto. Während wir nach Hause fahren, frage ich mich, wie es Aiden wohl geht. Leider hat er sich ja noch nicht wieder gemeldet. Wie auch schon in der Nacht versuche ich sein Handy zu erreichen, doch es ist immer noch ausgeschaltet. Ich hoffe, dass er auch bald wieder zu Hause ist.

Aidens POV

Kurz nachdem ich mich wieder aufs Bett geschleppt habe geht die Tür erneut auf und der Blonde kommt wieder ins Zimmer. Er hat Brian auf dem Arm und legt ihn vor dem Bett auf den Boden. Dann nimmt er die Pistole in die Hand, geht ohne ein Wort zu sagen zur Kommode und holte sich frische Keidung aus den Schubladen. Der Junge ist nackt und scheinbar bewusstlos. Ich sehe lauter neue Hämatome auf seinem Körper.  " Sie sind doch krank! "  schrei ich ihn wütend an, doch er richtet augenblicklich seine Waffe auf mich. Sofort halte ich inne und rühre mich nicht vom Fleck. Ich sehe, wie er den Abzug durchdrückt. es gibt einen Knall und ich spüre einen scharfen Schmerz an meinem linken Oberarm. Mit einem Aufschrei greife ich dort hin und spüre, wie mir was warmes über die Finger läuft.  > Der scheiß Kerl hat mich doch tatsächlich angeschossen. <   Es brennt höllisch und ich habe für einen Moment das Gefühl, als wenn ich gleich ohnmächtig werde. Doch ich kämpfe dagegen an.  " Damit du weißt, dass ich nicht rumspaße, "  knurrt er mich noch an und verlässt das Zimmer. Ich beisse die Zähne zusammen und versuche ruhig durchzuatmen.  > Es hilft niemandem, wenn ich jetzt auch noch zusammenklappe. <  Als der erste Schock sich gelegt hat setze ich mich gerade auf und suche nach etwas passendem, um die Wunde zu verbinden. Ich ziehe einfach ein sauberes Shirt aus der Schublade und reiße es in breite Streifen. Die wickel ich mir dann um die Wunde. Zum Glück ist es nur ein Streifschuß. Dann schleppe ich mich rüber zu Brian, knie mich neben ihn auf dem Boden und überprüfe Puls und Atmung. Seine Atmung ist recht flach, doch da er ja mehrere Rippenbrüche hat, nicht verwunderlich. Zum Glück scheint keine der Rippen seiner Lungen verletzt zu haben. Obwohl der Bauch mit zahlreichen Hämatomen übersät ist, gibt es dort keine Hinweise auf innere Verletzungen. Ich atme erleichtert auf. Da ich nicht die Kraft habe, ihn aufs Bett zu legen, ziehe ich die Zudecke zu uns runter. Außerdem hole ich ihm frische Kleidung. So vorsichtig wie möglich streife ich sie ihm über. Dabei stöhnt er immer wieder auf. Gerade als ich mit dem Anziehen fertig bin, schlägt er die Augen auf. Verwirrt schaut er um sich und will sich aufsetzen, sackt aber sofort wieder stöhnend zu Boden und krümmt sich zusammen.  " Es ist besser, wenn du erst mal liegen bleibst. "  Erschöpft legt er den Kopf ab und nickt leicht. Ich streiche ihm immer wieder beruhigend über den Kopf. Mehr kann ich im Augenblick leider nicht für ihn tun. Durch die Tür höre ich, wie im Bad das Wasser läuft.  > Wir haben also erst mal Ruhe vor dem Kerl. <  Innerlich koche ich vor Wut. Ich bin dermaßen wütend auf diesen Kerl aber auch auf mich selbst, dass ich so gar nichts ausrichten kann.  > Am liebsten würde ich den Kerl mit meinen eigenen Händen erwürgen. <   Dieser Gedanke sollte mich eigentlich erschrecken, denn ich bin absolut kein gewalttätiger Mensch. Doch wenn ich darüber nachdenke, wie übelst er die beiden Jungs zugerichtet und wie er ohne skrupel auf mich geschossen hat.  > Das ist doch kein normaler Mensch mehr! <

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