Ich saß an einem Platz ganz hinten im Kerker und starrte in den Kessel vor mir. Mandy streute irgendwelche Kräuter in das Gemisch vor uns, aber heute interessierte mich einmal nicht, was. Heute wäre ich am liebsten im Boden versunken und an einem anderen Ort aufgetaucht. Nie wieder hierher gekommen! Draco beachtete mich zwar nicht, doch heute war es so schwer, es ihm gleich zu tun. Ihn einfach zu ignorieren. Heute tat es weh, dass er nicht mit mir redete. Mehr als sonst....
„Clarisse?"
Ich hob den Kopf. Mandy sah mich auffordernd an.
„Was?"
Mandy verdrehte die Augen.
„Kannst du mal diesen Rattenschwanz für mich zerschneiden? Ich hasse Ratten!"
Dafür, dass Mandy alles machte, war einen Rattenschwanz zerschneiden wirklich keine große Aufgabe, aber trotzdem war ich genervt, dass ich es für sie machen musste, nur weil sie sich zu fein war. Trotzdem nahm ich den Rattenschwanz, weil ich ganz genau wusste, wie unfair es wäre, wenn ich diese eine Aufgabe verweigert hätte, einfach, weil Mandy es ignorierte, dass ich nicht mitmachte. Einfach, weil sie nicht fragte und einfach machte. Ich nahm ein Messer und fing an, den Rattenschwanz (zugegeben ziemlich eklig) in kleine Teile zu schneiden.
„Danke", sagte Mandy und lächelte. Ich zwang mich, es ihr gleichzutun und lächelte. Dann wischte ich die Rattenschwanzstückchen in den Kessel. Die Flüssigkeit brodelte dunkelgrün auf und kochte über. Snape kam wütend angerauscht und wischte mit seinem Zauberstab die Flüssigkeit auf dem Boden weg.
„Das nächste Mal passen sie besser auf!", zischte er, doch er war schon auf dem Weg Potter zurechtzuweisen. Draco grinste höhnisch, doch als er meinen Blick sah, wandte er sich schnell wieder nach vorne. Ich stöhnte auf und ließ meinen Kopf auf die Tischplatte vor mir fallen.
„Ich tue einfach so als wärst du wegen des Unterrichts so verzweifelt.", sagte Mandy kühl und ich drehte meinen Kopf zu ihr.
„Tu das", sagte ich und schloss für einen Moment die Augen.
Was war das? Was war das, dass es so wehtat, wenn ich Dracos kalten Blick sah? Was war das, dass sich etwas in mir zusammenzog, wenn Draco redete? Was war das, dass ich wütend wurde, wenn Draco mit Pansy Parkinson redete?
Verwirrt und gleichzeitig wütend starrte ich in die Schwärze zwischen dem Tisch und meinem Gesicht.„Der Unterricht ist nun beendet!", hörte ich Snapes kalte Stimme von vorne. Ich hob meinen Kopf und war schon dabei, meine Sachen zusammenzupacken, als Snape noch etwas sagte.
„Ms. Cole, Mr. Malfoy, bleiben sie bitte noch einen Augenblick hier!"
Mandy warf mir einen Blick zu.
„Was kommt denn jetzt?"
Ich zuckte die Schultern, dann legte ich meinen Kopf wieder auf den Tisch.
„Geh ruhig schonmal vor, wir treffen uns in der Eingangshalle.", sagte ich. Mandy nickte, strich mir kurz über den kopf und verließ dann zusammen mit Seamus Finnigan und Dean Thomas den Kerker.
Als alle den Raum verlassen hatten, hob ich den Kopf.
„Kommen sie bitte nach vorne.", sagte Snape. Ich stand auf und schlurfte nach vorne zum Lehrerpult. Müde ließ ich mich auf die Bank in der ersten Reihe fallen. „Sie sind meine beiden besten Schüler!", sagte Snape und ich hob den Kopf.
„Im Ernst?", fragte Draco und sah zu mir herüber. Wütend starrte ich ihn an.
„Ja. Aber ihr beide habt heute nicht richtig mitgearbeitet! Was war los?"
Draco zuckte die Schultern.
„Ich war müde!", sagte Draco und vermied es, mich anzusehen.
„Ms. Cole?"
„Ich... bin doch eben erst aus dem Krankenflügel-"
„Ach deswegen warst du in unserem Unterricht.", sagte Draco und ich sah kurz zu ihm.
„Ja. Was ich sagen wollte, deswegen war ich wohl noch ein bisschen... neben der Spur!"
Snape hob eine Augenbraue.
„Das ist keine Entschuldigung! Bei ihnen ebenfalls nicht, Mr. Malfoy."
Draco schien fast unmerklich in sich zusammenzusacken. Er ließ sich auf die Bank fallen.
„Ich... weiß auch nicht, Sir.", sagte er leise. Ich fuhr mir mit beiden Händen durch die Haare. Plötzlich war mir kalt.
„Heute ist nicht so mein Tag.", murmelte ich entschuldigend und stand auf um zu gehen. Doch Snape hielt mich am Arm fest.
„Ms. Cole! Sie müssen darüber reden!", sagte er leise. Verwirrt starrte ich in seine schwarzen Augen.
„Worüber?"
„Ihre Mutter!", sagte Snape, ganz leise. Draco schien es nicht gehört zu haben, denn er betrachtete einen gläsernen Behälter, in dem eine rote Flüssigkeit schwamm.
„Was? Sie wissen von-"
Snape legte sich einen Finger auf die Lippen.
„Ja. Ich weiß es. Wenn sie nicht darüber reden, dann werden sie ersticken an der Last, die unausgesprochene Dinge manchmal hervorrufen!"
„Sir..."
„Kommen sie am Samstag Abend in mein Büro.", sagte Snape nur, dann wandte er sich Draco zu, der seinen Finger nach dem roten Trank ausgestreckt hatte. „Nicht anfassen, Mr. Malfoy!", sagte er, wieder mit der üblichen kalten Stimme.
Ich starrte verwirrt auf Snapes Rücken, sodass ich überhaupt nicht bemerkte, wie Draco aufstand und sich verabschiedete.
„Sie können jetzt gehen, Ms. Cole!", sagte Snape und ich zuckte zusammen.
„Oh. Ja." Ich drehte mich um und verließ das Klassenzimmer.
„Warum warst du im Krankenflügel?", fragte Draco leise, als ich draußen war.
„Geht dich überhaupt nichts an!", zischte ich, dann ging ich schneller. Draco lief mir nicht hinterher.Als ich ein paar Gänge weiter stolperte und auf den kalten Boden fiel, blieb ich einfach liegen. Ich vergrub mein Gesicht in in meinen Locken und bemerkte nicht einmal, wie mir die aufgestauten Tränen der letzten Jahre aus den Augen tropften.
Ich rollte mich zusammen und wünschte mir, bei Claire zu sein. Ihren Geruch zu riechen, ihre Arme um mir zu spüren und ihre Worte in meinen Ohren zu hören. Mich sicher zu fühlen.•••
Ich weiß, diese Kapitel sind kurz und vielleicht ein bisschen langweilig, aber diese Übergänge zwischen dem einen- und dem anderen Ereignis sind immer irgendwie schwierig und langweilig zu schreiben. Tut mir Leid.
Danke fürs lesen.
Judi
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he's just a boy
Fanfiction*teil 1* Ich glaube, Draco Malfoy wird von vielen missverstanden, weil sie nicht sehen, was er eigentlich ist. Weil sie nur das sehen, was Harry sieht. Wie wäre es, wenn man die ganze Geschichte mal aus der Sicht eines Menschen sieht, der Draco über...